Ford-Rückrufe, Ford-Zukunftsprojekte, Ford-Pleiten

Ford hat eine Menge Modelle im Angebot. Fiesta, Ka, Puma, Escort Classic, Focus, Mondeo, Galaxy. Natürlich auch den Cougar. Und ein Lincoln wird kommen. - Aber was verkauft sich? Der neue Ford-Europachef, James D. Donaldson, sieht die Entwicklung positiv. Überall in der Automobilindustrie ist positives Denken gefragt und angesagt. Aber das verändert nicht die Situation. Auch nicht bei Ford. Aber man hat trotzdem gut zu tun. Mit Rückrufaktionen. Gerade werden wieder um 50.000 Ford Fiesta und Ka mit möglichen Defekten am Bremssystem in die Werkstätten zurückgerufen. Für Arbeit in der Organisaiton ist also gesorgt.

"Ford Europa ist in der Lage, seine eigenen Fehler zu machen"

99-01-17/02. Was hier als Titel steht, hat der neueste Ford-Europachef, James D. Donaldson, gesagt. Und weiter ausgeführt (es war im "stern" zu lesen): "Wir haben absolute Handlungsfreiheit." - Und davon macht das Ford-Management reichlich Gebrauch. Was läßt sich denn vom derzeitigen Modellangebot wirklich gut verkaufen?

Der Ford Focus, "Auto des Jahres", entwickelt sich zu einem "Stand-Art-Objekt". Er steht in den Händler-Lagern, verkauft sich zögernd, schlecht. In Köln hofft man auf die Kombiversion, weil die noch "am normalsten wirkt" (ein Ford-Mitarbeiter). Der Mondeo verkauft sich immer schlechter. Das tun Fiesta und Ka auch. Der "alte" Escort Classic ist für dieses Jahr sowieso nur mit 20.000 Einheiten eingeplant. Wenn er denn den Qualitätsanforderungen des deutschen Managements entspricht. Der Cougar steht. Der Puma verkauft sich. Aber auch nicht so, daß man in Freudentränen ausbrechen könnte. - Da, wo wirklich noch (Verkaufs-)Bewegung spürbar ist, da heißt das Modell Ford Galaxy. - Eine traurig stimmende Situation.

Aber Ford-Europachef Donaldson weiß worauf es ankommt: "Sie müssen ein Produkt haben, das eben nicht durchschnittlich ist, sondern das einzigartig ist und sofort zu erkennen."

Nun - den Ford Focus erkennt man sofort. Aber wo kann man ihn sehen? Auf welchem Parkplatz, auf welcher Straße? Und technisch macht er einen guten Eindruck. Aber er ist nicht nur ein Ford, sondern auch noch ein Focus. Ford ist ein Automobilwerk. Irgendeines. Es gibt niemanden, er es personifiziert. Versucht man sich an Leute zu erinnern, die Ford in der Öffentlichkeit darstellten, dann fallen einem in jüngerer Vergangenheit nur Geoudevert und "Bob" Lutz ein.

Was Ford in Köln braucht ist ein Manager, der Ford nach draußen darstellen kann, der für Ford, für die Marke steht. -Wer ist Zimmermann? - Wen gab es davor? - Ach, Donaldson. - Sind nicht eigentlich alle führenden Ford-Manager nur mal kurz durch die Werkshallen gefahren, um dann irgendwohin zu verschwinden? - Ford-Automobile sind keine Persönlichkeiten. Sie sind seelenlose Geschöpfe. Hinter ihnen stehen keine Menschen. Warum sollten sich Menschen dafür interessieren? - Was tut die Ford-Öffentlichkeitsarbeit um das zu ändern?

Und wenn man einmal in die Ford-Zukunft blickt, dann wird deutlich, daß mehr und mehr Wolken aufziehen.

Beispiel Dieselmotor: Da sagt James D. Donaldson, der "Europa-Neue" (in Köln!) zum "stern": "Es ist ein Mythos zu glauben, daß in der Konzernzentrale eine Handvoll Manager sitzen, die vom deutschen Automarkt keine Ahnung haben und die Entscheidungen treffen - zumindest, was uns betrifft."

Wer hat denn die Dieselwelle - und warum? _ verschlafen? - Wollten deutsche Ford-Manager moderne Dieselmotore? - Warum haben sie die nicht bekommen? - Hat das amerikanische Top-Management wirklich gewußt und begriffen, daß der Dieselmotor (in Amerika eine Randerscheinung) in Europa eine andere Bedeutung hat? - Warum hat man dann nicht rechtzeitig moderne Dieselmotoren entwickeln lassen?

Und das ist derzeit Realität: Die Basis der heutigen Ford-Dieselmotoren ist immer noch die gute - nun schon alte - Konstruktion, die von Klöckner-Humboldt-Deutz kommt. Inzwischen läßt Ford seine Dieselmotoren in England entwickeln. Hat man dort die größte Erfahrung mit Dieselmotoren? - Was als neueste Dieselentwicklung von dort kommt, wird in Deutschland ab Januar 2001 zu kaufen sein. Der neue Ford Mondeo (erscheint Ende 2000) wird  dann mit einem neu entwickelten Zweiliter-Direkteinspritzer-.Dieselmotor lieferbar werden. Schon 2001. - Bravo!

