Felix Wankel wurde vor 100 Jahren geboren: Seine Idee hat ihn überlebt und wird auch weitere Generationen an ihn erinnern

Felix Wankel ist nicht den "Dünnbrettbohrern" zuzurechnen. Er hatte nicht nur eine Idee, er setzte sie auch um - und durch. Und er begeisterte eine Reihe von Industriefirmen - round about the world - für seine "Alternative zum Hubkolbenmotor". Drei Jahre nach seinem Tod (1988) bewiesen japanische Ingenieure, das die Wankel-Idee die Anlage nicht nur zu einem sportlichen, sondern auch zu einem zuverlässigen Triebwerk in sich trägt: Mazda gewann mit einem Sportwagen, der mit einem Wankelmotor ausgerüstet war, das "24-Stunden-Rennen von Le Mans". Gegen Sportwagen renommierter Marken, die mit bewährten Hubkolbenmotoren ausgerüstet waren. Und Mazda ist es auch, die mit aktuellen Weiterentwicklungen des Wankelmotors aufwarten kann. Eingebaut eine eine neue Art von Sportwagen (mit 4 Türen) sichert sich Mazda mit dem Wankelmotor eine Alleinstellung im Markt. Andere Firmen mögen das nicht ernst nehmen, aber der Auto-Fan wird nach einer Probefahrt schnell begreifen, dass er mit einem Wankel-Sportwagen eine besondere Art der Fortbewegung erleben kann. Zum neuen Mazda RX-8 würde auch jener Text passen, den einer Werbeagentur im Jahre 1975 zu einer Hercules Wankel 2000 eingefallen war. - Der Autor dieser Geschichte erinnert sich:

"Vor Ihnen steht die Zukunft"

02-09-10/02. - So textete 1975 die Firma Hercules in einer Anzeige zu ihrem Motorrad Hercules Wankel 2000. "Erleben Sie das souveräne Wankel-Feeling", forderte man den Leser auf. Damals ließ sich das für DM 4.500 erleben.

Die Entwicklung des Kreiskolbenmotors war da noch relativ jung. Die Kreiskolbenmaschine (KKM) war eigentlich aus einer Drehkolbenmaschine (DKM) entstanden. Bei NSU, einmal der größte Motorradhersteller der Welt, war in der Abteilung "TX" zum Beispiel schon 1958 eine Wankel-DKM auf dem Prüfstand gelaufen, die mit einem Kammervolumen von 129 ccm auf eine Leistung von 29 PS bei 17.000 Umdrehungen pro Minute kam.

Unter einer Stromlinienverkleidung sorgsam versteckt, hatte das Wankelprinzip aber bereits 1956 in einem Motorrad Premiere. Allerdings nicht als Motor, sondern als Pumpe: Das NSU-Weltrekord-Motorrad mit einem Hubraum von 50 ccm wurde durch ein Drehkolben-Ladegebläse (Patent Wankel) auf eine Literleistung von 260 PS gebracht. Es erreichte damals auf dem Salzsee in Bonneville/USA eine Höchstgeschwindigkeit von über 196 km/h.

Aber wieder zurück zum Thema Wankel-Motor: Bei der Wankel-DKM, die vor dem KKM entstand, rotieren Außen- und Innenläufer, das Trochoidengehäuse und Kolben, gleichförmig um ihren eigenen, mit der feststehenden Welle ortsfesten Schwerpunkt.

Bei der KKM, der Kreiskolbenmaschine, ist es umgekehrt: Hier ist der Außenläufer, das Gehäuse ortsfest und Innenläufer und Welle rotieren gleichförmig, aber mit unterschiedlichen Winkelgeschwindigkeiten. Bei den heute gebauten Wankelmotoren haben wir es ausschließlich mit KKM-Versionen zu tun.

Als Felix Wankel im Januar 1960 seinen neuen Motor - eine Alternative zum Hubkolbenmotor - im Deutschen Museum in München  vorstellte, da sprach man überall von "einer Sternstunde der Motorentechnik". Die Vorteile des vorgestellten Systems waren auch überzeugend:

Beim Wankel-Kreiskolbenmotor wird das Schub-Kurbelgetriebe des normalen Viertakt-Ottomotors durch einen in einer Trochoidenform sich bewegenden und dabei Arbeitsräume bildenden Läufer ersetzt. Die drei Ecken des Läufers bilden drei periodisch kleiner bzw. größer werdende, gegeneinander abgeschlossene und um 120 Grad versetzte Arbeitsräume. In jeder dieser Räume läuft während einer Umdrehung des Kolbens ein Viertakt-Otto-Prozess ab. Der Gaswechsel wird durch einfache Schlitze - wie beim Zweitakter - vom Kolben selbst gesteuert. So gibt es keine mechanischen Grenzen bei hohen Drehzahlen.

