Ein Reifenthema: Runflat-Reifen sind aus meiner Sicht überflüssig. Bei den bisherigen Reifen werden die in der Konstruktion vorhandenen Anlagen nicht genutzt. Es fehlt der "Reifenfeder" an lateraler Vorspannung um gut zu funktionieren

Ich habe im September 2008 eine Geschichte mit dem Titel, "Runflat: Eine Fehlentscheidung?" geschrieben und dabei im Wesentlichen auf BMW abgehoben, wo man aus Überzeugung (von wem eigentlich?) seit einiger Zeit - z.B: bei der 3er-Reihe - auf die Beigabe des Reserverades verzichtet, weil man daraus Gewichtsvorteile ableitet. Darum verbaut man als Serienausstattung so genannte "Runflat"-Reifen, die sich auch"luftlos" aufgrund der steifen Flanken noch viele Kilometer fahren lassen. Was einem den Radwechsel unter schlechten Bedingungen (im dichten Verkehr auf der Autobahn, bei Regen und Sturm) erspart. Meine Geschichte reflektierte ein starkes Leser-Echo. Dabei hatte ich dem Runflat-Reifen eigentlich nur Negativ-Noten gegeben. Eine der wesentlichen Funktionen des Reifens, nämlich, auch Komfort zu vermitteln, die kann der Runflatreifen nicht erfüllen. Klagen auch seine Nutzer. Und so ist es denn auch kein Wunder, wenn mich ein Leser aktuell darauf aufmerksam macht, dass sich jetzt bei BMW eine Änderung des Standpunktes zum Runflat-Reifen abzeichnet. Natürlich relativ unauffällig. Schließlich möchte man nicht heute "hot" und morgen "hüh" sagen. Aber man handelt entsprechend. Klicken Sie bitte auf folgende Internetadresse, wo das Ende des Runflat-Reifens - zumindest bei BMW - eingeläutet wird: http://www.bmw.de/de/de/newvehicles/3series/sedan/2008/allfacts/ergonomics/runflat.html

Warten auf den Systemsprung

09-04-24/10-Wenn Sie den offiziellen BMW-Text lesen, werden Sie es zunächst gar nicht so empfinden. Sie müssten vielleicht Fahrer eines BMW 318d - sein, um zu begreifen, was mit einem kleinen * dort zu lesen ist. Denn bisher wurden alle 3er mit Runflat-Reifen ausgeliefert. Nun heißt es zu dem *: "Für den BMW 330i, 325d, 330d und 335 d Serie." - Jetzt werden also nur noch die stärksten Motorisierungen des 3er serienmäßig mit Runflatreifen  ausgeliefert. Das ist ein (unauffälliger) Schritt weg von dieser Reifentechnologie, die für den Nutzer nur Nachteile hat.

Mein Leser hat sich aufgrund seiner Runflat-Erfahrung mit einem BMW 318d jedenfall erfolgreich bei einer zuständigen lokalen BMW-Niederlassung beschwert. Schließlich hat man seine Runflat-Reifen gegen Normalreifen ausgetauscht. Wenn BMW aktuell sagt, dass man mit Runflatreifen "noch bis zu 150 km zurücklegen" kann, so zeigt das auch, dass man die Eigenschaften der letzten Runflatreifen-Generation ein wenig verändert hat. Mit der "alten" Generation" der Runflatreifen konnte man weit mehr Kilometer "luftlos" zurücklegen. Aber es traten durch die harten Vibrationen - die von den Seitenwänden der Runflatreifen nicht gefiltert wurden - früher oder später beim Fahrwerk der damit ausgerüsteten Automobile Schäden auf. Diese Erkenntnis führte dazu, dass man weichere, komfortablere Reifenflanken verlangte, auch um die auftretenden Schwingungen nicht so stark in das Fahrwerk einfließen zu lassen.

