„2 re., 2 li.“: Über die Maschen der Justiz

Die folgende Geschichte ist eine Facette zum Nürburgring-Skandal oder -Affäre, die eigentlich unbeobachtet bleibt. Wie viele Facetten zur „Ring-Geschichte“. Obwohl ohne diese „Teilchen“ die ganze „Weite“ der Nürburgring-Affäre nicht begriffen werden kann. Auch die handelnden Personen in dieser Affäre sind nur „Teilchen“. Eins dieser „Teilchen“ trägt den Namen Dr. Walter Kafitz und war in der Funktion eines Geschäftsführers der Nürburgring GmbH der Ausgangspunkt für den Skandal. Er wollte – weil sonst die Gelder knapp wurden – in den „Touristik-Topf“ der Landesregierung greifen. Ein Steuerberater aus Bad Breisig hat in einem kleinen Buch eine besondere Art der „Finanzarbeit“ des Geschäftsführers beleuchtet. Und sich eine Einstweilige Verfügung eingefangen, weil der GF in einer Eidesstattlichen Erklärung versicherte... - Darüber, über die Weiterungen und die Reaktionen von Gericht und Staatsanwaltschaft soll hier die Rede sein. - Auch über den Verfassungsschutz und seine Arbeit lohnt es sich bei dieser Gelegenheit ein paar Worte zu verlieren. Sprechen wir also über...

„2 re., 2 li.“: Über die Maschen der Justiz

Das Buch des Wilfried P. J. Schäfer hatte ich schon im November 2011 vorgestellt und auch darauf hingewiesen, dass eine bestimmte Stelle dem Ex-Geschäftsführer der Nürburgring GmbH nicht gefallen hatte. Es gab eine Einstweilige Verfügung, die Dr. Walter Kafitz dadurch erreichte, dass er dem Landgericht Köln eine Eidesstattliche Erklärung vorlegte. Und so musste die Stelle in dem Buch denn aufgrund des Landgerichts-Beschluss (Az. 28 O 1009/11) „geschwärzt“ werden.

Aus der Entscheidung des Landgerichts möchte ich (aus Seite 6) zitieren:

„Auf dem Schreiben der Nürburgring GmbH vom 20.07.2000 ist zwar der handschriftliche Vermerk aufgebracht, der Verfügungskläger (Anmerkung: Dr. Walter Kafitz) wolle „10.000,- bar“. Jedoch geht auch aus dem Zusammenhang nicht eindeutig hervor, ob diese Forderung eine Zahlung an den Verfügungskläger selbst betrifft. Denkbar wäre ebenso, dass der Verfügungskläger erreichen wollte, dass die DOM-Brauerei die nach dem Angebot vom 19.07.1999 für verschiedene Lieferrechte zu zahlenden Beträge teilweise in bar an die Nürburgring GmbH entrichtet würde.“

Hinter dieser Argumentation steckt eine bemerkenswerte Logik – finde ich. - Doch vielleicht ein wenig weltfremd? - Aber ein Gerichtsbeschluss ist ein Gerichtsbeschluss. Wäre Winfried Schäfer ihm nicht gefolgt, hätte das eine erhebliche Strafe zur Folge gehabt. - Im Namen des Volkes.

Folglich hat der in seinen Büchern auf Seite 70 die entsprechende Stelle zunächst mit schwarzem Filzstift und dann mit weißem „Killer“ unkenntlich gemacht.

 

Das Foto zeigt die so (oder ähnlich) behandelte Seite. (Den Hund, der auf die "kritische" Stelle zurückblickt, den habe ich zum Beschweren gebraucht, weil das Buch sonst zuklappte.)

Damit meine Leser wissen, was Dr. Walter Kafitz in seiner Eidesstattlichen Versicherung u.a. erklärte:

„Ich habe allerdings zu keinem Zeitpunkt während meiner Tätigkeit in den unter Ziffer 1 dieser Eidesstattlichen Versicherung genannten Positionen (Anmerkung: Verhandlungen mit der Kölner DOM-Brauerei) und erst recht nicht im Zusammenhang mit Verhandlungen über irgendwelche Vertragsabschlüsse betreffend Unternehmen, als deren gesetzlicher Vertreter ich bestellt war, Wahlspenden oder sonstige Zuwendungen an oder für einzelne Personen oder Parteien oder eine Zahlung an mich eingefordert. Dies gilt insbesondere auch für sämtliche Verhandlungen, die ich mit der DOM-Brauerei geführt habe und schließt den hier relevanten Zeitraum von 1999 bis 2000 ausdrücklich mit ein. Insbesondere habe ich weder eine Wahlkampfspende zugunsten des Landrats XXX und/oder des Ministerpräsidenten XXX (die Namen wurden von mir durch „X „ ersetzt) eingefordert oder auch nur vorgeschlagen. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, mich als Spendensammler für Parteien (weder geschäftlich noch privat) herzugeben.“

