21. Juli 2013: Lieber Leser!

Im Moment klingt es einem von allen Seiten in den Ohren, brennen einem die Schlagzeilen in den Augen: „Detroit meldet Insolvenz an“. Immerhin gibt es die größte Stadtpleite in der US-Geschichte zu vermelden. - Wer hat sich denn vorher z.B. ein wenig kritisch zu Detroit geäußert? - Denn eigentlich war diese Entwicklung vorherzusehen, sie kam nicht überraschend. Jedoch hat gerade Detroit in der deutschen Berichterstattung auch schon vorher einen besonderen Stellenwert gehabt: Durch die „North American International Auto Show“, die „NAIAS“. Sie findet alljährlich im Januar statt. Und sie wird auch 2014 – wie ich gerade durch eine Information von Rod Alberts, dem Executiv Director der Show erfahre – vom 13. - 26. Januar stattfinden. Die Auto Show in Detroit ist von der Pleite der Stadt nicht betroffen. - Und die deutsche Automobilindustrie wird sicherlich ihren Teil mit dazu beitragen, um – wie immer und in allen Situationen – den Eindruck zu verbreiten: Alles wird gut!

21. Juli 2013: Lieber Leser!

Wie man bei Motor-KRITIK die Auto-Show in Detroit sieht, das wurde auf diesen Seiten z.B. am 14. Januar 2013 veröffentlicht. Aber gelesen haben das nur wenige, da ich ab Anfang Januar nur noch meine Nürburgring-Geschichten (und den „Lieber Leser“) für alle Besucher meiner Seiten voll umfänglich zugänglich machte, während ich die anderen Geschichten, wozu dann auch die über die „NAIAS“ gehörte, exklusiv nur für Abonnenten in ganzer Länge lesbar waren.

Abonnenten gab es Anfang Januar nur wenige. Mich hat das nicht gestört. Ich hatte das angekündigt und umgesetzt. Die Abonnenten die später hinzu kamen hat dann offensichtlich „der alte Quark“ nicht mehr interessiert. Als ich heute mal nachgeschaut habe, da hatte es nur einen Abonnenten gegeben, der die Detroit-Geschichte nach dem Lesen mit „5 Sternen“ bewertete.

Tatsächlich ist es in der Branche so, dass ich heute sehr oft als „Nürburgring-Spezialist“ durchgereicht werde. Dass ich die Thematik der Auto-Branche insgesamt gut bis sehr gut beschreiben und einschätzen kann, das wird gerne vergessen. Nur sind meine Geschichten zu den jeweils aktuellen Motor-Themen nicht unbedingt immer „schöne Geschichten“.

Also bildet auch die Industrie – ziemlich geschlossen – eine Front gegen mich. Nicht Einzelpersonen aus der Industrie haben etwas gegen meine Art. Da sucht man sogar gerne das persönliche Gespräch, aber... - Ich nehme das hin. Schließlich bin ich nur ein einfacher Journalist, fühle mich für das Ressort MOTOR zuständig, informiere meine Abonnenten nach bestem Wissen und Gewissen.

Was mich – und damit Motor-KRITIK – von anderen Informationsdiensten unterscheidet: Ich lasse mich nicht vereinnahmen, bin nicht der „Medienpartner“ einer Partei, einer Automobilmarke, einer Werkstattkette oder eines Reifenherstellers. Darum passe ich auch nicht so recht – finden Andere – in die heutige Zeit. Man kann doch nicht gegen Alles sein, erinnert man mich.

Doch man sieht die Dinge falsch. Ich bin nicht gegen Alles, sondern beurteile alles aus dem kritischen Blickwinkel eines erfahrenen Bürgers, Wählers, Nutzers, Verbrauchers. Es gibt da niemanden der fehlerlos wäre. Also schreibe ich in einem gewissen Zeitrahmen eigentlich mal über jeden negativ. Damit bin ich dann „nicht kalkulierbar“ und werde als „nicht belehrbar“ abgelegt.

