Das Porsche-Image zehrt von der alten Motorsport-Glut unter der Asche aktueller Entscheidungen

Natürlich kann es bei einem Porsche-Cup keinen anderen Sieger geben als einen Porsche. Porsche wird also immer dort siegen, wo Porsche-Cup-Rennen ausgetragen werden. Aber wen interessiert das? - Ist ein Porsche unvergleichlich geworden? - Oder hat man Angst mit anderen Sportwagen verglichen zu werden? - Wie dem auch sei: Porsche betreibt nur noch Motorsport auf niedrigem Niveau, überlässt es seinen Kunden, Erfolge für die Marke einzufahren. Aber das wird immer schwerer, gegen die z.B. mächtige amerikanische Konkurrenz. Eine Chrysler Viper ist kein schlechter Sportwagen, eine Chevrolet Corvette auch nicht. Vor allen Dingen dann nicht, wenn man Preis und Gegenwert miteinander vergleicht. - Bisher ist ein Porsche eben ein Porsche. Doch der sportliche Lack der vergangenen Jahre blättert langsam, weil Porsche sich motorsportlich praktisch nicht mehr engagiert. Doch PR, Marketing und Werbung versuchen gegenzusteuern:

Porsche-Erfolge durch Wort- und Film-Gestaltung

00-02-11/04. Nach dem 24-Stunden-Rennen in Daytona (USA) flattert den Medien eine Porsche-Pressemitteilung ins Haus mit der verkündet wird: "Dreifacher Porsche-Sieg - Kundenteams mit 911 GT3R erfolgreich".

Wer den Rennverlauf via Internet verfolgt hatte stutzt: Was war da noch passiert? - Ich hatte z.B. nicht die Protestfrist abgewartet, sondern praktisch das "vorläufige Ergebnis" auch als Endergebnis verinnerlicht. Danach war der beste Porsche auf Platz acht zu finden. Mit einem Rückstand von 66 Runden auf den Gesamtsieger, eine Chrysler Viper, die in den USA als Dodge Viper verkauft wird. Auf Platz zwei war eine Chevrolet Corvette eingekommen. In der gleichen Runde wie der Sieger. Und das nach 24 Stunden.

Die so hoch favorisierten offenen Sport-Prototypen waren meist eingegangen, wie überhaupt die Ausfallquote bei diesem ersten Langstrecken-Rennen dieses Jahres in den USA sehr hoch war. Von 81 gestarteten Fahrzeugen waren nur 29 angekommen.

Wer dann aber die Porsche-Pressemitteilung aufmerksam weiterlas, dem wurde in Zeile fünf verschämt klargemacht, dass ein Porsche GT3R in "der seriennahen GTU-Kategorie" einen Sieg landete. Hier waren praktisch nur Porsche unter sich. Und auch hier sind einige ausgefallen, aber es wäre ein Wunder gewesen, wenn hier jemand anders gewonnen hätte als ein Porsche.

Als am Dienstag nach dem 24-Stunden-Rennen dann die "Motorsport aktuell" erscheint, liest man dort nichts von einem Porsche-Sieg, sondern das Geschehen wird im Untertitel der Geschichte so zusammengefasst: "Die beiden Werksabordnungen aus den USA liessen den Porsche keine Chance."

Hat Porsche so eine Pressemitteilung nötig, die das tatsächliche Endergebnis bei oberflächlichem Lesen verfälscht darstellt? - Die amerikanischen Sportwagen schlugen den besten Porsche um 66 Runden. - Mehr nicht.

Mir war schon dieser "Rundenrekord" für Serien-Sportwagen auf der Nürburgring-Nordschleife unangenehm aufgefallen, den Porsche in letzter Zeit immer wieder verkündete. Ich bezweifle gar nicht, dass ein Walter Röhrl in der Lage sein müsste, mit dem neuen GT3 unter 8.00 min zu fahren. Aber muss man das so "verkaufen", wie man es dann gemacht hat? - Aus der Sicht der Werbestrategen und PR-Manager ist das sicherlich gut gelungen. Es gab sogar eine Fernsehsendung darüber.

"Schnelle Runden auf der Nordschleife" war der Titel meiner Geschichte, die hier im Internet zu lesen ist. Und es gab auch eine Reaktion der Porsche-Presseabteilung darauf. Ich wollte eigentlich nicht darauf eingehen, weil zwischen uns dann ausgemacht war, dass Walter Röhrl in diesem Frühjahr mir beweist, dass das möglich war und ist.

