VLN & BoP & GPS + JzN

Ohne Hilfsprogramme geht es im Automobilbau nicht mehr. Auch im Motorsport werden eine Reihe von Hilfsprogrammen genutzt. Nicht nur von den Fahrern, auch von den Veranstaltern. Da macht die VLN-Organisation keine Ausnahme. Gab es „früher“ im Motorsport nicht nur Qualitätsunterschiede bei den Fahrern, sondern auch bei den eingesetzten Fahrzeugen, wird heute versucht, allen Beteiligten „Chancengleichheit“ zu garantieren. Was einen Ferdinand Stuck immer noch nicht zu einem Frank Stippler macht und einen GT3 Mercedes immer noch nicht zu einem GT3 Audi. - Oder umgekehrt. - Aber alles zusammen macht jede Menge Ärger. Weil man vergessen hat, dass es im Sport immer Leistungsunterschiede gegeben hat und geben sollte. - Man sollte die nicht mit Geld ausgleichen können. - So ist mit der Zeit die F1 unverständlich geworden. Wer begreift noch das Reglement der DTM? - Warum sollte da die VLN zurück stehen? - Insgesamt: Tolles, „innovatives“ Niveau!

VLN & BoP & GPS + JzN

Interessant ist, wie sich die VLN nach dem 24-Stunden-Rennen von den Rundenzeiten entwickelt hat. Es ist so, als hätte man in allen Entwicklungsabteilungen erst nach dem 24-Stunden-Rennen mit der Weiterentwicklung von Fahrzeugen begonnen.

Der neue Rundenrekord wird inzwischen von Frank Stippler mit dem Audi R8 GT3 mit 8:03 min auf der VLN-Runde markiert. Im Training fuhr Uwe Alzen am Wochenende eine 8:02 min mit einem BMW Z4 GT3. Da hat dann ROWE schon vor diesem Rennen „das Handtuch geworfen“. Dieses Team setzt zwei Mercedes SLS GT3 ein und sieht durch die „BoP“ (Balance of Performance“, die unterschiedlichen Fabrikaten unterschiedliche „Belastungen“ (oder auch „Begrenzungen“) auferlegt, „die Chancengleichheit nicht mehr gewährt“.

Warum lässt man ein gutes Auto nicht ein gutes Auto sein? - Warum versucht man sich mit Anpassungen an Fahrzeugen, die schon von der Anlage her sehr unterschiedlich sind? Wenn man z.B. von dem Ursprungsgedanken ausgeht, dass ein GT3-Fahrzeug in seiner Version nahe beim Serienfahrzeug sein sollte, dann kann man eigentlich nicht erklären, warum der Mercedes SLS – verglichen mit dem Basis-Serienmodell – ein reinrassiges Rennfahrwerk hat. (Nur als Beispiel!)

Da hat man denn, weil der Mercedes in schnellen Kurven (dank des guten Fahrwerks!) so schnell ist, den dann mit „BoP“-Maßnahmen entsprechend eingebremst. Der Audi ist ein deutlich schwieriger zu beherrschendes Fahrzeug, also hat man ihm über die „BoP“ ein paar Vorzüge eingeräumt. Und Porsche-Fahrer beanstanden, dass sie durch „BoP“-Maßnahmen z.B. bei Thema Top-Speed gegenüber einem Mercedes benachteiligt sind.

Porsche sind übrigens gegenüber den beiden anderen genannten Fabrikaten z.B. klar beim Bremsen in Bergab-Passagen im Vorteil. Und für mehr Top-Speed müsste man eigentlich nur den Heckflügel etwas flacher stellen. Natürlich würde man damit dann am „Schwedenkreuz“... - Motor-KRITIK kennt die Klagen aus allen Fabrikatslagern. - Vielleicht sollte man es mal mit Fahren (oder Fahrern!) versuchen. - Und natürlich den ganzen Quatsch mit „BoP“ lassen. Eine solche „Angleichung“ entspricht eigentlich nicht dem Grundgedanken des Motorsports – auch nicht dem Sportgedanken im Allgemeinen. - Aber wir leben halt in einer Zeit, wo bestimmte Manager glauben, dass man mit Geld alles regeln kann – und muss.

