10-01-15/01
- Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel befindet in der ADAC-Nr.1: „Deutschland soll
Leitmacht für Elektromobilität werden. Mit dem 'Nationalen
Entwicklungsplan Elektromobilität' und einer umfangreichen
Forschungsunterstützung im Rahmen unserer Konjunkturmaßnahmen haben
wird hierfür gute Grundlagen.“
Auch Chefredakteur Michael
Ramstetter sagt in der gleichen Ausgabe der „ADAC motorwelt“, die
übrigens in einer Auflage von 13,6 Millionen Heften (= gut 2.000 Tonnen
bedrucktes Papier) unters Volks gebracht wurde: „Der Anfang für eine
neue Autogeneration ist gemacht. Erste erfolgreiche Pilotprojekte mit
dem E-Mini, dem Elektro-Smart oder dem Fiat Micro-Vett 500E stützen
die Hoffnung auf eine emissionsarme Zukunft auf der Straße.“
Bei
„auto motor und sport“ wird dies zu den „TOPS“ gezählt:
„Bundesministerien gründen spezielle Koordinationsstelle für
E-Auto-Forschung.“
Dabei ist zum gleichen Zeitpunkt der Chor an kritischen Stimmen zum Thema Elektromobilität nicht mehr zu überhören.Beispiel 1:
In
der Süddeutschen Zeitung vom 02. November 2009 berichtet der Redakteur
Christopher Schrader von seiner vierwöchigen Erfahrung mit dem
Elektro-Mini. Einige Zitate aus seinem aufschlussreichen Bericht:
"In diesem Radius (maximal 105 km) ist der Mini ein begeisterndes Auto."
"… laden, laden, laden. Man tankt stets viel länger als man fährt."
"An kalten Herbstmorgen sank der Füllstand so schnell, dass der Wagen kaum 100 km geschafft hätte."
Beispiel 2:
Beispiel 3:
Auf
heise-online ist gar von einem Abgesang auf das Automobil als solchem
die Rede, und das ausgerechnet von einem Brancheninsider. Ein
Betriebsrat von VW-Braunschweig ist der Meinung: "Die
einzige Alternative (zum herkömmlichen Automobil), die keine ist,
jedenfalls keine ökologisch sinnvolle, ist das Elektroauto. Das ist
eigentlich nichts anderes als der letzte Versuch, so weiter zu machen
wie bisher."http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31641/1.htm
Aufschlussreich
sind aber auch die Kommentare von Lesern dieser Internetseiten. Vor
allem Herr Lohbeck wird von den eigenen Greenpeace-Mitgliedern
regelrecht angefeindet. Einer hat deswegen sogar spontan seine
Mitgliedschaft aufgekündigt. Sie verstehen die Welt nicht mehr, gilt
doch das Elektrofahrzeug allgemein als die CO2-Wunderwaffe schlechthin,
mit der man die heutigen Mobilitätsansprüche klimaneutral erfüllen
kann. An diese Vorstellung klammern sie sich wie kleine Kinder, denen
man ihr Lieblingsspielzeug wegnehmen möchte. Aber auch unsere
Bundeskanzlerin und der Chefredakteur der „ADAC motorwelt“ würden
argumentativ etwas vermissen.
Bei der Gelegenheit kommt sehr
schön eine generelle Facette von Greenpeace-Anhängern und anderen
Umweltaposteln zum Vorschein: Der erhobene Zeigefinger. Schließlich hat
man, indem man mit dem Finger auf Andere zeigt, bereits seinen Beitrag
zum Umweltschutz geleistet. Jetzt sind – bitteschön - die Anderen an
der Reihe dafür zu sorgen, dass man so weiterleben kann wie bisher. -
Nur eben umweltfreundlicher. - Versteht sich!
Was ist denn nun mit dem Elektro-Auto?
Der
Elektroantrieb hat eine ganze Palette von
Nachteilen:
o Hohes Gewicht,
o niedrige Reichweite,
o begrenzte Verfügbarkeit von Rohstoffen (Lithium, Magnetmaterial, Kupfer)
o und eine denkbar schlechte CO2-Gesamtbilanz.
