"Papierangebot" oder lieferbare Realität? -  BMW bietet die neue GS 1200 - auf Wunsch und gegen Aufpreis - mit ABS an

Manchmal klaffen schon Lücken zwischen den Prospektversprechungen der Firmen und der lieferbaren Realität. In der Fachpresse werden die kaum behandelt. Dort bespricht man Testmaschinen, mit oft sehr umfassender "Sonderausstattung". (Das ist bei Test-Automobilen kaum anders.) Aber was will denn der Motorradfahrer? - Nun da hilft die Statistik. Und auch im Falle des neuen BMW-Motorrades ist die scheinbar eine Hilfe. Beim Hersteller - in diesem Falle BMW - wird nur oft vergessen, dass eine solche Statistik die aufgearbeiteten "Zahlen von gestern" sind. Und die Ansprüche der Motorradfahrer sind oft andere als die von Autofahrern. Denn warum fährt ein Autofahrer noch zusätzlich ein Motorrad? - Weil er mehr Sicherheit will? -

Motorräder bauen und Motorradfahrer verstehen ist offenbar zweierlei

04-02-10/04. - Kein Zweifel! Das neue BMW Geländesport-Motorrad, die GS 1200, scheint eine gelungene Konstruktion. Die Kollegen, die das Motorrad in Süd-Afrika fahren konnten sind begeistert. Endlich scheinen die alten Macken der typischen BMW beseitigt. Und man hat sich auch um Leichtbau bemüht. Selbst die BMW-Händler zeigen sich von der Mühe überrascht, die sich die BMW-Entwickler gegeben haben.

Übrigens: die Journalisten waren auf Kosten von BMW in Süd-Afrika, die BMW-Händler mussten einen "Kostenzuschuss" von 1.800 Euro (pro Person) zahlen.

Der an dem neuen BMW-Modell interessierte Motorradfahrer ist meist schon der  Besitzer eines  BMW-Motorrades. Und der würde nun gerne die Verbesserungen - eigentlich z.T. seit Jahrzehnten überfällig - genießen. Nicht nur weil das ABS zusätzlich 1.040 Euro kostet, sondern weil es auch fünf Kilogramm Mehrgewicht bringt - und auch eine Reihe von Nachteile im Geländebetrieb - da möchte er schon das Motorrad, wie es als Basisversion für immerhin 11.500 Euro lt. Preisliste angeboten wird.

Leider kann ihm der BMW-Motorradhändler dafür keinen Liefertermin nennen, weil BMW zunächst nur Motorräder mit ABS baut. Und... -

Ich kürze mal meine Erzählung ab, weil sich das, was ich Ihnen erzählen will, auch aus einem Schriftwechsel (per e-mail) mit dem BMW-Pressechef, Richard Gaul, ergibt:

Lieber Herr Gaul,
ich habe gar nicht ...
(dieser Abschnitt betraf ein anderes Thema. - Aber dann:)...
Weil Sie das Motorradthema erwähnen. Ich hätte da noch eine Frage:
Sie stellen in Südafrika gerade das neueste Modell vor. Mit ABS lieferbar. Gegen Aufpreis.
Nun höre ich aus Motorradfahrerkreisen, dass der Verdacht besteht, dass BMW dieses Motorrad gar nicht ohne ABS liefern will. Der "Aufpreis" wurde nur geschaffen, um einen interessanteren Grundpreis darzustellen.
Dieser Eindruck entsteht wohl - derzeit - darum, weil Motorradhändler, die das Motorrad ohne ABS bestellen, keine terminlich festgelegte Lieferzusage erhalten und so auch dem Käufer keinen festen Termin nennen können. Mit ABS ausgerüstete Motorräder werden dagegen fest, zu festen Terminen bestätigt.
Sie - bzw. Ihr Motorradfachmann - hat dazu sicherlich eine Erklärung.
Herzlichen Dank für Ihre Mühe. Auf der anderen Seite erfahren Sie so einmal, welcher Eindruck manchmal "draußen" durch irgendwelche Entscheidungen entstehen kann. Wenn es so ist, wie ich vermute. - Aber das erfahre ich ja jetzt von Ihnen.-
Herzliche Grüße
Wilhelm Hahne

Ich erhielt darauf - umgehend - folgende Antwort:

Lieber Herr Hahne,
der "Verdacht" ist nicht richtig - aber nicht ganz . Die R 1200 GS wird
mit und ohne Sonderausstattung ABS erhältlich sein. Allerdings wollen wir
gerade in der Anlaufphase unseres Bestsellers der zu erwartenden Nachfrage
durch entsprechende Stückzahlen in der Produktion nachkommen. Deshalb haben
wir beschlossen, die R 1200 GS zunächst nur mit ABS zu produzieren, um die
Variantenvielfalt und damit die Komplexität in der Produktion zugunsten
höherer Stückzahlen und hoher Qualität zu reduzieren. Wir treffen mit der
Entscheidung auch den Geschmack unserer Kunden. Die ABS Ausstattungsquote
lag beim erfolgreichen Vorgängermodell schon bei 75 - 80%. Darüber hinaus
bietet das speziell für den Geländeeinsatz abgestimmte ABS der R 1200 GS
einen großen Sicherheitsgewinn, den wir unseren Kunden in der Anlaufphase
nicht vorenthalten wollen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird es die GS auch
ohne ABS geben.
Herzliche Grüße aus - dem für die Jahreszeit zu warmen - München
Ihr
Richard Gaul

