In Motor-KRITIK wurde schon vor vielen Jahren die Auffassung vertreten: die Pumpe/Düse-Technik bei VW hat keine Zukunft

Es hat mich darum schon ein wenig verwirrt, als VW im Jahre 2003 - also erst vor drei Jahren! - zusammen mit seinem Zulieferer Siemens VDO irgendwo in Sachsen ein neues Gemeinschaftsunternehmen gründete. Dort sollten Pumpe/Düse-Elemente gefertigt werden. Und im Jahre 2004 wurde dort die Produktion aufgenommen. Und man hörte von gewaltigen Investitionen. Aber auch, dass es staatliche Hilfen in Höhe von 85 Millionen Euro geben würde. - Hatte ich etwas übersehen bei den Entwicklungsmöglichkeiten des Pumpe/Düse-Motors? - Im neuen Werk sollten immerhin um 250 Mitarbeiter mit der Herstellung ausschließlich von Pumpe/Düse-Teilen beschäftigt sein. Und die Planung - auf der auch die staatlichen Subventionen beruhten - sahen bis 2007 Gesamtinvestitionen von 270 Millionen Euro in dieses Zuliefererwerk für Pumpe/Düse-Technik vor. Nichts anderes sollte dort gefertigt werden. - Und ich habe mich noch einmal mit der Thematik beschäftigt. Lassen Sie mich darstellen, wie ich die Dinge gesehen habe und sehe - und warum ich jetzt doch ein wenig erleichtert bin, dass ich - leider - mal wieder Recht behalte. Obwohl ich kein Techniker bin. (Aber ich spreche, diskutiere mit Technikern!) - Nun glaubte ich, dass die Fachpresse dieses Thema in den letzten Monaten einmal aufgreifen würde. Denn was VW heute verkauft, ist eigentlich Technik von gestern. Natürlich kann man damit fahren. Aber offensichtlich war auch nur mir aufgefallen, dass die Renndiesel-Motoren in Golf und Bora niemals Pumpe/Düse-Motoren waren, sondern mit einer Hochdruckpumpe arbeiteten, wie sie damals auch beim ersten Zweiliter-Renndiesel von BMW zu finden war. (Den es übrigens ohne mich bei BMW niemals gegeben hätte!)  - Nun zeigt sich, dass der Weg hin zur Pumpe/Düse-Technik ein Weg ohne Umkehr war. Und die neue Losung heißt:

Wolfsburg Endstation! - Bitte umsteigen auf Common-Rail!

06-03-10/09. - Diese neue Losung wird sicherlich auch die Gebrauchtwagenpreise für alte Golf (z.B.) beeinflussen. Gerade zu den Golf-Dieselmodellen der letzten Serie (Golf V) und den dafür geforderten Preisen, passte eigentlich der etwas rauhe Motorlauf der Pumpe/Düse-Triebwerke nicht mehr so recht. Aber natürlich war und ist so ein Motor sparsam. Der einzige Grund für seine Serienfertigung dürfte aber ursprünglich gewesen sein, dass man "damals" mit dieser Technik höhere Einspritzdrücke realisieren konnte als mit der Common-Rail-Technik.

Und ich hatte das Gefühl, dass sich die Verantwortlichen bei VW dachten: irgendwie wird es schon weiter gehen. Warum man aber einem solchen Motor serienmäßig einen Zahnriemen verpasste, mit all' seinen Problemen der Längung (er zieht sich schon ein wenig!), der erforderlichen relativ kurzen Auswechselintervalle, habe ich nie verstanden. Schon bei den ersten Modellen konnte man auf den Prüfständen z.B. bei harten Lastwechseln, die auch den Zahnriemen fordern, eine Verschiebung der Einspritzvorgänge um rund 6 Grad messen. Wie sollte das denn weiter gehen, wenn mal eine Vielfach-Einspritzung möglich - und nötig - war? - Hinzu kommt, das bei der Pumpe/Düse-Technik bei jedem Einspritzvorgang immer wieder neu der Druck - allerdings auch ein hoher - aufgebaut werden musste. Dabei ist diese Technik so träge wie auch der normale Ventiltrieb eines Automobils. (Warum in Sachen Ventiltrieb auch in der Formel 1 eine andere Lösung gefunden werden musste.)

Ich war schon ein wenig beruhigt, als man - ohne es groß zu publizieren - beim Zehnzylinderdiesel zum Antrieb der Nockenwellen und damit auch zum Betätigen der Pumpe/Düse-Aggregate einen Stirnradantrieb (Zahnräder) verwendete. - Na also!

