ESP + Motorrad-ABS: kommt es bald zu einer zwangsweisen Einführung von sogenannten "Sicherheitssystemen" durch die Politik?

Nach "draußen" mögen sie ja noch Scheingefechte führen, aber eigentlich sind sich Industrie und Politik einig: Man sollte den Auto- und Motorradfahrern mal wieder in die Tasche greifen. Das macht die Industrie zufrieden und die Politik hat wieder einen Erfolg im Kampf gegen die Unfallzahlen zu vermelden. Gemessen an Selbstmorden, tödlichen  Unfällen im Haushalt sind die Zahlen der Verkehrsunfall-Toten eigentlich niedrig. Aber die Verkaufszahlen aller Automobile und Motorräder versprechen nicht nur der Industrie so wieder ein Einnahme-Plus, sondern auch dem Staatssäckel. Und es geht um Arbeitsplätze. Und auf dem Papier kann man das alles wunderbar argumentieren. Man kann Gutachten auf den Tisch legen, so genannte Fachleute zitieren - und wenn etwas schief geht, ist niemand verantwortlich. Man hat evtl. nur politisch umgesetzt was sachlich andere entschieden haben oder man hat in die Praxis umgesetzt, was politisch entschieden wurde. Und jeder verlässt sich auf den anderen. Keiner ist verantwortlich. Wenn mal die politische Richtung - und die Ansichten - wechseln sollten, kann man sich immer noch als "Mitläufer" darstellen. Man kennt das ja auch aus der Nachkriegszeit, also in anderem Zusammenhang. Wer vorher Heil gerufen hatte, wusste plötzlich gar nicht mehr was das war. Eigentlich war man ja schon immer Widerstandskämpfer gewesen. - Wobei mir auf- und einfällt, dass Widerstand immer nur dort entsteht, wo man Leute gegen ihren Willen zu etwas zwingt: Widerstandskämpfer oder Terroristen sind immer Kinder der herrschenden Systeme. Ich erinnere mich, wie man in Jugoslawien "damals" gegen die Terroristen Krieg zu führen versuchte. - Ging nicht. - Und richtig! - Diese Bezeichnungen wie Widerstandkämpfer und Terroristen werden und wurden immer missbraucht, um Fronten aufzubauen und darzustellen. Je nachdem, auf welcher Seite man darüber klagte. - Ich klage nicht, ich frage nur:

Erleben wir eine Diktatur durch die Demokratie?

06-03-10/10. - Da will z.B. Günter Verheugen. Vizepräsident der Europäischen Kommission, die Autoindustrie Europas weltweit wettbewerbsfähiger machen. Er nennt sein Programm CARS21. Und die Lobbyisten der Industrie hängen sich schon wieder an und propagieren im Windschatten von  Herrn Verheugen die zwangsweise Einführung des ESP. "Fachleute" halten dieses System für mindestens einen so großen Fortschritt wie den Sicherheitsgurt. - Ist zu lesen. Geschrieben von "Mitläufern". Immer auf der richtigen Seite, immer mit dem richtigen Spruch.

Was hat ESP mit Wettbewerbsfähigkeit zu tun? - Aber die Industrie denkt gegenüber der Politik über eine Selbstverpflichtung nach, die ESP dann zum Sicherheitsstandard erheben würde. So wie das die ergebensten Diener der Industrie, die Medienvertreter, schon vorbeten. Wer sich mit dem Thema ESP ernsthaft auseinander gesetzt hat - und Erfahrungen in der Praxis hat - der hebt beide Hände.

Wenn meine Frau morgens auf ungeräumten Straßen in diesem Winter zur Arbeit fährt, dann muss sie z.B. die "Sicherheitssysteme" ausschalten, wenn sie voran kommen will. Die Straßen sind deshalb nicht geräumt, weil ein neuer Chef des Straßenbauamtes seinen Mitarbeitern jede Überstunde verbietet. Er ist neu, verwaltet jetzt - statt früher einem - drei Straßenbauämter. - Wäre es nicht ein größerer Sicherheitsgewinn für die Autofahrer die schon morgens früh auf dem Weg zur Arbeit sind, wenn die Straßen geräumt wären?