Aber dann gab es im Januar die Ankündigung eines Fernsehberichts über diese "schnellste Runde". Da habe ich per e-mail den Sender "Kabel 1" informiert. Vor der Sendung. Hier folgt die Kopie meines e-mail:

Betreff: "Abenteuer Auto", Samstag, 15.01.00, 17.20 Uhr
Datum: Sun, 09 Jan 2000 11:00:39 +0100
Von: Wilhelm Hahne <motor-kritik@rz-online.de>
An: k1info@kabel1.de

Hallo,
ich habe gestern nicht nur die erste Sendung gesehen, sondern auch in
der Programmvorschau vernommen, dass nun in der nächsten Sendung Walter
Röhrl mit dem GT3 auf der Nürburgring-Nordschleife...-
Dazu lesen Sie doch bittte meine Geschichte im Internet:
www.motor-kritik.de
Im Inhaltsverzeichnis gehen sie dann bis "Automobile", klicken "1999" an
und rufen gleich oben unter "99-11" eine grün makierte Geschichte auf:
"Schnelle Runden auf der Nordschleife" (15/8).
Porsche hat sich daraufhin (am 16.11.99 gegen 17.20 Uhr) auch bei mir
gemeldet und bestätigt, dass zum Zeitpunkt der Aufnahmen die Zeit nicht
gefahren wurde. Angeblich hat sie Walter Röhrl am 15. September 1998
(also mit einem Prototypen, nicht mit der Serienversion!) gefahren. Und
sie wurde handgestoppt! (Von einem Porsche-Mitarbeiter.) Darum erhalten
die Stellen hinter dem Komma der "offiziellen" 7.56,33 min besondere Bedeutung.
Laut Porsche-Mitarbeiter Jürgen Pippig wurde bei den Filmaufnahmen die
Rekordfahrt (?) nur nachgestellt.
Ich bin mal gespannt, wie das nun "kabel1" verkauft. Es wird jedenfalls
eine gute Porsche-PR-Aktion. Und ein gutes Beispiel für die Arbeit
"moderner" Motor-Journalisten.

Herzliche Grüsse aus der Eifel,
Wilhelm Hahne

PS: Ich habe übrigens von Jürgen Pippig die Zusage, dass Walter Röhrl
mir diese Zeit (die übrigens mit dem neuen Turbo auch lt. Herrn Pippig
nicht möglich ist!) in diesem Frühjahr vorfährt.


Natürlich hat sich der Fernsehsender nicht gemeldet, sondern gesendet. Es war eine schöne Porsche PR-Sendung, die auch mit viel Aufwand gedreht worden war. - Wer die Kosten dafür getragen hat? - Ich weiss es nicht. - Aber hat Porsche das nötig?
Es ist sicherlich gute PR-Arbeit, solche "im Stil der neuen Zeit", aber ich finde, damit machen sich die Stuttgarter unglaubwürdig.

Jürgen Pippig, der Porsche-Pressemann, findet das aber ganz in Ordnung. Und dass Walter Röhrl den neuen Turbo bei Versuchen, mit der Neuheit Top-Zeiten zu fahren, in den Kies setzte, wollte (und konnte?) mir Jürgen Pippig nicht bestätigen. Denn, so Pippig, "wir wissen, dass wir mit dem neuen Turbo nicht die Zeiten des GT3 fahren können. Dafür ist der neue Turbo viel zu schwer."

Darum ist es sicherlich passend, wenn man diesen neuen Super-Sportwagen (zu einem Super-Preis) auch in Venedig der Presse vorstellt. Das wäre das richtige Umfeld. Aber was soll dann der Satz zum neuen Porsche-Turbo in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift "Christophorus", wo man mal wieder einen neuen Rundenrekord - dieses mal mit dem Turbo - vermeldet: "Walter Röhrl hat mit acht Minuten für die Runde einen neuen Rekord für serienmäßige Sportwagen aufgestellt. Mit der Wucht der 420 PS allein ist das nie zu schaffen, nur wenn die Balance des Autos wirklich stimmt..." - Ich finde das peinlich.

Dass man aber schon dem alten 993-Turbo schon unter 8.00 min fahren kann (wie in meiner alten Geschichte geschildert), wollte mir Jürgen Pippig nicht abnehmen. "Das glauben wir nicht".

Diese Tatsache passt auch sicherlich nicht ins neue Porsche-Konzept, das für mich nicht überzeugend ist.

