Aus gegebenem Anlass: ein Stück Satire, römische Satire, von Apokolokyntosis

"Was am 13. Oktober im Himmel geschehen ist,
im ersten Jahr einer neuen Epoche,
am Anfang des glücklichsten Zeitalters,
das will ich der Nachwelt überliefern.
Weder Hass noch Gunst sollen mich im geringsten beeinflussen.
Das folgende ist buchstäblich wahr.
    Falls einer fragt, woher ich denn das alles weiß,
so werde ich, wenn ich dazu keine Lust habe,
zunächst überhaupt nicht antworten.
Wer will mich denn zwingen?
Ich weiß doch, dass ich seit dem Augenblick ein freier Mann bin,
da derjenige aus der Welt ist,
an dem sich das Sprichwort bewahrheitete,
man müsse, um alles zu dürfen,
entweder als König oder als Narr zur Welt kommen.
    Hab ich aber Lust zu antworten,
so kann ich ja sagen, was mir gerade in den Schnabel kommt.
Wer hat je von einem Historiker vereidigte Zeugen verlangt?
Wenn es aber doch sein müsste,
einen Gewährsmann aufzuführen, so frage man den,
der die Himmelfahrt der Drusilla gesehen hat;
ebendieser Mann wird auch sagen,
er habe den Claudius seinen Weg ziehen sehen ´mit humpelnden Schritten´.
Ob er will oder nicht, er muss einfach alles sehen,
was im Himmel geschieht:
Er ist doch Straßenmeister der Via Appia,
auf der bekanntlich schon der Selige Augustus und der Kaiser Tiberius
zu den Göttern eingegangen sind.
Wenn du den fragst, wird er dir´s unter vier Augen erzählen:
sind mehr Leute da, sagt er kein Sterbenswörtchen.
Denn seit er im Senat unter Eid versichert hat,
er habe die Drusilla gen Himmel fahren sehen,
und seit ihm zum Dank für eine so gute Nachricht kein Mensch mehr glaubte,
was er gesehen haben wollte, da hat er hoch und heilig versichert,
er werde selbst dann keine Anzeige erstatten,
wenn man mitten auf dem Forum einen Erschlagenen fände.
    Was ich also damals von diesem Manne gehört habe,
das trage ich hier zuverlässig und klipp und klar vor -
so wahr ich ihm alles Gute wünsche."

Horst P. Borghs, Mitglied des Vorstandes der Adam Opel AG, wurde zum 31. Mai 2000 entbunden

Natürlich "auf eigenen Wunsch" und "aus persönlichen Gründen". Von seinen Aufgaben. "Opel verliert einen analytischen Kopf", titelt die "Süddeutsche Zeitung". Nicht in ihrem Magazin. Sie meint es ernst. Beim SPIEGEL ist man wohl sehr betroffen: wenn dort etwas zu dieser Personalie gestanden haben sollte, habe ich es überlesen. Und wer sich nicht im Spiegel sehen kann, der ist eigentlich nicht existent. Opel hat mit Horst P. Borghs einen Diplom Volkswirt verloren und ihn nun - vernünftigerweise - durch einen Journalisten ersetzt. Das Abstellgleis auf dem der geparkt schien (auch viele Opel-Mitarbeiter hatten Karl Mauer schon "abgeschrieben!), hat sich als multifunktionale Drehscheibe erwiesen. Zu den bisherigen Aufgaben des bisherigen obersten Öffentlichkeitsarbeiters kommen bei seinem Nachfolger - ohne Vorstandstitel aber mit Journalismus-Verstand - noch die interne Kommunikation hinzu (die bisher von der Personalabteilung gepflegt wurde); er betreut auch noch das Technische Entwicklungszentrum. Wie Insider wissen, war ich, Wilhelm Hahne, von Borghs verstoßen worden. Wegen flegelhaftem Benehmen (oder so). Das hatte - natürlich - nichts mit meiner Arbeit als Journalist zu tun. Wie Herr Hawranek vom SPIEGEL es sich von Herrn Borghs - damals, 1994 - erklären ließ. Und man hat es in Hamburg geglaubt. (Ganz unter uns: Man glaubt dort sogar Eidesstattlichen Erklärungen.) Und ist auch sonst Opel-Kurs gefahren. - Darum jetzt die Stille? - Nachstehende Geschichte erzählt, aus meiner ganz persönlichen Sicht, warum mich das Ausscheiden des letzten Öffentlichkeits-Vorstands der Adam Opel AG nicht überrascht:

