Es gibt keine absolute Sicherheit!

Im Motorsport. - Im Haushalt sterben übrigens jährlich um 8.000 Menschen. Also deutlich mehr als im Straßenverkehr. Aber ohne von Kameras und Journalisten umgeben zu sein. Dass der Motorsport gefährlich ist, das weiß jeder Motorsportler, das wissen auch die Erbauer von Rennstrecken und deren Betreiber. Das wissen auch die Sportbehörden. Darum übernehmen die für nichts eine Verantwortung, aber geben vor – natürlich gegen Zahlung von Euro – die Voraussetzungen für Sicherheit durch Lizenzen und sogar solche für bestimmte Rennstrecken (Zusatz-Sonder-Pflicht-Lizenzen) zu schaffen. Damit übernehmen sie aber auf keinen Fall – niemals (!) - die Verantwortung. Eigentlich – wenn man es genau nimmt – geht es in den meisten Fällen mehr um's Abkassieren. Mit der Plakette „Sicherheit“ verkauft sich das ohne jeden Widerstand. Leider führt das auch dazu, dass der Motorsport immer teurer wird. Das unter dem Schutz der Annahme, dass man ihn dadurch sicherer macht. Selbstverständlich versucht auch der Betreiber einer Rennstrecke „Sicherheit zu bieten“. Natürlich für Geld. So müssen die Veranstalter von Rennen, Trackdays, von Test- und Rekordfahrten (!) auch „Sicherheitsstandards“ folgen, wie sie z.B. auch am Nürburgring schon vor Jahren aufgestellt wurden. Motor-KRITIK hat sich einmal dafür interessiert, wie man die Entwicklung zu immer mehr Sicherheit beim aktuellen Pächter des Nürburgrings, der CNG, sieht. Dort macht man – für Geld, weil Sicherheit auch Geld kostet – sehr viel, obwohl man ebenfalls weiß:

Es gibt keine absolute Sicherheit!

Natürlich kann man nach dem „Aufstieg“ und einer Dachlandung eines Mercedes GT3 exakt 34 Minuten vor Ende des 6h-Quali-Rennens auf dem Nürburgring wieder eine Menge Überlegungen zum Thema Sicherheit anstellen. War es kein Fahrfehler, was war es dann? - Was soll man dazu schreiben? - Was kann man an dieser Stelle sonst noch machen? - Aber dem DMSB wird sicherlich dazu etwas einfallen. Kann ja sein, dass sich die FIA, Jean Todt, mal wieder verwählt und mit dem DMSB-Präsidenten telefoniert.

Natürlich kann man auch mit viel Bla-bla zu diesem Thema ganze Seiten füllen. Motor-KRITIK hat mal beim Nürburgring-Betreiber, der CNG, angefragt und eine umfassende, grundsätzliche Antwort zum Thema Sicherheit – exakt: Sicherheitskonzept - erhalten, die sicherlich eindrucksvoll ist.

Wir haben mal die „überflüssigen Schlenker“ heraus gestrichen. Dann verbleibt immerhin noch folgender Extrakt:

„Grundsätzlich gilt, dass die Sicherheit rund um die Rennstrecke(n) für den Nürburgring oberste Priorität hat. Uns ist bewusst, dass eine absolute Sicherheit im Motorsport bzw. im mobilen Leben nicht möglich ist. Unser Augenmerk gilt der stetigen Verbesserung, jedoch mit Augenmaß für das Sinnvolle und Machbare.

Basierend auf der langjährigen Erfahrung wurde vor einigen Jahren ein Sicherheitsstandard entwickelt. Dazu wurde eine Matrix mit einem Wertesystem für die unterschiedlichen, möglichen Risiken erstellt. Daraus resultieren Sicherheitspakete für gewerbliche Veranstaltungen auf der Nordschleife, auf dem Grand-Prix-Kurs, der Sprintstrecke, der Müllenbachschleife sowie den Verbund der Strecken.

Um es vorweg zu nehmen: Diese Sicherheitspakete werden bei Bedarf, zum Beispiel wenn überwiegend oder ausschließlich Rennfahrzeuge zum Einsatz kommen, individuell angepasst.

