Sind Ford Pressemitteilungen Ausdruck der technischen Perfektion der Ford Automobile?

Nicht nur Ford Automobile bedürfen der Erläuterung in Wort und Bild. Und man sollte nicht vergessen, was Ford gerade in der Werbung verdeutlicht: "Seit 1925 entwickeln und bauen wir Autos in Deutschland und exportieren sie in die ganze Welt." - Ja, ja - Ford gibt es seit 75 Jahren in Deutschland. Deren "deutsche Automobile" werden zwar inzwischen in Belgien, Spanien, Portugal, England - ein paar auch in Deutschland gebaut, aber die Presseinformationen gibt es - immerhin - auch noch in deutscher Sprache. Aber ursprünglich wurden diese Presseinformationen wohl manchmal in englischer Sprache erschaffen. Und dann in die deutsche Sprache übertragen. Von kundigen Übersetzern. Ich habe mir von Kollegen aus Genf einmal die dort ausliegende deutschsprachige Pressemappe mitbringen lassen. Sie vermittelt ein klares Bild vom Zustand der Firma, die gerade damit wirbt, nun seit 75 Jahren in Deutschland zu sein. Und vom Zustand der Öffentlichkeitsarbeit, die von der Deutschen Dr. Susanne Wegerhoff verantwortet wird. Deren Englischkenntnisse - bzw. deren "Amerikanisch" - ist inzwischen wohl besser als ihr Deutsch.

Deutsch - erschaffen von Mr. Harrison, Ford

00-04-01/01. Das schlimmste was einem guten Schriftsteller passieren kann ist, wenn ein Übersetzer sein Werk sozusagen Wort für Wort in eine andere Sprache übersetzt. Denn jede Sprache hat ihre Eigenheiten, braucht einen bestimmten Rhythmus, eine Melodie. Darum sind gute Übersetzer wichtig. Sie können aus einem guten Buch - wenn sie schlecht sind - ein schlechtes machen. Eventuell aber auch aus einem durchschnittlichen Buch ein gutes.

Was für ein literarisches Werk gilt, gilt auch für Pressemitteilungen. Eine Wort für Wort - nur mit angepaßter Grammatik - übersetzte Information aus dem Englischen ins Deutsche muss lächerlich wirken. Und wie sollte man z.B. einem richtigen Engländer das deutsche Regelwerk für die Zeichensetzung in der deutschen Sprache beibringen? - Wenn er damit nicht groß geworden ist, wird er das alles kaum begreifen. Ein Mr. Harrison, Ford, ist eben nicht ein Mr. Harrison Ford.

Nun gibt es in der schönen Ford-Pressemappe vom Genfer Salon mit dem Aufdruck "Geneva 2000 - News Information" am Ende mancher Presseinformation in deutscher Sprache den Hinweis auf einen Kontakt. Es ist eine Kölner Telefon-Nummer genannt (0221 9011 7052) und dort in der Abteilung "Ford Public Affairs" jener Mann, den ich schon im Titel zu diesem Beitrag genannt habe: "Paul Harrison".

Paul Harrison spricht ein wenig Deutsch. Und so liest sich denn auch seine Presseinformation, die auf einem großen internationalen Salon in einem Land verteilt wurde, in dem ein Teil der Bevölkerung auch die deutsche Sprache spricht. Wenn auch im Klang ein wenig anders als das reine Hochdeutsch. Vielleicht wurde die Ford Pressemappe ja auch für die spezielle Sprachgruppe geschaffen. Aber auch dann könnte man die gewählte Übersetzung nicht als gelungen bezeichnen.

Natürlich kann Mr. Harrison nichts dafür, wenn er in die technischen Angaben zu einem 1,8 Liter Direkteinspritzer-Turbodieselmotor ein (wohl maximales) Drehmoment von 140 Nm einsetzen muss. Das stellt aber den Ford-Technikern ein Zeugnis aus. Wenn auch kein gutes. Da überrascht dann auch nicht mehr, wenn als Nockenwellenantrieb "Kette/Riemen" angegeben wird. - Wolfgang Inhester hätte so etwas als 21. Innovation bei der neuen C-Klasse verkauft, wenn er so eine Chance gehabt hätte.

Eine weltweite Spitzenstellung im Motorenbau nimmt auch folgende Ford-Innovation ein. Zitat:

"Ein Aluminium-Leiterrahmen unter dem Motorgehäuse bringt größere Steifigkeit und reduziert Vibrationen."

Aber was soll man erst dazu sagen, wenn vom neuen Fiesta Endura-DI geschrieben wird:

"Weitere Kraftstoffeinsparungen werden auch durch spezielle Reifen erzielt, die beim Fiesta zum ersten Mal in dieser Fahrzeugklasse zum Einsatz kommen. Die mit Silizium-Beimengungen versehenen Gummireifen weisen einen um bis zu 15 Prozent niedrigeren Rollwiderstand auf, ohne dabei Haftvermögen einzubüßen."