Man sollte einen Irrtum nie in die Länge ziehen

00-06-10/03. "Sprich zuerst mit Ford", wird sich Horst Borghs vor vielen Jahren gesagt haben, als er - selbst Ford-Fahrer - in Köln vorsprach. Und er sprach mit Hans Wilhelm Gäb. Der hatte immer schon das richtige Gefühl für die richtigen Leute an seiner Seite. Und er stellte ihn ein. Ein Diplom Volkswirt in einer Presseabteilung konnte nicht schaden.

Und Horst Borghs entwickelte sich prächtig. Wie in amerikanischen Firmen üblich (auch Ford Köln ist ein Stück Neue Welt), rückte nun auch auf den Visitenkarten ein "P" zwischen Horst und Borghs. Und es ging voran. Hans Wilhelm Gäb zeigte Borghs, wie man Pressearbeit macht. Ein guter Lehrer. Ein guter Vordenker. Ein eleganter Taktiker, dem es immer gelang, selbst eine irrationale Entwicklung mit so irrationalen Erklärungen zu verkaufen, dass man sie schon aus moralischen Gründen im Sinne eines Herrn Gäb als normale Lösung mit hochmoralischem Hintergrund nicht verwerfen konnte.

Aber Borghs wurde nie wie Gäb. Er war immer Borghs. Und wurde darum auch von Gäb so geschätzt. Weil Borghs Gäb so schätzte. Gäb war "die Stimme seines Herrn".

Borghs entwickelte sich wirklich. Man darf nicht vergessen: er verstand von Automobilen gerade so viel, wie man als Capri-Fahrer von Automobilen versteht. Er hatte Spaß an Automobilen. Es gab bei Borghs kein "Automobil-Fundament". Übrigens auch kein journalistisches.

Klar, dass er sich darum auch an Leute mit Fundament anlehnen musste. Aber er entwickelte sich. Und die Arbeit schien ihm auch Spaß zu machen. Und er war selbstkritisch genug, dann als Gäb zu Opel wechselte, Gäb nach Rüsselsheim zu folgen. Bei Gäb wußte er, was er hatte. Und Gäb wußte, was er an Borghs hatte: eine zuverlässige, immer treue Seele, ihm treu ergeben.

Gäb baute neben der damals in Rüsselsheim vorhandenen "festen Presse-Schiene" eine zweite Schiene von freien Mitarbeitern auf. Und wechselte dann aus, so wie sich eine Personallücke auftat. Später hat es Borghs genauso gehalten. Immer standen freie Mitarbeiter (aber mit offiziellen Opel-Visitenkarten!) bereit, "alte Kameraden" abzulösen oder auf die von Borghs gewünschte Weise zu ergänzen.

Eigentlich war Horst P. Borghs - aus meiner Sicht - immer "der Mann neben Hans Wilhelm Gäb". Alleine hätte ich mir Borghs nicht vorstellen können. Und als er dann von Gäb alleine gelassen werden musste (weil man Gäb nach Zürich versetzte), da war ich schon auf die Borghs-Leistung gespannt und habe vielleicht ein wenig zu kritisch nach Rüsselsheim geblickt.

