Virneburg, den 10. Februar 2004

Guten Tag!

Ich habe mir vor einigen Tagen den Film "Good Bye, Lenin!" angesehen. Und danach mit Leuten gesprochen, die ihn auch gesehen hatten. "Eine Komödie mit realistischem Hintergrund." - "Mann, habe ich gelacht. War doch toll!" - "Ja, ja, die im Osten hatten es schon schwer." - "Da hat man mal den Unterschied zwischen West und Ost gesehen." - Und ähnliche Kommentare.

Ich hatte den Film mehr als Spiegel empfunden, der uns vorgehalten wird, damit wir begreifen, dass wir gerade - genauso wie die Mutter im Film - nicht begreifen, dass wir inzwischen in einer anderen Welt leben. Und alle - Politiker, Medien, Manager - gaukeln uns das Wirtschaftswunderland vor, das es so nicht mehr gibt, so "wie damals" auch nicht mehr geben wird. - Good Bye, Ehrhard!

Bernie Ecclestone, der Formel 1-Guru meint, in zehn Jahren werde Europa auf das wirtschaftliche Niveau der Dritten Welt abrutschen. Bernie glaubt nicht, dass es für Europa "nicht die geringste Chance gibt, im Wettbewerb mit China, Korea und Indien zu bestehen". Das ist brutal, aber immerhin wahrscheinlicher als das Gesülze unserer Politiker und der träumenden Gewerkschaftler, die dann Rumpelstilzchen spielen.

Immerhin: Auch die Autoindustrie setzt auf Asien. Sie hofft aber hier in unseren Landen auf die Wirkung von "Produktoffensiven". Aber einiges ist da falsch gelaufen. Wie formulierte es doch ein - natürlich nicht genannt werden wollender - Manager in diesen Tagen so schön: "Die Autoindustrie hat versucht das Automobil durch Marketing zu ersetzen - und dabei das Auto vergessen."

Dazu passt die Meldung, dass Porsche gerade seine teuren Porsche-Fahrräder zurück ruft. Um deren teure Karbonausstattung durch billiges Alu zu ersetzen. Dabei war Karbon (bzw. das durch dessen Einsatz erzielte Gewicht) mal ein Verkaufsargument und die Erklärung für den hohen Preis. - Porsche ist auch als Fahrrad rückrufgefährdet. Viel Marketing, wenig Gegenwert.

Wenn man das Gerede von den Tageszulassungen noch im Ohr hat, die eigentlich in 2003 niemand mehr zur Schönung der Statistik nutzen wollte, da es doch primär darum gehen würde Geld zu verdienen, der muss sich wundern, wenn er in diesen Tagen vom KBA (Kraftfahrtbundesamt) erfährt, dass die Tageszulassungen in 2003 gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent auf 162.000 Einheiten angestiegen sind.

Und die Rückrufaktionen werden auch von Jahr zu Jahr mehr. Ich hätte die Zahlen - die der offiziellen Rückrufe! - dazu jetzt gerne monatlich vom KBA gehabt. Aber dieses Amt teilt mir über seine Pressestelle mit: "Die im Jahresbericht (unter www.kba.de (Publikationen) aufgeführten Rückrufaktionen werden jeweils nur einmal jährlich ermittelt und veröffentlicht. Es tut mir leid, dass wir Ihnen nicht behilflich sein können."

Aber - sonst - wird in 2004 nun alles anders werden. Klar. Und auch alles besser. Sagen die Gutachter, die Politiker, die Analysten - und auch alle PR-Abteilungen werden nicht müde werden zu versichern, dass man... - Und sogar der 7er BMW wird inzwischen sehr gut verkauft.

Warum das so ist? - Das erkläre ich u.a. ein wenig weiter unten. Aber ich will schon daran erinnern, dass beim 7er BMW ein "Facelift" bevorsteht. Nehmen Sie diese Bezeichnung der Überarbeitung eines Fahrzeugmodells bitte nicht wörtlich. Beim 7er ist nämlich auch der das Gegenteil von "Gesicht" betroffen. Ein Insider, der den überarbeiteten 7er aus eigener Beobachtung kennt: "Ja, das 'Toilettendeckel-Design' ist geändert, nun sieht er von hinten aus - man kann das schwer erklären, sagen wir mal - wie ein Audi A4." - Ach, ja? -

Bangle machen gilt nicht. Da sei - beim (noch) aktuellen Modell - auch das Leasing vor.

Dabei fällt mir ein, dass ich vor kurzem auch etwas zu den "Restwerten" von Automobilen gelesen habe. In "Auto-Bild". Dort wurden die "Wertmeister" vorgestellt. Natürlich waren die Angaben ohne Garantie, aber von Spezialisten unter Berücksichtung aller Einflussgrößen und mit verstärktem Computereinsatz errechnet worden. - Toll! -

Wenn man die Zahlen sieht, bekommt man richtig Lust ein neues Auto zu kaufen. - Und so ist die Geschichte auch wohl gedacht. - Mir sind fast die Tränen gekommen.