Also nun zunächst einmal Silentium. Und aufgepaßt. Der Fiesta wird also mit richtigen Gummireifen ausgestattet. Wahrscheinlich - und hier darf gemutmaßt werden - sind die sogar mit Luft gefüllt. Und ich glaube den Ford Pressedienst-Textern, wenn die schreiben, dass hier "zum ersten Mal in dieser Fahrzeugklasse" ein mit Silizium-Beimengungen versehener Gummireifen zum Einsatz kommt.

Silicium, wie man es eigentlich richtig schreibt, ist ein halbmetallisches Element aus der IV. Hauptgruppe des Periodensystems der chemischen Elemente, weist die Ordnungszahl 14 auf, hat eine mittlere Atommasse von 28,086, eine Dichte von 2,33 g/cm³, einen Schmelzpunkt von 1410 Grad Celsius, einen Siedepunkt, der bei 2355 Grad Celsius liegt, ist als Halbleiter bekannt, leitet in geschmolzenem Zustand Strom und - ist nicht sehr reaktionsfähig.

So konnte das Silicium wohl auch nicht auf die Unterstellung reagieren, es wurde in einem "Gummireifen" bei einem Ford Fiesta beigemengt. - Hier hatte wohl der kenntnissreiche Übersetzer eine sehr freie Übersetzung gewählt, die von den bisherigen Lesern dieser sensationellen Presseinformation noch nicht gewürdigt wurde. Haben die die Bedeutung einer solchen Innovation für den Automobilbau der Zukunft nicht begriffen?

Wie überhaupt die technischen Errungenschaften beim  neuen Fiesta - z.B. auch beim Modell "Sport" - in der Fachpresse noch keine entsprechende Würdigung fanden. Da ist in der deutschsprachigen Ford-Pressemappe zu erfahren:

"Der Fiesta Sport besitzt aufgrund der stärkeren Motorisierung eine 8-Zoll-Trommelbremse."

Da fragt man sich als Motor-Journalist natürlich sofort: Wo denn? - Aber da man kombinieren gelernt hat, muss man die Ford-Darstellung mit einer vorhergehenden Angabe mischen. Es ist nämlich zu lesen:

"Sämtliche Fiesta-Modelle besitze belüftete Scheibenbremsen vorne, die mit neuester Schwimmsattel-Technik, asbestfreien Bremsbelägen aus organischem Material und hochwertigen Scheiben für höhere Haltbarkeit, geringe Belagabnutzung und Geräuschentwicklung ausgestattet sind."

Dass bei "besitze" ein "N" fehlt, dürfte einer der vielen Druckfehler in dieser Pressemappe sein, die mit ihrer Fehlerhaftigkeit insgesamt einen Eindruck davon vermittelt, mit welcher Präzision bei Ford in Köln nicht nur Automobile gefertigt werden. Immerhin gibt es den Fiesta nun schon mit "belüfteten Scheibenbremsen". - Wahnsinn!

Und was man an der Karosserie alles gemacht hat. - Ford schreibt dazu zusammenfassend:

"Die Summe dieser Maßnahmen führt zu einer Senkung der in den Innenraum eindringenden Windgeräusche und reduziert die Übertragung von Körperschall und Schwingungen von Antriebsstrang und Fahrwerk auf die Karosserie."

Endlich wurde einmal bei einem Automobil das Eindringen von Windgeräuschen minimiert. - Und keine Fachzeitschrift nimmt davon Kenntnis.  "Bremspedal und Hebelgeometrie wurden ebenfalls auf besseres Rückmeldung optimiert." -

Du nix verstehen? - Dann du auch nix gelesen haben.

Ich habe den Verdacht, dass man bei Ford mit dieser Pressemappe einmal testen wollte, ob solche Veröffentlichungen überhaupt gelesen werden. (Die Beispiele oben sind übrigens nur eine kleine Auswahl aus einer ganzen Serie von Beispielen für geniale Übersetzungen eines globalen Players für eine lokale Verkaufsniederlassung - oder so.)

Motor-KRITIK darf Frau Dr. Wegerhoff melden: Sie wurden in der Eifel gelesen. Aber es wurde nicht begriffen. Weil es eigentlich unverständlich ist, dass so ein Blödsinn für viel Geld unters Journalistenvolk gebracht wird. Und ein Bild von Ford vermittelt, dass wirklich glaubhaft macht, dass Ford nun schon 75 Jahre in Deutschland ist.

Einem 75jährigem sollte man solche Schwachheiten - die wahrscheinlich altersbedingt sind - nicht übel nehmen.

Auch Mr. Harrison, Ford, nicht, der sicherlich froh ist, wenn er sich abends in Köln (Südstadt) ein Kölsch in deutscher Sprache bestellen kann. - Nix kölsch sprechen, but Kölsch trinken. - Lecker, prima. - I'm happy.

Hallo, du, Froilein von Ford, du wohl Silizium genommen, bevor in 8 Zoll-Pressemappe gelesen. Du sicher verstehen, dass Motor-KRITIK seine Genf wollte dazu tun? - Danke schön und viele Male!

MK/Wilhelm Hahne


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