Aber das kümmert niemand. Das hinterfragt auch niemand. Dazu gibt es keine Pressemitteilung.

Ich habe vor einiger Zeit ein Premium-Automobil gefahren, bei dem das ESP abschaltbar war  und dabei feststellen müssen (ich hatte das System abgeschaltet!), dass es trotzdem arbeitete. Wenn ich nämlich - bei abgeschaltetem ESP - die Möglichkeiten des serienmäßig vorhandenen ABS nutzen wollte (das ABS-System ermöglicht Richtungsänderungen auch bei Vollbremsungen), dann musste ich erleben, dass das ESP (obwohl abgeschaltet!) dagegen arbeitete. Wobei - so nebenbei bemerkt - die Bremse dieses Automobils nicht befriedigen konnte, weil kein Druckpunkt spürbar war.

Ich habe dann beobachtet, was die lieben Kollegen der Fachpresse zu diesem Automobil in Tests geschrieben haben: sie haben weder das Eine noch das Andere bemerkt. Aber all diese Fachleute fordern ESP für alle Automobile.

Ich habe 14 Tage lang einen Opel Astra (Testwagen!) gefahren, bei dem das ESP insgesamt zwölf Mal ausfiel. Ein Techniker vermutete: Ein Schaltungsfehler. Ich habe bei meinen Testfahrten kaum zuverlässig arbeitende ESP-Systeme erlebt. Und es haben mir Leser von "gestörten" Systemen berichtet, die z.B. plötzlich - und für den Fahrer überraschend - bei Geradeausfahrt versuchten, Richtungsänderungen vorzunehmen. - Ich habe damals mal bei der Industrie angefragt: es wurden mir gegenüber nur wenige Fälle zugegeben. Immerhin! - Von den Fällen, wo der Fahrer oder die Fahrerin nicht mehr sprechen kann, kann man nicht sprechen. Man kennt sie nicht. Aber es gibt sie mit Bestimmtheit.

ESP soll kaufen wer will. Vielleicht brauchen es auch die heutigen Käufer von schnellen Sportwagen, die sie zwar kaufen, bezahlen, aber nicht fahren können. Ich habe nichts dagegen, wenn ESP-Systeme gegen Aufpreis für alle Automobile angeboten werden. Aber es sollte die freie Entscheidung jedes Käufers sein, ihm überlassen bleiben, ob er es nimmt oder darauf verzichtet. - Nachdem er vernünftig über Vor- und Nachteile aufgeklärt wurde.

Und ich höre schon das Verkäufergeschwätz: ESP müssen Sie nehmen. Sonst lässt sich das Fahrzeug später einmal nicht mehr verkaufen. Und Sie brauchen auch eine Klimaanlage. Und sie brauchen auch ... - Verdammt noch mal! - Ich als Käufer muss doch entscheiden können was ich brauche. Nichts gegen eine Beratung. Aber hier wird nicht mehr beraten, sondern versucht, den Zubehörverkauf durch Druck zu forcieren.

Auch die Industrie versucht über den Zubehörverkauf zu einer Umsatzerhöhung zu kommen. Prof. Niefer (Mercedes) nannte diese Masche mal, "qualitatives Wachstum generieren". Und meine - das ist auch dieses Mal bei mir zu lesen - die Relationen von Grund- zu Sonderzubehör-Aufpreis beweisen die aktuellen Auswüchse.

Für die Industrie wäre es ein Traum: die zwangsweise Einführung eines Sicherheitsstandards, mit dem man sicher stellen könnte, dass den asiatischen Anbietern das Knabbern an ihren Marktanteilen erschwert wird.

Exakt die gleiche Situation gibt es auf dem Motorradsektor. Hier gehört BMW zu den Sicherheits-Aposteln. Man bietet zwar ein Motorrad-ABS an, das wirklich den Un-Sicherheitssystemen zugerechnet werden muss, aber versucht dieses System per Gesetz (oder so ähnlich) für jedes Motorrad - gleich welches Fabrikat - vorschreiben zu lassen.

