"Geiz ist geil" - und warum der smarte smart roadster unter den Auswirkungen dieses Spruchs zu leiden scheint

Ich habe schon während der Testphase des smart oft still den Kopf geschüttelt. Aber die Manager dieser Firma stehen auch richtig unter Druck. Man muss Gewinn machen. Die smart roadster-Idee war da nicht schlecht. Nur wurde sie ein wenig schnell - meine ich - und nicht konsequent genug umgesetzt. Ich habe auf diesen Seiten schon mal über die drei Radmuttern (pro Rad) beim smart roadster geschrieben. Immerhin spart man da gegenüber anderen (vergleichbaren) Fahrzeugen acht Schrauben. Und Material das nicht benötigt wird, kostet auch kein Geld. Aber nicht alles Material, das nicht verbaut wurde, ist für den Käufer eines solchen - wirklich süßen - Automobils optisch auszumachen. Aber  könnte sich doch optisch in anderen Erscheinungen bei den derzeit im Markt befindlichen Fahrzeugen verdeutlichen. Ich will meine theoretischen Überlegungen nachstehend einmal darstellen:

Bad Vibrations

04-02-10/02. - In der Bedienungsanleitung zum smart roadster steht, dass das ESP eine Differentialsperre simulieren kann. Alleine so eine Funktionsunterstellung zeigt, wie glaubwürdig smart informiert. Wahrscheinlich wollte man auch einen Sportwagen simulieren. Und das ist sogar gelungen. Weil der kleine smart roadster eigentlich der beste Beweis dafür sein könnte, dass der Verkaufserfolg eines Automobils nicht von Power und Topspeed abhängig ist. Die bisherigen Besitzer haben sich einfach in dieses kleine schnuckelige Fahrzeug verliebt. Einer meint z.B. als Erklärung für seinen "unvernünftigen" Kauf: "Sind wir alle nicht ein bisschen 'roadster'?"

Man kann also feststellen: die smart roadster-Idee ist im Ansatz gut. Aber leider sind die drei Radmuttern das äußere Zeichen dafür, dass man bei der Entwicklung zu sehr vom Spruch, "Geiz ist geil" bestimmt war. Denn die Käufer der ersten Fahrzeuge hatten Ärger genug.

Da gab es defekte Lenkwinkel-Sensoren, weil Toleranzen nicht stimmten. Da mussten Lenkräder (samt Airbag) ausgetauscht wurden, da wurde von Wasserundichtheiten nicht an einer, sondern an einigen Karosseriestellen berichtet. Das klapperte hier und dort, es gab Probleme mit der Funkfernbedienung, schief eingepasste Koffer- und Motorraumdeckel. - smart sieht sich auch inzwischen oft gezwungen, den Wandlungswünschen von smart roadster-Besitzern  der ersten Serie nachzugeben. Gewandelt wird nicht nur "mehrfach beanstandeter fehlerhafter roadster" gegen "aktuelles Neufahrzeug", sondern auch gegen Bargeld.

Es gab also viel Ärger für die Besitzer der ersten Serie. Ab November 2003 gab es dann schon eine verbesserte Version. Aber auch hier ist das Fahrzeug nicht so perfekt, wie der Preis vorgibt. Kostet das Fahrzeug lt. Preisliste rund 20.000 Euro, so beträgt der Preis eines "normalen", nach Kundenwünschen ausgestatteten Fahrzeug meist um 25.000 Euro. (Das sind rund 50.000 Mark - das für die, die immer noch diese Herstellung von Relation bevorzugen. Wie ich auch.)

Bei diesem Preis wären auch "Haarrisse in der Pulverlackbeschichtung der Tridion-Sicherheitszelle", wie z.B. an der Nahtstelle zweier Blechfalze der B-Säule nicht hinzunehmen. smart verniedlicht sie zu einem kosmetischen Problem. Ein Besitzer, der diese "Erscheinung" im Werk beanstandete, erhielt (Ende September 2003) folgende Antwort:

"Wir bedauern, dass Sie Risse in der Lackierung an Ihrem smart roadster-coupé feststellen mussten.

Gerne möchten wir Ihnen hiermit folgende Information zu den Materialeigenschaften unserer smart roadster Fahrzeuge geben:

Bei den von Ihnen angeführten Haarrissen in der Lackierung der Stoßzonen der Außenhautbleche von B-Säule und Sicherheitsbügel handelt es sich um ein rein kosmetisches Phänomen, das weder die Funktion noch den Korrosionsschutz beeinträchtigt. Die tridion-Sicherheitszelle des smart roadster und roadster-coupé besteht aus feuerverzinktem Stahlblech, das zusätzlich mit einer kathodischen Tauchlackierung (KTL) gegen Korrosion geschützt ist. Daher gewährt smart eine sechsjährige Durchrostungsgarantie. Im Bereich der genannten Deko-Naht ist zum Erzielen einer makellosen Oberfläche eine dünne Schicht synthetischer Kautschuk aufgebracht, die mit der tridion-Zelle pulverlackiert wird. Durch kleinste Karosseriebewegungen im Bereich von hunderstel Millimetern, die aufgrund der vom Chassis eingeleiteten Kräfte unweigerlich auftreten, kann die harte Lackoberfläche auf dem vergleichsweise flexiblen Kautschukuntergrund reißen. Die smart-Entwickler arbeiten derzeit an einer Lösung für die im Feld befindlichen Fahrzeuge.