Für mich ist auch nicht überzeugend, wenn vom GT3 sowohl in der Straßen- als auch in der R-Version eine limitierte Stückzahl angekündigt werden, die man dann aber - ohne die Zustimmung der vorherigen Käufer zu haben - einfach erhöht. Weil Umsatz eben Umsatz ist und Geld eben Geld. Von der Rennversion werden noch 20 Stück nachgebaut, von der Straßenversion "nochmals 450 Exemplare" (wie auch in der neuesten "ams" zu lesen) ab September.

Ich erinere mich noch gut, dass sich damals die Käufer der alten RS-Version schon betrogen vorkamen, als Porsche - wegen der übergroßen Nachfrage - dann deutlich mehr, als zunächst versprochen, baute. Opel oder Ford würde man solche Maßnahmen kaum übelnehmen (was erwartet man schon von dort?), aber Porsche sollte auf ein anderes Niveau achten.

Was man übrigens in der aktuellen "ams" nicht liest: bei der Produktion des GT3 hinkt man derzeit ungefähr um drei Wochen hinter dem Fertigungsplan hinterher, weil (mal wieder!) das Kurbelgehäuse Probleme aufgibt. Es neigt zur Rissbildung. - Aber das Thema wurde in Motor-KRITIK aus anderem Anlass (aber auch 996) schon abgehandelt.

Der 996 braucht - nach meiner Einschätzunng - schon noch eine Imagestärkung durch Motorsporterfolge. Aber bitte nicht im Porsche-Cup, sondern in Konkurrenz zu den Sportwagen, zwischen denen sich auch der Porsche-Kunde entscheiden wird. Eine Chrysler Viper wird inzwischen als Sportwagen ernst genommen. Warum? - Weil er gezeigt hat, welches sportliche Potential in ihm steckt.

Und eine Chevrolet Corvette, von Porsche-Fahrern oft belächelt, wird in diesem Jahr im Veedol-Langstreckenpokal zeigen, wie man Porsche-Sportwagen schlägt. Denn nur am Preis lässt sich die Klasse eines Sportwagens, seine sportliche Leistungsfähigkeit, nicht beweisen.

Beim Preis ist ein Porsche 996 tatsächlich heute erste Klasse. Und bei der heute erreichten Stückzahl ist dieser Sportwagen dann schon ein Geschäft. Wenn auch das hervorragende Ergebnis der Porsche AG nicht unbedingt auf dem Erfolg des 996 und des Boxsters beruht. Man sollte das Entwicklungszentrum in Weissach nicht vergessen. Dessen Erträge werden nicht separat ausgewiesen, sondern gehen im Gesamtergebnis auf. Und wenn man weiß, dass Porsche z.B. für Opel den Zafira komplett bis hin zur Prototypen- bzw. Vorserien-Produktion entwickelte und dass, und dass... - Da kommen schöne Sümmchen zusammen. Und die verschaffen Porsche dann die Gesamt-Rendite, von der dann Analysten schwärmen. - Von einer klugen und guten Pressearbeit dazu angeleitet.

Und der Porsche-Aktienkurs erreicht Dimensionen, die eigentlich keiner versteht. Und weil sie keiner versteht, glauben jene auch, dass das so weiter geht. - Und da Porsche jetzt noch die Ausgaben für den Motorsport spart... -

Das wäre dann die Milchmädchenrechnung. - Es wird sich schon sehr bald zeigen, dass die nicht aufgeht. - Motor-KRITIK wollte nicht erst darüber schreiben, wenn "das Kind in den Brunnen gefallen ist". Denn dann weiß es jeder und jeder wird es so darstellen, das schon vorher gewußt zu haben.

Und die Sache mit dem Porsche-Geländewagen wird die Grenze der Wiedeking-"Wachstumsstrategie" aufzeigen. Und er wird dann wirklich einen kleinen Sportwagen unterhalb des Boxsters aus dem Hut zaubern müssen. Weil gleichzeitig auch der 996 einbrechen wird.

Unter anderem darum, weil er dank falscher Entscheidungen auf dem Gebiet des Motorsports nicht mehr der Porsche ist, den man für's Geld erwarten kann.

Porsche zehrt heute schon von der alten Motorsport-Glut unter der Asche. Und wahrscheinlich hatte jene ranghohe Porsche-Manager recht, dem schon vor Jahr und Tag der Freud'sche Versprecher herausrutschte: "Wir haben eine große sportliche Vergangenheit, aber keine Zukunft".

MK/Wilhelm Hahne


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