„Heute sind keine Touristenfahrten!“

Am 5. Juli 2017, am späten Nachmittag, da sagte das ein „Ordner“, der vor der Einfahrt zur Nürburgring-Nordschleife stand den „Touristen“, die noch mal schnell eine abendliche Runde drehen wollten. - Entweder waren sie dazu extra in die Eifel gefahren oder sie waren von einem „sport auto“ Perfektionstraining (Teilnahmekosten € 2.490) übrig geblieben, bei dem man – wie man bei „sport auto“ meint – „die Ideallinie erfahren“ konnte. Ich hatte meine Arbeit zu Hause am Schreibtisch unterbrochen, weil ich den Motor-KRITIK-Lesern einen Eindruck von einer Veranstaltung vermitteln wollte, wie sie nicht zum ersten Mal hier auf der Nordschleife lief, und von den Einheimischen als „Russenfahrten“ bezeichnet werden. Das gibt dem Ganzen etwas Anrüchiges. Dabei ist das eine ganz normal organisierte Veranstaltung, bei der alles normal zugeht. In einer Zeit, in der auf jedem Supermarkt-Parkplatz passieren kann, dass einem mit „Ich bin in der Rechtsschutz!“ zur Vorsicht geraten wird, ist es sicherlich nicht ungewöhnlich, wenn einem ein Nürburgring-Ordner droht: „Wenn ich ein Bild von mir sehe, treffen wir uns vor Gericht!“ - Den Touristen gegenüber war er netter, gab evtl. mit beiden Händen ein deutliches Zeichen, dass man die Einfahrt zur Nürburgring-Nordschleife nicht mehr passieren konnte, um dann – durch das geöffnete Wagenfenster die jeweiligen Fahrer zu informieren:

„Heute sind keine Touristenfahrten!“

Während sonst nach einer Tagesveranstaltung am Abend „Touristenfahren“ auf der Nürburgring-Nordschleife angesagt sind, weil jede so gefahrene Runde Geld bringt, wollten die neuen Herren am Nürburgring an diesem sonnigen Abend sich und ihren Freunden mal ein paar genussvolle Runden auf dieser schönsten Rennstrecke der Welt gönnen.

Organisatorisch läuft das so, dass das Fahrsicherheitszentrum die Organisation übernimmt, in die auch andere Abteilungen des Hauses eingebunden sind. So kann – und wird - man natürlich nicht auf die Einbindung der Abteilung des Hauses verzichten, die z.B. „Co-Pilotfahrten“ anbietet und dieses Angebot auf der (eigenen) Nürburgring-Internetseite so darstellt:

„Co-Pilot-Fahrt im Mercedes-AMG GT R über die Nordschleife

Helm aufsetzen. Gurt anlegen. Noch einmal durchatmen. Und dann in den Sitz pressen lassen. Beim rasanten Start. In einer der 73 Kurven. Bei 17 % Steigung. Entspann Dich. Wenn Du kannst. Sei ein guter Beifahrer. In einem monster- starken Sportwagen. Mit einem Vollprofi am Steuer. Und dem Höllenturbo unter der Haube. Erlebe einen einmaligen Geschwindigkeitsrausch. Der niemanden nüchtern zurücklässt. Und garantiert süchtig macht. Werde jetzt zur Ringrakete!“

So sind auch an wichtigen Streckenpunkten „Strecken-Marshalls“ postiert, die Feuerwehr ist vor Ort, Krankenwagen stehen bereit; es ist alles perfekt organisiert.

Auch ich war rechtzeitig „vor Ort“, um meinen Lesern einen Eindruck von einer solchen „Russenfahrt“ zu vermitteln.

Ich hatte mich – der Sonne wegen – in der Mitte des Kreisverkehrs an der neuen Einfahrt zur Nordschleife postiert, wo durch Bäume mein sonst ungeschützter Kopf im Schatten gehalten wurde.

Außer mir gab es schon noch Fotografen, von denen ich aber nicht weiß, aus welchem Grund sie in der Sonne „auf und ab“ unterwegs waren. Das „Ticket Office“ war geschlossen und es gab eigentlich wenig Aufregendes zu sehen. Der Straßenverkehr lief ganz normal und ich hatte Zeit mich umzuschauen. - Die Frühstückszeit war auch schon vorbei.

Während der Lieferant von Getränken für die „sport auto“-Veranstaltung jetzt wohl zur Abholung des Leerguts kam, verließen andere Mit-Organisatoren dieser Veranstaltung schon endgültig den Ort. Dass Fahrzeuge des Nürburgring-Pächters und -Besitzers zu sehen waren, ist sicherlich nicht ungewöhnlich.

