18. Juni 2010 im Kreistag Ahrweiler

Erinnern Sie sich? - Caroline Friederike Franziska Stephanie Amelie Cecilie Prinzessin Wasa-Holstein-Gottorp heiratete am 18. Juni 1853 den sächsischen Kronprinzen Albert. - Nein? - Wir erleben doch gerade eine Phase, wo man geradezu in Erinnerungen schwelgt. Da wird an die Landung der Alliierten in der Normandie vor 70 Jahren erinnert, oder an den Ersten Weltkrieg vor nun 100 Jahren. In den Zeitungen sieht man junge Leute, die an den vielen Gräbern bei Verdun Blumen niederlegen. - Die Gräber in Hürtgenwald wären jünger, man erinnert sich vielleicht in weiteren 30 Jahren an sie. - Motor-KRITIK möchte einmal nur 4 Jahre zurück blättern und an eine Zeit erinnern, die uns noch heute alle betrifft und – betroffen machen kann. - Motor-KRITIK erinnert an den...

18. Juni 2010 im Kreistag Ahrweiler

Dazu muss man wissen, dass der Landkreis Ahrweiler einmal an der Nürburgring GmbH mit 10 Prozent des Stammkapitals beteiligt war. Als in der kritischen Phase dann Eigenkapitalerhöhungen erfolgten, hätte der Landkreis Ahrweiler auch seine Einlage – von damals 2 Millionen Euro – erhöhen müssen, wenn man eine 10prozentige Beteiligung weiter erhalten wollte.

Aber man wollte nicht. Und es waren „Bündnis 90/Die Grünen“, die dann sogar den kompletten Ausstieg forderten. Auch daran soll mit dieser Geschichte – auch z.B. Eveline Lemke – erinnert werden. Der Sprecher der o.g. Fraktion, Wolfgang Schlagwein, stellte damals fest:

„Weder der Kreistag noch sein gesetzlicher Vertreter in der GmbH (Anmerkung: das war Landrat Dr. Pföhler, CDU) haben entscheidende Fehlentwicklungen am Nürburgring verhindert. Wir haben als „Grüne“ jahrelang ebenso alleine wie vergeblich gewarnt, undurchsichtigen Geschäften, unbekannten Vertragswerken oder dubiosen Finanzierungen zuzustimmen.“

Es kam dann am 18. Juni 2010 zu einer Rede, an die hier noch einmal erinnert werden soll. Es ist erst 4 Jahre her, dass im Kreistag von Ahrweiler zu Thema „Neustrukturierung der Nürburgring GmbH“ nach einer üblichen, förmlichen Anrede zu hören war – das aber in einer „nicht öffentlichen Sitzung“:

„...wenn es eines Beleges bedarf, welche Rolle der Landkreis in der Nürburgring GmbH noch spielt, ist er nun gegeben:

  • Eine kurzfristig auf den Kopf gestellte Tagesordnung;
  • ein Dringlichkeitsklamauk,
  • Vertragswerke, die uns wenige Stunden vor der Sitzung ins Haus flattern;
  • eine Neustrukturierung, die längst notariell beurkundet ist;
  • eine Nötigung des Kreistages zum Verzicht auf die Ausübung seiner Gesellschafterrechte.

Wir sind es satt, ständig nachträglich mit undurchschaubaren Verträgen und Geschäften konfrontiert zu werden. Die Andere längst beschlossen haben.

  • Die Landkreisordnung schließt Eigentum und Beteiligungen eines Landkreises an Hotels, Diskotheken und Grillbuden aus – 1. Verstoß.
  • Sie schließt es erst recht aus, wenn keine Mitsprache- und Einwirkungsmöglichkeit besteht – 2. Verstoß.

Der zweite Verstoß ist aber offenbar als Konstrukt erforderlich, um den 1. Verstoß durch juristische Spitzfindigkeiten zu kaschieren.

Auf Deutsch: Wir sind als Kreis Miteigentümer von Hotels und Diskotheken, was wir nicht sein dürfen; deshalb sollen wir wegschauen, wenn wir an den Hotels vorbeifahren.

Das ist der Geist von Deubel und Kafitz – immer absurdere Konstruktionen, um der Realität zu entfliehen.

Der Gesellschaftszweck der Nürburgring GmbH wurde einseitig durch den Hauptgesellschafter erheblich verändert und erweitert. Darauf können wir nicht anders reagieren als mit einer außerordentlichen Kündigung des Gesellschaftsvertrages.

Davon kann und darf uns auch die dezente Drohung mit Haftungs- und Nachschusspflichten nicht abhalten.

Wir haben in den vergangenen Jahren, seit dem USA-Abenteuer, immer wieder das Thema Haftung und Nachschusspflicht angesprochen. Jedesmal haben wir uns genervte Zurechtweisungen eingehandelt, eine Haftung des Kreises über das eingebrachte Kapital hinaus sei abwegig.

Wenn dem so ist, kann uns das heute nicht in unüberlegte neue Verträge treiben.