Sobald diesbezüglich eine Lösung gefunden worden ist, wird diese an die smart Center weitergegeben.

Diese Antwort ging nicht nur diesem einen smart roadster-Fahrer zu, auch andere erhielten den gleichen - sehr gut formulierten - Brief. Allerdings ließ diese Antwort auch schon mal um drei Wochen auf sich warten. Aber immerhin.

Auffällig: Manche Besitzer des smart roadster haben den "Riss-Fehler" auch nach längerem Besitz noch nicht festgestellt, werden erst durch die Hinweise von anderen smart-Fahrern aufmerksam und: es gibt Risse. Auch schon bereits bei der Auslieferung, bei "km-Stand 3", wie ein Besitzer schreibt.

Es stört Betrachter - wie mich - bei der Darstellung des Fehlers (aus unterschiedlichen Quellen), dass die Haarrisse offenbar doch nicht "nur kosmetischer Natur" sind. Sie werden in einigen smart Centern nämlich hartgelötet, wie von Besitzern zu hören ist. Der Lack reißt also, weil das Blech darunter reißt. Und dieses Blech - z.B. als Überrollbügel - hat eine Funktion. Hier geht es also nicht um einen Schönheitsfehler, sondern - meine ich - um ein echtes Problem.

Auf der IAA wurde von smart-Technikern fragenden Besuchern zu diesem Thema erklärt, dass man hoffe, ab Dezember dieses Problem gelöst zu haben. Zu diesem Termin erfahren dann die smart-Besitzer, dass die Haarrisse in der tridion-Zelle durch eine Gummidichtung beseitigt werden sollen. Der Lack soll weggeschliffen, die Basis dann neu grundiert und die Gummidichtung aufgesetzt werden.

Inzwischen gibt es eine Anweisung an die smart-Werkstätten, alle smart-roadster, wenn sie z.B. die Werkstatt zum Kundendienst, einer Inspektion anlaufen, mit der "Gummidichtung"-Methode optisch zu verbessern.

Aus einem Vergleichstest meiner Kollegen: "Im Smart kommt noch mehr Fahrspaß auf. Er hat einen stärkeren Motor, eine bessere Sicherheitsausstattung und ist wahrscheinlich wertstabiler." (Anmerkung: als der "Copen" von Daihatsu)

Eine andere Zeitschrift schreibt zum smart-roadster: "Ein schlechtes Gewissen muss man mit dem Renn-Smart auch nicht haben. Die Sicherheitsausstattung ist vorbildlich, der Durchschnittsverbrauch liegt bei etwa 6 Litern Super plus und in Sachen Umwelt erreicht er die steuerbefreite EU4-Norm. Da nickt dann auch ein vernünftiger Kopfmensch zustimmend."

Nun bin ich sowohl "Bauch"- als auch "Kopf"-Mensch. Wenn die Basis stimmt, möchte ich auf solche elektronischen Hilfen wie ESP verzichten. Es kam ja auch mal als Notprogramm (bei der A-Klasse, erinnern Sie sich?) in die Großserie. Ich frage mich nun, wo beim smart roadster sonst noch Risse auftreten? - Auch da wo man sie nicht sieht? Und da gibt es eine Menge Stellen. Nach meiner Einschätzung entstehen die Haarrisse "im Lack" (die hartverlötet werden!) durch andere Einflussgrößen als Karosseriebewegungen. Vergessen Sie nicht: die Risse wurden auch bei einem Fahrzeug mit 3 Kilometer Laufleistung wahrgenommen.  Da gab es sicherlich wenig Karosseriebewegungen. Also wodurch werden dann die Risse ausgelöst? - Der Versuch einer Erklärung:

Nun werden Sie fragen: Warum produziert denn ausgerechnet dieser smart-Motor Schwingungen? - Meine Erklärung:

Ein Dreizylinder-Reihenmotor kann nicht schwingungsarm laufen. Darum kenne ich auch keinen aktuellen Dreizylindermotor dieser Bauart, der ohne Ausgleichswellen produziert würde. Nur der smart-Motor muss ohne auskommen. Weil man ihn möglichst leicht bauen wollte. Sagt man bei smart. Der erste Motor hatte auch nur 599 ccm, der jetzige im roadster aber 698 ccm. Das bedeutet: die oszillierenden Massen sind größer; die Kolben schwerer, das Pleuel länger und schwerer. Das ergibt schon eine schlechtere Ausgangsposition gegenüber dem ehemals kleineren Motor.