Gleichzeitig nahm man beim Fahrwerk Veränderungen in der Art vor, dass man das Fahrwerk an einer Reihe von Teilen verstärkte. Was das Gewicht des Fahrzeuges dann wieder erhöhte, so dass der ursprünglich versprochene Gewichtsvorteil durch den Wegfall des Reserverades nun auch - mehr oder weniger - weggefallen ist. - Der Fortschritt war kein Fortschritt mehr, sondern ist zu einem Rückfall ausgeartet. Wenn man jetzt bei BMW nur noch die stärksten Motorisierungen z.B. des 3er BMWs mit Runflatreifen ausstattet, so macht das von der Stückzahl her betrachtet, in jedem Fall den kleineren Teil der Produktion aus.

Was dann wieder die Reifenindustrie in Bedrängnis bringt, da die sich auf andere Lieferstückzahlen produktionstechnisch eingestellt hatte. - Jetzt wird man die z.B. aus der BMW-Entscheidung resultierenden Reaktionen im Markt dann auf die Wirtschaftskrise schieben. Die Wirtschaftskrise ist für alles gut.

Die Reifenindustrie ist aber an dieser Entwicklung selber schuld, da man - auch in diesem Falle - den Weg des geringsten Widerstandes gegangen ist. BMW wollte den Runflatreifen - weil ihn ein Vorstand für gut befand - und BMW hat den Reifen bekommen. Man hat nicht den Aufwand einer Beratung betrieben. Der Kunde bekommt was er will. Der Kunde ist König. - Offenbar gibt es auch dumme Könige.

Damit kommen wir zur Frage: Gibt es denn eine bessere Lösung? - Meine Antwort ist JA. - Ich habe bereits darüber geschrieben. Und ich will gerne noch einmal den - relativ kleinen - Systemsprung aufzeigen, mit dem ein Reifen - wie alle anderen schwarz und rund - zu einer optimal vorgespannten Reifenfeder wird. Reifen sind technische Federn, die zum optimalen Arbeiten jeweils in der sie beanspruchenden Kraftrichtung vorgespannt sein müssen.

Der bisher bekannte Reifen ist auschließlich in vertikaler Kraftrichtung durch die Radlast, also das auf ihm lastende Fahrzeuggewicht vorgespannt. Aber die Reifenfeder wird auch mit Seitenkräften z.B. bei Kurvenfahrten belastet. Ohne entsprechende laterale Vorspannung des Reifens kann der sein - eigentlich verfügbares - Potential nicht entfalten. So werden die eigentlich schon im Reifen vorhandenen Potentiale zu einem Gewinn an aktiver Fahrsicherheit gar nicht ausgeschöpft.

Dafür bietet man dann bei den Autoherstellern (von den Fachzeitschriften unterstützt) elektronische Systeme wie z.B. ESP an. Das dann auch (lt. EU) zwangsweise eingeführt werden soll. Zum Unfallschutz der Autofahrer. (Wer schützt uns vor unwissenden Politikern?)

Die relativ einfach, eben durch eine laterale Vorspannung des Reifens entstehende höhere Qualität an Fahrsicherheit wird dagegen nicht genutzt. Weil offenbar beim Verbraucher immer noch ankommt, was die Industrie wie ein Märchen verbreitet: Was nichts kostet, ist auch nichts.

Es verbessern sich nachweislich die Lenk- und Stabilitätseigenschaften von lateral (also in Querrichtung) vorgespannten Reifen um bis zu 30 Prozent, ohne dabei an Komforverhalten zu verlieren. Bei einer gleichzeitigen Unterdrückung von für das Fahrverhalten schädlichen Pendelschwingungen, die für den Fahrer wenig berechenbar sind.

Es verbessern sich also - mit geringem Aufwand - bei unverändertem Federungskomfort das Kurven- und Bremsverhalten (über eine optimaler auf der Straßenoberfläche aufliegenden Profilteil des Reifens); dazu werden noch die normalerweise auftretenden Pendelschwingungen unterdrückt. Hinzu kommt auch, dass die Laufleistung eines so in beiden Richtungen vorgespannten Reifens (vertikal und lateral) sich gegenüber einem (wie bisher) nur vertikal vorgespannten Reifen um 20 - 25 Prozent erhöht. Weil die Walkarbeit des Reifens, und darum die Wärementwicklung geringer ist.