Entsprechend „dünn“ sind dann die Leistung der von solchen Managern auch gelenkten Firmen. Entsprechend ist dann auch der Nutzwert deren Produkte für die Kunden. Erfolgreich ist man damit nur, wenn man seinerseits viel Geld in die Hand nimmt. - Auch im sogenannten „Breitensport“.

Am letzten Samstag, beim 4. Lauf zur „Deutschen Langstrecken-Meisterschaft 2013“, waren insgesamt 173 Fahrzeuge am Start, wovon am Ende 122 das Ziel erreichten. Das entspricht einer Ausfallquote von knapp 28 Prozent. - Was hat sich da gegenüber früher – jetzt mit all' den elektronischen Hilfen – geändert?

Ein Beispiel ist dieser sehr schöne und eigentlich – in der Serienversion – sehr alltagstauglich ausgelegte McLaren MP4-12C. Hatte man es bei der Wettbewerbsversion – mit Werksunterstützung! - beim 24-Stunden-Rennen mit einer Verdreifachung des Serien-Ladedrucks versucht (der Motor „platzte“), ging es dieses Mal schon mal am Freitag beim Vortest mit einem um das 4,5fache erhöhten Ladedruck (gegenüber der Serienversion) auf die Jagd nach schnellen, konkurrenzfähigen Rundenzeiten. Ergebnis:


Wo Rauch ist... - So sind dann die Fahrer für's Rennen auf ein Toyota GT 86-Cupfahrzeug umgestiegen. Und haben ihre Klasse gewonnen. Ob das dem Sponsor gefällt, der seine Sponsorgelder für einen McLaren zahlt? - Immerhin beweist dieses Beispiel, dass viel Geld im Sport nicht unbedingt zum besten Ergebnis führt. So ein Toyota wird von den Fahrern der vielen GT3-Fahrzeuge – wovon bei diesem Rennen 29 Stück genannt hatten – nicht wirklich ernst genommen. Die Zufallsbesetzung (Adams/Klasen) wird jedenfalls – zusammen mit Arne Hoffmeister - mehr Spaß an dem Klassensieg mit einem Zweiliter-“Sauger“ gehabt haben als an dem Ausfall mit ihrem McLaren-Turbo.

Das Rennen zeigte wieder einmal, dass die abstrakte Mischung von GT3- mit Serien-Fahrzeugen nicht nur wegen des großen (Motor-)Leistungsunterschieds nicht harmoniert, sondern auch wegen der unterschiedlichen Bremsleistungen.

Die VLN hat völlig zu recht ein Überwachungs-GPS-System zur Pflicht in der VLN gemacht, da es leider zu viele zu ehrgeizige, aber auch disziplinlose Fahrer gibt, die die während eines Rennen oft die vorübergehend notwendigen „60-km-Zonen“ nicht beachteten. Inzwischen sind die GPS-Zonen allgemein akzeptiert, werden aber – man möchte schließlich nicht als unclever gelten – inzwischen auf geradezu brutale Art genutzt: Man fährt bei „Einfach-Gelb“ (einer Vorankündigung) praktisch noch „voll“, um dann bei „Doppelt-Gelb-Geschwenkt“ voll „in die Eisen zu steigen“. Wenn nun ein GT3 gerade noch eines der Serienfahrzeuge (VLN-Produktionswagen) überholt hat um dann voll zu bremsen, dann reicht der „normale“ Bremsweg eines Serienfahrzeugs nicht aus. - Es gibt einen Auffahrunfall.

Ich habe am Freitag vor dem Rennen noch über dieses Problem mit Aktiven gesprochen, da die Anzahl der Auffahrunfälle nach Einführung des Überwachungssystems durch GPS dramatisch gestiegen ist. Auch der Unfall des Stippler/Stuck/Stuck-Audi war der Unfall eines GT3, dem ein V6-Wettbewerbsfahrzeug (BMW Z4) in einer „60-km-Zone“ („Doppel-Gelb“) hinten rechts zwei Runden vor Rennende voll ins Heck fuhr. - Das Audi-Team verlor so Platz drei im Gesamtklassement. - Dieser Platz wäre übrigens einer großartigen fahrerischen Leistung von Frank Stippler zu verdanken gewesen.


Dieses Foto vermittelt einen flüchtigen Eindruck vom Zustand des Fahrzeuges nach dem Unfall. Es wurde „blitzschnell“ durch die Lücken einer Zuschauerreihe bei der Vorbeifahrt in Breidscheid aufgenommen.