Die
Versorgung von Elektrofahrzeugen mit Energie aus regenerativen Quellen
wird gerne von den Öko-Aposteln als Argument ins Feld geführt, ist
jedoch ausgemachter Unsinn. Für diese wertvolle Energie gibt es
wesentlich effizientere Nutzungsmöglichkeiten. Viel eher sollte man
dafür sorgen, dass so brutale CO2-Verursacher wie z.B. die alten
Braunkohlekraftwerke abgeschaltet werden. (Ebenso natürlich die
Kernkraftwerke solange noch Zeit ist.) Außerdem sollte man den
Stromkonzernen keinen Vorwand für den Neubau von Kraftwerken ganz
gleich welcher Art liefern. Mit der Abwendung von den
Mineralölkonzernen hin zu den Stromkonzernen, treibt man den Teufel mit
dem Beelzebub aus. - Der Umweltgedanke bleibt da sehr schnell auf der
Strecke.
Den Umweltengeln geht die Einführung des
Elektroantriebs nicht schnell genug. Der schwarze Peter für das
schleppende Vorankommen wird (wie üblich) erst einmal der
Automobilindustrie zugeschoben. Dabei kann man den Technikern dieser
Industriegattung vieles vorwerfen; das Verschlafen von Hybrid- und
Elektroantrieb gehört definitiv nicht dazu. Seit Jahrzehnten wird auf
beiden Gebieten intensiv geforscht und entwickelt. Sogar erste zaghafte
Versuche zur Serieneinführung von Hybridfahrzeugen gab es schon. Dabei
wurden Erfahrungen, viele Erfahrungen gesammelt. - Allerdings
ausnahmslos schlechte! Erst seit diesen Antriebsformen die grüne
Imagefahne angeheftet und von vielen Staaten mit großen Summen
gefördert wurden, sind die Firmen beinahe gezwungen sich damit –
irgendwie - zu profilieren. Momentan versuchen sie sich gegenseitig den
Spitzenrang an der Elektrikfront streitig zu machen, obwohl sie im
Grunde genommen selbst nichts davon halten. - Aber das bleibt bitte
unter uns.
Dabei kam für die Entwicklungsingenieure der
Elektroboom gerade zur rechten Zeit, denn ihnen gingen schlicht und
ergreifend die Entwicklungsthemen aus. Die Autos haben mittlerweile
einen derart perfekten technischen Stand erreicht, dass die Versuche
sie weiter zu verbessern, nur zu verkrampften, unbezahlbaren
HighTech-Lösungen ohne eine signifikante Kundenwertigkeit führten.
Man
schaue nur einmal auf den neuen Opel Astra und muss erkennen: Das Ende
der Technisierungs-Fahnenstange ist erreicht, vielleicht sogar schon
überschritten. Der neue Opel Astra ist nicht nur schwerer als sein
Vorgänger, sondern weist trotz moderner Benzin-Motorentechnik und
Downsizing einen Testverbrauch von 9,3 L/100 km auf. - Ein Desaster!
Das Automobil ganz allgemein betrachtet
Zukunftsforscher
warnen schon länger: Das Automobil ist dabei, seinen Stellenwert als
erstrebenswertestes Kulturgut einzubüßen. Die „Abwrackprämie“ - Frau
Dr. Merkel nennt sie „Umweltprämie“ - tut ein Übriges, um den
Niedergang des Automobils vom hochwertigen Produkt hin zu einem
Wegwerfartikel zu beschleunigen. Ein kleines, billiges (preiswertes)
Automobil zu fahren ist mittlerweile gesellschaftlich akzeptiert.
Außerdem stellt so mancher Normalverdiener fest, dass es auch noch
andere Dinge im Leben gibt, die man sich plötzlich leisten kann, wenn
das Auto eine Nummer kleiner ausfällt.
Auf die deutschen
Automobilbauer kommen schwierige Zeiten zu. Weltweite Überkapazitäten
machen die Preise kaputt. Chinesen und Inder erobern den Weltmarkt. Die
Stützung eigentlich maroder Firmen, die z.B. Opel, durch den Staat
schwächt alle anderen. Die Beispiele Jaguar, Rover, Saab, Volvo,
sollte zu denken geben. - Wer ist der Nächste?
Kann der
Elektroantrieb in dieser Situation die Rolle als Retter der Nation
spielen? Das Gegenteil ist der Fall. Warum? Das Kernelement jeden
Automobilbauers ist bis dato der Verbrennungsmotor. Es gibt genügend
Firmen, die in der Lage wären, ein komplettes Fahrzeug zu entwickeln
und zu bauen. Man denke nur an Karmann, Lotus oder Magna. Der
Verbrennungsmotor bliebe aber dort immer ein Zukaufteil von einem
renommierten Großserienhersteller, weil sich die Entwicklung und
Produktion eines solchen Motors unter 500.000 Stück p.a. nicht rechnet.
