Ich empfinde weder den "stern" noch die "AUTO ZEITUNG" als "schräg". Ich empfinde aber ihre Art der Darstellung (von "Erlkönigen") als eine besondere Art von Volksverdummung. Man gibt vor - und zeigt es - etwas zu wissen - und beweisen zu können - aber man stellt nicht Realitäten, sondern nur Träume ihrer Redakteure dar. Motor-KRITIK will das gerne an Beispielen aus aktuellen Heften verdeutlichen. Und schreibt - und zeigt in dokumentarischen Fotos - wie es wirklich ist.
Wer den Eindruck erweckt, dass er weiß, was eigentlich nicht sein kann...
02-08-20/02. - Also eigentlich müsste der bestraft werden. Der "stern" zeigt scheinbar Fotos. Wer genauer hin schaut (z.B. in Heft 34/2002, Seite 124), der findet ein kleine Zeile mit dem Hinweis "FOTOS: SCHULTEDESIGN". - Also wirklich Fotos? - Nein, es handelt sich offensichtlich um Kompositionen, die am Computer entstanden.
Aber der normale Leser glaubt wahrscheinlich, dass der "stern" nicht nur die Fotos der "Erlkönige" in der kommenden Ausführung hat, sondern wird auch durch den Lauftext auf die Idee gebracht, dass man in Hamburg mehr weiß, als anderswo. Da zeigt man das E-Klasse-Coupé mit vier Türen, ein kommendes Lamborghini-Einstiegsmodell, einen noch nicht vorgestellten Fiat Panda.
Es scheint in Mode zu kommen, die Leser mit Computer-Animationsfotos (Trickfotos) zu verwirren. Die schauen gut aus, sind randscharf; Fahrfotos zeigen verwischte Hintergründe (manchmal sind die Schatten nicht echt - aber wer sieht das schon), informieren - so meinen sicherlich die Chefredakteure - umfassend.
Ich glaube, dass heute eine Zeitschrift, die ausschließlich Foto-Dokumente (echte!) verwenden würde, im Markt eine besondere Chance hätte, wenn sie schon draußen auf dem Titel einen entsprechenden Hinweis bringen würde.
Auch die "Auto-Zeitung" (jetzt unter neuer Leitung und - aktuell - nur um 20 Prozent Anzeigenanteil!) gefällt sich in bunten Computer-Bildern. Diese Dinger werden in der letzten Ausgabe (18/2002) gleich von zwei Fachleuten bearbeitet. Da ist dann zu lesen (z.B. auf Seite 10): "Fotos: AUTO ZEITUNG , Computer-Design: DeLusi und Josek-Design". Die Auto Zeitung unterscheidet sich also vom "stern" schon dadurch, dass sie wohl gleich zwei Computer-Spezialisten einsetzt. (Nach dem der neue Chefredakteur einen davon in seinen bisherigen Honorarforderungen um 50 Prozent gedrückt hat, war wohl diese "Aufstockung" möglich.)
In der Geschichte auf Seite 10 geht es z.B. um die im Herbst 2004 erscheinen sollende Kombiversion des neuen 5er, der zur IAA im Jahre 2003 präsentiert werden soll. Man ist in Köln also aktuell. Und man gibt auch zu, dass man sich die Idee zum Computer-Design-Entwurf nicht aus den Fingern gezogen hat: "Unsere Erlkönigjäger erwischten den touring bei Testfahrten." - Warum zeigt man dann nicht die Fotos? - Die wären sicherlich überzeugender. Zumal die Details der "Computer-Studie" auch den echten Erlkönig-Fotos entnommen wurden: "Die Silhouette und der hintere Dachabschluss - das zeigen unsere Prototypen-Fotos - gerieten bei der touring-Variante (intern E61) sogar eher konservativ."
Beim "stern" fallen die Textinformation zu den Animationsfotos besonders dürftig aus. Da erweckt man mit Zahlenangaben den Eindruck von Spezialwissen, das man aber - wahrscheinlich - nicht hat, wenn man schreibt: "Die Einsteigerversion von Lamborghini ist nur knapp 1,10 Meter hoch." - Ja wie hoch soll denn ein Sportwagen sonst sein? - Und wenn man den Preis mit "etwa 150 000 Euro" nennt, dann ist der sicherlich auch aus den Fingern gesogen. - Aber klingt gut. Und die Käufer des kommenden Lamborghini-Coupé ("ab 2004") tun einem fast leid, wenn der "stern" schreibt: "Dafür muss der Kunde des kleinen 'Lambo' mit zehn Zylindern, fünf Liter Hubraum und nur 450 statt 580 PS auskommen." - Es ist aber auch eine Armut... -
Offensichtlich gibt es aber auch Informationsarmut: Was für ein Zehnzylindermotor? - Peter Weyer, der "stern"-Redakteur müsste das doch eigentlich recherchieren können. Schließlich war er lange genug bei Audi. Der "stern" tut so, als würden all' überall die Zehnzylinder auf Bäumen wachsen, und als würde die Entwicklung eines solchen Motors nichts kosten. Und die Fertigung... - Auf welchen Maschinen, an welchem Band, für welche Stückzahlen? - Hätte man nicht nur mit lässig dahin geschriebenen Zeilen eine Seite gefüllt, sondern nach einigem Nachdenken (und vielleicht internen Diskussionen) mit einer Recherche begonnen, hätte man alleine zu diesem Thema eine interessante Geschichte schreiben können.