Es kommt noch ein weiterer Gesichtpunkt dazu: mit einem von der Vorspannung her optimierten Reifen ist man mit einem Automobil auch verbrauchsärmer unterwegs. Einmal, weil der Rollwiderstand (durch die geringe Walkarbeit) geringer wird, aber auch, weil der Reifen bei einer Kurvendurchfahrt ohne große weitere Verformung auf die Lenkbewegungen reagiert und darum auch weniger an Geschwindigkeit abbaut, die nach einer Kurve wieder aufgeholt werden muss. Beim einen Fronttriebler wird so die evtl. serienmäßig vorhandene Untersteuerneigung reduziert.

Ich habe solche Reifen - auch im Vergleich mit "normalen" Reifen - sowohl auf Front- als auch Hecktrieblern, sowohl auf normalen Landstraßen und Autobahnen, als auch z.B. auf der Nürburgring-Nordschleife gefahren. Ich habe gegenüber einem normalen Reifen - wie sie jetzt eingesetzt werden, keine Nachteile entdecken können. Ich bin sogar mit einem Porsche, mit einem vertikal vorgespannten Reifen, der "luftlos" auf dem linken Vorderrad montiert war, rd. 35 Kilometer weit gefahren, bevor sich der Reifen dann praktisch aufgelöst hatte. (Das ist übrigens bei einem Runflatreifen nicht anders: nach einer "luftlosen" Fahrt können Sie ihn wegwerfen.)

Wenn vor Monaten der Chefentwickler eines bekannten Reifenherstellers für seine Firma die "Technologieführerschaft" auf dem Reifensektor in Anspruch nahm, dann bin ich ein wenig sprachlos. Hier wird das Selbstverständnis deutlich, das man heute gerne für sich (oder seinen Arbeitgeber) in Anspruch nimmt, aber sehr durch nichts, aber auch durch gar nichts begründet ist. Continental macht gute Reifen. Wenn man diese Reifen - wie wir sie alle kennen - mit den Reifen anderer Firmen vergleicht. Aber das heißt nicht, das Continental heute die Reifen fertigt und liefert, die die besseren Reifen auf jedem Automobil sind.

Einen Reifen - der bekannten Art - in eine bestimmte Richtung zu optimieren, ist kein Hexenwerk. Aber leider geht eine Optimierung auf einem Gebiet dann immer zu Lasten eines anderen Kriteriums.

Darum gibt es nur - nach meinem Wissen - derzeit eine Möglichkeit einen Reifen in viele Richtungen gleichzeitig zu optimieren: Er muss in lateraler Richtung vorgespannt werden. Am einfachsten erfolgt das durch eine entsprechende Ausrichtung des Felgenhorns auf der Innenseite des Rades. Man kann aber auch eine normale, vorhandene Felge durch das Hinzufügen eines Felgenrings optimieren. Man kann auch die Reifenkonstruktion entsprechend auslegen. - Viele Wege führen auch in diesem Falle nach Rom.

Der tatsächlich "Systemsprung" erfolgt tatsächlich beim Reifen der Zukunft über die laterale Vorspannung der Reifenfeder. - Alles andere ist die Technologie von gestern.

Wenn Sie enmal lesen wollen, was der Entwickler eines nicht unbekannten Automobilwerks zu den Möglichkeiten eines in jede der wichtigen Richtungen vorgespannten Reifens meint, dann klicken Sie doch mal auf die Internetseiten des TÜV Süd. Hier ist die Adresse:

http://www.tuev-sued.de/uploads/images/1134742839953381530308/20_bauer.pdf

Dieser Vortrag ist - natürlich - schwerer zu verdauen als meine Geschichte oben. Aber wenn Sie über meine Geschichten zu diesem Thema den Einstieg hatten, dann begreifen Sie beim Lesen des Beitrags von Dr. Bauer, welche Möglichkeiten noch im Reifen schlummern, bzw. von der Reifenindustrie bis jetzt verschlafen wurden. - Aber natürlich auch von der Automobilindustrie, wo man lieber ESP für ein mäßiges Fahrwerk verbaut, als ein Fahrwerk ohne ESP im Sinne des Nutzers zu optimieren.
MK/Wilhelm Hahne

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