Ich darf meine älteren Leser an einen damals vom Fernsehen, vermittelten „irren Crash“ auf der Berliner Avus erinnern, wo Alexander Wurz – vor rd. 20 Jahren - in einem Formel 3 ein ONS-Streckensicherungsfahrzeug noch kurz vor der Streckenwende „voll“ überholt, um dann „voll“ zu bremsen, um sich dann zu wundern (und aufzuregen!) dass ihm das Zweitonnengefährt „voll“ hinten aufgefahren war. - Woher sollte das ONS-Fahrzeug auch einen so kurzen Bremsweg haben wie ein superleichter F3?

Genauso geht es heute – wieder und immer wieder – auf der Nordschleife zu.

Manthey hat übrigens an diesem Rennwochenende einen möglichen Gesamtsieg verpasst, weil man den „Grün-Gelben“ im Stall ließ, nachdem Jörg Bergmeister wegen des überraschenden Todes seines Vaters als Fahrer abgesagt hatte. So wurde Jochen Krumbach auf den anderen Manthey-GT3 den Fahrern Weiss/Kainz/Jacobs zugeordnet und das schon beim 24-Stunden-Rennen in dieser Formation gut funktionierende Team konnte – vom „Pech“ der Konkurrenten begünstigt – einen Podiumsplatz nach Hause fahren.

Wäre Jochen Krumbach zusammen mit Jörg Bergmeister an diesem Wochenende auf der „60“ unterwegs gewesen, wäre ihnen der Gesamtsieg wohl kaum zu nehmen gewesen. - Sage ich. - So feierte der „Frikadelli“-Porsche mit den Fahrern Patrik Huismann, Patrik Pilet sowie Klaus Abbelen (dessen Namen man auch auf den „Wiener Schnitzel“-Verpackungen im Aldi-Tiefkühltheke findet) einen von allen Teamfans toll umjubelten Gesamtsieg nach acht Jahren unablässiger Versuche.


Es herrschte an diesem Samstag ein wunderbares Eifelwetter. Trotzdem dürfte, trotz der optischen Dichte der Zuschauer an bestimmten Streckenabschnitten, die reale Zuschauerzahl rings um die Strecke nicht die von der VLN immer wieder gerne verbreitete „Durchschnittszahl“ von 20.000 Besuchern erreicht haben.


Die Nürburgring-Nordschleife ist vielleicht nicht das „Schnäppchen“ für einen von den Insolvenz-Sachwaltern gerne erwarteten Investoren, kann aber – wie beim Wetter am Samstag – durchaus idyllische Zuschauerplätzchen bieten.

Um es nicht zu vergessen: Warum der Trainingsschnellste, Uwe Alzen mit seinen Mitstreitern nicht mit dem schnellen BMW Z4 gewonnen hat? - Es gab eine Stopp-and-Go-Strafe, die ihn weit zurück warf. Und dann gab es gut eine Stunde vor Renn-Ende noch einen Unfall, der das Ende einer Dienstfahrt besiegelte.

So ist das nun mal bei Langstrecken-Rennen. Trotz aller „BoP“ und „GPS“. - Ein wenig Glück gehört immer dazu. Und auch ein wenig Risikobereitschaft beim Team. Aber auch eine realistische Einschätzung der fahrerischen Möglichkeiten der einzelnen Fahrer bei der Entwicklung einer Renntaktik.

Da hatten es die Fans von „Ja zum Nürburgring“ (JzN) besser. Sie haben es sich nach dem Rennen auf dem Grillplatz in Nürburg in netter Runde gemütlich gemacht, so nebenbei ein Spanferkel verspeist, kühles Bier getrunken und für die Verdauung einen „Kabänes“ auf das Wohl von Otto Flimm geschluckt, der persönlich mit am Grill saß. - Nürburgring-Mitarbeiter hatten allerdings – trotz Zusage – auf ein Erscheinen bei dieser Fan-Truppe (die „Rhein-Zeitung“ bezeichnet sie als „Nürburgring-Aktivisten“) verzichtet.

Über anderes „Theater“ bei der Veranstaltung informiere ich später einmal. - Aus gegebenem Anlass.

MK/Wilhelm Hahne
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