Wie auch zu dem, was der "stern" "Erste Überraschung" nennt: "E-Klasse-Coupé mit vier Türen. Man zeigt es auch, mit dem polizeilichen Kennzeichen S - MD 4410. Scheinbar ein Fahrfoto, aber tatsächlich dem Computer entsprungen. Hätte man auch hier ein wenig überlegt... -
Warum sollte DaimlerChrysler ein Mercedes E-Klasse Coupé mit herkömmlichen vier Türen anbieten? (Auch wenn die hinteren nach vorne öffnen.) - Dabei hatte man doch in Stuttgart viel Werbegeld darauf verwendet, Automobile dann teurer verkaufen zu können, wenn sie statt vier Einstiegstüren nur zwei aufweisen, und man die dann nicht mehr zweitürige Limousinen (dann müssten sie billiger sein), sondern Coupé nennt.
Die Geschichte zu diesem Automobil, das wirklich in der Entwicklung ist, resultiert aus dem Versuch eines AMG-Mitarbeiters, dem großen Chef, Prof. Jürgen Hubbert, einmal zu verdeutlichen, was - gäbe es AMG und seine fähigen Mitarbeiter nicht, alles versäumt würde. Dabei hatte der AMG-Mitarbeiter seine Anregung wohl auch aus der Historie (in der Automobilgeschichte der USA und des Hauses Lancia z.B.) geschöpft. Außerdem wusste man schon um die Entwicklung bei Mazda. (Neues Wankel-Coupé)
Aber nur "stern"-Redakteure können auf die Idee kommen, dass Mercedes den hinteren Türen außen Öffner mitgibt, die direkt neben den Öffnern der vorderen Türen liegen. (Wie das FOTO SCHULTE-DESIGN zeigt) Tatsächlich sind die hinteren Türen wahrscheinlich nur dann zu öffnen, wenn die vorderen Türen offen stehen, besitzen keinen außen liegenden Öffner. Und um das Spaltmaß der hinteren Türfugen hat es in Stuttgart intern richtige Diskussionen gegeben. Sie sollen nämlich besonders schmal ausfallen, um dieses "Coupé" nicht als Viertürer auffällig werden zu lassen.
Ich möchte mal ein paar Fotos zeigen, Dokumentationsfotos, die meine Darstellung unterstreichen:
Was hier scheinbar als eine Cabrio-Version daherkommt...
...ist kein Cabrio. Achten Sie doch einmal darauf, wie das scheinbare Verdeck angesetzt ist:
Werfen Sie einen Blick auf die "Verdeckkante" vorne links und wie - auf welche Art - die Dachholme abgedeckt sind. Und was soll der Stofffetzen, der hinten zum Radhaus führt? - Natürlich die Türfuge verdecken. Denn dieses Auto ist ein viertüriges Coupé. - Aber nicht eins, das am Computer entstanden ist, sondern das real und wirklich in "freier Wildbahn" von mir fotografiert wurde. Die hinteren Türen werden aber auch bei diesem 2+2-Coupé so schmal sein, wie beim neuen Mazda RX-8 - Einstiegshilfen eben (auf Seite 150 der aktuellen SPIEGEL-Ausgabe gut zu sehen.)
Sie hätten gerne die Details ein wenig besser gesehen? - Bitte:
Ein tolles Verdeck! - Und so exakt zugeschnitten.
Aber solche Fotos hätte der "stern" sicherlich nicht gerne (aus ästhetischen Gründen!) veröffentlicht. Und das wäre sicherlich auch zu teuer geworden. "Selbstgestricktes" am Computer, mit den "Applikationen" eines gefällig geschriebenen Textes versehen, ist sicherlich eine vom ahnungslosen Leser besser aufgenommene Information, als die schlichte Realität. - Dazu noch schlecht fotografiert.
Wenn man beim "stern" schön brav ist, dann erzählt ihnen der "liebe Onkel aus der Eifel" auch bald mal die Geschichte von dem Zehnzylinder-Lamborghini-Motor. - Wenn man es in Hamburg nicht selbst schaffen sollte, die dazu gehörenden Hintergrund-Informationen zu bekommen..
Wie steht doch als Titel über dem "Editorial" der oben auch zitierten AUTO ZEITUNG geschrieben: "Der Kunde als Versuchskaninchen".
Aber das war auf andere Fehlleistungen, nicht auf die eigenen, bezogen.
Danke, für Ihre Mitarbeit!