Von den Nachteilen eines Wankel-Kreiskolbenmotors, so wie sie sich heute (zum Teil auch als Vorurteile, gewachsen aus Erlebnissen in der Vergangenheit) darstellen, sprach damals kaum jemand. Die Vorstellung des Wankelmotors war von einer geradezu euphorischen Berichterstattung begleitet. So schrieb z.B. die "New York Herald Tribune" am 25. November 1959: "A radically new rotating internlal-combustion engine, described as a milestone in powerplant design..." - Und die NSU-Börsenkurse, 1957 noch auf einem Tiefstkurs von 124 Mark, schnellten explosionsartig in die Höhe, erreichten in 1960 die Höchstmarke mit 2.995 DM.

Der NSU-Vorstandsvorsitzende, von Heydekampf, meinte zu der Entwicklung von Aktie und Wankel: "Ich habe es kürzlich so ausgedrückt, dass wir glauben, ein Goldfeld angekratzt zu haben. Aber wie immer ist nie vorher klar, wie groß ein Goldfeld sein wird..."

Das Goldfeld schien groß, denn es wurde nicht nur mit der amerikanischen Curtiss-Wright Corporation ein Lizenzabkommen unterzeichnet; bis 1969 gab es 16 Lizenznehmer, zu denen General Motors genauso gehörte, wie Fichtel & Sachs, Toyo Kogyo (Mazda) und Yanmar oder auch Mercedes. Und Felix Wankel hielt mehr als 90 Patente und Schutzrechte in allen wichtigen Industrieländern.

Doch dann man die "Ölkrise" und General Motors blies zum Rückzug, Yamaha zögerte und das Daimler-Benz-Interesse am Wankel-Motor ließ nach. Selbst VW-Audi-NSU wirkten in ihrer Einstellung gegenüber dem Wankelmotor nicht mehr sehr überzeugend. Man hatte die scheinbaren Grenzen des Wankel-Systems abgetastet und schien ein wenig zu resignieren.

Das waren die systembedingten Nachteile, um deren Beseitigung sich derzeit wirklich ernsthaft nur noch Mazda bemüht:

Bei Hercules war man dagegen recht optimistisch, sah in einem leichten, luftgekühlten Wankelmotor das geradezu ideale Motorrad-Triebwerk. Leider war das im Wankel 2000 verbaute Aggregat (von Fichtel & Sachs entwickelt und gefertigt) ursprünglich nicht für den Einsatz in einem Motorrad entwickelt worden. So war auch hier manches ein Kompromiss. Immerhin wog dieses 27 PS-Motorrad (exakt waren es 26 PS bei 6.000 U/min) nur 140 Kilogramm, bot eine füllige Drehmomentkurve zwischen 3.000 und 6.000 Umdrehungen, war mit einem Verbrauch zwischen 5 und 7 Liter nicht zu unbescheiden und zeigte auch nach einem 50.000 Kilometer Dauerlauf nur geringe Verschleißerscheinungen.

Auch bei Suzuki hatte man ein Wankelmotorrad, die RE 5, entwickelt. Hatte die Hercules ein Kammervolumen von 297 ccm, waren es bei der Suzuki 497 ccm, was dem flüssigkeitsgekühlten Aggregat 63 PS bei 6.500 Umdrehungen p.m. entlockte. Dieses japanische Motorrad kostete 1975 exakt 8.700 DM. - Der Chronist ist beide gefahren, ausgiebig, nicht nur "so um's Eck".

Interessant, dass kein Vertrag mit den Wankel-Lizenznehmern Auflagen machte, die die Vertriebsmöglichkeiten in irgendeinem Teil der Welt beschneiden. Allerdings durfte z.B. Suzuki nur Motorradmotoren bis 60 DIN-PS herstellen und verkaufen, während für Fichtel & Sachs die Grenze bei 30 DIN-PS lag.

