Ford: Wie man Mondeo-Rückrufzahlen optisch verringert - aber eine neue Rückrufaktion mit dem Ford Ka wohl nicht verhindern kann

Seit Ende Oktober 1998 kündigt Motor-KRITIK nun schon eine Rückrufaktion für den Mondeo an. Aber sie gibt es immer noch nicht. Zunächst war klar, daß man - bei rd. 200.000 betroffenen Fahrzeugen - zunächst einmal die Ersatzteilversorgung sicherstellen mußte. Und das dauert. Aber das dauert immer länger. Bis Motor-KRITIK jetzt den Trick durchschaut. Es geht wohl auch darum, die offiziell dann später veröffentlichten Rückrufzahlen so niedrig wie möglich zu halten. Wie man das macht, erfahren Sie in nachstehender Geschichte. Aber auch, daß es dann bald auch eine neue Rückrufaktion geben wird. In jedem Falle für den Ka. Aber vielleicht auch für den Fiesta. Warum überhaupt und warum vielleicht, das alles lesen Sie - jetzt.

Selbst Sicherheitsgurte sind bei Ford nicht das was sie sein sollten

99-02-23/05. Eigentlich war die Rückrufaktion schon lange überfällig. Dachten wir bei Motor-KRITIK. Es ging um eine Überprüfung von Sicherheitsgurten im Ford Mondeo. Aber nach fast vier Monaten (ausgehend von unseren ersten Informationen) gab es bei Ford immer noch keine Rückrufaktion.

Aber plötzlich - und zugegeben durch Zufall - erfuhren wir davon, daß bei Ford-Händlern schon seit Wochen Sicherheitsgurte in Mondeo-Modellen ausgewechselt wurden. Bei solchen, die gerade zufällig in der Werkstatt waren. Die von den Sicherheitsmängeln betroffenen Fahrzeuge waren im Ford-Computersystem OASIS auszumachen.

Kenner der Szene sind davon überzeugt, daß so vor der eigentlichen Rückrufaktion die Zahl der betroffenen Fahrzeuge deutlich abgebaut werden sollte. Stückzahlen um 200.000, wie von Motor-KRITIK prognostiziert, durften nach draußen nicht in Erscheinung treten. Und wenn man dann die Motor-KRITIK-Ankündigung mit den "realen Zahlen" verglichen hätte... - Motor-KRITIK hätte ein wenig dumm da gestanden.

Tatsächlich bezieht sich das, was man jetzt noch Ford-intern als "Service-Aktion" bezeichnet, auf alle Fahrzeuge vom Typ Mondeo mit manueller Verstellung der Sitzlehnenneigung, die zwischen dem 5. Juni 1995 bis zum 24. September 1997 gebaut wurde. Es betrifft also sowohl die ältere Ausführung des Mondeo, wie auch die neuere.

In der Ford Techniker-Information heißt es: "Bei Fahrzeugen mit sechsfach elektrisch einstellbarem Fahrersitz ist nur der Beifahrersitz betroffen, weil der sechsfach elektrisch einstellbare Fahrersitz über einen anderen Verstellmechanismus verfügt."

Der Grund für die Überprüfung der Sicherheitsgurte und ein evtl. notwendiges Auswechseln ist lt. Ford-Angaben folgender:

"Es wurde festgestellt, daß an einigen Fahrzeugen vom Typ Mondeo das äußere Ende des Beckengurtes das Gehäuse des Mechanismus zur Verstellung der Sitzlehnenneigung berühren kann. Betroffen hiervon sind nur die Sicherheitsgurte des Fahrer- und Beifahrersitzes. Durch wiederholten Kontakt über einen längeren Zeitraum kann unter Umständen das Gewebe des Sicherheitsgurtes Berührungsmerkmale aufzeigen."

Das ist sehr feinsinnig formuliert, wird aber noch deutlicher durch folgenden Zusatz unterstrichen:

"BEACHTE: Alle von dieser Service-Aktion betroffenen Sicherheitsgurte sind voll funktionsfähig und stellen kein Sicherheitsrisiko dar. Bei der Überprüfung handelt es sich lediglich um eine vorsorgliche Kundendienst-Maßnahme."

Später werden dann Beispiele aufgeführt (bebildert), die ein unnötiges Auswechseln von teuren Gurten ausschließen soll. Aber auswechseln soll man die Gurte, wenn z.B. "das Gewebe des Sicherheitsgurtes ... an einer Seite deutlich eingerissen" ist. "Zahlreiche Gewebefäden sind bereits zerstört worden." - Und zur Sicherheit wird dann zusätzlich noch ein Kantenschutz montiert.

Ist der Zustand eines Sicherheitsgurtes wie oben von Ford geschildert kein Sicherheits-Risiko?

