Und der Fabrikatshändler nennt einen Preis. Ungläubiges Staunen. Für einen Nachschalldämpfer? - Ja. - "Aber berücksichtigen Sie bitte", sagt der Händler, "das ist dann ein Originalersatzteil".
Und was kostet ein Nicht-Originalersatzteil? - Das darf er lt. Händlervertrag nicht verkaufen. Aber er warnt vor "diesen Schnelldiensten". - "Überlegen Sie sich gut, was Sie machen", rät er warnend.
Also mache ich mich in diesem Falle einmal kundig, spreche mit dem Importeur. Nein, - nicht mit der Presseabteilung. Und ich höre: Eigentlich gibt es gar keine "Originalersatzteile" mehr für diesen Wagen. Der Hersteller gibt nach Einstellung der Fertigung eines Modells für E-Teile wie Auspuffanlage usw. keinerlei Fertigungsauftrag mehr an seine bisherigen Lieferanten, sondern überläßt die Fertigung in diesem Falle z.B. seiner europäischen Organisation, wo sich dann eine bestimmte Gruppe um die Auswahl des richtigen Produzenten bemüht. Und um einen guten Preis.
Was der Kunde dann also - in diesem Falle für sein vier Jahre altes Automobil - beim Fabrikatshändler erhält, ist zwar ein zu dem Automobil passender Auspufftopf, der sich aber - wie ein Vergleich zeigt - schon vom eigentlichen Original - das in diesem Falle mal in Japan gefertigt wurde - unterscheidet. Nicht aber im Preis.
Der Werkskundendienst meint: Natürlich hätte der Händler die Möglichkeit aufgrund seiner Rabattsituation einem guten Kunden einen Nachlaß einzuräumen. - Aha!
Aber der Händler will nicht. - Also fahren wir zu einem Fremdfabrikat-Händler, um das so zu formulieren. "Können Sie unter dieses japanische Fahrzeug einen neuen Nachschalldämpfer anbringen?" - Aber selbstverständlich!
Und er notiert sich die Fahrgestell-Nr., Baujahr, Typ, telefoniert kurz und macht sein Angebot: in der besten Qualität DM Soundsoviel, in einer ausreichenden Qualität DM Soundsoviel. - ??? -
Und so steigen wir dann ins Thema ein. Zunächst beschäftigen wir uns nur mit Auspufftöpfen, stellen dann aber fest, daß diese Qualitäts- und Preisunsicherheit einen Kunden auch bei sicherheitsrelevanten Teilen, wie Bremsklötzen und Bremsscheiben überfallen kann.
Und die Automobilhersteller sind ganz wild darauf, dem Kunden die Augen zu öffnen, man spricht von Produktpiraten, die Fälschungen herstellen. Aus England wird Motor-Kritik sogar eine aufklärende Poster-Aktion der Ford-Werke zu diesem Thema bekannt.
Bei Recherchen stoßen wir dann darauf, daß Ford in Deutschland sogar eine ganze Abteilung, die "Parts Brand Protection Group" unter der Gesamtleitung eines Steffen Doerner (bei Ford of Europe in Köln!!) beschäftigt.
In einer internen Ford-Information (nur für den internen Gebrauch bestimmt) ist zu lesen, daß diese "Group" gegründet wurde, um "lebensgefährlichen Umtrieben skrupelloser Geschäftemacher Einhalt zu gebieten". Und man ist davon überzeugt, "daß Ford europaweit über die beste derartige ´Einheit´ der gesamten Automobilbranche verfügt." Aus der Kölner Gruppe ist zu hören: "Produktpiraterie ist ein riesiges Geschäft, und gefälscht wird fast überall: in Europa, der Türkei, Taiwan und Südamerika, um nur einige Beispiele zu nennen".
Ford - die tun was! - Motor-Kritik ist beeindruckt und geht zu einem Ford-Händler. Dort wird in einer Aktion unter dem Motto "rein, rauf, runter raus" das Auswecheln z.B. eines Nachschalldämpfers für einen älteres Ford-Modell zu einem Sonderpreis angeboten. - Toll! Für einen Ford Fiesta, Baujahr 1989, 1,1 l HCS mit Kat, kostet ein Nachschalldämpfer z.B. in der Serienversion (Originalteile-Nr. 7090 353) brutto DM 169,50. Jetzt bei dieser Sonderaktion, ist er für DM 99,-- zu haben. - Toll! - Aber wie geht das?
Wir fragen einen Autoteile-Händler. Der lacht und weiß, daß dieser Preis nur möglich ist, weil der Auspufftopf von minderer Qualität ist. Produktpiraterie durch den Hersteller selber?
Wir erfahren, daß es z.B. bei Ford neben dem o.g. Originalteil noch ein 2. Originalteil, mit einer anderen Ersatzteil-Nr. (5029 642) gibt, daß zum Bruttopreis von DM 139,-- angeboten ist, aber schon zum erstgenannten Teil, einen Qualitätsunterschied aufweist. Nur wird in den meisten Fällen der Kunde darauf nicht hingewiesen. Und bei der Sonderaktion zu DM 99,-- schon gar nicht.
Laut Darstellung des Teile-Händlers handelt es sich bei diesem von Ford offiziell vertriebenen Nachschalldämpfer um eine sogenannte "Eco-Focus"-Qualität, die ohne Originalteile-Nr. angeboten wird. Nach Darstellung des Händlers, der eine solche Anlage untersuchte, "entspricht die absolut nicht den Anforderungen der meisten Verbraucher". Weiter im O-Ton: "Hierbei wird z.T. Stahl in Baustahlqualität verwandt, der Außenmantel ist einwandig und das Innenleben besteht - anders als beim Originalteil - aus einem einfachen perforierten Innenrohr. Der Körper, der auch von den Außendimensionen kleiner ist, wird mit reichlich Basaltwolle auf ein höheres Gewicht gebracht. Der Halter ist aufgrund des zu kleinen Körpers verlängert und die Ein- und Ausgangsrohre sind verjüngt."
Und er zieht ein Fazit: "Werkstoffe und Konstruktion dieser Schalldämpfer entsprechen nicht dem Standard deutscher Originalteile-Produkte."
Übrigens: nach Darstellung dieses Teile-Händlers lehnen es deutsche Auspuffhersteller, wie z.B. Eberspächer, ab, eine solche Qualität auf den Markt zu bringen. - Ein Schalldämpfer der Firma Eberspächer für den o.g. Ford kostet ebenso 169,50 DM, wie auch das eigentlich Originalersatzteil von Ford.
Motor-Kritik ist ein wenig verwirrt: Ford bekämpft "Fälschungen", läßt aber praktisch solche "Fälschungen" - wenn man vom Originalteil ausgeht - in der eigenen Organisation verbauen und bewirbt die sogar offiziell: "rein, rauf, runter, raus"?
Und bei Opel... - Tatsächlich: schon nach wenigen Tagen Recherchen zu diesem Thema ist uns ganz schlecht.
Es scheint hier tatsächlich unter den Konkurrenten Automobilindustrie und freier Kraftfahrzeugteilemarkt zu einer ernsthaften Auseinandersetzung zu kommen, bei der praktisch mit allen Mitteln gekämpft wird. Denn der Ersatzteilemarkt ist interessant. Nicht nur für den Händler, auch für die Industrie.
Aber dazu muß man noch einmal tiefer ins Thema einsteigen. Was Motor-Kritik auch tun will. Diese Geschichte konnte nur das Thema ankratzen.