Das zeigt eigentlich, dass die Mehrheit des Mittelmanagement bei der Industrie nicht mehr lernfähig ist. So hat dann z.B. Opel – als man dort glaubte, man wäre noch wer – über lange Zeit Prozesse gegen mich geführt, eigene Abteilungen über Tage lahmgelegt, auf der Suche nach der „undichten Stelle“. - Und wo steht Opel heute? - Nun da, wohin sie aufgrund ihrer „Leistungen“ in der Vergangenheit gehören.

Die Automobilindustrie hat insgesamt verlernt auf die Nutzer, die Autokäufer zu hören, empfindet sich nicht als Dienstleister, sondern schreibt vor, was der Kunde zu kaufen hat. Bis zu einem gewissen Punkt funktioniert das auch. Wenn dann aber die Verkaufskurven „in den Keller gehen“, weil die Marketingleute (mal wieder) überzogen haben, dann beginnt das große Jammern.

Und man produziert in immer kürzeren Zeitabständen neue Modelle und bietet „Zwischenlösungen“ zu den eigenen Eckpfeilern der Marke an. Jeder will alles können. Aus einem kleinen – aber feinen – Sportwagenhersteller wird so ein Großserienproduzent, der das aber versucht „geheim“ zu halten. Weil das dem Image schadet.

Ein anderer Großserienproduzent möchte zum Premium-Hersteller mutieren, weil dort satte Gewinne locken und versucht sein gutes „Kleinwagen-Image“ zu verstecken. Weil das schaden könnte. Da muss dann auch der Handel mitspielen und man setzt auf „neue Spielregeln“.

Es gab mal eine Zeit, da wurden im Automobilmarkt Lieferzeiten verkauft. Heute verkauft man Rabatte, Sonder-Finanzierungen und -Leasing. Und kauft – oder mietet – neue Grundstücke an, um Lagerfahrzeuge abstellen zu können. - Das sind tolle Lösungen, die nur Statistiken dann gut aussehen lässt, wenn man sie entsprechend anlegt.

Vieles in der Auto-Branche ist auf dem Weg, den Detroit in langen, schweren Jahren gegangen ist. In Deutschland kann so etwas nicht passieren, weil eine Kommune in unserem Land nicht insolvent werden kann. Auch keine Öffentlich-Rechtliche Anstalt. Wohl eine „private“ GmbH, die sich in Landesbesitz befindet und die man gerade „abschüttelt“. - Wobei man da auch vor „Rosstäuscher-Tricks“ nicht zurück schreckt. (Aber davon wird in den nächsten Wochen noch ausführlich zu reden sein.)

Meinen vielen Lesern, die leider nicht alle Abonnenten sind, möchte ich auch meine Reifengeschichten (nicht nur die zur Formel 1) empfehlen. Um die lesen zu können, hilft allerdings nur ein Abo. - Darum hat auch die Reifenindustrie kein Abo bei Motor-KRITIK. Die möchte später mal mit Überzeugung ausrufen können: Aber das haben wir doch alles nicht gewusst! - Tatsächlich scheint man dort die simpelsten physikalischen Gesetze nicht zu kennen. - Aber man hat gute Medienpartner.

Weil ich mit Detroit begonnen habe, will ich hier dann – damit Sie meine „Selbstdarstellung“ überprüfen können – meine „alte Geschichte“ vom 14. Januar 2013 nun noch einmal und unverändert hier einkopieren. - Bilden Sie sich auf der Basis dieser Kopie selbst ein Urteil.