Die verschiedenen Sicherheitspakete regeln, wie viele RTW (mit Besatzung, versteht sich), E-Unit-Fahrzeuge, Einsatzleiter, Streckenmarshals, Abschleppwagen (mit Besatzung), Feuerlöscher, Funkgeräte, Flaggensätze, Kanister mit Ölbindemittel, Besen etc. einzusetzen sind.

Die Sicherheitspakete unterscheiden sich je nach Nutzungsart, ob es sich beispielsweise um einen Trackday, um Testfahrten, ein Fahrertraining nur mit geführtem Fahren, ein Motorrad-Grundlage Fahrertraining, einen Rekordversuch oder nur um langsame Fahrten (max. 80 km/h) für Film- und Foto-Aufnahmen handelt.

Für Brandschutz und das Abstreuen von Betriebsmitteln (Öl, Kühlflüssigkeit) kommen die E-Unit-Fahrzeuge zum Einsatz, die sich durch ihre Vielseitigkeit und auch Schnelligkeit seit Jahren bewährt haben und von geschultem Personal bedient werden.

Für die Versorgung von Unfallopfern betreibt der Nürburgring einerseits das Medical-Center im Fahrerlager, das ähnlich einer kleinen Notfall-Klinik ausgestattet und praktisch jeden Tag besetzt ist und zudem ein fest stationierter RTW gehört. Dabei arbeiten wir eng mit dem Marienhaus-Klinikum zusammen, federführend ist das Krankenhaus Adenau. Die Stationsleitung liegt in den Händen des DRK. Darüber hinaus besteht auch mit der Johanniter-Unfall-Hilfe seit vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit, ebenso eine Kooperation mit der Notfall-Seelsorge.

Grundsätzlich kommen die vorhandenen Rettungshubschrauber, beispielsweise aus Koblenz, Wittlich oder auch aus Luxemburg, bei Bedarf am Nürburgring zum Einsatz, so wie zu jedem Ort eines Notfalls.

Darüber hinaus kooperiert der Nürburgring mit der Johanniter Luftrettung, die bereits seit dem Vorjahr mehrfach einen Intensivtransporthubschrauber (ITH) am Medical-Center stationiert hatte. Ab dem 01. Mai wird ein solcher ITH der Johanniter Luftrettung fest am Nürburgring stationiert. Die Stationierung des ITH, der in erster Linie für den Transport von Intensivpatienten übernimmt, aber auch Rettungseinsätze, bedeutet nicht nur für den Nürburgring eine Verbesserung der medizinischen Notfallversorgung, sondern für die gesamte Region.

Zurück zu den Sicherheitspaketen: Diese gelten unabhängig vom Veranstalter, also auch für eigene Nürburgring-Veranstaltungen.

Für den Testbetrieb des so genannten I-Pools gilt seit Ende 2014 ein Sicherheits-Handbuch, das vom TÜV Süd in Zusammenarbeit mit I-Pool und Nürburgring erstellt wurde. Der Sicherheitsstandard für diesen Testbetrieb lehnt sich sehr stark an den Sicherheitsstandard anderer Teststrecken an und geht teilweise sogar darüber hinaus.

Für Motorsport-Veranstaltungen gelten ausschließlich die Vorgaben, die in der aktuellen Streckenlizenz des DMSB festgelegt sind und die Jahr für Jahr überprüft werden.

Bei den Touristenfahrten ist der Nürburgring öffentlicher Verkehrsraum, für den die STVO gilt. Der Nürburgring setzt bei Touristenfahrten jeweils zwei RTW und zwei NEF (Notarzteinsatzwagen) ein. Je nach Verkehrsaufkommen werden bis zu fünf Fahrzeuge der Streckensicherung eingesetzt, darüber hinaus bis zu 20 – ehrenamtliche – Marshals, die im Verkehr mitfahren, beobachten, melden und absichern.

Rund um die Nordschleife sind 20 Warnlampen installiert (weitere sind geplant), die zentral bei Gefahr geschaltet werden können. Darüber hinaus werden wir Wetter-Meldestationen installieren, die schon bei der Einfahrt die Touristenfahrer über eventuell unterschiedliche Witterungsverhältnisse informiert, was ebenfalls der Sicherheit dient.“

Meine Leser finden den kompletten Text dieser CNG-Info als pdf-Datei im Anhang.