So ist mir dann auch nicht entgangen, dass Gäb praktisch jeden Morgen mit Borghs telefonierte. Ich gehe nicht davon aus, dass bei dieser Gelegenheit Borghs seinem "Vice President" Weisungen erteilte. Ich könnte mir vorstellen, dass jeweils Gäb seinem Mitläufer Borghs "guten Rat" erteilte, dass man sich abstimmte, die "interne Politik" strategisch plante. Denn das hatte Horst P. Borghs im Laufe seiner Berufsjahre bei amerikanischen Firmen längst begriffen: Es kommt nicht darauf an, was man leistet, sondern das was man nicht leistet, als besondere Leistung nach innen zu verkaufen.

War in den Ford-Jahren von Borghs - und auch in den ersten Opel-Jahren - noch eine Entwicklung spürbar gewesen, so erstarrte die jetzt langsam. Es ging - aus meiner Sicht - nicht mehr voran. Und es gab Dinge, die Horst P. Borghs nach meiner Beobachtung bis heute nicht verstanden hat. Dazu gehört z.B. der Journalismus. Borghs hatte dazu eine eigene Sicht der Dinge. Pressearbeit wurde mehr als Public Relation empfunden, Journalisten als Transporteure seiner Meinung. Verhielten sich Journalisten wie Handlanger der Industrie, die seine Angaben, seine Vorgaben unreflektiert übernahmen, waren sie so, wie sie sich der Diplom Vorkswirt erträumte.

"Monitor"-Chef Klaus Bednarz hat gerade auf einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie Tutzing die derzeitige Entwicklung auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit kritisiert, wie sie auch von Horst P. Borghs gewünscht wurde. Bednarz kritisierte, dass der Konzentrationsprozess die Großfirmen (und dazu zählt sicherlich auch General Motors mit seiner Tochter Opel) immer stärker in die Lage versetze, unbequeme Berichte zu unterdrücken. Er erinnerte daran, dass sich immer mehr Firmen weigern würden, kritischen Journalisten Rede und Antwort zu stehen. Stattdessen würde lieber selbstgefertigtes PR-Material in den Medien plaziert.

Schöner hätte man die Arbeit eines Horst P. Borghs in den letzten Jahren nicht umschreiben können. Horst P. Borghs sah seine Arbeit und Aufgabe so:

                           "Jede praktische Tätigkeit - also auch die PR - läßt sich mit
                           Mitteln der Wissenschaft analysieren. Und diese
                           Analyseergebnisse erlauben natürlich Rückschlüsse für die
                           zukünftige praktische Arbeit - oder in den Worten von
                           Auguste Compte: “Sehen, um vorauszusehen, so lautet der
                           Spruch der wahrhaften Wissenschaft.” Deshalb ist es sinnvoll,
                           die wissenschaftlichen Erkenntnis-Instrumente zielführend
                           einzusetzen.

                           So nutzt die Adam Opel AG für ihre Kommunikationsarbeit ein
                           differenziertes System der Analyse der Medienresonanz. Dies
                           hilft nicht nur, rückblickend die Ergebnisse der eigenen Arbeit
                           zu bewerten. Vielmehr werden hier auch bisher unzureichend
                           abgedeckte Themenfelder deutlich, zeigen sich Stimmungs-
                           und Meinungstrends, die in der breiten Öffentlichkeit vielleicht
                           erst später durchschlagen. Dieser Seismograph hilft, frühzeitig
                           unliebsamen Entwicklungen gegenzusteuern und zielgenau
                           eigene Botschaften zu positionieren.

                           Wie die konkrete Umsetzung in tägliche PR-Arbeit aussieht,
                           ist dann weniger ein wissenschaftliches Vorgehen, sondern
                           eher eine Frage von Erfahrung, Kreativität und Sachkunde."

So hat dann Borghs auch meine Arbeit analysieren lassen. Es gibt ein Gutachten. Und er hat - wie Wissenschaftler das tun - entsprechend der wissenschaftlichen Analyse gehandel: mich ausgesperrt. Ich wurde zur unerwünschten Person erklärt. Und als das nicht meine Arbeit so beeinflusste, wie man sich das vorstellte, da wurde "Druck gemacht".

