Speziell fürs Show-Geschäft: General Motors probt an Prototypen den Ernstfall

Image ist wichtig. Man kann es sich über perfekte Serienmodell erarbeiten, durch deren Zuverlässigkeit. Man kann es sich auch durch sensationelle Rückrufaktionen schaffen. Oder durch Erfolge in der Formel 1. Oder in Le Mans. Man kann aber auch die Besucher von Autoausstellungen dazu bringen, beim Betrachten von neuen Prototypen ein besseres Bild von einem Großserienhersteller zu bekommen. Und so könnte eigentlich eine Design- und Entwicklungsabteilung  die Wertigkeit einer Abteilung Öffentlichkeitsarbeit erhalten.

Nun gibt's bei GM ein "Warenzeichenlook" für jede Marke

99-11-15/09. Larry Burns ist President von Forschung, Entwicklung und Planung von GM, der Mutter von Opel. Wenn man nun das Opel-Programm kennt, wundert es einen schon, dass dieser Mann erzählt: "Über 300 Produktkonzepte befinden sich derzeit bei General Motors in der Anfangsentwicklung. Ungefähr 50 davon werden zur weiteren Entwicklung und Bewertung ausgewählt. Die Prototypen, die Lastwagen und Zwischentypen, die wir öffentlich vorstellen, illustrieren die Innovation und die Reichweite, die wir in den zukünftigen Produktplan von GM einbringen."

Und man erfährt so nebenbei, dass GM speziell für Autoausstellungen im ersten Halbjahr des Jahres 2000 eine Reihe von Prototypen vorbereitet. Für diesen Zweck werden allein neun Prototypen vorbereitet, die auf den Ausstellungen  und Autoshows u.a. in Detroit, Los Angeles, Chicago und Genf dem Streben der GM-Mannen Branchenführerschaft in Sachen Produktinnovation Ausdruck geben sollen.

Wayne Cherry, Vice President von GM Design und Portfolio Development erklärt: "General Motors hat das umfassendste Produktsortiment von allen Autoherstellern in der Welt". Das will man auch nun mit den Prototypen, speziell für die Ausstellungen gechaffen, unter Beweis stellen. Cherry meint: "Nichts stimuliert die Kreativität mehr als das Entwickeln von Prototypen, die den Ideen Form geben."

Man will beweisen, dass es keinen GM-"Hausstil" gibt, sondern man möchte "einen Warenzeichenlook für jede Marke etablieren", wie auch Hans Seer, Director von Opel Design, unterstreicht. So soll es einen "Warenzeichenlook" auch für Opel geben. Wie auch für Chevrolet und Cadillac. "Jede Marke muß Vermögenswerte schaffen, die inneren Produktwerte herüberbringen und die Kunden emotional binden", träumt Seer seine Idealvorstellung. Hoffentlich kann er sie umsetzen.

Ein Opel-Kunde aus der Schweiz (der aber nie mehr Opel fahren will) würde - wie ich aus einem Leserbrief in der Schweizer Automobil Revue schließen kann - den "Warenzeichenlook" von Opel in "schlechter Qualität" sehen, die "unter dem Diktat der an Ramschware gewohnten Amerikaner" entstand.

Da erscheint es schon wichtig, wenn GM zumindest den Versuch unternimmt, "eine Reaktion hervorzurufen und die Leidenschaft für die Marken zu wecken, und zwar durch zukunftsweisendes Denken und benutzerfreundliches ansprechendes Design."

Die Zukunft von gestern ist heute. Warum hat man nicht schon gestern so bei GM und Opel gedacht und gehandelt? Oder handelt es sich hier um immer wiederkehrende Versprechungen, die sich dann wohl in Prototypen, aber nicht in Serie wiederfinden. Und eigentlich kommt es in der Alltagspraxis auch weniger auf die Idee an, sondern mehr auf deren Ausführung in Serie. Da hapert es noch. Bei Opel (und GM) sollte man ab und an mal einen Blick ins Internet werfen. Da gibt es solche Seiten wie http://home.t-online.de/home/M.Dryjanski/opel_aer.htm.