Übrigens hat sich auch Henry Ford zum Wankelmotor geäußert: "Der Wankelmotor ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat", meinte er. Damit war dann auch für Ford der Fall erledigt.

Die genannten zwei Motorradfirmen dagegen fanden den Motor aus folgenden Gründen zum Einbau in ein Zweirad besonders interessant:

Eine negative Eigenschaft der Wankelmotoren zum Entwicklungsstand der damaligen Zeit war, dass sie im unteren Drehzahlbereich bei Teillast nicht richtig rund liefen. Diese als Schieberuckeln bezeichnete Wankeleigenschaft entstand durch unvollkommene Gaswechsel und Verbrennung. Automobilfirmen kaschierten das durch einen zwischen Motor und Getriebe geschalteten Drehmomentwandler, der das Motorruckeln kaum spürbar werden ließ, aber den Antriebsstrang noch einmal verteuerte.

Die zwei damals auf dem Markt angebotenen zwei Wankelmotorräder hatten natürlich kein solches Hilfsmittel aufzuweisen. Um so erstaunlicher war es, dass bei beiden von mir gefahrenen Motorrädern ein Schieberuckeln nicht feststellbar war. Tatsächlich hatten sowohl die Konstrukteure bei Suzuki wie auch bei Fichtel & Sachs dieses Wankel-Übel schon am Motor - aber mit unterschiedlichem Aufwand - beseitigt:

Beim Motor für die Hercules Wankel 2000 benötigte man zu Beseitigung des Schieberuckelns praktisch nur ein Stück Gummischlauch und eine Membrane. Der Schlauch war ans Ansaugrohr angeschlossen und steuerte durch den  Unterdruck die Membrane, die dann im richtigen (und notwendigen) Moment in einer Kammer den vorhandenen hohen Verdichtungsdruck auf das für den Rundlauf notwendige Maß reduzierte und wieder dem Ansaugrohr zuführte.

Auch Suzuki nutzte den im Ansaugrohr bestehenden Unterdruck im unteren Drehzahlbereich. Hier wurde aber dann das Zündsystem, das normalerweise von einem von zwei Nocken gesteuerten Kontakt, der für eine regelmäßige Zündung in jeder der vorhandenen drei Kammern sorgte, auf einen anderen Kontakt umgeschaltet, der nur von einem Nocken gesteuert wurde. So wurde dann nur noch jede erste und dritte Kammer gezündet und auf diese Weise der Rundlauf des Rotors erreicht. Wurde die Suzuki beschleunigt, so stellte ein Sensor im Drehzahlmesser sicher, dass das Zündsystem wieder auf eine regelmäßige Zündung umgeschaltet wurde.

Der Erfolg dieser - vom Aufwand her - stark unterschiedlichen Maßnahmen, war in beiden Fällen in der Fahrpraxis überzeugend.

Beide gefahrenen Wankelmotorräder wurden durch einen E-Starter zum Leben erweckt. Während die Hercules noch einen Kickstarter aufwies, gab es den bei der Suzuki erst gar nicht. Wenn man  einmal versucht hat, einen Wankelmotor mit dem Kickstarter anzutreten, weiß man auch warum: Anders als beim Hubkolbenmotor, bei dem es immer wieder einen Leerhub gibt, registriert die angestrengte Beinmuskulatur, dass beim Wankelmotor immer eine Verbrennung auf die andere folgt.

Das ist auch akustisch vernehmbar. Das Auspuffgeräusch eines Wankelmotors klingt wie die Basspfeife einer Orgel. Der Ton ist gleichmäßig, nicht zerhackt wie der Auspuffton eines Viertaktmotors, obwohl ja auch der Wankelmotor nach dem Viertaktprinzip arbeitet.

Der Wankelmotor in der Hercules drehte quer zur Fahrtrichtung. Dadurch wurde die Kraftumlenkung des Motors durch einen Kegelradsatz notwendig, denn Hercules verwendete eine Kette zum Antrieb des Hinterrades. Eigentlich hätte sich hier (bei der vorhandenen Drehrichtung des Motors) ein Kardanantrieb als Ideallösung angeboten. Sie fiel dem Rotstift des Controlling (auch das gab es damals schon, man nannte es nur Buchhalter) zum Opfer.

Der Wankelmotor der Suzuki drehte übrigens entgegen der Fahrtrichtung. Das wurde optisch dadurch deutlich, dass die Telegabel im Stand ständig ein wenig ein- und ausfederte.