Da gibt die BAST (eine "Tochter des Verkehrsministeriums) dann ein Gutachten in Auftrag, dass von Wissenschaftlern mit guten Kontakten nach München so dargestellt wird, dass eine Schwachstelle gar nicht erscheint. Weil dieser Teil des BMW-Systems eigentlich auch gar nicht vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist, wird es - mit seinen Schwächen - nicht erwähnt.

Und beim Bundesverkehrsministerium arbeitet man an der Umsetzung des BMW-Ideals, auch in einer anderen internationalen Kommission, deren Mitglieder man dann  Ende Juni  letzten Jahres in Münchner Hotels erleben konnten. BMW hatte zu einer Demonstration seines Systems durch einen erfahrenen TÜV-Tester  in Aschheim eingeladen. Der musste dann auch noch mal für eine PR-Veranstaltung im Juli am Münchener Flughafen anrücken.- Ist das nicht ein wunderbares Sicherheitssystem?

Und wenn Mitglieder des Bundestages einen kleinen Ausflug (alles selbst bezahlt, versteht sich) nach Südafrika machen, dann können sie dort BMW-Motorräder nutzen, die da wahrscheinlich zufällig gerade herum standen. Sollen sie ihre eigenen Maschinen gegen hohe Frachtkosten nach Afrika fliegen lassen?

Und solche Leute stehen dann auch selbstverständlich für positive Aussagen über das BMW ABS-System zur Verfügung. Auch in erkennbaren PR-Aktionen.

Und es gibt auch - schon lange - eine Vorlage für den Bundestag, die das ABS-Thema behandelt, aber auch die Schwächen des schon erwähnten Gutachtens aufweist. Das ist dann die Basis für die Überlegungen unserer Volksvertreter... - Wie gesagt: nach bestem Wissen und Gewissen. Aber eigentlich haben die keine Ahnung. Und eigentlich werden die durch die Art der Vorinformation auch nicht ahnungsvoller.

Und im Ministerium setzt dann jemand nur "fachlich" um, was politisch entschieden wurde. Jeder verlässt sich auf die Vorlage, die ihm eine Basis ist. Keiner betrachtet die Gesamtsituation aus der Sicht des Motorradfahrers.

Derweil ermittelt die Staatsanwaltschaft in München in Sachen BMW ABS-System. Und ermittelt und ermittelt. Inzwischen sogar wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Ich möchte an den Fall des Audi TT erinnern, wo es eine Reihe von tödlichen Unfällen gab, die sich aber später wohl als völlig normal darstellten. Und die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen den damaligen Audi-Chef ein. - Erinnern Sie sich, davon gehört zu haben?

Die Basis für die Einstellung war u.a. ein Gutachten des TÜV-Süd. - Übrigens sind Prüfberichte des TÜV-Süd Eigentum des Herstellers der sie in Auftrag gab, der Allgemeinheit - auch auf Anfrage - nicht zugänglich; wussten Sie das?

Wir leben in einer Demokratie. Das heißt: wir werden gelebt. Die Politik schiebt uns in die Richtung, die denen passt, die die Richtung bestimmen. Zufällig passt denen, was der Industrie passt. Und alle verdienen daran. Und wir - als Kunden - dürfen nicht leiden. Weil man uns doch nur Gutes tun will. Und wenn wir das nicht begreifen, dann... -

Früher - als Kind - war ich von Parteigenossen umgeben, die sich dann später als Mitläufer oder Widerstandskämpfer entpuppten. Heute bin ich von Ja-Sagern umgeben, die mich schon mal schütteln um mich zu fragen: "Begreifst du denn überhaupt nichts?" - Doch! - Ich habe das System begriffen. Das ist es ja gerade. - Ich hatte es "damals" begriffen; ich habe es heute begriffen. - Aber ich war niemals Mitläufer.

Wir alle sind Produkte unserer Umwelt, unseres Umfeldes, sind davon beeinflusst, werden davon geprägt. Wir alle sind also Kinder des jeweils herrschenden Systems. Und wenn sich das System nun krank wird? - Wer stellt die Diagnose? - Wer heilt es? - Bitte keinen Wunderheiler! - Wie wäre es mal mit stiller Einkehr und Rückkehr zur Vernunft?

MK/Wilhelm Hahne


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