Auch in der Musik ist das Tempo eindeutig vorgegeben. Aber individuelle Veränderungen werden nicht bestraft. Das ist im Straßenverkehr anders. Dort gilt als unabänderlich, was der Gesetzgeber - gleich aus welchen Gründen - dann als richtig empfindet. 80 km/h sind eben 80 km/h. In der Musik lässt dagegen ein Allegro non troppo noch eine kleine individuelle Anpassung zu. Das wird bei großen Künstlern noch nicht einmal vom Publikum bestraft. Aber im Straßenverkehr ist das ganz anders. Da wird exakt gemessen und bestraft - oder nicht bestraft. Kann sein, dass ein "furioso", von einem Ferrari gespielt, ein wenig anders ist, als das von einem Güldner. Natürlich nicht irgendeinem Güldner, sondern einem Güldner Burgund. - Im Straßenverkehr wird aber auch nicht nach Noten gefahren, sondern nach ganz klaren Vorgaben per Verkehrsschild. Und wenn die Polizei gerade Spaß am Ausprobieren von neuen Messgeräten gefunden hat... - Machen wir doch einfach mal einen kleinen Vergleichstest auf der B 258. - Mit Hilfe der Polizei:
Ferrari in Schwarz gegen Güldner Burgund in Rot
07-07-09/08. - Die Eifeler sind ein Naturvolk. Die lassen auch mal eine Fünf gerade sein. Wenn man von denen eine Tonleiter verlangt, kann es sein, dass sie einem fünf Töne präsentieren. Sie, lieber Leser, kennen das natürlich, weil für Sie die pentatonischen Tonleitern zur bürgerlichen Grundausbildung gehörten. Und die haben nun mal nur fünf Töne (weil die Halbtonschritte fehlen).
So ist es auch für einen Eifelaner nicht ungewöhnlich, dass er bei 80 km/h nur 36 km/h fährt. Aber die Polizei rechnet die Halbtöne mit. Und dann ergibt das eine Geschwindigkeitsübertretung. - Sie können mir nicht folgen? - Ich erkläre das mal gaaanz langsam. Zunächst an einem normalen Beispiel:
Der Normalfall: Auf der B 258, einer normalen Bundesstraße, die zufällig am Nürburgring vorbei führt, fährt ein Automobil mit 80 km/h auf dem Tacho. Es stehen auch überall Verkehrsschilder. "Früher", da standen die nur an Rennwochenenden so. Sonst waren sie "weggedreht. Aber nun, da sie so da stehen, da haben sie auch Gültigkeit. Und die Polizei hat eine neue Laserpistole.
So sieht das aus, wenn man hier mit 78,9 km/h vorbei fliegt. Aber der Fahrer, der hier gerade unterwegs war, der hatte nicht nur das Schild besser gesehen weil er bessere Augen hatte, sondern weil er - bei 80 km/h Tachoanzeige - klar langsamer war.
Und als dann noch eine Steigung ins Spiel kommt, und der Fahrzeuglenker nicht zurück schaltet... - So nimmt das Unglück seinen Lauf. Denn hinter diesem Fahrzeug lauert ein Auslieferungsfahrer mit seinem Firmenwagen. Der weiß wo er hin muss, der weiß, dass sein Vordermann "viel zu langsam ist". Und gibt Gas, um - eben mal schnell - vorbei zu huschen.
Aber er hat seine Rechnung ohne das Auge des Gesetzes gemacht. Und das hat jetzt noch ein Zusatzauge, eine moderne Laserpistole. Da kann man dann auf alle Videospiele verzichten. Live ist live. Und man liegt oben auf einer Brücke - unsichtbar für bei Fahrzeuglenker. Aber der Bann(laser)strahl der Ordnungshüter trifft nur den schnelleren der beiden Fahrer. Nach ein paar hundert Metern wird er heraus gewunken, mit dem Ergebnis der ordnungsgemäßen Messung bekannt gemacht (minus 3 km/h Toleranz) und schon gibt es nicht nur Punkte in Flensburg, nicht nur eine saftige Ordnungsstrafe, sondern auch einen Führerscheinentzug für vier Wochen. - Das ist hart für einen Auslieferungsfahrer. Aber gerecht.
Der Sonderfall: Gleiche Stelle, andere Richtung. Wir kommen jetzt zu unserem Vergleichstest. Da ist ein echter Eifelaner mit seinem Güldner Burgund vor Tagen beim TÜV gewesen. Alles i.O. - aber: "Sie sollten mal die Einspritzleitung abdichten lassen. Da ist zwar nur eine kleine Undichtheit. Aber..."