Hier müssen dann noch ein paar Anmerkungen folgen, die einfach – als Ergänzung - sein müssen. Nein, ich werde hier nicht nochmal die Aufstellung der FIA-Zäune kritisieren. Die Fahrer werden da überwiegend meiner Meinung sein. Die Pächter nicht. - Man sollte in diese Richtung auch keine Schuldzuweisung vornehmen. Die CNG hat die grundsätzliche Platzierung der Zäune so übernommen und der DMSB hatte keine Einwände. Man weiß eben nicht anders und hat auch z.B. aus dem letzten Unfall ausgangs der „Fuchsröhre“ nichts gelernt.

Ich wusste z.B. nicht – und wurde erst wieder durch die CNG-Info daran erinnert – dass es noch (oder wieder?) „Rekordversuche“ auf der Nürburgring-Nordschleife gibt. Aber die haben offensichtlich einen positiven Marketingeffekt, werden von Automobilherstellern und einigen Zeitschriften gewünscht und – bringen der CNG zusätzliche Einnahmen.

Wenn die „Sicherheitsmaßnahmen“ des „I-Pool“ (Industrie-Pool) besonders erwähnt wurden, so muss man ergänzend feststellen, dass die Beauftragung des TÜV Süd zur Erstellung eines „Sicherheits-Handbuches“ durch den I-Pool erfolgte. - Nicht die CNG.

Es müssen dort andere „Sicherheitsmaßen“ vorgeschrieben sein, als z.B. bei einem Fahrerlehrgang. Als z.B. bei „sportauto“ im letzten Jahr ein kleiner Leitplankenschaden auftrat, war der Fahrerlehrgang für um zwei Stunden unterbrochen, während bei einem deutlicheren Schaden während der „Industriewochen“ wohl eine kleine „Korrektur mit dem Haken“ und ein Geradeziehen mit dem Kran genügt, wie die Fotos zeigen.

Mit einem KLICK HIER können meine Leser auf „youtube“ in einem Film („EMS Nordschleife TV“) den ganzen Hergang erleben und auch sehen, dass nach dem Geradeziehen noch eine Verdichtung des Bodens durch Stampfen mit dem Fuß erfolgt. - Zeit ist Geld! - Es wird wohl so im „Sicherheits-Handbuch“ stehen. - Oder?

Der Vertrag mit der „Johanniter-Luftrettung“ und deren ständige Positionierung am Nürburgring ab 1. Mai 2016 bringt sicherlich nicht nur eine „Verbesserung der medizinischen Norfallversorgung“ mit sich, sondern schafft für den Betreiber des Nürburgrings auch etwas Luft in Sachen „Geräuschkontingent“ und  bisher vorgeschriebenen Begrenzungszeiten. - Denn wer wollte die Rettung eines Verletzten an einem Geräuschlimit oder der Einhaltung von gewissen Zeiten scheitern lassen?

Bei Touristenfahrten gilt nicht nur die STVO, wie von der CNG oben dargestellt, sondern es gelten auch andere Beschränkungen, die z.B. Foto- und Videoaufnahmen betreffen. Aber auch das Driften, wie im Text auf dem Foto zu lesen ist.

Dieses Foto zeigt, dass das offenbar nicht für „Partner“ wie BMW gilt, deren Werbegelder man gerne kassiert. Dieses Foto stammt aus April diesen Jahres und zeigt das BMW RING-TAXI während der Touristenfahrten im Einsatz, die man übrigens unter dem Titel „Ruf der Hölle“ im Internet verkauft.

In den Tagen um Ostern 2016 konnte man aber auch besonders viele Drifts auf der Nordschleife beobachten (das ist heute noch bei „youtube“ möglich), zumal da auch das optimale Driften bei einem Drift-Wettbewerb im Bereich der „Müllenbachschleife“ vorgeführt wurde.

Die Veranstaltung wurde dann aber aus „wetterbedingten Gründen“ abgebrochen. Wie auch die Touristen-Drifts auf der Nürburgring-Nordschleife. Die z.T. auch Folgen hatten.

