Opel ist mit neuen Leuten und guten Vorsätzen auf dem Wege der Besserung

In der Vergangenheit hat Opel - geradezu verbissen - Fehler um Fehler gemacht. Und die, die des Aufzählens nicht müde wurden, bzw. vorzuwarnen versuchten, wurden der Rufmordkampagne bezichtigt. Aber das lag wahrscheinlich auch daran, daß jene Leute ein wenig phantasielos waren, sich nicht vorstellen konnten, wie sich alles einmal entwickeln würde. Es nutzt schließlich wenig, wenn ein guter Mann auf dem falschen Platz sitzt und (Denk-) Prozesse anleiert, die dann wirklich nicht die Welt verändern. Leider auch nicht die Leute, die die Gedanken denken.

Es mußte erst der Blitz einschlagen

99-03-18/06. Ich mag Peter H. Hanenberger, den Chefkonstrukteur bei Opel - oder wie immer man ihn nennt. Er trägt die Haare so, wie sie fernsehgerecht sind, trägt - wenn es angebracht ist - Cordhosen und Jacken im englischen Landhausstil. Opel konnte sich immer mit ihm im Fernsehen sehen lassen.

Aber sonst haperte es schon mal ein wenig. Beim Anlaufen der Omega-Produktion zum Beispiel. Und auch so manch andere Entscheidung von ihm war nicht gerade die richtige. Aber Hanenberger konnte immer auf das Verständnis der Opel-Mitverantwortlichen rechnen. Nach dem Motto: Wenn ich dir nichts tue, tue mir bitte auch nichts.

Und so lebte das Opel-Management still - und in sich geschlossen - gegenüber Angriffen von außen immer zur Abwehr bereit, still vor sich hin. Und versuchte einen guten Eindruck zu machen. Da entschuldigte man sich auch schon mal im Großformat (1/1-seitig), sprach in kostbaren Fernsehminuten von Moral und Ethik, hielt sich immer streng am Drehbuch.

Und vor großen Auftritten in der Öffentlichkeit übte man dann gemeinsam, wie man dumme Fragen noch dümmer beantwortet. Und alles funktionierte so lange, bis daß die große Mutter GM in Detroit, aufgeschreckt durch nachlassende Verkaufszahlen, Absacken in der Statistik vorsichtig nachhörte, ob man sich denn eigentlich in Rüsselsheim noch erinnern würde, weshalb man dort am Schreibtisch sitze.

Man fegte ein paar Leute an andere - natürlich strategisch wichtige - Stellen dieser Welt, setzte neue Leute an deren Platz, die sich aber nun zu vieler Überraschung nicht als Platzhalter sehen, sondern die Funktionen ausüben, die eigentlich schon vorher... -

Schwamm drüber! - In gewissen Teilen der Rüsselsheimer Firma weht ein neuer Wind. Man bekennt sich öffentlich zu den Fehlern der Vergangenheit. Und die wurden in der Mitte der 90er Jahre gemacht. Dort gab es den Höhepunkt. Was jetzt noch an Negativem passiert, ist eigentlich ein Nachschwappen aus jener Zeit. - Oder sehen Sie das anders, Herr Borghs?

Und so mancher Waschlappen von damals duckt sich nun hinter seinem Schreibtisch um nicht nass zu werden. Andere haben sich gebessert. Liegt das daran, daß sie älter, einsichtiger wurden? (Anmerkung: ich war damals schon älter als es diese Herren heute sind.)

So hört man in letzter Zeit (zumindest die, die genau hinhören) von Peter H. Hanenberger nur Positives. Er arbeitet nicht nur (wie früher) in seinem Klein-Klein-Verfahren, sondern trifft auch Entscheidungen, die dem Produkt zugute kommen. Früher hätte er sie abgelehnt, weil sie (mehr) Geld kosten. Aber nicht überall in Rüsselsheim wird die neue Linie konsequent umgesetzt. Viele vergessen immer noch: das Verhalten dem Kunden gegenüber muß geändert werden. Übrigens: für die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit sollte z.B. auch ein Journalist der Kunde sein. - Aber so mancher wird das nicht begreifen.