Schon direkt nach Bekanntgabe der Einstweiligen Verfügung des LG Köln war über „Amazon“ ein Buch des Herrn Schäfer an einen Kunden ausgeliefert worden, bei dem die entsprechende Stelle nicht geschwärzt war. Das führte dann zu einer neuen Einstweiligen Verfügung des Herrn Dr. Kafitz gegen den Buchautor, der ihm jegliche Auslieferung und Verkauf des Buches untersagte, zumal – so die Argumentation des RA von Herrn Dr. Walter Kafitz, weil man die Überdeckungen im Buch entfernen oder die abgedeckte Schrift gegen Licht von der Rückseite her noch entziffern konnte.

Also sitzt Winfried Schäfer noch auf einer Menge unverkaufter Bücher. Da er aber sicher war, das alles in seinem Buch der Realität entsprach, hat er über seinen Rechtsanwalt am 6. August 2012 Strafanzeige gegen Herrn Dr. Walter Kafitz bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Köln erstatten lassen.

 

Dort wurde dann eine Ermittlungsakte angelegt...

 

...wovon ich hier einen Ausschnitt von „Blatt 1“ zeige. Die Staatsanwaltschaft Köln hat dann die entsprechenden Dienststellen der Kriminalpolizei angewiesen, die notwendigen Vernehmungen von Zeugen einzuleiten und vorzunehmen.

Der Hauptzeuge sagte z.B. bei der Kriminalpolizei in Mayen aus. Das folgende Foto zeigt einen Ausschnitt aus seinem Vernehmungsprotokoll.

 

Soweit ich Einblick in die Akten nehmen konnte, wird die Darstellung des Herrn Schäfer in seinem Buch in allen Punkten von den Zeugen bestätigt. Es kommt noch hinzu, dass das Geschehen und die Abläufe im Fall der DOM-Brauerei sogar unserer heutigen stellvertretenden Ministerpräsidentin bekannt waren.

Ein Zeuge berichtet von einem Gespräch, in dem sie sich über Details informieren ließ.

 

Dieses Foto zeigt einen Ausschnitt der entsprechenden „Notiz“ aus der Ermittlungsakte.

Wir bei Motor-KRITIK hatten die Entwicklung dieser Auseinandersetzung auf einer Nebenbühne zum Nürburgring-Skandal interessiert beobachtet, wurden aber erst aufgeschreckt, als aus dem Verhandlungsraum des Landgerichts Koblenz, wo unter dem Aktenzeichen 2050 Js 37425/10 gegen „Ingolf D. u.a.“ (wozu auch Dr. Walter Kafitz gehört) die Kunde zu uns drang, dass die Staatsanwaltschaft Koblenz der Staatsanwaltschaft Köln auf Anforderung die Klageschrift zu dem in Koblenz anhängigen Verfahren zugeschickt hatte.

Ich habe mir diese Tatsache von Oberstaatsanwalt Kruse in Koblenz bestätigen lassen. Den Hintergrund zu dieser Handlung wurde mir erst deutlich, nachdem ich über die Chef-Reporterin der „Rhein-Zeitung“, Ursula Samary (2012 mit dem 2. „Wächterpreis der deutschen Tagespresse ausgezeichnet), die den Koblenzer Prozess „vor Ort“ beobachtet, erfuhr, dass es bei der letzten Verhandlung im April zu folgender Situation gekommen wäre:

„...Vorsitzender Richter Hetger hat den Verfahrensbeteiligten lediglich mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft Köln eine Kopie der Anklageschrift angefordert hat und sie auch beabsichtigt, ihr Verfahren gegen Herrn Kafitz einzustellen. ...“

Diese Tatsache wollte – und konnte – mir der Herr Oberstaatsanwalt Bremer von der Staatsanwaltschaft Köln in einem Telefongespräch nicht bestätigen.

„Ich möchte da meinen Kollegen nicht vorgreifen.“

Aber er hat mich auf den § 154 der Strafprozessordnung verwiesen und mir angeraten, mir doch einmal den Gesetzestext genau anzuschauen. Das habe ich nicht nur getan, sondern auch einen Termin mit Herrn Wilfried Schäfer in Bad Breisig vereinbart, mit dem ich dann in diesen Tagen ein mehrstündiges Informationsgespräch geführt habe.