Natürlich hätte Horst P. Borghs das nicht ohne die Zustimmung eines Hans Wilhelm Gäb unternommen. Und als mich wegen einer Satire dann gegen Ende dieses "Züchtigungsversuchs" eine erste Klage erreichte, da war das die des Herrn Gäb. Erst nachdem die Aussicht auf Erfolg versprach, hängte sich z.B. Borghs (mit seiner Frau Gemahlin) an.

Der eigentliche Grund: ich war auch Gäb unangenehm geworden. Gäb Anfang März 1994 zu mir: "Sie haben überzogen, Herr Hahne". Das war die letzte Warnung. Dann kam der Rausschmiss. Und dann der "Knüppel aus dem Sack".

Wer sich hinter der hochmoralischen Maske des GM Vice Presidenten eigentlich wirklich verbarg, war mir in der Zeit um den Rausschmiss der Steffi Graf klar geworden. Der "väterliche Freund" war verloren gegangen. Steffi wollte nicht so wie Gäb wollte. Auch wenn der damalige Opel Vorstandsvorsitzende noch öffentlich für Steffi votierte, so musste er sich von Gäb korrigieren lassen. Mr. Herman "hatte den Schuss nicht gehört". Gäb wollte nicht mehr mit Steffi, weil sie nicht mehr tat was er sagte. Da hatte sie doch glatt eine von ihm geplante Pressekonferenz in New York abgesagt. - Ende.

Und dann die Lopez-Affäre. Aufmerksam geworden, habe ich damals auch hinter die Kulissen geblickt. Und es fielen mir da schon die meisterlichen Schachzüge Gäbs auf, die er zusammen mit einem Mainzer Anwalt strategisch plante. Bis zum Presseaufmarsch. Und dann die fernsehwirksamen Auftritte. - Noch heute findet diese Leistung meinen Beifall.

Man kann heute noch die meisterhafte Leistung eines Hans Wilhelm Gäb nachvollziehen, wenn in der aktuellen Ausgabe des "manager magazin" über ihn zu lesen ist:

"Den Ruf als verlässlicher Krisenlöser hatte Gäb sich in der Lopez-Affäre erworben. Als europäischer Kommunikationschef von General Motors trug er maßgeblich dazu bei, den Streit zwischen der Opel-Mutter und Volkswagen außergerichtlich beizulegen."
Wenn man über diese Lopez-Affäre in einem Archiv (oder auch in vielen) recherchiert, kann man zu gar keinem anderen Ergebnis kommen. Aber ich habe nicht nur zur damaligen Zeit gelebt, sondern auch in der Sache recherchiert, kenne die handelnden Personen, weiß um Verbindungen und Seilschaften. Darum muss ich auch zu manchen Dingen die in dieser Zeit geschahen eine etwas andere Meinung haben. Und darum war mir auch klar:

Nachdem der gleiche Mainzer Anwalt - wie der in der Lopez-Affäre - auch zusammen mit Gäb - und Hilfestellung von Borghs natürlich - an meiner "Stilllegung" planerisch beteiligt war, weil ich wusste wie er arbeitete, welche "alte" Verbindungen auf "früherer Zeit" (z.B. als Staatsanwalt in Koblenz) er immer noch nutzte, wusste ich darum, das ich z.B. in der "Satire-Sache" praktisch keine Chance hatte.

Aber vorher war es mir noch gelungen diesen Anwalt zu einem seiner wenigen Fehler zu verführen: Ich erhielt das Angebot, dass man - eventuell! - mich aus der Sache heraushalten könne, wenn ich Material gegen den Herausgeber des Informationsdienstes "PS-report" liefern würde. Denn natürlich, so sagte mir damals mein "Kontaktmann" geht es darum, "den kaputt zu machen".

Auch das ist den GM/Opel-PR-Fürsten nicht gelungen. Sie haben Arbeitsstellen vernichtet, Existenzen gefährdet, aber: Es gibt Dinge die man nicht verändern kann. Und es gibt Werte, die man nicht vernichten kann.

