Virneburg, den 10. September 2002

Guten Tag!

Letztes Mal hatte ich meine Geschichten nicht - zum von mir vorgesehenen Termin - ins Netz stellen können, weil der Server - gewitterbedingt - immer abstürzte. Aber diese Gewitter brachten mich dann auf eine Geschichte. - Manchmal ist einem gar nicht klar, wie verrückt diese Welt ist.

Das war sie eigentlich immer. Und wir haben uns ihr angepasst. Anderes bleibt uns nichts übrig. Sagen wir. Aber ist es auch so?

Wir sollten uns nicht zu angepasst verhalten, weil wir eigentlich unser Schicksal selbst bestimmen sollten. Das können wir auch. Sogar das Klima können wir beeinflussen. Macht man uns glauben. - Aber das können wir nur bedingt. - Wir sind eingebunden in ein Netzwerk von Ereignissen. Auf ein paar will ich in einer meiner Geschichten hinweisen, die auch weniger "global", mehr regional ausgerichtet ist: Ich berichte über ein Stück Eifel. - Und damit über die Welt.

Eigenartiger Weise sind es nicht die aktuellen Geschichten, die in den letzten Wochen für ein besonders intensives Echo sorgten. Es sind die, in denen ich über "alte" - aber besondere - Automobile geschrieben habe. Maserati z.B. - oder den Lamborghini Miura, den Jota. Ich bin überrascht, wie sehr es mir offenbar gelingt, den Nerv der Fans zu treffen. Vielleicht nur, weil ich selber diesen Fans zuzurechnen bin.

Da schreibt mir z.B. jemand aus Zürich: "Habe den Miura-Artikel mit Genuss gelesen." - Oder ein Maserati-Fan schreibt mir: "Beim Stöbern im Internet habe ich Ihren Artikel gelesen. Sie haben die Worte gefunden, die meine Erwartungen an den Wagen beschreiben. Nach langem Zögern habe ich mich auf das Abenteuer eingelassen und mir tatsächlich einen Quattroporte gekauft. ... Wenn ich Ihren Artikel vor dem Kauf gelesen hätte, hätte ich wahrscheinlich nicht so lange gezögert."

Das macht mich schon ein wenig froh. Automobile versteht man nicht, in dem man ihre Beschleunigung von Null auf 100 km/h misst. Auch Automobile haben einen Charakter, eine "Seele", sollten Markenidentität ausstrahlen. Man muss auf sie eingehen, sie zu verstehen suchen. - Ich bemühe mich zumindest.

Aber es hat auch ein Echo z.B. auf ein neues "geheimes" viertüriges Coupe (mit "verdeckten" hinteren Türen) von DaimlerChrysler (Mercedes) gegeben. Das würde es gar nicht geben, wurde mir hier und da gesagt. Nun, ich bleibe dabei, dass man an diesem Coupé bei Mercedes baut. Die interne Code-Nr. lautet: C209. Aus Gründen der Steifigkeit wird das Coupé auf der Bodengruppe eines Cabrios aufgebaut. - Zufrieden? - Mehr Details, wenn es dazu Zeit ist.

Und natürlich haben sich Leser beklagt, dass ich so ein wertvolles Mercedes-Automatikgetriebe mit einer "Quickshift-Version" von Renault "in einen  Topf geworfen habe". - Stimmt. Man kann sie in der Fahrpraxis mit einander vergleichen. Nicht von der Kostenseite her. Und ich kenne durchaus die Unterschiede. - Den Kollegen empfehle ich einen Vergleichstest.

Geärgert habe ich mich aber über einen Fehler von mir, im Falle des Renault-Getriebes geschrieben zu haben, dieses Fahrzeug habe "keine Kupplung". Wobei ich natürlich das fehlende Kupplungspedal meinte. Sie kennen das: Man schaut in den Fußraum und sagt: "Ach, hat der keine Kupplung?", meint aber das Pedal. - Ich habe diesen Fehler aber nicht nachträglich beseitigt, sondern in meiner Geschichte so belassen. (Es hat mich übrigens niemand darauf angesprochen. Vielleicht bin ich also sogar richtig verstanden worden.)

In der Serie der neuen Veröffentlichungen versuche ich u.a. (andere, in anderen Publikationen haben das auch gemacht), an Felix Wankel zu erinnern. Im Gegensatz zu den anderen die darüber schreiben, habe ich den Wankelmotor von Anfang an erlebt. Und ich weiß von der neuesten Version auch schon mehr als meine geschätzten Kollegen, weil ich den Motor schon gehört habe. (Die haben nur das neue Fahrzeug gesehen.)

Ich bin auch (per Zufall) auf "alte" Fahrzeuge gestoßen. Über eins habe ich eine Reihe von Fotos ins Netz gestellt und ganz wenig Text: ein alter Porsche. Herr Wiedeking wird sich schütteln. Wie sollte er mit so einem Automobil, eins ohne Marketing-"Fleisch", Geld verdienen können? - Richtige Sportwagen - wer will die noch? - Damals gab es sie. Und die passenden Menschen dazu. Und Siegerehrungen (fällt mir gerade so ein) waren auch noch Siegerehrungen. Die Herren im Dunklen Anzug (auch Smoking!); die Damen im Abendkleid.