Ich erzähle mal dazu ein Beispiel aus dem wirklichen Leben. Also nicht, was in drei Jahren ist, sondern was sich aktuell abspielt. Ich nenne dabei keine Namen. Auch die Zahlen sind leicht verschoben, um ein Erkennen zu vermeiden: Da least eine Behörde vor einem Jahr einen Kompakt-Diesel. Der kostet - sagen wir mal - 17.000 Euro. Die Behörde zahlt dafür 170 Euro pro Monat. Die Laufzeit beträgt 12 Monate, die Laufleistung wird auf 20.000 km begrenzt.

Nach 12 Monaten hat die Behörde also gut 2.000 Euro bezahlt. Die Schäden, kleine Lackkratzer, kleine Beulen vom Türenöffnen auf Parkplätzen, beschädigte Polster usw. werden von einem Gutachter mit 2.000 Euro festgestellt. Die müsste die Behörde jetzt auch noch zahlen und das Fahrzeug ginge an den Hersteller zurück. Aber der sagt: Wenn Sie das Fahrzeug behalten wollen, so wie er ist, dann geben Sie uns 9.000 Euro. - Und so verbleibt der Diesel dann auch bei der Behörde. (Damit ich das nicht vergesse: auch die Nürburgring GmbH gilt für einen Fahrzeughersteller als Behörde. Ehrlich.) Aber nun zurück zu dem "anderen Fall": Rechnen Sie den "Restwert" - nach einem Jahr - selbst aus. Und schauen Sie dann in "Auto-Bild", welche Restwerte dort nach drei Jahren angegeben sind.

Aber manchmal gibt es wirklich auch hohe Restwerte. Beim Leasing eines neuen 7er BMW zum Beispiel. Damit die Monatsrate klein wird. Und wenn das Fahrzeug dann zum Händler nach drei Jahren zurück kommt, dann kann der dieses Fahrzeug direkt an BMW weiter reichen. Das heißt, der Händler kann auch ein Gebot machen (bei dem BMW viel, viel Geld verliert). Und BMW überlässt dem Händler dann vielleicht das Fahrzeug zu dem Gebot. - Wo sollte man auch sonst die ganzen "Rückläufer" stapeln?

Wenn Sie im Moment einen neuen 7er kaufen wollen - sagen wir mal im Bruttowert von 100.000 Euro - dann wird der Verkäufer Ihnen ein Angebot machen, das (36 Monate Laufzeit, 25.000 km pro Jahr, 25 Prozent Anzahlung) auf eine Monatsrate von 800 Euro hinaus läuft. Würde man das Leasingangebot realistisch durchrechnen (anders gesagt: wäre es nicht "werksunterstützt") würde sich eine monatliche Leasingrate von etwa 1.300 Euro ergeben. - Vive la différence! (Fragen Sie mal den BMW-Vorstand, ob er etwas von Nachlässen beim 7er weiß.)

Meine Frage an einen BMW-Verkäufer (ich kenne mehr ehrliche Verkäufer als dumme Vorstände): "Und wenn die Anzahlung nun aus einem hochpreisigen Gebrauchtwagen besteht?" - "Das ist evtl. für uns noch besser. Zur Zeit gibt es beim 7er vom Werk eine Eintauschprämie von 4.000 Euro."

Und auch der Maybach geht "wie geschnitten Brot". Wird erzählt. Und in "ams" kann man sogar einen Käufer vorstellen. Endlich mal ein Maybach mit Stihl. (Wahrscheinlich neue deutsche Rechtschreibung.) - Ich erzähle mal eine etwas andere Maybach-Geschichte:

Da hat ein deutscher Händler (frei, mit Exporterfahrung) lange vor Erscheinen des Fahrzeugs den Auftrag einer Firma aus Korea einen Maybach "zu besorgen". Hat er getan. Hat das Fahrzeug auch erhalten und auf den Weg nach Korea gebracht. Der Händlerkollege dort hat den Wagen im Freihafen (zollfrei) stehen lassen, weil die Zollbelastung dort richtig ins Geld geht. Zunächst wollte der koreanische Händler einen Käufer finden und dann... - Inzwischen hat er das Suchen aufgegeben. Es hat sich keiner gefunden. Und so ist die billigste Lösung, diesen Maybach dem deutschen Kollegen wieder anzubieten. Der könnte das Fahrzeug jetzt für 100.000 Euro unter dem Preis, den er dafür erzielte, zurück kaufen. - Aber er will nicht. - Weil er kein Geld verlieren möchte.

Aber der Maybach war auch in "Auto-Bild" nicht als "Wertmeister" genannt.