Ich habe die Wankelmotorräder über viele tausend Kilometer bewegt und erinnere mich an eine besonders nette Begebenheit, die mir in den Hausmitteilungen bei Fichtel & Sachs die Bezeichnung "WZ" (=Wankel-Zerstörer) eintrug:

Als erster Journalist durfte ich nach Anlaufen der Serie eine Hercules Wankel 2000 zu einem Dauertest in Nürnberg übernehmen. Natürlich war zu diesem - damals noch nicht normalen - Anlass alles vertreten, was bei Hercules Rang und Namen hatte. Auch z.B. der Leiter der Entwicklungsabteilung. Um einen kleinen Scherz zu machen fragte ich ihn: "Muss ich diesen Wankelmotor einfahren?" - Antwort: "Nein, absolut nicht." - Ich: "Besteht hier nicht die Gefahr eines Kolbenklemmers?" - Verlegene Stille, weil wohl alle dachten: der Hahne hat sie wohl nicht alle - oder zumindest nicht begriffen, wie ein Wankelmotor arbeitet. - Erst als ich ein Lachen  nicht mehr unterdrücken konnte, lachte man - ganz befreit - mit. Und der Entwicklungsleiter erklärte mir noch einmal... - Also klar: Bei einem "Läufer" kann es keinen Kolbenklemmer geben.

Also bin ich mit dem gerade vom Band gerollten Motorrad dann auch nicht zimperlich umgegangen, als ich die Autobahn erreicht hatte. Vollgas! -

Ich bin in der Nachkriegszeit Motorradfahrer geworden und habe immer (!) zwei Finger an der Kupplung gehabt. Man wusste schließlich nie, wann ein Motor fest ging. Das war auch jetzt bei der Hercules Wankel so. Aus Gewohnheit. - Und nach einer Viertelstunde Vollgas hatte ich plötzlich das Gefühl, dass der Motor lahmer wurde. Wie vor einem Kolbenklemmer bei einem Zweitakter (z.B.). Und ich habe den Motor ausgekuppelt.

Der dreht dann im Leerlauf weiter, während ich noch so mit 120 km/h über die Autobahn rollte. - Genau hingehört: Der Motor dreht rund. - Also eingekuppelt und Vollgas weiter. - Nach ein paar Minuten Vollgas habe ich wieder den Eindruck... - Und ich lasse Vollgas stehen, weil ich doch eigentlich weiß... - weil der Entwicklungschef doch auch gesagt hat... - und theoretisch kann es doch eigentlich.... - Und dann steht das Hinterrad ganz kurz. Dank meiner umfassenden Zweitakterfahrung (mit vielen Kolbenklemmern) habe ich die Kupplung blitzschnell gezogen. - Aber der Motor ist aus. - Ich rolle gedankenvoll über die Autobahn. - Nach 100 Metern kupple ich wieder ein. - Der Motor springt an, läuft so rund, als wäre nichts gewesen. - Bin  ich bekloppt?

Jetzt will ich es wissen. Vollgas! - Und nach ein paar Minuten (es können so um 10 gewesen sein) habe ich wieder das Gefühl... - und ich bleibe bei Vollgas - und die Leistung lässt nach - und ich bleibe bei Vollgas - und dann bleibt wirklich das Hinterrad stehen. Und ich lasse eingekuppelt, genieße praktisch das Quietschen des stehenden Hinterrades, das mir sagt: du bist nicht bekloppt. - Da aber das Motorrad nun doch (mit stehendem Hinterrad!) ein wenig hin- und herwandert, mich zu bedeutenden Lenkkorrekturen  zwingt, kupple ich doch  aus.

Beim Ausrollen versuche ich noch mal einzukuppeln. Aber das Hinterrad steht. Quietsch! Und ich bin glücklich. Mein Gefühl war also richtig gewesen. - Dann stand ich nachdenklich am Autobahnrand, habe dann  einen Startversuch (mit E-Starter) unternommen: da ging nichts. Mit Kickstarter ging ebenfalls nichts. Nichts drehte sich mehr. Alles fest. - Alles fest? - Was sollte da fest sein?

Ich habe die Frage nicht lösen können, habe den nächsten haltenden Lkw erklommen (der hatte ohne jede Aufforderung gehalten!), hatte den nächsten Bahnhof angesteuert und war mit dem Zug nach vielen Stunden zu Hause.