NAISAS: Marketing powert Provinz

Gespeichert von wh am/um 14 Januar, 2013 - 20:05

Die NAISAS, die „North American International Auto Show“ gibt es seit 1907. Typisch für diese Veranstaltung ist der frühe Termin im Jahr. Immerhin war das mal mehr eine lokale Veranstaltung, bei der der US-Autohändlerverband eine Rolle spielte, der seinen US-Verkäufern zu Anfang der Saison eine Übersicht bieten wollte, was denn so im Laufe der Saison alles den Markt zu beeinflussen suchte. Und weil die ersten Wochen im Jahr die umsatzschwächsten sind, in der es kaum auffällt, wenn der Automobilverkäufer nicht am heimischen Schreibtisch sitzt, kam man auf die Idee, diese Informationsveranstaltung in die ersten Wochen des Jahres zu legen. Damit gehört die NAISAS dann inzwischen zu den ersten „großen“ Automobilausstellungen eines jeden Jahres. Aus der rein regional bedeutenden Veranstaltung haben clevere Marketingleute inzwischen eine große internationale Automobilausstellung gemacht. Das liegt vor allen Dingen an der deutschen Automobilindustrie, die mit einer (kostenlosen) Flugreise zu Anfang des Jahres gerne in die USA einläd, um dort den deutschen Journalisten die internationale Bedeutung ihrer Marken zu verdeutlichen. Was aber nur unterstreicht:

NAISAS: Marketing powert Provinz

Natürlich war ich auch schon mehrfach in Detroit und man hat mich glauben gemacht, dass ich auf Kosten einer Redaktion hinüber flog. Das letzte Mal bin ich nur widerwillig geflogen. Was sollte ich eigentlich in Detroit? Ich wusste vorher, was mich dort erwartete. Aber das wurde mir da alles – evtl. auch in schlechtem Englisch – von deutschen Managern als wichtig und bedeutend verkauft. Und die zuhörenden Amerikaner haben sich wegen des tollen US-Englisch lachend auf die Schenkel geklopft.

Man ist freundlich auf der Detroit Motor-Show, wie man überhaupt, wenn man durch die USA reist den Eindruck hat, das man hier den Begriff Dienstleistung anders deutet als z.B. in Deutschland.

Als ich in New York z.B. einige Minuten vor dem Geschäft eines Herrenausstatters in der 5th Avenue verweilte, weil ich mir beim Umrechnen der Preisschilder (US-Dollar in deutsche Währung) Zeit gelassen hatte, kam schon ein Verkäufer zu mir auf die Straße, um mich herein zu bitten, weil es drinnen doch angenehmer wäre... -

Stellen Sie sich bitte eine solche Situation mal in Düsseldorf auf der Königsallee vor, wo sie beim Betreten eines Ladens von einer Verkäuferin exakt gemustert, zugeordnet und eingetütet werden. Was dann schon Einfluss auf die Art der Bedienung hat. Man muss schon dankbar sein, wenn der „Dienstleister“ Zeit für den Kunden findet. - In Düsseldorf zählen Äußerlichkeiten. In New York nur der Kunde.

Das ist in Detroit anders. Wobei ich Ihnen einen Ausflug in die Innenstadt von Detroit nicht empfehlen kann. Ich kenne keine verkommenere Innenstadt als Detroit. Leerstehende Häuser, zerschlagene Fensterscheiben, zerrissene, im Wind flatternde Markisen. Mehr als 80 Prozent der Bewohner der Innenstadt von Detroit sind Afro-Amerikaner. Man denkt sich als deutscher Besucher erst dann etwas dabei, wenn man vom Portier eines der großen Hotels abends, wenn man seinen Zimmerschlüssel abgibt, um sich in der Stadt mal umzusehen, vor einem solchen Ausflug gewarnt wird.

Detroit ist die gefährlichste Großstadt Amerikas. Nirgend geschehen mehr Morde im Jahr als hier. Auch nicht in New York, der Stadt, der man gerne einen Hauch von Kriminalität andichtet. Verglichen mit Detroit ist New York geradezu sicher.

Detroit liegt am Detroit River, einem breit dahin fließenden Fluss, der die USA von Kanada trennt. Auf der anderen Seite des Flusses – also in Kanada - liegt Windsor/Ontario. Man ist durch einen Tunnel und eine Brücke verbunden. Hier in Windsor, nur durch den Fluss von Detroit getrennt, geschehen im ganzen Jahr so viele Morde, wie die Polizei in Detroit in einer Woche registriert. Soviel zum Zustand einer Stadt, zu deren große Automobilausstellung in diesem Jahr auch der VDA, der Verband der deutschen Automobilindustrie eingeladen hat. - „Wir freuen uns sehr.“

Heute um 7:00 Uhr Ortszeit, wird dort der VDA-Präsident, Matthias Wissmann, die aktuelle Lage des US-amerikanischen Marktes und die Chancen und Herausforderungen für die deutschen Hersteller und Zulieferer beleuchten.