Und so hat sich "unser Vergleichstester" auf den Weg gemacht. Die Reparatur wurde durchgeführt. Und nun geht's wieder nach Hause. Natürlich führt der Weg über die B 258. Zunächst bergauf:
Und wenn die Nürburgring GmbH ein freundliches "Auf Wiedersehen" gewünscht hat, dann geht es richtig bergab.
Da, wo jetzt ein anderes Automobil zu sehen ist, kam an diesem Tag der Güldner Burgund über den Berg.
Der hat schon bessere Tage gesehen, ist inzwischen vierzig Jahre alt. Sein Dompteur tritt jetzt noch einmal richtig auf das "Gaspedal", wirft den Gang heraus und hoppelt mit richtigem Schwung zu Tal.
(Hier bei einer Fahrt für Fotoaufnahmen.)
Gute 100 Meter weiter springt dann plötzlich ein Polizist von einem Parkplatz auf die Straße und winkt. Unser Traktorfahrer winkt schon mal - vorsichtshalber - zurück. Wahrscheinlich ein Bekannter. - Aber der Polizist ist wohl kein Bekannter und winkt jetzt auch eindeutig: er winkt herein auf den Parkplatz. Da muss unser Lenker mal so richtig Reintreten. Ins Bremspedal. Und gerade so eben kann er noch auf den Parkplatz einschwenken.
"Sie wissen, warum wir Sie angehalten haben?" - "Nein. Zu schnell kann ich ja nicht gewesen sein", meint unser Vergleichstester. Der Polizist lächelt ein wenig als er sagt: "Doch, Sie waren klar zu schnell. Sie wurden gerade von der Brücke von einer Laserpistole mit einer Geschwindigkeit von 36 km/h gemessen." - Unser Mann staunt: "Aber hier ist doch 80 km/h, was soll..." - Der Ordnungshüter erklärt es ihm, bevor er seine Frage beendet hat: "Ihr Traktor ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h zugelassen. Und wenn Sie nun mit 36 km/h...." -
Außerdem hätte er nicht den Gang heraus nehmen dürfen. Und eigentlich kann unser Güldner Burgund-Fahrer nur froh sein, dass die Polizei sich mit einer Strafe von 40 Euro - "Sie zahlen sofort?" - und einem Punkt in Flensburg zufrieden gibt.
Nach so einem Vorfall ist man froh...
...wenn man sein Super-Premium-Sportgerät wieder in der Garage geparkt hat. - Noch einmal (fast) gut davon gekommen.
Der Traumfall: Für den Vergleichstest haben wir Michael Schumacher ausgewählt. Der ist in diesem Jahr schon mal in der Eifel. Gerade in den letzten Wochen schon mal öfter. Weil bei Ferrari ein paar wichtige Veränderungen bevorstehen. - So ganz unter uns: die Motoren werden auf Direkteinspritzung umgestellt und man denkt darüber nach, einige der Spitzenmodelle mit hubraumkleineren Motoren (auch mit kleinerer Zylinderanzahl) zu versehen, weil das im Modellmix... - Sie verstehen? - es geht um CO²... - so etwas macht eben heute "einen schlanken Fuß".
Also fährt Schumi, und fährt Schumi...
...und fährt Schumi. - Glauben Sie es nun? - Aber er fährt nicht nur mit roten Ferrari, manchmal nimmt er auch einen schwarzen.
Und mit so einem schwarzen Ferrari war er denn auch von der Stelle im Industriegebiet in Meuspath unterwegs, wo Ferrari "sein Nest hat".
Man biegt dann nach links - auf die B 258 - in Richtung Nordschleife ab (wo die Höchstgeschwindigkeit 80 km/h nicht überschreiten sollte), schaltet weich in den zweiten, dritten, vierten... - ach, so ein Ferrari hat so viele Gänge - und rollt dann "Allegro non troppo" (vielleicht auch "Andante") über den Buckel unter der Brücke...
...hinweg, hinunter und dann herauf, der Einfahrt zur Nordschleife entgegen. Vorher muss man noch rechts abbiegen...
...aber da stand dann an diesem Tag ein Polizist und winkte Michael Schumacher durch das Tor, das hier auf diesem Foto (wie fast immer) geschlossen ist. Aber in diesem besonderen Fall, da die Polizei mal wieder auf der Brücke den abfließenden Verkehr mit der Laserpistole kontrollierte, da hatte die Nürburgring GmbH gerne geholfen (Amtshilfe geleistet).