Am nächsten Morgen habe ich Hercules informiert, die haben das Motorrad an der Autobahn abgeholt und ich bin einen Tag später nach Nürnberg geflogen. Überall verständnislose Gesichter. Ich war dann bei der "Vernehmung" der Testfahrer dabei. Denn das Ergebnis der Untersuchung war eindeutig: der Läufer war im Gehäuse festgegangen. Aber es gab im Testprogramm auch eine Vollgas-Sektion über die Autobahn. Und in allen Versuchsberichten gab es nicht den geringsten Hinweis... -

Aufklärung: Die Testfahrer erreichten die Autobahn-Prüfstrecke erst nach einiger Fahrzeit. Und nachdem sie ein paar Minuten auf der Autobahn unterwegs waren, gab es einen Autobahnparkplatz. Und wenn sie den - Tag für Tag zur gleichen Zeit - erreichten, war Zeit für die gewerkschaftlich vorgeschriebene Frühstückspause. - Und nach der Pause ging es weiter. - Und dann ging es wieder hinunter auf die Landstraße.

Nein, es hatte niemals bei Vollgas auf der Autobahn Ärger gegeben. - Natürlich nicht. Weil es zwischendurch eine Abkühlphase gab.

Und nun war durch mich ein wirklicher Vollgastest erfolgt. Weil die Temperaturunterschiede beim Wankelmotor zwischen Ein- und Auslass beim Läufer gewaltig sind, hatte sich beim (luftgekühlten!) Motor der Hercules der Läufer auslassseitig so ausgedehnt, dass er mit dem Motorgehäuse Kontakt bekam. So kam es zu einem "Läuferklemmer". - Man war bei Fichtel & Sachs fassungslos.

An Hercules waren zu diesem Zeitpunkt 1.500 Motoren ausgeliefert.  Die Motorradfertigung wurde gestoppt (die Motorenfertigung natürlich auch), die Wankelmotoren zurückgerufen. Und in der Serie bei Sachs wurden nun die Läufer konisch geschliffen. Auf der Auslassseite... -

Und in den Hausmitteilungen von Fichtel & Sachs und Hercules wurde ich so zu "WZ", zum Wankel-Zerstörer.

Nach dieser Episode zurück zur Wankel-Normalität:

Ich bin später dann noch das Wankel-Motorrad des Holländers van Veen gefahren. Das war mit einem Wankelmotor ausgestattet, den Citroen ursprünglich für eines seiner Automobile entwickelt hatte. Von der Ingenieur-Gruppe um van Veen war er nun zu einem überzeugenden Motorradtriebwerk heran gereift, das u.a. - und das erstmals in Serie - eine digitale Zündanlage aufwies. (Den Fahrbericht "von damals" finden Sie auch auf diesen Internet-Seiten.)

Alle gefahrenen Wankelmotoren in Motorrädern taten sich durch das Nichtvorhandensein von Schwingungen und Vibrationen hervor. Sie glänzten mit seidenweichem Motorlauf. Nur die luftgekühlte Hercules Wankel 2000 klirrte und schepperte bei Lastwechseln vernehmlich.

Dichtleistenprobleme gab es zu jenen Zeiten schon nicht mehr. Sie wurden aber dem Wankelmotor immer noch - aus den Zeiten des NSU Ro 80 - immer noch gerne nachgesagt. - Stammtischgeschwätz!

Die Dichtleisten dichten beim Wankelmotor die Kolbenecken und die Kolbenstirnflächen ab. Gerade in den Läuferkanten sind sie sehr beansprucht, den unterschiedlichsten Kräften ausgesetzt: Flieh-, Feder-, Gas- und Reibkräfte wirken auf sie ein. Die Kinematik des Motors sorgt dazu noch zwangsläufig für eine stetige Änderung des Anstellwinkels der Dichtleisten zur Laufbahnfläche. - Kein Wunder, wenn es in der Anfangszeit Probleme gab.

Sie wurden dann aber mit entsprechenden Materialien beherrschbar und stellen heute überhaupt kein Problem mehr dar. Kolbenkanten in modernen Wankelmotoren erreichen immerhin maximale Gleitgeschwindigkeiten von mehr als 35 m/sec.

Eigentlich ist es bei einem Wankelmotor falsch, von einem Kammervolumen zu sprechen, da dieses niemals konstant vorhanden ist. So gibt die entsprechende Zahl eigentlich immer die Volumenänderung einer Kammer in ccm an.