Interessant war, dass Herr Schäfer als Steuerberater auch Kenntnis vom § 154 hatte, aber er war nicht auf die Idee gekommen, dass die Staatsanwaltschaft Köln... - immerhin waren aus seiner Sicht zumindest die kriminaltechnischen Ermittlungen zu seiner Strafanzeige inzwischen abgeschlossen und er rechnete damit, dass die Staatsanwaltschaft Köln nun kurzfristig Klage gegen Dr. Walter Kafitz erheben würde.

In § 154 der StPO heißt es u.a.:

„Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verurteilt worden ist oder die er wegen einer anderen Tag zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder...“

Es ist reiner Zufall, dass der § 154 im Strafgesetzbuch „Meineid“ behandelt. Dort ist u.a. zu lesen:

„Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle falsch schwört, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.“

Nach Aussagen der Staatsanwaltschaft in Köln mir gegenüber ist am Ende der Verhandlung in Koblenz mit einer Freiheitsstrafe von mindestens vier Jahren zu rechnen. So Oberstaatsanwalt Bremer in einem Telefonat mit mir; so dass diese Strafe die mögliche Strafe für eine falsche Eidesstattliche Versicherung nach seiner Einschätzung klar übertreffen würde.

Nein, meinem Gesprächspartner in Köln war nicht bekannt, dass die Verhandlungsdauer in Koblenz auf rd. 100 Verhandlungstage angesetzt ist. Aber, so meinte er, das wäre auch unerheblich, da man am Ende der Verhandlung in Koblenz, wenn es dort nicht zu einer entsprechenden Bestrafung des Herrn Dr. Walter Kafitz kommen sollte, das Ermittlungsverfahren in Köln wieder aufnehmen könne. (Wenn es dann nicht verjährt ist. - Eine Anmerkung von Motor-KRITIK)

Für Herrn Wienand Schäfer...

 

...war diese Information niederschmetternd, da sie bedeutet, dass die Einstweiligen Verfügungen gegen ihn in absehbarer Zeit nicht aufgehoben werden und er also sein Buch auch in absehbarer Zeit nicht verkaufen kann, was bei ihm dann zu erheblichen Verlusten führen wird.

Als ich nach dem Gespräch zurück zu meinem Wagen ging, sah ich im Kurpark von Bad Breisig interessant „umstrickte“ Bäume...

 

 

… die sich als „generationenverbindende Gemeinschaftsaktion“ entpuppte. Mich brachte das auf die Idee von „den Maschen der Justiz“, die sich im Titel zu dieser Geschichte widerspiegeln.

Auch in dem geschilderten Fall verläuft zwar alles nach Recht und Ordnung, berücksichtigt aber nicht die Alltags-Realität. Daran denkt auch niemand, denn wichtig ist eigentlich nur, dass man – und ich beziehe das auf die Staatsanwaltschaften - „Weisungen“ erfüllt. Die werden denen nicht nur durch bestehende Gesetze aufgetragen.

Aber immer wieder hört man plakativ vorgetragene Idealvorstellungen von Politikern, die – wenn man sie versucht umzusetzen – einen Hinweis auf die traurige Realität in unserer Demokratie geben. - Da schreibt z.B. Herr Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, in „ApuZ“ (Aus Politik und Zeitgeschichte, Ausgabe 15-16, auf Seite 43):

„Gelebte Demokratie und aktive Partizipation erfordern unerschrockene Bürgerinnen und Bürger, einen aufrechten Gang und eine aktive und informierte Teilnahme am politischen Diskurs. Eine notwendige Voraussetzung hierfür ist der Anspruch zu wissen, welche staatliche Stelle in welchem Kontext welche Informationen über mich gespeichert haben.“

So aufgerufen, habe ich unerschrocken den Verfassungschutz in Mainz (ein Referat im Innenministerium) angeschrieben und um Auskunft gebeten. Meine Anfrage, zunächst als E-mail gesendet, dann per Post zugestellt, habe ich als pdf-Datei dieser Geschichte am Ende angehängt. Das ist nun schon einige Wochen her. - Bisher gab es keine Antwort.

Peter Schaar schrieb in seinem Beitrag auch:

„Aus der Furcht einflößenden düsteren 'transparenzfesten' staatlichen 'Informationsburg' mit winzigen Schießscharten, durch die ein Einblick in das Innere kaum möglich ist, kann durchaus ein transparenter, heller Glasbau werden – mit nur einzelnen wenigen Milchglasfenstern und nur sehr wenigen, blickdicht abgeschotteten Räumen.“

Wilfried Schäfer - aber auch ich - und viele andere Bundesbürger, nicht nur solche in Nürburg, wir träumen davon, dass die Aussagen des Herrn Peter Schaar nicht nur Worthülsen sind.

MK/Wilhelm Hahne

Damit es nicht vergessen wird: Heute vor 29 Jahren, am 12. Mai 1984, wurde der Grand-Prix-Kurs am Nürburgring eröffnet.

 

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