Die Qualität einer Zeitschrift bestimmt der Chefredakteur u.a. durch die Wahl seiner Mitarbeiter

Eine Flugzeitschrift wird für Tests nur Mitarbeiter einsetzen, die auch den Flugschein haben. Und ein wenig Erfahrung. Damit verglichen ist es für eine Automobilzeitschrift schon recht einfach. zum Testen von Automobilen Redakteure anzulernen. Die brauchen nur den Führerschein. Und wer hat keinen? - Aber hat der, der einen Führerschein besitzt auch Ahnung vom Automobil? - Und garantiert der Führerschein auch die Fahrzeugbeherrschung? - Nun ja, war schon mal zu hören, ein Test sollte eigentlich nur auf dem Fahrniveau von Herr und Frau Jedermann abgewickelt werden, damit die Ergebnisse auch das Verhalten des Fahrzeugs im "normalen Einsatz" wiedergeben. Und was soll ein Fahrbericht? - Wenn es sich z.B. um den Fahrbericht über einen Renntourenwagens handelt?

Wenn mehr als "leichtes Handling" und "kompaktes Design" gefragt sind

98-10-15/03. Jede gute Zeitschrift, die im Impressum etwas auf sich hält, hat einen "Chefreporter" im Angebot. Weil ein solcher Mann zu den besten Leuten einer Redaktion zählt, ist er meist im Impressum auch ganz oben angesiedelt. Wie z.B. beim "BMW MAGAZIN". Der Name des Allzweck-Schreibers und Alleskönners: Thomas Hartmann.

Nein, wir bei Motor-KRITIK kennen ihn nicht persönlich, nur vom Lesen. Und wir hatten uns schon Gedanken gemacht, ob wir ihn nicht schon in der vor Wochen erschienen Betrachtung zweier Kundenzeitschriften (BMW und VW)  besonders herausstellen sollten. Thomas Hartmann scheint auch über einen Motorradführerchein zu verfügen, was ihn natürlich für BMW MAGAZIN vielseitig einsetzbar macht. In der letzten Ausgabe (3/98) schreibt er u.a. über die neue BMW R 1100 S und ihre "unter das Heckteil hochgelegten Endschalldämpfer": "die weltweit Ausdruck von Dynamik, Kraft und Sportlichkeit sind".
Das hat was.

In dieser Beschreibung eines BMW-Motorrades wird herausgestellt, daß "bereits die BMW R 90 S von 1973...als erstes BMW-Serienmotorrad über 200 km/h schaffte". - Und die Konkurrenz schaffte das wann?

Thomas Hartmann weiß auch: "Der legendäre Boxermotor hat dagegen keine Nachahmer gefunden". Er scheint außer BMW keine Motorräder mit Boxermotor zu kennen. Andere Mitarbeiter der BMW Publikation wohl auch nicht, denn die Geschichte ist doch wohl von irgendwem in der Redaktion gegengelesen worden. - Aber vielleicht haben wir das ja alles falsch verstanden, haben das "leichte Handling" und das kompakte Design" des "stärksten Boxer aller Zeiten" nicht begriffen.

Da man zum Fahren eines Rollers nicht unbedingt einen Motorradfahrerschein braucht, hätte es ja sein können, daß Chefreporter Thomas Hartman in seiner Geschichte über den neuen BMW C 1 sein ganzes Wissen und Können ausspielt. Schließlich ist das ein Roller... - Aber wir lassen uns gerne vom Chefreporter des BMW MAGAZIN belehren: es ist ein City-Mobil.- Mal nachgefragt: Was ist eigentlich eine Straßenbahn?

Nach Thomas Hartmann wartet das neue BMW Fun-Mobil "mit einer ausgefeilten Fahrwerkabstimmung auf, wie sie sonst nur moderne Motorräder besitzen". Aber er erklärt nicht, wie dazu die Grundlagen geschaffen wurden. Es ist ihm vielleicht nicht aufgefallen, daß das BMW City-Mobil, das auch ein Fun-Mobil sein soll, hinten über eine Triebwerkschwinge verfügt, die nicht gerade "eine ausgefeilte Fahrwerkabstimmung" ermöglicht. - Aber woher soll Thomas Hartmann das auch wissen? - Er schreibt wohl nur auf, was man ihm sagt.

