Scheinbar bedeutende Fusionen lenken von wichtigen technischen Entwicklungen ab

Natürlich ist DaimlerChrysler nun mächtig. Aber wo steht man auf dem Gebiet der modernen Motorenentwicklung? - Bei Diesel- und Otto-Motoren werden zukünftig Direkteinspritzer gefragt sein. Beim Dieselmotor hinkt Mercedes ein wenig hinterher, beim Ottomotor lahmt man. Was gibt es auf diesem Gebiet bei Ford und Volvo? - Hier lahmt man auf jedem Gebiet. Ausgerechnet ein "kleiner" Japaner hat sich auf dem Gebiet des Ottomotors mit Direkteinspritzung einen Vorsprung gesichert: Mitsubishi. - Und wo bleiben die großen Europäer? - Renault, eine Firma die nach Ansicht vieler Analysten längst fusionieren mußte, kommt schon 1999 mit einem Benzindirekteinspritzer auf den Markt. - Interessant, wie ein anderer Konzern, PSA (Peugeot und Citroen) reagiert. Nicht mit Fusion. Sondern:

Intelligenter Austausch schafft technischen Vorsprung im Markt

99-01-31/05. Es gibt derzeit nur eine Automobilfirma, die einen Benzindirekteinspritzer schon in Serie baut und zur Auslieferung bringt: Mitsubishi. Inzwischen gibt es sogar zwei Versionen, in einem Personenwagenmodell, bzw. einen Van, einem "Space Wagon", wie Mitsubishi ihn nennt, die die japanische Firma liefern kann. Beide sind Vierzylyinder, haben 1.834, bzw. 2351 ccm Hubraum und leisten beachtliche 125, bzw. 150 PS. Die Praxiseignung dieser Ottomotor-Direkteinspritzer erkennt man auch am maximalen Drehmoment. Beim 1800er sind es 174, beim 2,4 l genau 225 Nm die dem Käufer eines entsprechend ausgestatteten Mitsubishi zur Verfügung stehen.

Aber jetzt, schon in diesem Jahr, wird auch eine europäische Firma mit dem ersten europä#ischen Lösung eines Benzindirekteinspritzmotors auf dem Markt erscheinen. Renault wird den neuen Motor zuerst im Megan-Coupé zum Einsatz bringen. Auch dieser Motor wird - wie die von Mitsubishi - ein Vierzylinder sein, 140 PS leisten und etwa 190 Nm an Drehmoment zur Verfügung stellen.

Betrachtet man einmal das gesamte aktuelle Renault-Programm, so muß man es insgesamt als besonders gelungen bezeichnen. Lassen wir es noch einmal im Kopf passieren: Twingo, Clio, die Mégane-Reihe mit der Scénic-Variante, der Kangoo, der Espace; es wird aber auch einen Mittelmotor-Clio geben, es gibt den Spider. Weniger eindrucksvoll sind da sicherlich Laguna und Safrane. Aber insgesamt: Hut ab! - Vergleichen Sie dieses Programm einmal mit dem von Ford in Köln oder Opel in Rüsselsheim.

Und nun bringt Renault den ersten europäischen Benzindirekteinspritzer. Nun ja, viele arbeiten daran. Aber Renault ist fertig. Und bei Mitsubishi lacht man sich ein wenig ins Fäustchen. Schließlich hat man rund 200 Patente für einen Benzindirekteinspritzer angemeldet und glaubt, daß es wohl keinem Automobilhersteller möglich ist, ohne Lizenznahme bei Mitsubishi einen eigenen Direkteinspritzer entwickeln und produzieren zu können.

Nach Informationen von Motor-KRITIK wird zu den ersten Lizenznehmern von Mitsubishi die Firma Porsche in Stuttgart gehören, die auf Basis der Mitsubishi-Patente einen eigenen Motor entwickeln möchte. Schließlich hatte der Sportwagenhersteller schon bei dem inzwischen nicht mehr verbauten Vierzylindermotor (für den 968) Mitsubishi-Patente für die verbauten gegenläufig rotierenden Ausgleichswellen genutzt.

Bei Mercedes hat man geschlafen. Bei BMW auch ein wenig den Zug der Zeit verpaßt. Aber dort dürfte man schon weiter sein als bei Mercedes. Und Ford und Opel? - Nun - Opel gehört zum größten Automobilhersteller der Welt, und Ford hat gerade Volvo gekauft, um noch größer zu werden. - Aber ist Größe alles?

Von Ford und Opel ist also auch in nächster Zeit (in 1999) nichts auf dem Gebiet des Benzindirekteinspritzers zu erwarten. Überläßt die europäische Konkurrenz also auf diesem Gebiet Renault alleine das Feld? - Mitsubishi wurde von vielen zunächst als ein kleiner Exote abgetan. Muß man nun bei diesem Exoten Lizenzen lösen?

Peugeot und Citroen, in der Firmengruppe PSA vereint, haben eine pfiffigere Lösung gefunden. Man wird die Benzindirekteinspritzermotoren komplett von Mitsubishi zum Einbau in die eigenen Modelle kaufen. Und da umgekehrt Mitsubishi um gute, möglichst sehr gute Direkteinspritzer-Dieselmotoren verlegen ist, wird der Japaner im Gegenzug bei PSA seine Dieselmotoren kaufen. Es handelt sich um jenen Motor, der von Peugeot in Größen Stückzahlen gefertigt werden soll und zunächst im Peugeot 406, bzw. im Citroen Xantia erhältlich sein wird. Es ist ein Vierzylinder-Turbodiesel mit Common-Rail-Direkteinspritzung, der über einen Turbolader mit variablem Ladedruck verfügt.

So ist auch Mitsubishi geholfen, denen auf dem Dieselsektor bisher ein erstklassiges Angebot fehlte. Und PSA, Citroen und Peugeot, sind gegenüber Renault wieder konkurrenzfähig. Mit einem Benzindirekteinspritzer.

Fusionen sind eben nicht alles. - Getrennt schwimmen, voneinander profitieren, kostengünstig und schnell reagieren, ist auch kein schlechtes Mittel, wenn man als Zierfisch im Haifischbecken überleben will. Und viele kleine Bissen machen auch satt. - Wenn man kein riesengroßer Fisch ist.

MK/Wilhelm Hahne