Es genügt nicht, bei jeder Gelegenheit den Begriff Ethik im Munde zu führen, man sollte auch wissen was das ist. Und gesenkte Kosten schaffen wunderbare Zahlen - auf dem Papier. Aber es werden auch andere Entscheidungen gebraucht. - Unternehmerische, risikobehaftete Entscheidungen eben.

So war es sicherlich eine vom damaligen Management richtig getroffene Entscheidung, die Entwicklung des neuen Opel Zafira von Porsche durchführen zu lassen, bis hin zur Vorserien-Produktion. Natürlich gab es auch hier Ärger. Zum Beispiel in Sachen Crashtest. Aber da wurde dann eben der Serienanlauf verschoben, an der richtigen Stelle nachgebessert. Früher hätte ein Peter H. Hanenberger vielleicht (aus Kostengründen?) darauf verzichtet. Nach dem Motto: Wer soll das außer uns schon merken? - Kollege Borghs soll die Kritiker eben mit gezielten (Prozeß-) Angriffen unter Kontrolle halten. - Basta.

Heute ist das anders. Da gibt man "kleine Anpassungen" zu, empfindet sie als "nicht ehrenrührig". - Was sie auch nicht sind. Und so wurde der neue Opel Zafira zu dem ersten Opel einer langen Zeit, den auch ich mir - so ich entsprechende Beförderungsansprüche hätte - kaufen würde. Ein gutes, intelligent gemachtes Automobil, zu einem richtigen Preis.

Da nun die neue Startrichtung (zumindest der neuen Leute) im Opel Management vorgegeben ist, verwundert es sehr, wenn hier dann in der Eifel die Information einläuft, daß Opel seinen bisherigen Chefentwickler aus seiner Position herausheben wird, d.h., genaugenommen läßt man ihn ins Leere laufen.

Wie zu hören, wurde Herr Peter H. Hanenberger bereits in Kenntnis gesetzt, daß man seinen Vorstandsvertrag, der im Juni dieses Jahres ausläuft, nicht zu verlängern gedenkt. Hanenberger hat eben (durch sein Wirken in der Vergangenheit, das Opel Marktanteile kostete) nicht nur Freunde in der Firma. So spricht man - selbst Motor-KRITIK gegenüber - ganz offen darüber, daß Hanenberger z.B. vom Betriebsrat "Null Rückendeckung" zu erwarten habe.

Die Weichen scheinen also gestellt. Und Peter Hanenberger wird sich zu entscheiden haben, ob er nun den Vorruhestand vorzieht, oder sich noch einmal dorthin begibt, wo er sich schon immer wohlgefühlt hat: bei Holden in Australien.

Als sein Nachfolger bei Opel wird jener Chef-Ingenieur gehandelt, der z.B. (u.a.) für die Corsa-Plattform verantwortlich war: Hans Demant.

Wenn das bei Opel so weiter geht, werden auch bald noch mehr Leute Gelegenheit bekommen, ihre Erlebnisse, Erkenntnisse und Erfahrungen in Buchform niederzuschreiben. (s. Hans Wilhelm Gäb in "Guten Tag!")

Bei Opel scheint man jetzt sogar erkannt zu haben, daß man auch in Sachen Innenausstattung nicht weiter im alten Trott bleiben darf. Denn selbst beim neuen Astra glaubt man doch nach dem Einsteigen nicht, daß das das neue Modell ist. Auch bei Opel hat man nun die Innenausstattung als größte Schwäche des neuen Modells ausgemacht. Und arbeitet schon an einer neuen. Fertig sollen die Arbeiten daran im Dezember dieses Jahres sein, so daß dieses neue Interieur spätestens beim Facelift des neuen Astra in die Serie einfließen könnte.

Das Interieur kommt - und Hanenberger geht. - Schade, ein netter Mann. Und immer so gut angezogen.

MK/Wilhelm Hahne