Bei dieser Gelegenheit konnte ich einen Blick auf den neuen Parkplatz werfen, der jetzt den privaten Anbietern von „Renn-Taxis“ zur Verfügung steht. Standen Sie früher direkt auf dem Gelände, innerhalb der Nordschleifen-Zufahrt auf asphaltiertem Boden, so hat der neue Pächter sie nun nach außerhalb verwiesen, da man das von BMW übernommene Gebäude und den Platz davor, nun für den Einsatz von eigenen „Renn-Taxis“ benötigt, die man dann „Co-Piloten-Fahrten“ nennt und zu konkurrenzlosen Preisen durchführen kann, weil man „Werkswagen“ nutzt, die von AMG gestellt werden.

Wie in Motor-KRITIK schon zu lesen war, ist Mercedes-AMG dabei, die früher „augenfällig“ starke Position von BMW am Nürburgring nicht nur zu gefährden, sondern den Besuchern einen „schwachen Eindruck“ vom „stärksten Buchstaben der Welt“ zu vermitteln. - BMW nimmt das für „sein M“ in Anspruch. BMW hat sich auch aus dem ehemals für Nürburgring-Besucher so attraktiven „Renn-Taxi“-Geschäft ganz zurück gezogen.

Während normale Touristen noch abgewiesen wurden, konnte der erste eintreffende Teilnehmer an der „Exklusiv-Veranstaltung“ der Nürburgring-Besitzer ungehindert passieren. Dieser Teilnehmer konnte es wohl kaum abwarten, denn er durchfuhr die Einfahrt ziemlich genau ein halbe Stunde vor offiziellem Beginn, der vom Fahrsicherheitszentrum mit 17:15 Uhr festgelegt worden war.

Zwölf Minuten vor Beginn kam „die Feuerwehr“, so dass ich sicher sein konnte, dass die Strecke zum „freien Fahren“ pünktlich freigegeben werden würde. - So konnte ich mich dann auf den Weg zu einem Platz an der Nordschleife machen, da ich natürlich die Teilnehmer auch „in action“ - oder wie man im Russischen sagt „в де́йствии“ - fotografieren konnte.

Interessant ist vielleicht, dass ich damit vom Meuspather auf Herresbacher Boden wechselte. Viele Leute sind der Meinung, dass das alles zu Nürburg zählt, aber das ist nicht der Fall. Mit Hilfe der Kompass-Aufzeichnung ist auch exakt die Stelle auszumachen, an der ich Aufstellung genommen hatte. Allerdings habe ich meine Position in der folgenden Zeit auch schon mal leicht verändert.

Teilnehmer am „sport auto“-Perfektions-Training wären sicherlich entsetzt gewesen, wenn sie ihre „Nachfolger“ auf der Suche nach der Ideallinie erlebt hätten. Man hatte den Eindruck: Darum ging es einigen auch gar nicht. Sie wollten einfach ganz entspannt ein schönes Stück Eifel, die „Grüne Hölle“ genießen. - Deren Situation wäre vergleichbar mit der von Eingeladenen zu einer Jagd, wenn man – leider – nicht schießen kann.

Wenn man sich an der Nordschleife ein wenig auskennt und das „Angebot“ der Besitzer – oder auch die unterschiedlichen Gelände-Höhen ein wenig nutzt, muss man nicht die Fotos machen, mit denen ich nur beispielhaft aufzeigen will, wie die Nürburgring-Nordschleife inzwischen durch eine Vielfalt von Zäunen abgeschottet wird, so dass man sich manchmal wie ein Besucher im Zoo vorkommt. - Da taucht dann die Frage auf: Wer sind die Affen?

Nur damit meine Leser einen Eindruck von der farblichen Mischung der „Einsatzfahrzeuge“ bekommen, habe ich diese Fotoreihe eingestellt. Die Automobile waren überwiegend von einem privaten Vermieter angemietet. An ihnen ist auch kein Schaden entstanden. Die Fahrer hatten ihren Spaß und sie haben diesen sonnigen Eifel-Abend dann am Ende der Fahr-Sektion – um 19:30 Uhr – an den im Bereich der Nordschleifen-Zufahrt aufgestellten Stehtischen im Kreise ihrer Frauen ausklingen lassen.

  • Выпьем за то, чтобы у нас всегда был повод для праздника!
MK/Wilhelm Hahne

Ein „PS“ für die Nürburger Bürger, die immer noch nicht die russische Sprache beherrschen: „Trinken wir darauf, dass wir immer einen Grund zum Feiern haben!“

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