Der Kolben eines Wankelmotors wälzt sich eigentlich durch das Gehäuse, da sich konzentrisch im Kolben eine Innenverzahnung befindet, die sich auf einem am seitlichen Gehäuse befestigten - zur Exenterwelle konzentrischen - Zahnrad abrollt. Die Zähnezahlen der beiden Verzahnungen verhalten sich immer wie 3:2, so dass sich der Kolben immer mit zwei Dritteln der Winkelgeschwindigkeit der Welle und - relativ zu dieser - im umgekehrten Drehsinn bewegt.

Der Kolben hat also bei einer Bewegung von 120 Grad an seinen drei Flanken bereits den vollen Ablauf des Viertaktprozesses ausgeführt. Die Exenterwelle, die bei einem Kammervolumen von um 500 ccm ungefähr einen Versatz von um 15 Millimeter bewirkt, hat dabei eine volle Umdrehung gemacht.

Wer schon einmal einen Zweischeiben-Wankelmotor in einem Motorrad erlebt hat (das gab es als Versuchs-Einzelstück bei Fichtel & Sachs in einem Fahrwerk der Boxer-BMW - und wurde von mir gefahren!), wird sein Erlebnis als eines mit "Sechszylinder-Niveau" zu beschreiben versuchen. Wobei dieser Vergleich immer noch hinkt, denn Sechszylindermotoren sind prinzipbedingt im unteren Drehzahlbereich drehmomentschwach; ein Wankelmotor packt dagegen auch kräftig aus dem Drehzahlkeller heraus zu.

So wie die Motoren-Entwicklung derzeit verläuft, hat der Wankelmotor keine große Zukunft vor sich. Er wird weiter als technische Delikatesse gehandelt werden. Und er ist wirklich etwas für Feinschmecker. Er ist kein "vernünftiger" Motor, darum passt er auch gut zu einem Motorrad - oder einem Sportwagen.

Der Wankelmotor ist ein Antriebsaggregat mit einem unverwechselbaren Charakter. Und er macht das Fahrzeug in das er eingebaut ist - gleich ob Automobil oder Motorrad - zu einem ganz besonderen  Fortbewegungsmittel. Gut, dass sich wenigstens ein Automobilhersteller, die japanische Firma Mazda, um ihn bemüht, ihn weiter zu kultivieren sucht. Mazda sichert sich so eine Alleinstellung (weltweit!) im Markt.

Ich freue mich auf den Mazda RX-8. Die Japaner haben bei dem neuen Wankeltriebwerk den Auslasskanal z.B. in die seitlichen Gehäuseflächen verlegt, das Schmiersystem grundlegend überarbeitet und den Einlasskanal so gestaltet, dass praktisch unterschiedliche Steuerzeiten zu realisieren sind. Dieses neue Wankeltriebwerk des Mazda RX-8 ist ohne Beispiel. Ich habe es - im Gegensatz zu den meisten meiner lieben Kollegen die darüber geschrieben haben - schon laufen hören. Wenn ich daran denke, dass man sich in Zukunft als möglicher Interessent eines Fahrzeuges dieser Klasse zwischen einem Ford Mondeo ST 220 und einem Mazda RX-8 entscheiden muss... - Diese Fahrzeuge liegen tatsächlich in der gleichen Preisklasse. Wobei der Mazda eine Fahrzeugart verkörpert, die es bisher eigentlich gar nicht gab: nicht eng wie ein Sportwagen, trotzdem mit dessen Fahrleistungen; keine Familienauto-Größe und trotzdem genug Platz für die gemeinsame Ausfahrt von vier Personen. Und das mit dieser unvergleichlichen Laufkultur des neuen Wankeltriebwerks.

Damit Sie wissen, woher ich Kenntnis von so manchen Dingen habe, die andere gar nicht haben können:

Sie haben verstanden? - Ich denke, dass es viel zu wenig von jenen Verrückten wie Felix Wankel gibt (und gegeben hat!), die zwar nicht die (Motor-) Welt veränderten, aber ein paar Feinschmecker glücklich gemacht haben. Henry Ford verkörpert die eine Seite der Motorisierung, so wie McDonalds die des Essens; Felix Wankel die andere Seite. - Klar?

MK/Wilhelm Hahne

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