Bei BMW arbeitet man an der Darstellung der eigenen Glaubwürdigkeit - speziell für Dumme

Das Bild, das derzeit BMW - pardon - die BMW Group nach draußen vermittelt, zeigt keine klaren Konturen, ähnelt mehr einem noch feuchten Aquarell. Und weil viele in der BMW Group etwas zu sagen haben, gibt mal dieser, mal jener noch einen Farbtupfer dazu. Und die Farben vermischen sich. Zwar passt manchmal die Eine nicht zur Anderen. Aber das ergibt ein schönes, buntes Bild.  So wie bisher auch die Group-Mitglieder in ihrer Mischung.   BMW, Rover, Land-Rover, MG und Mini. Blau-Weiß, ein wenig Rot, ein grüner Tupfer, ein in Weinrot gefaßtes golden wirkendes Achteck und wieder ein Grün, aber ein anderes als bei Land-Rover. Das einzige, was am momentanen Bild wirklich überzeugt, ist der klare Rahmen, den die Quandt-Familie dazu liefert. Aber nun müßte man eigentlich noch jemanden finden, der das BMW-Bild bald mit einem kräftigen Nagel sichert, damit es nicht von der Wand fällt. - Und direkt Ford vor die Füße.

Selbst die Bezeichnung BMW Group ist ein wenig übertrieben

00-04-20/04. Glaubt man den Ankündigungen des BMW Vorstandes, dann besteht die BMW Group eigentlich nur noch aus BMW und Mini. Zu Gruppensex reicht das schon nicht mehr, denn dazu gehören wenigstens drei. Und dass sich aus diesen zwei Bestandteilen der Group nun eine Gruppendynamik entwickeln könnte, darf auch bezweifelt werden. Aber vielleicht ist der BMW-Vorstand gerade dabei, die Möglichkeiten einer Gruppentheorie auszuloten, weil die sich schließlich nicht nur mit unendlichen, sondern auch mit endlichen Gruppen befaßt. - Und die BMW Group ist endlich.

Da geht die Abteilung AK-3/BZ mit gutem Beispiel voran. Die verantwortet die BMW-Mitarbeiterzeitung, die sich "BMW Group Zeitung" nennt..- Aber erst seit Februar dieses Jahres. Denn erst im Dezember des Jahres 1999 wurde in München der grafische Auftritt von BMW, die Corporate Identity der BMW Group endgültig festgelegt. Neu daran war, dass die BMW Group immer zusammen mit allen Marken-Logos auftritt.

So wurde es jedenfalls zu jenem Zeitpunkt festgeschrieben, als Prof. Milberg dem englischen Industrieminister klar machte...- Und weil der Kopf der Mitarbeiter-Zeitung sowieso geändert werden mußte, hat man gleich die deutschprachige Ausgabe mit "BMW Group Zeitung" benannt, während sich die englische Version - mit gleichem Inhalt (abgesehen von lokalen Nachrichten) - nun "BMW Group News" nennen darf. Und im Kopf beider Blätter wurden nun seit dem Februarheft die aktuellen Markenlogos plaziert. Das von BMW, Rover, Land-Rover, MG und Mini.

So war es dann erstmals in der Februar-Ausgabe zu bewundern,  die als Nr. 1/2 praktisch zusammen mit der Januar-Ausgabe erschien. Und auch im März war alles so wie im Februar. Aber die April-Ausgabe, die Nr. 4, erscheint nun zwar mit dem Titel "BMW Group Zeitung", aber es fehlt jedes Marken-Logo. Noch nicht einmal mehr das von BMW und Mini ist zu finden. Besteht die Corporate Indentity-Anweisung nicht mehr? - Wer hat angeordnet, dass weder das BMW-Zeichen, noch das von Mini erscheint?

Dabei hätte es sich nur grafisch gut gemacht, wenn vor dem "BMW" nun Mini gestanden hätte. Gefolgt von dem Begriff "Group" wäre das zugleich zu einer klaren Aussage geworden. "Mini-BMW Group Zeitung" - Aber vielleicht weiß man bei AK-3/BZ dieses Mal schon mehr.

Herr Prof. Milberg hat auch schon eine Erklärung dazu geliefert, wenn er ausführt: "Die Marke BMW wird die BMW Group immer prägen - und in diesem Sinn sprechen wir auch von einer Kernmarkenstrategie." - Große Worte für eine Mini-Group.- Wer soll BMW auch anders prägen als BMW, wenn sonst niemand mehr (vielleicht noch Mini) zu einer Gruppenbindung vorhanden ist?