Nur wenige Minuten später waren alle Fahrer der Industrie (es war in einer der so genannten "Industriewochen") per Funkspruch informiert: Schumi war wegen einer Geschwindigkeitsübertretung... - Hallo! - Achtung! - Aber da muss die Polizei doch bitten! - Und man gab in diesem Fall dann auch ein Statement in einer Presseerklärung ab, die man natürlich immer abgibt. Auch wenn Schumi nicht hier in der Eifel unterwegs ist. Und da war dann zu lesen. (Ich gebe hier der Ordnung halber die ganze Presse-Erklärung wieder, weil es sonst Leser gibt, die mir das nicht glauben werden):
Adenau / Nürburgring, Polizei Adenau kontrollierte im Bereich Nürburgring - Michael Schumacher vorbildlich
Am Mittwoch, 23.05.07, führte die Polizei Adenau im Rahmen ihrer Aktion „Verkehrssicherheitskonzeption Nürburgring“ eine weitere kombinierte Geschwindigkeits- und Verkehrskontrolle entlang der Bundesstraße B 258 durch.
Zum Hintergrund:
Nachdem mit den sommerlichen Temperaturen im April die Unfallzahlen gegenüber dem Vorjahr um fast das Doppelte von 67 auf 115 Verkehrsunfälle und die Anzahl der dabei Verunglückten von 20 auf 58 Schwer- bzw. Leichtverletzte gestiegenen waren, wurden die Kontrollmaßnahmen schwerpunktmäßig rund um den Nürburgring intensiviert.
Seit Anfang Mai führen die Beamten der Polizeiinspektion Adenau, teilweise unterstützt von der Bereitschaftspolizei, regelmäßig - zu allen Tageszeiten und an allen Wochentagen - kombinierte Geschwindigkeits- und Verkehrskontrollen in unterschiedlicher Ausgestaltung statt.
Gestern, zwischen 10.00 Uhr und 14.00 Uhr, wurden im Rahmen mehrerer Laserkontrolle entlang der B 258 insgesamt 33 Fahrzeuge gemessen, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht beachteten.
Der unrühmliche „Spitzenreiter“ lag bei 169 km/h in einer 80 km/h Zone. Von Ihm wurde eine Sicherheitsleistung von 800,- Euro erhoben. Um ein Fahrverbot wird er herumkommen, es handelt sich um einen Fahrer von der Insel.
Insgesamt erstatteten die Beamten 14 Ordungswidrigkeitenanzeigen mit der Folge von Bußgeldern und zum Teil Fahrverboten. 19 Fahrzeugführer zahlten ein Verwarnungsgeld von bis zu 35.- Euro.
Besonderheit am Rande:
Bei den begleitenden technischen Fahrzeugkontrollen wurde auch der Ex-Formel 1 Pilot und vielfache Weltmeister, Michael Schumacher, angehalten. Da er weder zu schnell fuhr, noch an seinem Fahrzeug Mängel festgestellt wurden, konnte er bald mit einem freundlichen „Gute Weiterfahrt“ seinen Weg zu Testfahren auf die Nordschleife fortsetzen.
Und das Ergebnis ohne Punktwertung: Es gibt also in der Eifel nicht nur Gerechtigkeit. Sondern auch mehrere Schutzengel für Ferrari-Fahrer. Serienmäßig. Besonders gelacht hat unser Traktorfahrer. Er hatte mit seinem Güldner Burgund doch ganz klar und nachweisbar Schumi geschlagen. Und Ferrari. - Und manchmal am Abend geht er jetzt noch mal schnell und ...
...überraschend zu seiner Garage um zu schauen, ob da nicht vielleicht gerade jemand vom Ferrari-Team... - Man kann ja nie wissen. Wenn da jemand vielleicht gerade die Konstruktionsgeheimnisse seines Güldner Burgund... - Ferrari hat's nötig. Wo der Schumi noch nicht einmal mit einem Zwölfzylinder... -
Unser Traktorfahrer kann sich aber beruhigt auf's Ohr legen. Auch wenn in der Eifel (fast) alles möglich ist: auf die Polizei kann man sich verlassen.
Nein! - Er lacht wirklich nicht. - Da gibt es auch nichts zu Lachen. Weil die Geschichte wahr ist. - Soweit ich sie hier für meine Leser notiert habe.
MK/Wilhelm Hahne
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