Denn der Sicherheitsgurt ist lt. Ford-Anweisung auch dann noch auszutauschen, wenn "der Sicherheitsgurt ... gut erkennbare Kontaktmerkmale an der Oberfläche des Gewebes" hat. "Es ist jedoch eine starke Aufrauhung zu erkennen, so daß einzelne Gewebefäden aufgeribbelt und möglicherweise zerrissen wurden."

Nun sind in den letzten Wochen sicherlich nicht alle betroffenen Ford Mondeo zufällig (wegen einer Inspektion, eines Ölwechsels, eines Unfalls, usw.) in einer Ford-Werkstatt gewesen. Also wird eine Rückrufaktion immer noch kommen müssen. Aber die Zahl der dann (noch!) betroffenen Mondeo, reduziert sich natürlich um die Zahl der bis dahin reparierten Fahrzeuge. Es wird sicherlich dann nur noch eine unwesentlich kleine Zahl sein.

Übrigens: die schon überprüften Mondeo sind an einer weißen Farbmarkierung der Schraubenköpfe der hinteren Befestigungsschrauben der Sitze zu erkennen. Damit sich eine Werkstatt nicht die unnötige Arbeit einer Überprüfung macht.

Die Techniker-Information von Ford, aus der vorstehend zitiert wurde, trägt die Nr. CG 7809/S de 1/99 und beweist, wie clever - und unauffällig - heute von den großen Herstellern Produktfehler beseitigt werden. - Was die Öffentlichkeit nicht weiß, macht sie nicht heiß.

Aber nach Motor-KRITIK-Recherchen steht Ford schon wieder weiterer Rückruf-Ärger ins Haus. Vielleicht macht man ja auch da eine unauffällige Service-Aktion daraus. Soweit wir bisher feststellen konnten, sind davon "nur" die hinteren (Trommel-) Bremsen des Ford Ka betroffen. Aber das eigentlich jetzt schon so häufig, daß das sogar einigen Ford-Händlern aufgefallen ist.

Aber hier ist man Ford-intern noch zu keinem Entschluß gekommen. Derzeit sind Ford-Techniker, zusammen mit solchen von Lucas, England in Deutschland unterwegs, um vor Ort die betroffenen Teile in Augenschein zu nehmen.

Nach Motor-KRITIK-Feststellung passiert folgendes: Bei den Trommelbremsbelägen handelt es sich um solche, die nicht genietet, sondern auf den Bremsbacken aufgeklebt sind. Diese Klebung löst sich. Unter welchen Umständen, ist noch ungeklärt. Soweit wir recherchieren konnten, gibt es derzeit keinen Fall, wo das während der Fahrt passiert wäre. (Oder zumindest ist es so nicht aufgefallen.) In allen uns bekannten Fällen passierte das im Stand. Also auf dem Parkplatz vor einem Einkaufscenter, beim Parken in der Garage, usw.

Beim Anfahren fiel in diesen Fällen den Fahrern auf, daß die Hinterräder blockierten. Bei manchen wurden durch mehrfaches Hin- und Herfahren die Räder wieder frei. Bei dem dann folgenden Werkstattbesuch wurde jeweils festgestellt, daß sich die Bremsbeläge von den Backen gelöst hatten und neue Bremsbacken mit Belägen montiert..

In einem Falle fuhr eine Dame von ihrem Parkplatz ein paar Kilometer mit blockierten Hinterrädern zum nächsten Ford-Händler, was dann den Kauf zweier neuer Reifen bedeutete.

Natürlich wird man bei Ford sagen, daß dieser kleine Fehler nur in Einzelfällen aufgetreten ist, daß die Sicherheit des Fahrzeugs davon nicht betroffen war - was man eben den dummen Autofahrern so alles erzählen kann. Und den dummen, dummen Journalisten.

Aber tatsächlich ist man bei Ford zu diesem Zeitpunkt noch bei der Ermittlung des Fehlergrundes. Es kann sich nur um Wochen handeln, bis daß das Ergebnis feststeht. Und es kann sich dann nur um Monate handeln, bis daß die notwendigen Ersatzteile bevorratet sind. Und dann - sozusagen schnellstens - kann es dann zu einer Rückrufaktion kommen.

Aber wie gesagt: es besteht kein Grund zur Besorgnis. Denn die hinteren Räder übertragen sowieso keine großen Bremskräfte. Und wenn die Hinterachse nun wirklich mal während der Fahrt blockieren sollten: Kann Ford vielleicht für ein ungünstiges Horoskop des Fahrers?

Der Fortschritt ist eben unaufhaltsam: die Entwicklung eines Automobils erfolgt in immer kürzeren Zeiträumen, dafür beanspruchen die Rückrufaktionen einen immer größeren Zeitrahmen.

Vor allen Dingen dann, wenn man sie so geschickt durchführt werden wie bei Ford.

MK/Wilhelm Hahne