Wie
sieht nun die Szenerie aus, wenn der Verbrennungsmotor durch den
Elektroantrieb ersetzt wird? Die Bestandteile des Elektroantriebs sind
E-Motor, Steuergerät und Batterie. Elektromaschine und Steuergerät sind
millionenfach hergestellte Standardartikel ohne jegliche Besonderheit.
Bleiben noch die Batterien. Auch dieser Markt ist bereits durch die
Hersteller der Li-Ion-Zellen für Handys und Notebooks besetzt. Das
bedeutet, dass die bisherigen "Großen" ihr Kerngeschäft verlieren und
zu Montagefirmen von Zukaufteilen degradiert werden. Da wird es
schwierig sein, sich zu differenzieren. Außerdem müssen sich die
ehemals „Großen“ den Elektrokuchen mit einer Vielzahl von mittleren und
kleinen Konkurrenten teilen. Deshalb spielt die Förderung der
Elektromobilität der internationalen Konkurrenz in die Hände, ebenso
wie übrigens die Stützung maroder Firmen. - (s.o.)
Wenn also der
Elektroantrieb in die Sackgasse fährt, was kann man denn - um Himmels
willen - tun, um den Bau sparsamer Automobile zu fördern und
gleichzeitig die deutsche Automobilindustrie zu stützen, unterstützen?
Die Autohersteller mit direkten Zuschüssen unmittelbar zu motivieren
ist der falsche Weg. Letztlich entscheidet der Kunde über Erfolg und
Misserfolg eines Produkts. Muss man also den Hebel beim Käufer
ansetzen? Die Abwrackprämie ist ein gutes Beispiel dafür, wie schnell
sich der Käufer an neue Rahmenbedingungen anpasst. Diese werden von der
Politik vorgegeben. Deshalb ist die Politik aufgerufen, die Weichen
entsprechend zu stellen. - Hallo, Frau Merkel!
Ein paar gedankliche Anregungen
1) Steuerpolitik
Unsere
heutige Steuerpolitik belohnt den Vielfahrer und bestraft den
Sparsamen. Ist nicht ein Benzinschlucker, der die meiste Zeit in der
Garage steht umweltverträglicher als ein noch so sparsames, aber viel
gefahrenes Auto? Deshalb wäre die wichtigste Maßnahme die Abschaffung
aller Steuervergünstigungen für Vielfahrer und Großverbraucher:
Pendlerpauschale, Kfz- und Öko-Steuer. Stattdessen gehört die
Mineralölsteuer drastisch erhöht, natürlich schrittweise über einen
längeren Zeitraum. Die Autoindustrie selbst hat schon vor Jahren dafür
plädiert. Es ist vollkommen unverständlich, warum die Diskussion um
diesen Punkt eingeschlafen ist. - Angst vor einer Wähler-Reaktion?
2) Siedlungspolitik und Wohnungsbau
Ein
weiterer Grund für eigentlich unnötig hohe Kilometerleistungen sind
(zu) hohe Mieten und Immobilienpreise. Sie treiben die Menschen von der
Stadt aufs Land, wo das Eigenheim noch erschwinglich ist. Eine
einstündige Fahrt zur Arbeit ist heutzutage keine Seltenheit mehr. Für
die „einfache Fahrt“ wohlgemerkt.
Im Gefolge der Menschen
kommen der Straßenbau und die Ansiedelung von Einkaufszentren auf das
Land. Aldi, Lidl, Obi und Co. ist es zu verdanken, dass der Autofahrer
seinen Einkauf bequem mit dem Auto erledigen kann. Die zu Fuß
erreichbaren örtlichen kleinen Läden und Geschäfte haben das Nachsehen.
Die ländlichen Regionen rings um Großstädte werden mit Verkehr dagegen
förmlich überflutet.
Ein weiterer negativer Aspekt ist das
krebsgeschwürartige Wuchern von Gewerbegebieten. Die Kommunen
überbieten sich gegenseitig im Ausweisen von Gewerbeflächen, vielfach
ohne direkte Anbindung an eine Autobahn. Zersiedelung, Verschandelung
der Landschaft, Versiegelung des Bodens und eine Zunahme des ländlichen
Verkehrs sind die Folge. Wenn schon ästhetische Gründe diesen Trend
nicht aufhalten können, sollte wenigstens der CO2-Aspekt dazu in der
Lage sein. Wenn man ihn so beachtet, wie man ihn in „Volksreden“ ernst
zu nehmen scheint.
3) Halteprämie statt Abwrackprämie
Bei
der CO2-Diskussion dreht sich alles um die Emissionen beim Betrieb der
Produkte. Der Anteil bei der Erzeugung wird schlichtweg ignoriert.
