ZEIT-Zeichen: Medienhype & Welle & Cruisen!

Was die Wochenzeitung DIE ZEIT gerade aktuell als Rechercheleistung verkauft, ist ein billiges Mitreiten auf einer Welle, die die „Süddeutsche Zeitung“ mit dem Wurf eines gewaltigen Pflastersteins ins (bis dahin) stille Wasser des ADAC ausgelöst hatte. Michael Ramstetter und Peter Meyer waren mit einem kurzen Seil am Pflasterstein befestigt, so dass ihnen inzwischen das Wasser mindestens bis zum Hals steht. Und die Welle läuft noch. Und andere Medien möchten darauf mitreiten, weil es schließlich allein um 19 Millionen interessierte ADAC-Mitglieder gibt. Also gibt es überall ein irgendwie passendes – oder nicht passendes – Geschichtchen dazu. Eins der aktuellen Beispiele ist wie ein...

ZEIT-Zeichen: Medienhype & Welle & Cruisen!

Es klingt natürlich nach einem tollen Recherche-Ergebnis, wenn DIE ZEIT verkündet:

„Der Zeitung liegen Dokumente zu Fällen vor, bei denen vom ADAC genannte Besucherzahlen von Veranstaltungen wie dem 24-Stunden-Rennen am Nürburgring bis zu viermal höher ausfallen als die Zahl der Ticketverkäufe.“

Das steht so im Internet. Und man verweist darauf (am Mittwoch), dass das dann auch in der Druckversion - „der morgen erscheinenden Ausgabe der ZEIT“ - zu lesen sein wird. Man kann die – darauf wird auch hingewiesen - „am Kiosk oder online erwerben“.

Wenn man dann, im Zusammenhang mit Zahlen vom 24-Stunden-Rennen, aus einer ADAC-Erklärung zitiert, die offenbar eine für eine Rallye genannte Besucherzahl erläutern soll, dann ahnt man, unter welchem Druck hier eine zur „ADAC-Welle“ passende Geschichte zusammengeschrieben wurde.

Soweit Motor-KRITIK recherchieren konnte, handelt es sich um eine schriftliche Erklärung des ADAC gegenüber dem ZDF (Zweites Deutsche Fernsehen), wo man zu den Publikumszahlen der Deutschland-Rallye 2013 in Trier dem ADAC ein paar Fragen gestellt hatte, weil dort die Zuschauerzahlen durch öffentliche Gelder der Stadt Trier bezuschusst worden waren. - Merke: Jeder Zuschauer ist so für den ADAC wie bares Geld!

Hätte man bei DIE ZEIT wirklich in der Sache selbst recherchiert, wäre man (vielleicht) darauf gestoßen, dass bei dieser Deutschland-Rallye des Jahres 2013 auch der ADAC-Sportpräsident, Hermann Tomczyk, mit einem „Gelben Engel“ (Hubschrauber) zu Sonderprüfungen unterwegs war. Das war insofern für diesen Herrn angenehm, als die „Gelben Engel“-Hubschrauber des ADAC eine generell geltende Außenlandegenehmigung besitzen und so immer und überall landen und starten können. Was dem Herrn Sportpräsidenten das Hüpfen von Sonderprüfung zu Sonderprüfung natürlich erleichterte.

Aber zurück zu den vom Veranstalter des 24-Stunden-Rennens jeweils genannten Besucherzahlen, die lt. ZEIT schon 2012 von den „früheren Betreibern des Nürburgrings“ (Wer war das denn noch mal?) in einem Brief an den „zurückgetretenen ADAC-Präsidenten Peter Meyer“ kritisiert wurden.

Immerhin hatte man bei der ZEIT wohl noch die damalige Pressemitteilung der „früheren Betreiber“ im Archiv. - Seit 2012. - Und hat sie in 2014 noch gefunden!

Für Motor-KRITIK-Leser: Diese „alte“ PR-Mitteilung finden Sie unten im Anhang als pdf-Datei.

Wenn Sie schon lange Leser von Motor-KRITIK sind, schreibe ich hier nichts Neues, sondern kann einfach auf meine Geschichte aus Mai 2012 unter dem Titel „Große Zahlen = Tolles Marketing“ verweisen, wo man u.a. folgende Auflistung und Gegenüberstellung von Zahlen zu jeweils verkauften Tickets und vermeldeten Besucherzahlen des 24-Stunden-Rennens am Nürburgring der Jahre 2000 bis 2008 finden konnte:

Jahr der

Veranstaltung

Publizierte Besucherzahlen Zahl der verkauften Karten
2000 116.000 32.160
2001 132.000 42.932
2002 151.000 46.968
2003 194.000 50.653
2004 220.000 52.456
2005 180.000 41.310
2006 198.000 42.262
2007 210.000 41.824
2008 220.000 43.818

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Damit könnte DIE ZEIT jetzt auch vermelden – wenn man Motor-KRITIK lesen würde: Der Zeitung liegen die entsprechenden Dokumente vor.