Darauf ich, mit einer Erläuterung:

Lieber Herr Gaul,
genau diese Antwort - mit einer solchen Argumentation - habe ich erwartet. Ich möchte Ihnen gerne aufschreiben, wie man so Interessenten an der neuen GS verärgern kann und warum Ihre Argumentation unglaubwürdig ist:
GS steht für Geländesport. Und ein Motorrad im Geländesport ist dafür um so mehr geeignet, je leichter es ist. BMW wollte auch - wie den BMW-eigenen Darstellungen zu entnehmen ist - ein leichtes Geländemotorrad bauen. Und man verweist auf ein Gewicht von nur 225 Kilogramm.
Das ABS bringt aber nicht nur ein Mehrgewicht von 5 Kilogramm, sondern ist auch für Käufer, die das Motorrad wirklich im Gelände einsetzen wollen, mehr oder weniger ungeeignet. Das ergibt sich aus Ihrer Darstellung in der offiziellen Pressemappe, nach der das verwendete ABS (Zitat) "für den Geländebetrieb abschaltbar ist."
Ein Kunde, der eine GS ohne ABS bestellen möchte, weil er das Motorrad im Gelände nutzen möchte, der möchte damit nicht eine "Minderpreisausstattung" des Motorrades bestellen, sondern das Basismodell zum Basispreis, in der für ihn besser geeigneten Ausführung (leichter, besser) kaufen. Durch ein ABS, das ihm keine Vorteile bringt (er muss z.B. auf die Keilbildung beim Bremsen auf unbefestigten Straßen verzichten) ein Mehrgewicht bringt, soll er dann auch noch einen Aufpreis von 9 Prozent (!!!) zahlen, wenn er relativ kurzfristig in Besitz eines solchen Motorrades kommen soll. (Aufpreis 1040 Euro!)
Können Sie sich vorstellen (leider sind Sie - und auch viele andere bei BMW keine - wirklichen - Motorradfahrer!), dass das ein wenig unverständlich ist und zu Verärgerungen führt. (Sie sollten mein e-mail auch dem Herrn Peter Müller zukommen lassen.)
Die Einführung der neuen GS auf "typische BMW-Art" (das Teuerste zuerst, weil der "heiße Interessent" nicht warten kann), kann in der aktuellen Situation zu einem Schlag ins eigene Gesicht werden. In jedem Falle (!) hat die BMW-Entscheidung - wie von Ihnen geschildert - auch negative Auswirkungen. Mit Langzeitwirkung.
Herzliche Grüße
Wilhelm Hahne

Darauf antwortet der BMW-Pressechef wie folgt:

Lieber Herr Hahne,
nur eine kleine "Korrektur" zu Ihrem Mail: eben weil ein ambitinierter
Geländefahrer "die Keilbildung beim Bremsen auf unbefestigten Straßen"
schätzt, muß er auch bei diesem Motorrad MIT ABS eben darauf NICHT
verzichten: Eben deshalb ist das ABS ja abschaltbar.
Insgesamt halten wir ein VORHANDENSEIN von ABS für einen Vorteil.
Im übrigen habe ich Ihr Mail wunschgemäß an Herrn Müller weitergeleitet.
Mit besten Grüßen
Ihr
Richard Gaul

Ich denke, ich werde noch von Herrn Müller (Leiter des Motorrad-Vertriebs) hören. - Aber vielleicht höre - lese - ich in der Zwischenzeit auch von Ihnen, lieber Leser. Wenn Sie Motorradfahrer sind und zu den Dingen eine eigene Meinung haben.

Bitte vergessen Sie dabei nicht, dass es hier eigentlich nicht darum geht, ob das ABS grundsätzlich ein Vorteil ist - wie BMW meint. Hier geht es um ABS in einem Motorrad. Allgemein betrachtet ist es von Vorteil. Weil es Sicherheit bringt. Aber da sind vier Räder auch besser als zwei. Weil es die Sicherheit erhöht. Und eine komplette Karosserie bringt im Falle eines Falles mehr Sicherheit als eine kleine Verkleidung. - Warum kauft man denn  überhaupt ein Motorrad? - Macht ein Motorrad mit über 200 Kilogramm Eigengewicht überhaupt einen Sinn?

Schreiben Sie doch ruhig mal auf, was Ihnen dazu einfällt. Denn bei dieser Gelegenheit wird Ihnen auch klar werden, warum Sie sich zum Motorradfahren bekennen. - Oder warum Sie es zu vermeiden suchen.

Motorradfahren nicht zu mögen ist kein Makel. - Ich habe z.B. in meinem Leben niemals Skifahren gelernt. Ich wollte es nicht. Ich habe bis heute nicht verstanden, warum andere Leute Ski fahren. - Aber ich war über Jahrzehnte ein leidenschaftlicher Motorradfahrer. Körperliche Schäden in dieser Zeit: ein Schlüsselbeinbruch, rechtes Handgelenk abgerissen, gebrochen, verschoben. In meinen "besten Jahren" betrug meine Jahres-Kilometerleistung auf dem Motorrad 60 - 70.000 Kilometer.

Nun sind Sie dran: Wie finden Sie das BMW-Verhalten, die GS 1200 zunächst nur mit ABS zu liefern? - Was halten Sie vom ABS in einem Motorrad? - Bringen Sie Ihre Gedanken auf den Weg. Sie brauchen nur unten zu klicken.

MK/Wilhelm Hahne


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