Natürlich ist der Einspritzdruck einer der wichtigsten Faktoren für einen modernen Dieselmotor. Und mit der Pumpe/Düse-Technik konnten schon sehr früh - und relativ leicht - Einspritzdrücke bis um 2000 bar realisiert werden. Und da über den Einspritzdruck maßgeblich die Verdampfung/Gemischbildung beeinflusst wird... - Das geht so: Je höher der Einspritzdruck, desto höher die Strahlgeschwindigkeit beim Einspritzen. Die bestimmt wieder die Tröpfchengröße und damit - ganz wichtig - die Rußbildung. Es kann aber so auch die "Sprayausbreitung und Einspritztiefe in den Brennraum beeinflusst werden. So kontrolliert man mit dem Einspritzdruck das Emissionsverhalten. Wer z.B. bei Erzielung der vollen Leistung, im Volllastbetrieb, ein wenig rücksichtslos bis an die Brennraumwand spritzt, der erzeugt Ruß. So erklären sich auch die "schwarzen Wolken" bei manchen Motoren. So ganz nebenbei - aber wer merkt das schon? - kommt es bei diesem "Kraftakt" dann zu einer - eigentlich unerwünschten -Ölverdünnung.

Dass also ein Vollblut-Techniker wegen des Leistungsvorsprungs, den er so vor der Konkurrenz erzielen kann, dann zu einer Entscheidung pro Pumpe/Düse gekommen ist, wäre nachzuvollziehen. - Aber auch um den Preis, irgendwann die Käufer dieser Automobile mit Pumpe/Düse-Motoren im Regen stehen zu lassen?

Ich persönlich glaube (ich weiß es natürlich nicht, "fühle" es nur), dass es noch einen anderen Grund für VW gab, sich "damals" für die Pumpe/Düse-Technik zu entscheiden. Dazu muss man die "handelnden Personen" kennen. Piech war - nach meinen Informationen - ein Pumpe/Düse-Verfechter. - Mit gutem Grund? (Man sollte auch nicht vergessen, dass er schon in seiner Audi-Zeit auf die Diesel-Entwicklung Einfluss genommen hat.)

Nun, der - ich nenne das mal - "Erfinder" der Common-Rail-Technik war Professor Eberle, der an der ETH Zürich arbeitete. Und Eberle ist (war) ein Studienkollege von - Sie ahnen es schon - Ferdinand Piech. Sollte Piech das System eines Studienkollegen favorisieren? - Aber soweit war es zunächst noch nicht. Prof. Eberle ging für relativ kurze Zeit zu Bosch, um dann bei Fiat zu landen. Und dort wurde dann das Common-Rail-System mit aller Kraft der Serienfertigung zugeführt. Dachte man. Aber Fiat erkannte, dass sehr viel Geld erforderlich war, um diese großartige Idee serienreif zu machen. Und so versuchte man  Partner für die Entwicklung zu finden. Aber keiner der "Kollegen", keiner der anderen Automobilhersteller wollte mit ins Common-Rail-Boot einsteigen. - Schließlich hat man die vorhandene Entwicklungs-Basis an Bosch verkauft. Und Bosch suchte dann seinerseits einen Partner, weil die Entwicklung auch aus der Sicht dieses Zulieferer-Riesen richtig Geld verschlang. Und man fand schließlich - Mercedes (Daimler-Benz). Aber Fiat hatte sich das vertragliche Recht einräumen lassen, das Common-Rail-System als Erster für eine gewisse Zeit verwenden zu dürfen.

Kennen Sie Ferdinand Piech? - Natürlich ist meine Schilderung oben nur meine "Ahnung". Ich kann nicht wissen, was ein Ferdinand Piech denkt. Aber Tatsache ist, dass bei VW das Pumpe/Düse-System favorisiert wurde. Wobei hier auch ein Ingenieurbüro und andere objektive "Außenstellen" mitgearbeitet haben, zum "Stimmung machen" wohl auch gebraucht wurden.

Und VW konnte früher mit seinem Pumpe/Düse-System Drücke realisieren als das Eberle/Fiat/Bosch mit Common-Rail möglich war. - Sieg!!!