Und auch bei Porsche geht alles ganz toll. Das sieht man schon an der Parkplatzbelegung der Werk-Parkplätze in Zuffenhausen und Weissach. Es wird unglaublich viel Porsche gefahren. Auch Cayenne. - Alles Sonderleasing? - Aber die Zulassungszahlen stimmen. - Nur: Was ist, wenn auch hier die Rückläufer die Lagerplätze verstopfen?

Aber "zur Sicherheit" wird Porsche wohl den neuen 997 schon in Genf zeigen. (Es gibt in Zuffenhausen entsprechende Überlegungen.) Obwohl man ihn erst nach den Werksferien - also im Herbst - liefern kann. Man muss versuchen, die potentiellen Kunden hinzuhalten. Denn die Konkurrenz ist inzwischen groß. Und ein Porsche 911 hat nicht mehr die Bedeutung die er einmal hatte. - Zu hohe (überhöhte) Preise (und Kosten) können Emotionen minimieren.

Eine Erfahrung, die übrigens auch VW mit dem neuen Golf machen muss. Jeder Pilot weiß: wenn man die Maschine "überzieht", reißt die Strömung ab, trudelt man - nach unten - weg. Ein Händler mit Erfahrung im Markt, "Quelle", nimmt - wie man hört - jetzt den Golf V aus seinem Sonderpreisangebot (minus 10 Prozent). Die Nachfrage war zu gering. - Und VW selbst gibt eine Klimaanlage zu.

Aber grundsätzlich gibt die Automobilindustrie Durchhalteparolen aus. Und bleibt - weil das immer so funktionierte - weiter auf dem Preiserhöhungstrip. Wie immer. -Und wie ich es bei Besuchern von: "Good Bye, Lenin!" erlebt habe. - Den Film zwar gesehen, aber nichts begriffen. -

Früher funktionierte z.B. diese clevere Vorabankündigung, bei der man dann vielleicht schon im Januar verkündete, dass man zum 1. März die Preise erhöhen würde. Und die Kunden haben noch schnell vorher bestellt. - Jetzt würden sie in einem solchen Fall nach dem 1. März einen höheren Nachlass verlangen. Und darum kürzen die Werke den Händlern die Marge, damit das nicht passiert. Und weil das dann nicht passiert, erhöhen sich die Lagerbestände. Und weil sich die Lagerbestände erhöhen... -

Nun klicken Sie sich bitte jetzt nicht ganz traurig von diesen Seiten weg. Hauptsache, SIE haben es begriffen - das mit "Good Bye, Lenin!". - Außerdem gibt es auch noch weitere Geschichten zu lesen, die Sie im übrigen Fach-Blätterwald nicht finden werden.

Und bitte nicht vergessen: Haben Sie ein wenig Mitleid mit Herr Forster (Opel). Der wurde gerade aus all' seinen Träumen gerissen. - Denke ich. - Denn GM Europe in Zürich hat einen neuen Chef. Ab 1. Juni regiert dort Fritz Henderson (45), der Mike Burns (51) ablöst. Bruns - schon zum März bei GM ausscheidend - wird Vorstandschef der Dana Corp. - Das ist ein amerikanischer Zulieferer der Automobilindustrie, der rund 60.000 Mitarbeiter weltweit beschäftigt und einen Kaufwert von um 2,5 Milliarden Dollar hat. Also keine Klitsche. Die Dana will sich gerade vom Aftermarket-Geschäft trennen und macht aktuell z.B. (zusammen mit Volvo) Allrad-Getriebe für den Ford-Konzern. Das z.B. in Zusammenarbeit mit der Getrag. Aber auch sonst praktisch alles, was die Automobilindustrie von großen Zulieferern benötigt. (Hier hin würde jetzt die Geschichte passen, die von den Einspritzdüsen für den... - Mach ich mal später.)

Um zum Ende zu kommen: Nun wird Forster noch ein wenig in Rüsselsheim (im Herzen des Rhein/Main-Dreiecks) bleiben müssen. Er hatte nämlich eigentlich geglaubt, schon bald auf dem Chefstuhl in Zürich zu sitzen. - Nun wird er noch - ich denke: drei Jahre - warten müssen. - Forster wird also noch mal so um drei Jahre die Schachfigur der GM-Manager in Detroit sein. Bei Opel der König. Für Detroit der Springer. - Ob er das durchhält?

Herzliche Grüße aus der Eifel

Wilhelm Hahne

PS: Zufällig bin ich schon vor einigen Tagen von einem RA auf eine krasse Fehlinformation in meiner Geschichte "Gegen den Gegenwind" aufmerksam gemacht worden. ADAC-Mitglieder werden sie jetzt auch festgestellt haben - oder nicht. - Ich möchte mich dafür - nein, nicht bei meinen Lesern - aber ... ja, nun, bei wem denn? - entschuldigen. - Tue ich es doch einfach bei - Tony Blair. - Please, give you es weiter: Entschuldigung! - When you have nothing else to do. - Mann äh!


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