„Adenau ist ein Stück Nürburgring“, habe ich auf einem Transparent gelesen, aber man kann Adenau tatsächlich derzeit noch ohne DMSB-Nordschleifen-Permit befahren. Es ist auch nicht so – wie oben der Eindruck erweckt wird – dass dieses „Permit“ bei allen Veranstaltungen am Nürburgring Voraussetzung wäre. Diese Forderung kann nur bei Veranstaltungen Gültigkeit haben, die auch einer DMSB-Genehmigung bedürfen, bzw. sie durch ihre Anmeldung beim DMSB erhalten haben.

Und Warnlampen gab es schon viele Jahre am Nürburgring. Sie wurden ergänzt und die Anzahl erhöhte sich, aber nicht immer wurden dabei die geltenden Vorschriften beachtet, wie Motor-KRITIK schon mal in dem Hilgeland-Nachruf andeutete.

Dass man sich um die Sicherheit der Touristenfahrer sehr bemüht, zeigen die Fotos von diesem Unfall. Viele Helfer sind schnell zur Stelle. - Nicht richtig aber ist in der CNG-Darstellung durch Herrn Uwe Baldes, dass hier der Eindruck erweckt wird, dass das Abstreuen von evtl. Ölspuren bei Touristenfahrten auch durch E-Unit-Fahrzeuge vorgenommen wird. Diese Sicherheits- und Feuerwehr-Fahrzeuge werden nur bei Rennveranstaltungen tätig. Bei Touristenfahrten streut die Firma Bongard, Adenau die evtl. Ölspuren und schleppt auch die Touristenfahrzeuge ab, die hier zu Schaden kommen.

Manchmal gibt es in diesem Nürburgring-„Sicherheitskonzept“ auch Helfer, die nicht helfen dürfen. - Aktuell war das beim 6h-Quali-Rennen des ADAC Nordrhein (Köln) der Fall. Dort startete der Glickenhaus Hybrid, dessen Start man aus „Sicherheitsgründen“ beim 1. VLN-Lauf nicht zugelassen hatte, weil die Streckenposten im Fall einer evtl. notwendigen Bergung des Fahrzeuges ohne Erfahrung, Aufklärung in einem Lehrgang und der evtl. notwendigen Ausstattung gewesen wären.

Beim 6h-Rennen des ADAC war das nicht anders. Aber man wollte wohl den US-Millionär Glickenhaus nicht verprellen, hatte extra für dieses eine Fahrzeug eine eigene Klasse (E1-XP) geschaffen und den Sicherheitskräften die Anweisung gegeben:

  • Wenn dieses Fahrzeug verunfallen und evtl. in Brand geraten sollte: Sich dem Fahrzeug nicht annähern, keine Löschversuche unternehmen sondern sozusagen „kontrolliert abbrennen lassen“.

Diese Anweisung sollte der Sicherheit dienen! - Der Streckenposten und Feuerwehrleute! - Und wenn nun noch der Fahrer – vielleicht durch den Unfall bewusstlos – im Fahrzeug gesessen hätte?

  • Schulterzucken.

Es kann am Nürburgring also auch Helfer geben, die nicht helfen dürfen! - Sicherheit hat seine Grenzen dort, wo es um's Geld geht. Es kommt eben nicht darauf an, Sicherheit zu bieten, sondern der Öffentlichkeit gegenüber darzustellen. - Das wurde schon von ehemaligen Verantwortlichen der Nürburgring GmbH so ausgesprochen.

Oder wie im Fall der FIA-Zäune: Da wurden hohe Umsätze durch den Zaunbau generiert. Und gleichzeitig wurde Sicherheit dargestellt. Die auch an manchen Stellen dadurch wirklich verbessert wird. Aber nicht unbedingt an allen Stellen, an denen das auch notwendig wäre.

Tatsächlich sollte man sich – bei aller unterschiedlichen Auffassung zu diesem Thema – einig in der Feststellung sein:

  • Die absolute Sicherheit kann es im Motorsport nicht geben!

Was aber nicht Entscheidungen, wie im Fall des Glickenhaus Hybrid (Start-Nummer 703) beim 6h-Quali-Rennen des ADAC entschuldigt.

Es kommt nicht darauf an, dass man ein „Sicherheits-Konzept“ hat (hoffentlich ein richtiges!), sondern dass es von Motorsport-Fachleuten auch konsequent umgesetzt wird!

MK/Wilhelm Hahne
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