Richard Gaul macht in dieser -  in vielfacher Hinsicht interessanten -  Ausgabe der BMW Group Zeitung auch die Aussage:

"Auf dem Automobilsalon in Genf hat sich der Vorstand noch ganz klar für unsere Rover-Aktivitäten ausgesprochen, denn zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine gegenteilige Entscheidung."
Richtig. Der BMW Vorstandsvorsitzende, Prof. Joachim Milberg, sagte in Genf:
"Es gibt für uns keinen anderen Weg, als aus Rover eine starke Marke zu machen."
Zwei Wochen später hatte Milberg wohl einen Schleichpfad entdeckt.

Auch das britische Parlament muss mit Herrn Milberg Verständigungsschwierigkeiten gehabt haben. Milberg hatte in den letzten Wochen immer wieder betont, er habe dem britischen Industrieminister, Stephen Byers, immer wieder klare Signale für eine "veränderte Strategie" bei Rover gegeben. - Wie kann er das gemacht haben, wenn er noch zum Zeitpunkt des Genfer Salons, Anfang März, Rover "zu einer starken Marke" machen wollte?

In einem "WELT"-Interview sagte Milberg folgendes:

?                DIE WELT: Die britische Regierung, insbesondere Handelsminister
                Stephen Byers, wirft Ihnen vor, ihn nicht früh genug über die
                Ausstiegspläne für Rover informiert zu haben.

                Prof. Milberg: Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Bereits Ende Dezember
                1999, als die angespannte Lage bei Rover immer deutlicher wurde
                und auch bei den Rover-Subventionen nichts voranging, habe ich
                Byers darauf hingewiesen, dass wir unsere Entscheidung für das
                Rover-Werk Longbridge auf den Prüfstand stellen müssen, wenn die
                Subventionen nicht sicher sind.

                DIE WELT: Zu diesem Zeitpunkt existierten bei BMW bereits
                Rückzugsszenarien für Rover?

              Prof, Milberg: Aus all den Gesprächen, die BMW-Vorstand Professor
                Werner Sämann und ich mit Byers geführt haben, musste der
                britischen Regierung klar und deutlich geworden sein, wie es um
                Rover steht und dass hier wesentliche Entscheidungen
                bevorstehen.

Der BMW Vorstandsvorsitzende spricht hier von einem Zeitpunkt Dezember 1999 und meint, schon da müsse seinem Gesprächspartner "klar und deutlich gewesen sein, ... dass hier wesentliche Entscheidungen bevorstehen". Ihm selbst war das aber offensichtlich nicht klar, weil er noch Anfang März... -

Milberg musste sich jedenfalls in der letzten Woche vom britischen Parlament den Vorwurf "übertriebener Geheimhaltung und Inkompetenz" gefallen lassen. Und der eingesetzte Untersuchungsausschuss erhebt schwere Vorwürfe gegen BMW, denen man "Geheimhaltungstaktik" vorwirft. Danach hat es BMW zu verantworten, wenn die Trennung von der englischen Rover-Tochter nun chaotisch verläuft.

Aber offenbar hat Milberg immer nur das gesagt, was er nicht wußte. Und getan, was er nicht wollte. Und das so klar und deutlich, dass er es selbst nicht verstanden hat. Und vielleicht verkauft er ja Rover und Land-Rover auch gar nicht. - Weil es ihm verboten wird.

Man muss sich vorstellen, dass BMW seine Händler - und auch seine Rover-Händler - in den letzten Jahren zu Investitionen veranlasste, die dem Vorstand erforderlich schienen, wenn er mit Rover einen bestimmten Marktanteil erreichen wollte. Von diesem durch BMW  "versprochenen" Marktanteil angetrieben (und auch unter Druck gesetzt) investierten die Händler so um 500 Millionen Mark in ihre Betriebe. Die Finanzierung der notwendigen Baumaßnahmen lief zu einem bedeutenden Teil über die BMW-Bank, die damit zu der seltenen Gattung von Firmen zu zählen ist, die an Rover Geld verdient hat und verdienen wird.

BMW hat bis zuletzt auch die Händler-Höfe voll Rover-Fahrzeuge gestellt. Schon weil die Stellplätze in England für die aufgelaufenen Lagerfahrzeuge kaum noch ausreichten. Die Finanzierung dieser Fahrzeugmengen lief auch - und läuft - über die BMW-Bank. Und in dieser Situation erscheint dann (so um den 10. April) der Außendienst der BMW Group, um seinen Vertrags-Partnern folgende vorformulierte Erklärung zur Unterschrift vorzulegen:

"Auf die zurückliegenden Gespräche mit Ihrem Herrn ............ nehmen wir Bezug und bestätigen auf diesem Wege nochmals, dass wir keine Einwände oder Forderungen aufgrund oder im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Rover Deutschland GmbH aus dem Konzernverbund der BMW AG erheben oder geltend machen werden."
Denn natürlich sollen die BMW-Händler - wie vertraglich vereinbart ihre Schulden bei der BMW-Bank für die Gebäude-Finanzierung, natürlich sollen sie die übernommenen Rover-Bestände voll dort ablösen. - Wer spricht schon über Selbstverständlichkeiten? Und dann mit "Partnern? - Und denen legt man dann so eine Erklärung wie oben zur Unterschrift vor.