Aber schaut man einmal genauer hin, kann man nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Dieser Zweiliter-Dieselmotor hat zwar Direkteinspritzung, aber arbeitet mit einer Verteilerpumpe. Und leistet (natürlich mit Turbolader) satte 115 PS. Nichts ist fortschrittlich, alles ist 08/15. Wie von Ford gewohnt. Intern trägt diese Neuentwicklung die Bezeichnung "Puma-Motor". Aber dieser Motor hat gar nichts von einem Puma. Im Gegenteil. Und nichts ist eigentlich neu. Außergewöhnlich ist nur das Gewicht des Motors. Es ist den Ford-Ingenieuren gelungen, das Gewicht dieses (modernen?) Dieselmotors auf 180 Kilogramm zu bringen. - Bravo!

Aber das ist die Zukunft! - Betrachten wir doch einmal die Ford-Gegenwart.

Die beschert uns gerade wieder einmal eine bedeutende Rückrufaktion. Was für den Ford Puma als "Serviceaktion" durchgeführt wurde (s. Motor-KRITIK vom 31.101998, "Eine dringende Serviceaktion") ist nun zu einer Rückrufaktion ausgeartet. In Deutschland sind rund 20.000 Ford Fiesta und Ford Ka betroffen, europaweit sind es um 50.000 Fahrzeuge.

Ford schreibt: "Bei einer ... Untersuchung wurde festgestellt, daß bei einigen Fiesta und Ka mit ABS eine Fehlfunktion des Hauptbremszylinders auftreten kann, die möglicherweise zum Ausfall eines Bremskreises führen kann. Dies kann zu einem längeren Bremspedalweg und erhöhten Pedalkräften beim Bremsvorgang führen."

Mehr nicht. Es is ja nur die Bremse. Wie sagte doch Mr. Donaldson im "stern": "Und in Deutschland steht und fällt alles mit der Qualität. Die können wir liefern."

Warum tun Sie es nicht, Mr. Donaldson? - Oder liegt das jetzt an Herrn Zimmermann?

Die Rückrufaktion für die rund 200.000 Mondeo (mit dem Sicherheitsgurte-Problem) konnte immer noch nicht anlaufen, da es immer noch keinen genügend großen Ersatzteilvorrat in der Organisation gibt. Diese Rückrufaktion wird also - nach der jetzt laufenden Fiesta- und Ka-Rückrufaktion - die nächste sein. Die Ford-Werkstätten haben also auch in den nächsten Wochen gut zu tun.

Nur um zu zeigen, daß es bei Ford auf allen Ebenen, in allen Sparten zur Zeit "schief läuft": Es könnte durchaus sein, daß der neue Ford Focus in der Rallye-Version - obwohl gemeldet - nicht an der Rallye Monte Carlo teilnimmt. Nicht teilnehmen darf. Ford hat nämlich beim Motor des Wettbewerbsfahrzeugs die Wasserpumpe so geändert, daß sie nicht reglementskonform ist. Die FIA, die internationale Sportbehörde hatte darum Ford bedeutet: So nicht! - Und Ford hatte nachgebessert. Aber so entsprach die Wasserpumpe noch immer nicht dem Reglement. Und ob man es nun bis zum Start der Rallye hinbekommt... - Da bleiben noch einige Fragezeichen. - Mal sehen, ob der Ford Focus am 18. Januar am Start steht.

Die nächste Frage wäre dann auch, wie weit man mit dem neuen Rallye-Focus kommt. Denn der Motor hat sich bei den Tests als nicht besonders standfähig erwiesen. Aber immerhin ist er inzwischen schon 600 Kilometer ohne einen Defekt gelaufen. - Toll.

Wie sagte doch Mr. Donaldson im "stern": "Wir brauchen Kontinuität, Geduld - un weiterhin die Technologie und die Qualität eines Focus."

Ford ist mit seinem Marktanteil in Deutschland in 1998 von 11 auf rund 9,7 Prozent abgesackt. Mr. Donaldson: "Mit den beiden Neulingen, mit Focus und dem Sportcoupé Cougar, will Ford in Deutschland wieder aufholen." - Was sagt denn eigentlich Rolf Zimmermann dazu, wenn Mr. Donaldson sagt, wie es in Deutschland weitergeht? - Hat ein Vorstandsvorsitzender - neben seinem Aufsichtsrat - noch einen Chef?

Wie hat Mr. Donaldson auch dem "stern" gesagt? - "Wir haben absolute Handlungsfreiheit."

Na, dann handeln Sie doch endlich, Mr. Donaldson! - Auf den Briefbögen der Fiesta-Rückrufaktion, gerade erst versendet, sind Sie sogar noch als Vorstandsvorsitzender der Ford-Werke Aktiengesellschaft ausgewiesen. Und Rolf Zimmermann, "der Neue", steht dort noch in letzter Position. Nach dem Alphabet.

Aber vielleicht wird jetzt auch beim Briefpapier gespart.

MK/Wilhelm Hahne