Sieg??? - Lassen Sie mich nun mal ein wenig das Pumpe/Düse-System mit dem von Common-Rail vergleichen:

Common-Rail-Systeme bringen es zwar "nur" auf einen Einspritzdruck - sagen wir mal vorsichtig - von 1750 bar. Aber das zu jeder Zeit und egal wie lange! - Das Pumpe/Düse-System hat eigentlich mehr eine Druckrampe, ist kurz ganz oben, fällt dann wieder ab. Das Ganze ist ähnlich einer Ventilerhebungskurve, weniger "weich" zwar, mehr "spitz", aber den Abläufen im Ventilsystem nicht unähnlich. Das heißt: der Spitzendruck wird nur kurz, ganz kurz erreicht und ist darum eigentlich nicht mit dem Spitzendruck bei einem Common-Rail-System zu vergleichen. In einem Common-Rail-System lagert der Druck praktisch auf Vorrat. Darum sind z.B. Mehrfacheinspritzungen mit einem Pumpe/Düse-System nur in sehr engen Grenzen möglich. Es muss jedes Mal der Druck wieder neu aufgebaut werden. Beim Common-Rail-System ist dagegen immer der gleiche Druck als Vorrat vorhanden, man kann so oft man will - geradezu beliebig - rumspritzen. Wenn es notwendig ist: auch fünf Mal pro Verbrennungstakt!

Außerdem kann man beim Common-Rail-System auch den "Raildruck" über ein Druckregelventil stark variieren: Kompromisse zwischen kleiner Tröpfchengröße und auch die Strahleindringtiefe können dem jeweiligen Lastpunkt angepasst werden. - Bei diesem Punkt muss der Entwickler beim Pumpe/Düse-System dann zugeben: Ich habe da ein Problem!

Aber die genannten Aspekte haben einen enormen Einfluss auf das, was wir als Laufkultur bezeichnen. Natürlich auch auf Verbrauch und Emissionsverhalten. Bei einem Common-Rail-System kann man mit einer gezielten Voreinspritzung - also ein Stück vor OT - den Brennraum sozusagen ein wenig "vorwärmen", damit dann die eigentliche Verbrennung sanfter abläuft.

Hören Sie mal, wenn Sie beim nächsten Mal auf einem Supermarkt-Parkplatz stehen, beim Starten einem Golf-Diesel und einem vergleichbaren Common-Rail-Diesel, z.B. dem von Peugeot (weil das ein gutes Common-Rail-Beispiel ist) zu. - Und Sie verstehen, was ich hier für Sie mit Worten versucht habe zu verdeutlichen.

Um es nicht zu vergessen: Weil das so genannte "Nach-Einspritzen" beim Pumpe/Düse-System auch nur sehr schwierig zu realisieren ist, kann man auch das Einfügen eines Partikelfilter nur sehr viel schwieriger vornehmen. Nicht zuletzt das ist der Grund, warum man nun bei VW ein Tuch über den Pumpe/Düse-Motor zieht. - Ein richtige Entscheidung, meine ich. Eigentlich lange überfällig.

Man scheint aber der Fachpresse bedeutet zu haben, dass man dort das Thema noch ein wenig unter der Decke zu halten hat. Denn erst ab 2007 will - nein kann (!) VW soweit sein.

Und das bedeutet für das VW/Siemens-Gemeinschaftsunternehmen in Sachsen: die vorgesehenen Ausbaustufen in 2006 werden nicht durchgeführt. Was aus den 250 Mitarbeitern dort wird, sollen die erst in den nächsten Wochen erfahren. Eine Entscheidung ist zur Zeit - soweit ich das ermitteln konnte - noch nicht gefallen.

Nach meinen persönlichen Erfahrung, auch nach den Beobachtungen die ich im "Feld" machen konnte: Siemens-Pumpen, Siemens-Systeme wirken auf mich überzeugender, sind mir bisher nicht negativ aufgefallen. Als Common-Rail-Systeme! - Peugeot z.B. verbaut sowohl Bosch als auch Siemens in Serie. Fragen Sie mal einen Peugeot-Händler, wo es deutlich mehr Anstände gibt?

Natürlich sind das alles Erfahrungen "von gestern". Aber wo nach soll man sich richten? - Aber in jedem Fall würde ich jetzt den Kauf eines... - Na, was wollte ich eigentlich gerade schreiben?

MK/Wilhelm Hahne

PS: Auch diese Geschichte hätte "endloser" werden können. Denn ich hätte noch über das Einspritzdüsen-Problem bei der Verwendung von Bio-Treibstoff (aber auch bei Beimischung!!!) schreiben können.  Also liebe Chefredakteure der Fachzeitschriften!  Stellen Sie Ihren Mitarbeitern doch auch mal eine Aufgabe. Ich kann doch nicht alles alleine machen. So komme ich dann in den Verruf: der ist so was von negativ... - Dabei mache ich nur das, was Andere versäumen. - Oder sehen Sie das anders, liebe Leser von Motor-KRITIK?


Jetzt sind Sie gefragt!

Ihre Meinung zu obigem  Beitrag
können Sie mit einem Klick
und ein paar Sätzen loswerden:
Senden Sie mir ein e-mail

Danke, für Ihre Mitarbeit!