Veranstalter des 24-Stunden-Rennens am Nürburgring ist übrigens nicht der ADAC in München, sondern einer seiner Regionalklubs: Nordrhein. - Früher, auch noch zu den oben vermeldeten Jahren, wurde er noch mit „Gau Nordrhein“ benannt, eine Bezeichnung die doch zu sehr an ein „tausendjähriges Reich“ erinnerte, weshalb man sich – aber erst vor Kurzem - dazu entschloss, die Bezeichnung „Gau“ durch „Regionalklub“ zu ersetzen.

So gibt es auch keine ADAC-Gau-Meisterschaften mehr, sondern jetzt ADAC-Regional-Meisterschaften.

Aber so ganz ist das noch nicht in den Köpfen aller ADAC-Funktionäre angekommen. Weshalb man z.B. auf den entsprechenden Internetseiten auch heute noch z.B. einen „Gau-Justiziar“ finden kann. Und beim Regionalklub Nordrhein findet man noch Peter Meyer, den Ex-Präsidenten des ADAC, als Vorsitzenden. - Der ist das wirklich!

Motor-KRITIK hat übrigens schon seit vielen Jahren die Praxis der Veranstalter – nicht nur des ADAC – kritisiert, jeweils Zahlen zu verbreiten, die z.T. weit von der Realität entfernt sind. Entsprechende Recherche-Ergebnisse sind darum auch schon in einem Buch von mir zu finden, das im August 2010 erschienen ist.

Die dort genannten Zahlen haben auch insofern Bedeutung, als sie damals bei ihrer ersten Veröffentlichung, Dr. Kafitz zu einer Erklärung veranlassten, die seine stetigen Angaben von rd. 2 Millionen Besuchern pro Jahr am Nürburgring in ein anderes Licht stellen sollten. Dr. Kafitz bat darauf zu achten, dass er immer von „Besuchen“, nicht von „Besuchern“ gesprochen hätte. - Und keiner hat's gemerkt?

Offenbar hatte auch niemand genau hingehört und die 2 Millionen Besucher waren dann Ausgangsbasis für alle Gutachten und Berechnungen, die dem Projekt „Nürburgring 2009“ zugrunde lagen. Keiner der gut bezahlten Gutachter und Berater hat eigene Untersuchungen, weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht vorgenommen.

Schon damals wäre eine kritische Betrachtung der genannten und als Grundlage für Zukunftsvorhersagen empfundenen Besucherzahlen durch die überregionalen Medien wichtig und notwendig gewesen.

Aber der Nürburgring wurde damals – und wird heute – überall als „tiefste Provinz“ empfunden, um die es sich wohl nicht lohnt ein paar Zeilen zu verlieren. Auch nicht über Zusagen der Landesregierung, wie sie z.B. im Jahre 2004 durch den damaligen Wirtschaftsminister Bauckhage gemacht wurden. (Sie finden eine pdf-Datei dazu auch im Anhang.) - Achten Sie dabei auf das Versprechen des Herrn Ministers:

„Die Landesregierung steht dahinter.“

Die Eifel-Region Nürburgring kann – und darf - sich leider auf Zusagen von Politikern nicht verlassen, sondern muss versuchen, dem Schicksal jetzt den Drall zu geben, der ein Zurücksinken auf das Niveau eines „Sibirien des Rheinlandes“ verhindert.

Ich darf in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle Veröffentlichung des „Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftschutz“ verweisen (1/2014) in der es auf Seite 38 heißt:

„Ohne die Hilfe des 1883 vom preußischen Staat eingerichteten 'Eifelfonds' wäre es zu einer Katastrophe gekommen. Wieder wanderten viele Menschen ab, nach Übersee und auch in die niederrheinischen Industriereviere. Viele Gegenden im Deutschen Reich waren der Eifel hinsichtlich einer touristischen Inwertsetzung ihrer Kulturlandschaften um Jahrzehnte voraus. Unter Bezug auf diese Vorbilder entwickelten sich Initiativen, der als 'Rheinisches Sibirien' gescholtenen Eifel zu einem besseren Ruf zu verhelfen.“

1883 war es der „Eifelfonds“.

Merke: 2014 nennt sich die Eifel-Initiative

WIR SIND NÜRBURGRING!

Und wenn sich die Landesregierung dann noch an die Zusage eines ihrer Minister gebunden fühlt... -

MK/Wilhelm Hahne
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