Der heutige Nachfolger des Horst P. Borghs in der Chefposition der Opel-Pressearbeit "verdiente" sich seine damalige Degradierung dadurch, dass er es ablehnte, mich auszuladen. Borghs hatte ihn dazu mit einer handschriftlichen Notiz (natürlich nach einem Gespräch mit Gäb) aufgefordert. Karl Mauer konnte dafür aber keinen Grund erkennen. Und - nach seiner entsprechenden Recherche im Kollegenkreis - konnte er auch nicht die vorgeschobene Argumentation des Herrn Borghs (wie sie von dem auch gegenüber Herrn Hawranek vom SPIEGEL gebraucht wurde) akzeptieren.

Und so musste Horst P. Borghs im März 1994 den Brief selber schreiben, der für alle Sehenden einen Abschnitt bei Opel in der Pressearbeit einläutete, die das Image immer weiter abrutschen ließ. (s. die entsprechenden Untersuchungen in "manager magazin" u.a.)

Aber eigentlich hatte ich mein Abrutschen im Ansehen der Opel-Presse-Oberen schon 1992 selbst eingeleitet. Damals machte ich Herrn Gäb deutlich, warum er mit seinen morgendlichen Anrufen (aus Zürich in Rüsselsheim) das Ansehen des Herrn Borghs als "Chef" gefährdete und vermittelte ihm auch meinen Eindruck, dass Horst P. Borghs nun wohl an seine persönliche Grenzen gestoßen sei. Es ging nicht mehr vorwärts. - Aus meiner Sicht.

Als sich die Situation bei Opel nicht änderte, beging ich einen weiteren Fehler: ich teilte Frau Borghs meine Ansichten über ihren Mann mit, weil ich davon ausging, dass sie auf ihren Mann positiv Einfluss nehmen würde. - Darum hat sich die Dame dann auch sicherlich in der "Satire-Sache" später gerne der Klage ihres Mannes mit ihrer Schmerzensgeldforderung gegen mich angeschlossen. - Und gewonnen.

Trotzdem zähle ich mich nicht zu den Verlierern. Und immer noch zu den Beobachtern der Szene, die Zusammenhänge aufgrund ihrer Erfahrung anders (und besser?) zu werten verstehen als einige meiner Kollegen. - Die sind eben nicht weiter vorgedrungen als bis zur Verpackung. Und die war immer glänzend. Mit Schleifchen.

Als zum Weggang von Gäb bei GM/Opel eine große Gäb-Geschichte in "Capital" erschien, war mir klar, wohin die Reise ging. Das liegt aber nicht an "Capital", sondern an bestimmten Einzelpersonen. Auch z.B. beim "Handelsblatt". Das Ende der "Gäb-Ära" (nennen wir sie einmal so) war bei aufmerksamen Lesen dieser Blätter mehr als vorherzusehen.

Dann war Gäb weg. Seine "rechte Hand", Ken Levy gab es aber noch in Zürich. Ken Levy war immer dabei. Er kannte jeden Brief den Gäb schrieb, kannte jede geplante Aktion (schließlich war er auch bei den Rechtsanwaltbesuchen von Gäb in Mainz dabei), war tatsächlich ein "Gäb-Mann" wie das auch Borghs war (soweit sich das auf die Opel-Vergangenheit bezieht).

Bevor Ken Levy dann doch "plötzlich und unerwartet" in Zürich ausgemustert wurde, gab es im "Handelsblatt" eine Geschichte, in der der derzeitige GM-Europachef scharf angegriffen wurde. Und ich wußte: die letzte Stunde des Ken Levy hatte geschlagen. Und als ich dann die die Anti-Hendry-Geschichte in "Capital" las wußte ich: jetzt war das BorghsEnde eingeläutet. Aber wer hatte das schon begriffen. Vielleicht noch der Kollege Peter Carl von "dossier B"..

Aber an der Art des Abgangs erkennt man schon die unterschiedliche Klasse der Herren Gäb, Levy und Borghs. Zwar ist es überall das gleiche Schema, aber hat trotzdem ein anderes Niveau. Weil das von der jeweiligen Persönlichkeit mit bestimmt wird.