Ich erinnere mich, dass ich mit "Pat" Moss, der Schwester von Stirling Moss, in den fünfziger Jahren auf der Siegerehrung zu "Lüttich-Rom-Lüttich" getanzt habe. "Pat" tanzte dann zu später Stunde barfuß. Die Schuhe zum Abendkleid waren ihr zu unbequem. Und sie fuhr im Wettbewerb einen Austin-Healey. - Eigentlich ein "Männer-Auto". - Aber das war ein echter Sportwagen.

Und auch "Pat" war echt. Auch als Rennfahrerin. - Wo gibt es denn heute noch echte Rennfahrer? - "Schumi" ist einer, Frentzen, Villeneuve sind welche. - Aber z.B. Coulthard oder auch Ralf (Schumacher) sind aus meiner Sicht keine. - Können Sie sich vorstellen, dass ein Ralf Schumacher in Estoril (am letzten Wochenende) eine 125er - bei Regen - gefahren wäre? - Nimmer!

Sicherheit zuerst! - Das ist das Motto vieler "Rennfahrer". - Aber auch vieler Journalisten. - Darum sind auch deren Geschichten so "abgepolstert", dass nichts passieren kann. - Aber manche sind zumindest gut zu lesen. (Die österreichische "auto revue" ist da eine Fundgrube.)

Bei Österreich fällt mir ein: Haben Sie die den DTM-Lauf auf dem A1-Ring gesehen? - Ja, muss es denn immer Österreich sein, wenn die "Team-Order" greift? - Ich fand dieses Rennen aus sportlicher Sicht "zum Kotzen". Wenn man die Stallregie bei Ferrari verurteilt, wie kann man dann diesen DTM-Lauf - und die Ereignisse, die zum Endergebnis führten -  gut finden? - So sieht es aus, wenn die "Hausmacht" einer der teilnehmenden Firmen knapp 50 Prozent an den Gesamtteilnehmern beträgt. - Aber die "Meisterschaft" bleibt so spannend, höre und lese ich. - Welche Meisterschaft?

Natürlich ist meine letzte DTM-Geschichte ohne Echo geblieben. Aber die Ereignisse auf dem A1-Ring haben ihren Tenor bestätigt. - Oder finden Sie nicht?

Ich habe übrigens nichts gegen Elektronik. Aber etwas dagegen, dass sich inzwischen das Thema verselbständigt hat. - Unkontrolliert! - Lesen und begreifen Sie bitte meine entsprechende Geschichte so. Und - verzeihen Sie - ich kann so manche Automobil-Manager nicht ernst nehmen. Obwohl das zum Teil auch nette Menschen sind. Nur: wie die funktionieren...! - Aber sie sind oft zumindest gut beraten. Wie z.B. auch jetzt Rolf Zimmermann, der Kölner Ford-Chef. Er wird aus "persönlichen Gründen vorzeitig" aus seiner Position eines Vorstandsvorsitzenden ausscheiden.

Die "Bild am Sonntag" bietet eine gute Plattform für diese Mär. Wie  BILD auch schon Herrn Schrempp geholfen hat, einen persönlichen  Kontakt zu einer Mitarbeiterin - und den Abbruch seiner Beziehung zu seiner bisherigen Frau - zu legalisieren. - Gute Öffentlichkeitsarbeit ist heute wichtig. Schrempp ließ sie für sich durch BILD machen. Und auch Zimmermann nutzt die "Breite" der Springer-Presse, um mögliche Gedankenspiele in der Öffentlichkeit erst gar nicht zuzulassen.

Zimmermann war aber - die Bemerkung sei mir gestattet - aus meiner Sicht schon lange ein Aus- oder Abstiegs-Kandidat. Man hatte ihm längst die Kontrolle über die europäischen Ford-Fertigungsstätten entzogen; seine Funktion in Köln stand nur noch auf der Visitenkarte. "Macher" waren längst andere Manager.

Und wenn ich den immer wiederkehrenden Blödsinn in deutschen Publikationen vom "Vize-Präsident"-sein einiger Manager in amerikanischen Firmen lese. Zu 1) nennt sich das "Vice-President" und zu 2) bedeutet diese Bezeichnung in der amerikanischen Firmen-Hierachie die Position eines "Direktors" in unseren Breiten; wo ein "Vize-Präsident" wiederum eine ganz andere Bedeutung hat.

Aber unsere Gesellschaft fällt immer wieder auf Oberflächlichkeiten (unkritisch) herein. Auf die "Innovationen" bei Automobilen, auf Titel bei Managern, auf Aktienkurse, die oft durch das Unwissen (die Dummheit) von Kleinaktionären entstehen können, deren Gedanken von eigentlich (fachlich, sachlich) unqualifizierten Analysten gefüttert werden. - Und wenn erst einmal eine These aufgestellt ist, die von einer Mehrheit vertreten wird... - z.B. in BILD oder "BamS".

So können auch Kriege entstehen. - Wir erleben es gerade wieder einmal. - Und die, die die Situation beurteilen, haben (überwiegend) nie einen Krieg erlebt. Aber sie sind bereit einen "Blutzoll" zu leisten. Natürlich nicht persönlich. Aber... -

Entschuldigung! - Aber auch als Motor-Journalist sollte man die Geschehnisse rings um den Automarkt niemals ausklammern. Nicht der macht die beste Autozeitung, der auf möglichst wenig Seiten (Papier kostet Geld) die meisten Tests anbietet, sondern der, bei dem "die Mischung" stimmt. Es wird dazu (nach diesem Mittwoch) sicherlich einiges zu sagen sein.

Herzliche Grüße aus der Eifel

Wilhelm Hahne


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