Hätte er diesen Vortrag in Berlin gehalten, wäre kaum jemand gekommen. Jetzt in Detroit kann er sich seiner Gäste sicher sein. - Sein Vortrag dauert bis 7:25 Uhr.

Wie sehr man sich mit diesem Vortrag noch ins vorgesehene Programm gequetscht hat geht daraus hervor, das das offizielle Programm u.a vorsieht:

7:15-7:40 am NAIAS 2013 Welcome Ceremony / Atrium Stage
North American Car and Truck/Utility of the Year Awards / Atrium Stag

Eine kleine Überschneidung, die auch unterstreicht, wie wichtig der Vortrag des Herrn Wissmann hier in Detroit ist. Aber alle bedeutenden deutschen Zeitungen und Zeitschriften werden darüber berichten. Und natürlich auch über das Modell-„Feuerwerk“, das die deutsche Automobilindustrie hier in Detroit zündet. Was Audi, BMW, Mercedes und alle anderen hier vorstellen, hätte man auch jeweils vor Ort – in der Heimat - den Pressevertretern vorstellen können. Aber hier hat man die Herrschaften - und alles - unter Kontrolle, niemand kann sich der Berieselung entziehen und so wird man alle möglichen (und unmöglichen) Modellvarianten hier noch einmal den von weither angereisten Pressevertretern vorstellen. - „Wir saßen schon drin.“

Natürlich wird man auch über die 7. Auflage der Chevrolet Corvette berichten müssen, die immer schon als Sportwagen eine besondere Qualität hatte, die aber gerne dem deutschen Leser vorenthalten wurde. Natürlich hatte die Corvette auch immer irgendwelche Schwächen. Aber die hatten die jeweils aktuellen 911-Modelle auch. - Nur: Darüber liest man nichts.

Aber über die in großer Stückzahl neu von der deuschen Automobilindustrie entwickelten Kraftprotze von Automobilen, die in diese Zeit passen wie die Dinosaurier. Deren Zeit ist eigentlich vorbei. Trotzdem passen die deutschen Varianten immer noch gut zwischen die amerikanischen Modelle dieser Art. So versucht man eine eigentlich unsinnige Entwicklung zu relativieren

Aus meiner Sicht gibt es keinen Grund im Januar eines Jahres nach Detroit zu reisen. Die für Europa wichtigste Automobilausstellung im Jahr ist der Genfer Automobilsalon, der in diesem Jahr vom 7. - 17. März stattfindet. Hier wird dann die europäische Automobilindustrie wieder andere Akzente zu setzen versuchen. Das Markting wird versuchen darzustellen, worauf es ankommt. - Vergleichen Sie dann mal die O-Töne Detroit mit den O-Tönen Genf.

Die aktuell heute eröffnete Austellung im „Cobo-Center“ in Detroit, am Washington- Boulevard gelegen, gibt den amerikanischen Automobilverkäufern sicherlich eine gute Übersicht über die Möglichkeiten, die die Industrie ihnen im Jahr 2013 gibt, aber sie sagt nichts aus über die Chancen der deutschen Automobilindustrie in den USA.

Detroit ist auch nicht die Autostadt, als die sie uns immer wieder verkauft wird. Detroit ist der offizielle Firmensitz von GM. Ford regiert in Deaborn, unweit von Detroit gelegen. In Auborn Hills, auch nicht weit von Detroit entfernt haben Chrysler und VW USA ihren Firmensitz. - Aber nicht in Detroit.

Eine weitaus größere Bedeutung hat Detroit – wie schon geschildert – auf dem Feld der Kriminalität. - Ob sich darum deutsche Manager zu Anfang eines jeden Jahres dort wie zu Hause fühlen?

MK/Wilhelm Hahne

Dabei will ich es für heute bewenden lassen.

Fortsetzung folgt!
Wilhelm Hahne

 

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