Das ist die Realität. Und die Organisation (?) tut wenig dazu, solche Symbole durch hervorragende Kundendienstleistungen zu tilgen. Im Gegenteil. - Was nutzt da die Arbeit der Designer?

Aber was nutzt dem normalen Autokäufer auch eine "ultimative Luxuslimousine" wie der Cadillac 2000 Concept, den GM im Frühjahr in Genf zeigen will. Alles "Erster Klasse". Infotainment-Systeme, Nachtsichtgerät, Monitore vor den Rücksitzen, Allradantrieb usw. - Dass GM-Ingenieure das können, wird wohl niemand in Zweifel stellen. Aber wie wäre es mit zuverlässigen und pfiffigen Alltagsfahrzeugen.

Wenn Opel in Detroit den "CVC" zeigt, dann handelt es sich hier um einen "Lifestyle-Kompaktvan" auf der Basis des Zafira. Mit Allradantrieb und einer im Glasdach integrierten Box für Eis- und Schnee-Ausrüstung. - Der normale Opel-Kunde wird das sicherlich mit einem "der normale Zafira tut's auch" kommentieren.

Wohin man blickt, denkt die Automobilindustrie nur an leistungsstarke Super-Automobile zu Super-Preisen. Man möchte jedenfalls mit solchen Apetitthappen wie den angekündigten Ausstellungstücken die Kunden auf den Geschmack bringen. Das ist sicherlich nicht strafbar, darf aber nur eine Facette der Bemühungen um den Kunden insgesamt darstellen.

Natürlich ist es interessant, wenn GM in Chicago mit dem  Chevrolet Traverse eine neuartige Verbindung von Pkw mit Lkw vorstellen wird. Eine neue Art von Familienlimousine. Die Automobilindustrie - und auch GM - scheinen sich darüber klar zu sein, dass der normale Bedarf an Automobilen eigentlich gedeckt ist, dass man neue Märkte schaffen muß, neue Segmente entwickeln.

Der Van ist auf dem Automobilsektor ein gutes Beispiel. So wie z.B. auch das Enduro-Motorrad auf dem Zweiradsektor. Aber solche neuen Vorschläge müssen sich in erschwinglichen Preisregionen realisieren lassen. Da wird immer wieder von "verbraucherfreundlicher Technologie" gesprochen, die sich dann oft in der Praxis als "menschenfeindlich" erweist. Je weniger "sprachgesteuerte Kontrollsysteme", je weniger Elektronik ein Fahrzeug beinhaltet, desto sympathischer wird es von den Menschen empfunden werden.

Es gibt Uhrenfabriken, die noch niemals eine Quarzuhr hergestellt haben, obwohl die vielleicht präziser ist als eine rein mechanische Uhr. Aber es wird immer Menschen geben - und sie werden immer mehr - die sich an der Mechanik der Uhren erfreuen, das Ticken lieben. Zu solchen Dingen kann ein Mann, eine Frau eine Beziehung entwickeln, nicht zu einer softwareorientierten Hardware, die dann aber kostengünstiger zu produzieren ist und der Industrie höhere Gewinne ermöglicht.

Bei all den Prototypen, die GM in den nächsten 6 Monaten vorstellen wird, habe ich keinen gefunden, der in die Zeit passen würde. Denn wenn man den Boom der vergangenen Jahre einmal jahreszeitlich aufteilt, dann befinden wir uns jetzt im Herbst des Branchenbooms. Und es kommt der Winter. Bestimmt.

Es wäre gut, wenn sich die Werke mit einer entsprechenden Modellplanung darauf einstellen würden und dann nicht etwa überrascht sind. Und neben dem Modellangebot muß die Dienstleistung stimmen. Und dazu gehören viele froh gestimmten Mitarbeiter. - Es gibt noch viel zu tun.

Nicht gegen die von GM speziell für die Auto-Shows entwickelten Prototypen. Aber es gibt gerade für GM und Opel wichtigeres.

MK/Wilhelm Hahne


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