Kein Wunder, dass deren Geduld nun erschöpft ist. Die so angesprochenen BMW- und Rover-Händler sprechen von "Nötigung".

Schon am 7. April hatten zehn exklusive Rover-Händler beim Landgericht in Düsseldorf eine Einstweilige Verfügung beantragt. Nach ihrer Auffassung ist in ihrem Händlervertrag festgehalten, dass BMW ohne ihre Zustimmung nicht Teile der "Group" verkaufen kann. Das Landgericht Düsseldorf wird nun am 26. April  in einer mündliche Verhandlung über den Antrag der Händler gegen BMW entscheiden. Hier noch einmal alle wichtigen Daten, Fakten  und Anschriften:

Am Mittwoch,
dem 26. April 200, um 11.30 Uhr,
Rover-Händler ./. BMW Group
Die mündliche Verhandlung
im einstweiligen Verfügungsverfahren im
Landgericht Düsseldorf,
Neubrückstraße 3,
40213 Düsseldorf
Raum R 275
Es könnte sein, dass sich damit alle bisher von BMW eingeleiteten Verkaufsmaßnahmen erledigen. Jedenfalls ist kaum abzusehen, dass Herr Milberg unter diesen Voraussetzungen bis zur Hauptversammlung im Mai eine Klärung herbeigeführt hat.

Es könnte natürlich auch sein, dass jemand eine Lösung für diese nun durch das (nennen wir es) eigenartige Verhalten des BMW-Vorstands entstandene Situation hat: Dr. Wolfgang Reitzle. Der sagte zur Situation um den Ankauf von Land-Rover durch Ford und die dadurch für die Handelsorgansiationen entstehenden Schwierigkeiten gegenüber dem Informationsdient "PS-report":

"Wir haben ganz konkrete Vorstellungen, wie wir das machen. Aber auch hier kann ich - und ich bitte um Verständnis - nur sagen, das ist jetzt zu früh. Wir müssen erst einmal Eigentümer von Land-Rover werden. Und wir bereiten uns natürlich planerisch darauf vor. Nur das werden wir dann auf jeden Fall in enger Zusammenarbeit mit BMW machen. Denn wir haben da gemeinsame Interessen, dass nämlich unser Handel, was immer wir dann machen, darunter möglichst nicht leidet. Durch die Integration von Land-Rover bei uns ergeben sich ganz automatisch gemeinsame Interessen, die wir partnerschaftlich mit BMW lösen wollen."
Das ist ein anderer Ton, als wie er in der von BMW seinen Händlern vorgelegten Verzichtserklärung zum Ausdruck kommt. Man sollte vielleicht bei BMW die Gesamtabwicklung des Verkaufs Herrn Reitzle überlassen. Herr Prof. Milberg mag ein guter Fertigungsmann sein, aber vom Vertrieb - und der ganzen Problematik, die durch so einen Verkauf entsteht - hat der wirklich keine Ahnung. Aber er leitet zur Zeit den BMW-Vertrieb (mit einem Kollegen) kommissarisch. -  Und so sehen die "Farbtupfer" denn auch aus, die Milberg derzeit in seinem Aquarell setzt.

Milberg versucht sich nun als Darsteller eines Vorstandsvorsitzenden. In Verbindung mit Volker Doppelfeld, dem derzeit amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden ist das ein Duo, dass sicherlich in der Lage ist, drei BMW Top-Manager "von jetzt auf gleich" auf die Straße zu setzen. Weil sie Milberg das Durchsetzen von Entscheidungen schwer gemacht hätten. Wie der SPIEGEL jetzt darstellte, stellte Milberg seinen Aufsichtsratsvorsitzenden vor die Alternative: "Die oder ich".

Und Doppelfeld traf mal wieder eine Entscheidung, wie man sie beim derzeitigen Niveau der BMW-Führungsriege erwarten darf: Er zog den "Schwarzen Peter" dem Trio vor.

Und nun kommt auf beide Strategen, Milberg & Doppelfeld, der Termin der Hauptversammlung zu. Es ist zu hoffen, dass man beide - Vorstands- und Aufsichtsrats-Vorsitzenden - "entlastet". Von ihren Aufgaben. Und eigentlich ist dabei klar, dass hier nur noch ein "Quandt"en-Sprung helfen kann.

Das ist die einzige "Group"-Theraphie, mit der man wieder aus einer nicht definierbaren "Group" eine glaubwürdige BMW AG machen könnte.

MK/Wilhelm Hahne


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