Trotzdem: auch ein Herr Gäb hat seine Meinung über bestimmte Leute "nach dem Wind" geändert. Zum Beispiel die über Herrn Hanenberger. Als ich die fachliche Kompetenz dieses Mannes (und seine Eigenheiten) kritisch beleuchtete, da warf mir Gäb vor diesen Mann vollkommen falsch einzuschätzen. Als es ihm "in den Kram paßte", da war Hanenberger mit am Niedergang der Marke schuld.

Ich bedaure, dass jetzt wieder durch die Berichterstattung in meinungsbildenen Medien bei Vielen (die evtl. einfach nur abschreiben) der Eindruck erweckt wird, die Herren Hendry und Burns (z.B.) seien in jeder Weise negativ für Opel. Weil zu sehr GM-orientiert. - Man macht es sich zu einfach, wenn man den Informationen derer vertraut, die jetzt nicht mehr als Opel-Angestellte geführt werden.

Ich bin nicht unglücklich über die personelle Entwicklung bei Opel. Ich bin traurig über die Entwicklung der Marke. Zu der es nur kommen konnte, weil zu viele der leitenden Mitarbeit mehr mit der Arbeit um ihre persönliche Fortentwicklung als mit der für die Firma beschäftigt waren. Dabei verfügt Opel auch über eine Menge von sehr guten und engagierten (!) Mitarbeitern. Aber die fühlten sich vom Management in ihren Absichten nicht mehr verstanden.- Wer konnte denn "damals" (in der "nach-Stockmar-Zeit") bei Opel  noch "den Funken überspringen lassen"?

Ich habe den Abschiedsbrief des Herrn Borghs (Datum 31. Mai 2000) mit Kopfschütteln gelesen und wurde durch die Aufzählung seiner Leistungen an so manches Schicksal (ich meine hier menschliche Schicksale) erinnert. - Wer weiß denn zum Beispiel, dass der Mann, der für den Bau der Lackieranlage in Eisenach verantwortlich war, in Amerika Selbstmord beging? (Ich weiß es deswegen, weil Horst P. Borghs eine meiner Geschichten diesem Mann nach Amerika zuschickte, um sie auf "Fehler" untersuchen zu lassen, damit er mich eventuell verklagen könne.)

Ich könnte über Opel, den Einfluss der Großindustrie auf die Medien, sicherlich inzwischen ein Buch schreiben. Aber warum? - Klaus Bednarz hat ja gerade mit wenigen Sätzen klar gemacht (s.o.), wohin die Reise derzeit geht.

Horst P. Borghs war ein Verfechter der "neuen Linie" (wenn ich das einmal so nennen darf). Er hat - wie Niefer es einmal formulierte, "den Journalisten die Welt gezeigt". Und dazu reichte auch schon mal als Anlass irgendeine Fußballmeisterschaft in den USA. Und wer lieb war durfte mit. Wer bei dieser Gelegenheit vielleicht dort wirklich arbeiten wollte - schon um eine solche PR-Reise gegenüber seinem Arbeitgeber vertreten zu können - der wurde belächelt. - Alles nach "wissenschaftlichen" Erkenntnissen.

Darum hat Borghs dann auch nicht einen Anlass zu einer Traumreise wahrgenommen, den eigentlich in der letzten Phase seiner Tätigkeit bei Opel die 21. Internationale Motor Show Bangkok (1. - 9. April) geboten hätte. Immerhin zog die in diesem Jahr zwei Millionen Besucher an, es gibt dort ein neues General-Motors-Werk (nahe Bangkok), es wird dort der "Zafira" gefertigt; also alles Voraussetzungen, die eine Einladung der Motorjournalisten-Elite nach Thailand gerechtfertigt hätte. - Wußte Borghs mehr? - Dort gab es dann jemanden, der offiziell den Ruf, das Image, den Opel in Asien hat, "als schlecht" bezeichnete. Und so die Entscheidung begründete, den in Thailand gefertigten "Zafira" nicht als Opel, sondern als Chevrolet zu vertreiben. In Thailand.

