Hat der neue Audi TT wirklich nur ein aerodynamisches Problem?

Wir bei Motor-KRITIK sind immer ganz begeistert, wenn die großen Kollegen - z.B. die von "auto motor und sport" - auch einmal kritisch in Details einsteigen. So beschäftigen sich die Stuttgarter Tester in Heft 10 (Seite 14) mit dem kritischen Fahrverhalten des Audi TT im Grenzbereich. Die Fachleute bei "ams" haben recht. Das Fahrverhalten des Audi TT ist kritisch. - Aber nur wegen der Aerodynamik? - Motor-KRITIK hat eine andere Erklärung dafür und möchte dazu noch auf aerodynamische Mängel eines anderen Automobils hinweisen, dessen Neuauflage uns bald erwartet: der BMW M 3. - Motor-KRITIK fragt: Wieder mit den gleichen aerodynamischen Schwächen wie bisher? - Aber lassen Sie uns zunächst mit dem Audi TT beginnen:

Der Grundfehler wäre den technischen Daten zu entnehmen...

99-06-02/03. ...wenn sie denn von Audi veröffentlicht würden. Den Prospektdaten sind sie jedenfalls nicht zu entnehmen. Und da Motor-KRITIK nicht damit rechnen konnte, durch Herrn Nistl (dem Audi-Pressechef) gut bedient zu werden (er gehört zur Gäb-Fraktion, außerdem muß er Herrn Prof. Dr. Kocks dienen, der auch nicht mein Freund ist), da habe ich per e-mail ganz normal im Internet bei Audi angefragt. Und bekam schon nach wenigen Tagen auf gutem Briefpapier eine Antwort. Nur nicht die auf meine Fragen.

Ich hatte nach dem Leergewicht der zwei TT-Grundmodelle gefragt und nach der Gewichtsverteilung des Leergewichts auf Vorder- und Hinterachse. Die Firma Audi schickte mir technische Datenblätter. "In den Angaben sind die zulässigen Achslasten und das Leergewicht des Audi TT Coupé enthalten." - Nur die Verteilung des Leergewichts auf Vorder- und Hinterachse findet man dort nicht. Weil damit wohl auch kein Staat zu machen ist.

Bei den Recherchen zu dieser Geschichte stieß Motor-KRITIK auch auf eine Information, nach der der Audi TT auch gar nicht von Audi selbst entwickelt worden sei. Wenn das so ist, wird das aber auch streng geheim gehalten. Denn ein Audi soll wohl immer ein echter Audi sein.

Die Kollegen von "sportauto" hatten die Grundschwäche des TT schon in 1998 (Heft 11) richtig erkannt. Das getestete Fahrzeug war weit von einer idealen Gewichtsverteilung (50:50) entfernt,  war mit 61 Prozent des Leergewichts von 1461 kg (Werksangabe 1340 kg) auf der Vorderachse weit von dem entfernt, was sich Techniker wünschen. Nur 39 Prozent belasteten also die Hinterachse beim "sportauto"-Testwagen. Und da auch die Fahrwerkabstimmung nach dem subjektiven Eindruck von Motor-KRITIK nicht gerade als gelungen bezeichnet werden kann, kommt es z.B. bei Lastwechseln zu einem schnell eindrehenden Heck. Die Balance stimmt eben nicht, die Dämpfer sind in Zug- und Druckstufe (nach meiner Meinung) hinten zu hart. So lenkt das Fahrzeug gut ein, aber... - Alles ein wenig zu nervös.

Die Kollegen von "auto motor und sport" führen das auf eine verbesserungswürdige Aerodynamik zurück, da der TT - und das kommt auch nach Motor-KRITIK-Meinung noch erschwerend hinzu - an der Hinterachse im Hochgeschwindigkeitsbereich einen starken Auftrieb entwickelt.

Dagegen würde ein Spoiler helfen, an dem man in Ingolstadt - "nur so mal zum Versuch" gerade arbeitet. Denn das Marketing ist allen deutlich sichtbaren aerodynamischen Hilfen wenig zugeneigt. Man möchte kein Coupé, das wie ein Rennwagen aussieht. Von wegen der sozialen Akzeptanz. Nur kein Aufsehen erregen. Lieber auf der Autobahn aus der Kurve fliegen.

Wenn die Gewichtsverteilung schon beim TT quattro so unausgeglichen ist, bei dem sich ein Teil des Allradantriebs ausgleichend im hinteren Wagenteil befindet, wie muß es dann erst um die Gewichtsverteilung beim Frontantriebsmodell bestellt sein? - Es wird in Fachkreisen gemunkelt, daß diese Modelle sogar - zumindest in der ersten Serie - um 20 Kilogramm Blei in der Heckstoßstange versteckt hatten. Aber das war vielleicht nur bei den Testwagen für die Presse der Fall.

