Bei Ford läuft alles so, wie es nicht laufen soll

Natürlich weiß ich, daß ich eigentlich einen Vergleichstest der Abteilungen Öffentlichkeitsarbeit von Opel und Ford angekündigt hatte. Aber bei Opel war mir Hanenberger wichtiger. Und warum sollte ich bei Ford etwas eine besondere Bedeutung geben, was sich als >Katze auf dem heißen Focus-Dach< viel besser in der "WamS" verkaufen läßt. Aber vielleicht handelte es sich da auch um eine plakative Darstellung der Möglichkeiten, die der neue Ford Focus in Sachen Dachlast bietet. Und Frau Dr. Wegerhoff wurde so mit Lust zur Last. - Aber "lasten" Sie mich nun von wichtigeren Dingen schreiben. Auch von Focus, auch von Mondeo, auch von Zahlen.

Die Lage war noch nie so ernst

99-03-31/07. Aus Kostengründen durften nicht alle Mitarbeiter der Presseabteilung von Ford Köln mit nach Genf. Aber die nicht mitdurften, die konnten dann doch noch nachfliegen. Morgens nach Genf, abends zurück. Und zwischendurch erfuhren sie dann alles, was den Ford-Schritt in Zukunft unaufhaltsam machen soll. Man will sich an den Wünschen der Kunden orientieren. Und die Ford-Mitarbeiter sollen das auch tun.- Dafür fliegt man doch gerne den weitesten Weg.

Denn bei Ford man hat schon gemerkt: die Käufer orientieren sich nicht an den Produkten von Ford. Und wenn nun der Käufer nicht zu Ford kommt, dann muß Ford eben zu dem Käufer kommen.

Beim Fiesta ist das nicht so einfach. Da muß man zunächst ab Herbst mit einem Facelift zurecht kommen. Selbst der neue Fiesta, also den, den noch keiner kennt, der wurde (designmäßig) noch einmal gekippt. Dabei soll das Fahrzeug spätestens in 2002 auf dem Markt sein. - Risiko!

Der Focus läuft jetzt langsam an. Aber eigentlich nur darum spürbar, weil der Kombi nun lieferbar ist und der den Kunden besser zu gefallen scheint als die Limousine. Ist das Design, das New Edge, in dieser Klasse zu gewagt? - Nicht alles was gewöhnungsbedürftig ist, ist bei einem Automobil falsch. Man braucht keine steilen Anlaufkurven im Automobilgeschäft. Besser ist, nach einem trägen Anlauf kommt man mit den Verkaufskurven in die richtige Höhe und verbleibt dort lange.

Aber eigentlich hat das Verhalten der Käuferschaft beim Focus die Einschätzungen bestätigt, die bei einem großen Teil der Ford-Mitarbeiter schon vor Erscheinen des Fahrzeugs im Markt vorhanden waren. Nur bei den Entscheidungsträgern nicht?

Der Schöpfer des Focus, Ford-Designer Lobo, (inzwischen in Rente) kritisert derweil die Modelle der Konkurrenz in der Fachpresse. Schade, ich hätte gerne von ihm gehört, wie er heute "seinen" Focus sieht. Bei Ford würde man ihn wohl auch nicht so ein zweites Mal machen. Zur Sicherheit arbeitet man jetzt bereits an einem Facelift, das theoretisch schon im nächsten Jahr einsatzfähig wäre. Es betrifft aber - soweit ich das in Erfahrung bringen konnte - primär die Frontpartie.

Aufgrund der Erfahrungen in den letzten Monaten ist man bei Ford sehr verunsichert. So wird jetzt noch am Styling, am Design eines Automobils gearbeitet, daß schon 2001 auf dem Markt erscheinen soll. Beim neuen Mondeo gab es noch im Februar leichte Retuschen im Bereich der Frontpartie. Jetzt im April - also in den nächsten Wochen - erfolgt die letzte Präsentation beim Vorstand. Und der muß dann sehr schnell nicken, weil nun umgehend die Karosseriewerkzeuge bestellt werden müssen.

Was derzeit beim Handel läuft, sind eigentlich die Modelle Focus und Galaxy. Beim Focus erreicht der Kombi aber wohl einen Anteil von um 50 Prozent an den Verkäufen. Insgesamt tut sich aber alles schwer. So - wie eine Motor-KRITIK-Telefonrundfrage ergab - wird Ford im Marktanteil im März weiter abrutschen. Mich würde es nicht verwundern, wenn Ford nun bei unter 9 Prozent ankommen würde. Wobei, das ergab sich bei dieser Umfrage auch, das Automobilgeschäft im Frühlingsmonat März sich insgesamt sehr schwer tat.

Der März wird das bisher schon nicht ideale Verkaufsergebnisse der ersten zwei Monate nicht gerade verbessern. Im ersten Quartal dürfte der Markt im Gesamtergebnis um 5 Prozent verloren haben. Das ist eine Schätzung, da die offiziellen Angaben des Kraftfahrtbundesamtes erst um den 20. April zu erwarten sind. - Schau'n wir mal.

Es wird aber gerade bei Ford nun Zeit, etwas von dem Willen nach draußen verspüren zu lassen, der eigentlich in wichtigen Abteilungen des Hauses vorhanden ist, um die eigene Situation zu verändern. Man möchte schon das Steuer herumreißen. - Aber dann soll man es auch tun. - Und darüber sprechen!

Eine Rückrufaktion zu verschweigen, mit der man - wäre man geschickt - auch noch einmal das Interesse am Mondeo geweckt hätte, das war einfach dumm. Und gegenüber Journalistenkollegen die Bremsbelag-Geschichte beim Ka (und anderen Modellen dieser Reihe) als unwesentlich herunterzuspielen, das ist auch dumm. - Aber es spart natürlich (Denk-) Arbeit. Aber dieses Verhalten zeigt: Selbst wer nichts macht, kann einiges falsch machen..

Vielleicht möchte Frau Dr. Wegerhoff auch nur abwarten, bis daß die Arbeit des Herrn Dr. Reitzle auf dem Gebiet der Premium-Automobile das Interesse der Öffentlichkeit an den Ford-Kernmodellen wieder geweckt hat. Oder sie wartet darauf, daß Ford in der Formel 1... - Dabei gewinnt man mit dem Focus inzwischen sogar WM-Läufe.

Ich weiß nicht, was Ford derzeit auf dem Gebiet der Motorsport-PR macht, aber ich bin fast sicher, daß man (auch hier) nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat.

Natürlich sind die Produkte wichtig. Aber es kommt auf alle Details, das Zusammenfügen zu einem guten Gesamtbild an. Wenn da das Foto von Frau Dr. Wegerhoff auf einem Focus ein Ansatz sein sollte... - Na ja, ich könnte mir andere vorstellen.

Aber warten wir doch mal die Quartalszahlen ab. Vielleicht sorgen die für den Schock, der manchmal heilsam sein kann. Denn auch in Zukunft - selbst mit neuen Modellen - wird von alleine nichts mehr gehen.

MK/Wilhelm Hahne