Wenn uns zukünftig am Ring etwas nicht passt, können wir hier eine Resolution verabschieden, die entspricht exakt der Rolle, die der Kreistag in den vergangenen Jahren spielte und die er in Zukunft spielen wird.

Ein zahnloser dreiköpfiger Beirat, in dem zu allem Überfluss dem einen Vertreter des Landkreises noch zwei Bewacher des Landes zur Seite gestellt werden – Nein Danke!

Wir werden den Leuten draußen in den kommenden Jahren nicht erklären, warum wir 2 Millionen Euro Stammkapital hinterlegt haben, wo wir nichts zu melden haben.

Antrag:

Angesichts der durch den Hauptgesellscchafter beschlossenen umfassenden Neustrukturierung der Nürburgring GmbH trennt sich der Landkreis im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung vollständig von seinem bisherigen Anteil an der Gesellschaft.

Der Landrat wird beauftragt, mit der Landesregierung eine Übernahme des Kreisanteils durch das Land zu einem Preis, der der heutigen wirtschaftlichen Lage der GmbH angemessen ist, zu verhandeln.

Der Kreistag sollte wenigstens jetzt, zum Abpfiff der alten Nürburgring GmbH, sich nicht noch mal zum Spielball machen lassen, der sich kreuz und quer über den Platz treten lässt.

Den Schlussstrich unter die alte GmbH hat der Hauptgesellschafter gezogen, ohne uns, mit der neuen GmbH haben wir keinen Vertrag.“

Das war am 18. Juni 2010. - Am 18. Juni 2014 darf man feststellen:

Der Landkreis Ahrweiler hat inzwischen seinen Anteil am Stammkapital der Nürburgring GmbH durch die Insolvenz zu 100 Prozent = 2.000.000,-- Euro verloren. - Definitiv.

Und das kam so:

Die Kreistagsabgeordneten erhielten vor der o.g. Kreistagssitzung noch kurzfristig folgende „zusätzliche“ Information:

„Über die in der bereits übersandten Vorlage informierte und zum 1. Mai 2010 umgesetzte Neustrukturierung der Nürburgring GmbH mit den entsprechenden Regelungen ist im nichtöffentlichen Teil zu beraten und zu beschließen. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung ist dazu wie angekündigt in einer Ergänzenden Vorlage beigefügt.“

Ebenso war der Antrag der Grünen zum Thema Nürburgring beigefügt. (An den die Motor-KRITIK-Leser zu Anfang dieser Geschichte erinnert wurden!)

Dann gab es – natürlich! - noch einen „Beschlussvorschlag“, in dem der Kreistag dem „vorliegenden Entwurf der geänderten Fassung des Gesellschaftsvertrages der Nürburgring GmbH“ zustimmte. - Klar!

Es war dort auch festgehalten:

„Die jetzt durch das Land übermittelten Entwürfe haben wir ebenfalls sofort an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier übersandt. Eine Rückäußerung liegt noch nicht vor.“

Natürlich konnte die Dienstleistungsdirektion (ADD) in der Kürze der Zeit keine Stellung nehmen, aber die Kreistagsabgeordneten wurden kurzfristig zu einer Entscheidung gezwungen! - Erinnern Sie sich an den 11. März 2014 in Koblenz?

Es hat sich in den vier Jahren wirklich wenig geändert. In diesem Jahr wurde der Gläubigerausschuss zu einer Entscheidung gezwungen, auf die er sich nicht ausreichend vorbereiten konnte.

Es ist die gleiche „Vorstellung“, es sind die gleichen „Schauspieler“, zu denen z.B. auch der Landrat des Landkreises Ahrweiler (CDU) gehört, die hier an den Strippen ziehen. Der Herr Landrat ließ z.B. zum „Tagesordnungspunkt 2“ der Sitzung des Kreistages am 18. Juni 2010 schriftlich festhalten:

„Der Kreistag nimmt das Abstimmungsverhalten des Landrates (Stimmenthaltung) als Vertreter des Landkreises in Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung der Nürburgring GmbH in Zusammenhang mit der Neustrukturierung der Nürburgring GmbH zur Kenntnis.“

Motor-KRITIK nimmt zur Kenntnis, dass Landrat Dr. Pföhler aktuell seit Monaten abgetaucht ist, berechtigte Fragen nicht beantwortet und wohl auf das kurze Gedächtnis der Öffentlichkeit hofft.

Die wird nicht nur in diesen Wochen an die Landung der Alliierten in der Normandie vor siebzig und an den Beginn des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren erinnert, sondern durch Motor-KRITIK auch an Geschehnisse, die mit dazu beitrugen, dass eine ganze Region um ein Milliarden-Vermögen gebracht wird.

Es ist ein Land, das von Politikern regiert wird, von denen der FDP-Landeschef Volker Wissing sagt:

„Das ist die skandalöseste Regierung, die unser Land je hatte“

und das von der „Wirtschaftswoche“ in einem aktuellen Beitrag als „Absurdistan“ empfunden wird.

MK/Wilhelm Hahne

 

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