Anderswo wird GM den in Thailand gefertigten "Zafira" dann auch Holden und - vieleicht auch - Vauxhall nennen. Da nach Vollausbau das Werk in Thailand 130.000 Fahrzeuge herstellen kann, wäre es (theoretisch) möglich, dass das Fahrzeug auch nach Deutschland importiert wird. Natürlich dann als Opel. - Besser eine Marke mit schlechtem Ruf als eine - wie Chevrolet - die bei uns gar keinen Ruf hat. - Und immerhin ist der Zafira bei Porsche entwickelt worden.

Werfen die April-Ereignisse in Thailand vielleicht schon ein Blitzlicht auf die tatsächliche Situation von Opel im GM-Verbund? - Wie sieht die Zukunft von Opel aus?

Bei Opel wird es in nächster Zukunft in der Öffentlichkeitsarbeit sicherlich weniger "wissenschaftlich" als mehr menschlich zugehen. Und journalistischer. Vielleicht werden Opel-Mitarbeiter noch nicht einmal mehr vor mir gewarnt. Das ist zu Borghs-Zeiten geschehen. Selbst ein Jürgen Stockmar eröffnete bei einem zufälligen Treffen das Gespräch mit mir mit den Worten: "Eigentlich dürfte ich ja nicht mit Ihnen sprechen." - Nun, er hat`s dann doch getan. (Aber er kannte mich auch gut. Schließlich war er einmal mein Chef als Chefredakteur der "Auto-Zeitung".) Und nicht nur er hatte weiterhin Kontakt zu mir.

So vermisse ich auch eigentlich nichts, wenn nun Horst P. Borghs nicht mehr bei Opel ist. Und ich habe leider erst in seinem Abschiedsbrief erfahren, dass es ihm "stets um einen fairen Interessenausgleich" ging. - Das hätte ich früher wissen müssen. - Hier der Borghs-Brief im Zusammenhang:

"Ich möchte Sie darüber informieren, dass ich nach siebzehn Jahren Kommunikationsarbeit für Opel, davon mehr als elf Jahre als Vorstandsmitglied, den Aufsichtsrat des Unternehmends gebeten habe, mich aus persönlichen Gründen zum 31. Mai 2000 von meinen Vorstandspflichten zu entbinden.

Unterstützt von einem der kompetentesten und motiviertesten PR-Teams in der deutschen Industrie habe ich mit Engagement und Freude in den vergagnenen Jahren Kommunikationsereignisse wie den Start von Opel in den neuen Ländern, den Aufbau des Werks Eisenach, bedeutende Unternehmens- und Produktionsjubiläen, eine große Zahl erfolgreicher Produktneuvorstellungen sowie den weiteren Ausbau des Opel-Sportsponsorings mitgetaltet.

Mir ging es dabei stets um einen fairen Interessenausgleich. Dabei haben auch Sie mich unterstützt. Dafür danke ich Ihnen und wünsche Ihnen persönlich alles Gute. Ich freue mich darauf, den Kontakt zu Ihnen auch in Zukunft aufrecht zu erhalten.

Auf Wiedersehen!

gez. Horst Borghs"

Bei einem solchen Wiedersehen - das ich nicht fürchten muss - wird mir wahrscheinlich genau die Frage einfallen, die mir eigentlich als Titel für diese Geschichte vorschwebte, nachdem ich die Fülle von Material ein wenig für diese (eigentlich viel zu kurze) Geschichte geordnet hatte: "Hölle, wo ist dein Sieg?" - Aber dann habe ich noch einmal in meiner Lebenserfahrung gekramt und getextet: Man sollte einen Irrtum nie in die Länge ziehen.- Wenn man ein analytischer Kopf ist.

Solche sind eigentlich vom VDA gesucht. - Und wer suchet, der findet. - Auf Wiedersehen!

MK/Wilhelm Hahne

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