Stellen wir also fest: der neue Audi TT ist von Design her ein interessantes Automobil. Wie auch z.B. der smart. Wie auch beim smart bei der Basiskonstruktion schon Fehler gemacht wurden, so auch beim TT. Ist es beim einen der Schwerpunkt, ist es beim anderen die Gewichtsverteilung. Daß man auch einen Fronttriebler mit einer Gewichtsverteilung von 50:50 bauen kann, bewies vor vielen Jahren schon Opel mit dem guten alten Kadett-Coupé.

Und dann kommen noch beim TT die aerodynamischen Schwächen hinzu, die man natürlich mit einem Heckpoiler korrigieren könnte. Aber wie gesagt... (s.o.) -

Heckspoiler könnten auch andere, von den Fachkollegen sehr gelobte, Automobile gebrauchen. Zum Beispiel der BMW M 3. Ich verstehe nicht, daß bis heute niemandem aufgefallen ist, daß dieser BMW im Hochgeschwindigkeitsbereich sehr schwierig zu fahren ist. Ich habe bereits vor drei Jahren, im April 1996, Herrn Dr. Reitzle auf diese Schwäche seines Top-Modells aufmerksam gemacht.Damals gab es auch noch die viertürige Version, die in ihrem Verhalten noch "gewöhnungsbedürftiger" war.

Ich hatte Herrn Dr. Reitzle damals gebeten, mir doch die werksseitig ermittelten  Auftriebskräfte in verschiedenen Geschwindigkeitsbereichen zu nennen. Dr. Reitzle hatte das aber geschickt abgelehnt, indem er darum bat, doch ein paar kleine Geheimnisse für sich behalten zu dürfen. Er hatte aber auch gesagt, daß er sich bei einem Nachfolgemodell noch einmal mit der Auftriebsfrage beschäftigen würde. Und im übrigen meinte er, daß die Höchstgeschwindigkeit des M 3 ja bei 250 km/h werksseitig begrenzt sei. - Auch das hat also vielleicht einen aerodynamischen Hintergrund. Aber Tatsache ist auch, daß viele, sehr viele BMW M 3 "entdrosselt" auf deutschen Straßen unterwegs sind.

Auch darauf habe ich Dr. Reitzle hingewiesen, der mir damals entgegnete, daß dann aber die Betriebserlaubnis für das Fahrzeug erloschen sei. Er hatte eine entsprechende Auskunft von seiner Fachabteilung erhalten. Der Fachabteilung war nur entgangen, daß es diese "Entdrosselungen" längst mit TÜV gibt. Die dann im Fahrzeugschein angegebene Höchstgeschwindigkeit für den BMW M 3 beträgt 281 km/h. Und man darf sie fahren. - Aber fahren Sie mit einer solchen Geschwindigkeit einmal durch eine schnelle Autobahnkurve!

Das Problem mit dem Viertürer hat sich dadurch erledigt, daß es ihn nicht mehr gibt. Dieser M 3 sollte die schnelle Limousine für Familienväter sein. BMW hatte eine andere Fahrwerkabstimmung als beim Coupé gewählt, die vordere "kleine Lippe" am vorderen Spoiler weggelassen und... - Eigentlich war das Fahrzeug so noch "gewöhnungsbedürftiger" geworden.

Ich bin daher auf die neue Version des BMW M 3 sehr gespannt, die gerade in der aktuellen Ausgabe von "Auto-Bild" sehr mit Vorschußlorbeeren bedacht wird. Vom Auftrieb an der Hinterachse wird da aber nicht gesprochen. Weil man in Hamburg wohl die Probleme nicht kennt. (Oder habe ich in "Auto-Bild" etwas verpaßt?)

So ist das eben. Da hat das eine Automobil sehr lange Lieferzeiten. Ich möchte es noch nicht einmal geschenkt haben. Weil es schon vom Ansatz her nicht gut sein kann. Da gibt es ein anderes sehr gelobtes Automobil, dessen Schwächen wohl nicht so stark zutage treten, weil die wenigsten Leute damit richtig schnell fahren.

Achten wir also in den nächsten Monaten einmal auf die Dinge, die sich beim Audi TT tun. Und kümmern wir uns um die aerodynamische Seite des neuen BMW M 3. - Wenn er mal kommt. Denn Dr. Reitzle kann sich nicht mehr darum kümmern, daß man seine Zusage von 1996 mir, Motor-KRITIK gegenüber, erfüllt.

Wir heißen Euch hoffen.

MK/Wilhelm Hahne