Der Vorteil des BMW City-Mobil liegt nach Thomas Hartmann darin begründet, daß es sich anders nutzen läßt als ein Motorrad. O-Ton BMW MAGAZIN über das Motorradfahren: "Wer schnell mal etwas besorgen will, muß sich entweder wie ein moderner Ritter rüsten oder er nimmt ein hohes Risiko in Kauf".
 
Hat Herr Hartmann schon einmal darüber nachgedacht, daß gerade dieses "Rüsten zu einem modernen Ritter" in Vorbereitung eines Motorradausflugs ein wichtiger Übergang aus der abgesicherten Welt der Alltagsmonotonie in die risikobehaftete Welt des aktiven Fahrgenusses bedeutet? - Beim Umsteigen aus grauem Flanell in gepolstertes Leder, beim Überstreifen des Sturzhelms, der Handschuhe, wird sich der Mench bewußt, daß er sich eigentlich nun in Gefahr begibt. Und das minimiert dann schon die Gefahr. Während das "mal schnell", in normaler Kleidung und ohne Kopfschutz mögliche Aufspringen auf das BMW City-Mobil eben keine Bewußtseinsveränderung herbeiführt, zumal die scheinbar in das Fahrzeug hineinkonstruierte und propagierte Sicherheit dazu noch das trügerische Sicherheitsgefühl erhöht. - Gefährlich, Herr Hartmann.

Aber wahrscheinlich gehört Chefreporter Hartmann zu den Menschen, die z.B. auch durch das Anlegen einer feuerfesten Kleidung, das Aufsetzen eines Vollvesierhelms nicht begreifen, daß das Fahren eines Renntourenwagens auf der Rennstrecke mit höheren Risiken behaftet ist - gerade für unerfahrene Autofahrer - als wenn er morgens mit 50 km/h durch die Münchner Innenstadt zur Arbeitsstelle rollt.

Das mußte der BMW MAGAZIN-Chefreporter dann beim Fahren eines STW-Renntourenwagen auf der Nürburgring Grand-Prixstrecke leidvoll (auch für BMW) erfahren. In seiner ersten Runde, auf feuchter Strecke, warf er den Wagen von Joachim Winkelhock so gekonnt rückwärts in die Leitplanken, daß aus der Stufenhecklimousine ein superkurzer "Compact" wurde. - Und einige Kollegen wurden so um das Fahrerlebnis mit einem STW-Rennfahrzeug gebracht wurden. Und einige Zeitschriften so um den entsprechenden Bericht. Und BMW um eine Reihe von wunderbaren PR-Seiten.

Es genügt eben nicht, schon mal einen Rennbericht - z.B. über den BMW Dieseleinsatz beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring - geschrieben zu haben, um so ein Rennfahrzeug auch gekonnt bewegen zu können. Aber wenn man es nun schon nicht kann, dann sollte man ein Rennfahrzeug eben auch entsprechend (vorsichtig) bewegen. So ganz nebenbei: BMW kostet dieser Unfall nun eine hohe fünfstellige Summe. (Wenn das reicht.)

Mal sehen, was denn in der nächsten Ausgabe von BMW MAGAZIN über die Leistung seines Chefreporters zu lesen ist.

Man sollte aber von den Leistungen der BMW MAGAZIN-Redaktion nicht auf die von BMW selbst schließen. Das BMW Magazin wird vom Hoffmann und Campe Verlag gemacht. Offenbar mit Allround-Journalisten, mit deren Ergüsse man auch die Kundenzeitschrift eines Hundefutterherstellers füllen könnte. - Motor-KRITIK-Vorschlag: diese Redaktion sollte nur etwas ähnliches machen. - Denn - um bei dem obigen Vorschlag zu bleiben: Hunde können nicht lesen.

MK/Wilhelm Hahne