Wie ich damals - während der Entwicklung des Motors - hörte, war der Gewichtsvorteil (ohne Ausgleichswelle) aber nur die vorgeschobene Argumentation. Tatsächlich hätte das jeden Motor in der Fertigung um 150 Mark (so rechnete man "damals") verteuert. Man glaubte bei den ursprünglich vorhandenen kleinen bewegten Massen mit einer Kurbelwelle mit angegossenen Gegengewichten auskommen zu können.

Als man nun den Hubraum vergrößerte, hatte man keine Möglichkeit eine Ausgleichswelle (oder gar zwei - dann gegenläufig) einzubauen, weil das eine komplett neue Motorkonstruktion erfordert hätte. Denn der kleine Motor des smart war auch sonst intelligent gemacht. Leider ist dadurch das Motorgehäuse zu einem recht verzwickten Gussteil geworden. Viele (eigentlich) "Anbauteile" sind mit eingegossen: Ölpumpe, Wasserpumpe, Öltrennwand über dem Ölsumpf, Halterungen für Lichtmaschine, Spannrolle und Kühler. Das verkürzt natürlich die Montagezeiten.

Mich hätte nun der Gewichtsunterschied der "bewegten Massen" zwischen kleinem und größeren smart-Motor interessiert. Leider gibt es aber derzeit niemand bei smart, der in der Lage wäre, Anfragen von Journalisten zu beantworten. So habe ich dann mit DaimlerChrysler in Berlin telefoniert. Aber der für mich dort interessante Ansprechpartner (Herr Maahn) war an diesem Tag durch Gespräche mit der Geschäftsleitung ausgelastet. Und am nächsten Tag war er dann für eine Woche - in Rom. (Bei der Fourfour-Vorstellung.) Und dort kann man niemand per e-mail erreichen. Sagt man mir.

Aber dann hat sich eine Mitarbeiterin bei smart in BB  (die "Stallwache") am 4. Februar telefonisch bereit erklärt, eine e-mail an ihre Adresse mit meinen Fragen in ein Fax umzuwandeln und das nach Rom zu schicken. Von dort würde sich dann schnellstens jemand melden. Ich habe Ihr meine Fragen am gleichen Tag um 10:01 Uhr zugestellt. (Mit all meinen Telefon- und Fax-Nummern.)

Vielleicht erhalte so nicht nur ich eine Erklärung für das bisher sehr langwierige Verbesserungsverfahren, sondern es werden auch die smart-Fahrer endlich einmal umfassend informiert. - Dachte ich. - Diese Information sollte allen smart-Interessierten das Gefühl vermitteln, dass man bei einer Tochter von Mercedes gut aufgehoben ist. (Jetzt höre ich E-Klasse-Fahrer lachen.)

Aber bis heute - 10. Februar - kam keine Information aus Rom. Die Kommunikationsabteilung einer Firma, die man einem global arbeitendem Konzern, DaimlerChrysler, zurechnen muss, ist nicht in der Lage in wenigen Tagen ein paar einfache Fragen zu beantworten. Natürlich ergibt sich schon aus meiner Fragestellung - und der Art der Fragen - um welches Thema es sich handelt.

Also versuche ich heute noch einmal einen Anruf in Böblingen. Da wird um 20 Minuten nach 8 Uhr zwar abgenommen, aber wieder aufgelegt. - Möchte man nicht gestört werden? - Ich versuche es wieder kurz nach 9 Uhr. Es meldet sich ein  Herr, ich frage nach Frau Keck (der "Stallwache") und höre, dass ich mich wohl verwählt habe. Ich wäre auf einem Handy in Rom gelandet. Also geht das doch? - Wir kommen zu der Überzeugung, dass es da wohl eine Anrufumleitung geben muss. Der Herr in Rom kann mir noch nicht einmal sagen, welches Wetter zur Zeit in Rom herrscht. "Ich sitze in einem dunklen Raum".  Ich versuche ihm zu erklären... - Aber ich bin doch kein Idiot. Ich ahne, dass man bei smart (und DaimlerChrysler) "auf Zeit spielt". - Kann so etwas nur in Rom fourfour kommen? - War da nicht schon mal ein Fourfour-kommen mit Herrn Schrempp in Rom? - Auf was soll ich noch warten?

Darum lassen Sie mich heute das sicherlich delikate Thema öffentlich abhandeln. Das ist - meine ich - im Interesse der smart roadster-Käufer. Wenn smart oder DaimlerChrysler - wann auch immer - zu dem Thema Rissbildung (nicht nur im Lack) eine vernünftige - auch technisch nachvollziehbare - Erklärung abgeben werden, bzw. meine entsprechenden Fragen beantworten, werde ich sie hier veröffentlichen.

"Sind wir alle nicht ein bisschen 'roadster'?", fragt ein smart-Besitzer. Selbst wenn es so wäre: Der Hersteller sollte die Käufer dieses kleinen Sportwagen aber nicht so behandeln. - Die möchten "Good Vibrations" verspüren!

 MK/Wilhelm Hahne

 


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