Dabei ist dieser Anteil wesentlich an der Freisetzung von CO2
beteiligt. Ein kurzlebiges Produkt, das alle zwei Jahre erneuert werden
muss, verursacht den fünffachen Schaden eines zehn Jahre nutzbaren
Produkts. Dabei wäre gerade beim Automobil eine Lebensdauer von 20 oder
30 Jahren mit nur geringem Mehraufwand machbar. Statt mit einer
Abwrackprämie das Verschrotten von intakten Fahrzeugen zu fördern muss
die Politik die Produktlebensdauer durch eine Halteprämie oder das
Anheben von Verschrottungsgebühren unterstützen.
4) Tempolimit
Schließlich
noch ein weiterer Aspekt, der in seiner Bedeutung auf den
Kraftstoffverbrauch sträflich unterschätzt wird, das Tempolimit. Ein
generelles Tempolimit war bisher trotz vieler Anläufe nicht
durchsetzbar. Erst kürzlich hat die Bundeskanzlerin noch einmal betont,
dass es mit ihr kein Tempolimit geben wird. ADAC und Automobillobby
sind die erbitterten Gegner des Tempolimits. Sie berufen sich auf den
Wettbewerbsvorteil der deutschen Automobile und die Gefährdung von
Arbeitsplätzen. Die Befürworter des Limits führen den exponentiell
ansteigenden Mehrverbrauch bei hohen Geschwindigkeiten ins Feld.
Eine
Ironie des Schicksals: die Argumente beider Seiten sind nicht
sonderlich stichhaltig. - Warum? - Die Begründung der Befürworter ist
sehr leicht zu entkräften, obwohl die Behauptung grundsätzlich richtig
ist. Nur ist der entstehende Mehrverbrauch in Relation zum gesamten
Energiebedarf des Automobilverkehrs völlig unerheblich.
Die
Entkräftung der Gegenargumente ist nicht ganz so einfach. Man muss
etwas weiter ausholen und sich mit der Auslegungsphilosophie heutiger
Fahrzeuge und Motoren beschäftigen.
In
einer aktuellen Presseinformation stellt z.B. die BMW-Group den MINI E,
der gerade auch auf der "NAISA Detroit 2010" gezeigt wurde, so vor:
"...Eine
neue und zukunftsweisende Ausprägung der MINI typischen Charakteristik
stellt auch der MINI E dar. Sein 150 kW/204 PS starker und von
einem Lithium-Ionen-Akku gespeister Elektromotor ermöglicht eine
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h beziehungsweise 62 mph in nur 8,5 s
sowie eine maximale Reichweite von 250 km/150 Meilen. Das erste rein
elektrisch angetriebene Modell der Marke, das in einer Kleinserie von
600 Fahrzeugen produziert wurde, leistet Pionierarbeit bei der von der
BMW Group betriebenen Entwicklung alternativer Antriebskonzepte auf dem
Weg zur CO2-freien Mobilität." ..."Im Rahmen eines in den USA
gestarteten und inzwischen auch auf europäische Standorte ausgeweiteten
Feldversuchs zeigt er das Potenzial des rein elektrischen und damit
CO2-freien Fahrens im Alltagsverkehr auf. ..."
Welches Potential? - Der Mini E hat eine
auf 160 km/h beschränkte Höchstgeschwindigkeit, obwohl die
Höchstleistung von 150 kW bzw. 204 PS locker für 220 km/h ausreichen
würde. Wieso zügeln die Entwickler künstlich den Vorwärtsdrang dieses
Fahrzeugs? (Übrigens ist auch der E-SportwagenTesla Roadster mit seinen
225 kW auf max. 200 km/h begrenzt!)
Dafür gibt es – am Beispiel des E-Mini betrachtet - mehrere Gründe:
1.Weder
die 5088 Zellen der Batterie noch die Steuerelektronik sind einer
Dauerleistung von 150 kW gewachsen. Beide Komponenten würden bei voller
Belastung den Hitzetod sterben.
2.Trotz
eines Batteriegewichts von 260 kg beträgt die nutzbare Kapazität gerade
mal 28 kWh. Die Leistung von 150 kW könnte rein rechnerisch nur für die
Dauer von 11 Minuten abgerufen werden. Anders dargestellt: Spätestens
nach 40 Kilometern auf der Autobahn gehen die Lichter aus.
3.Trotz aller Brisanz sind die Punkte 1 und 2 nur von rein theoretischer Bedeutung. Entscheidend ist folgendes Phänomen:
Die Spitzenleistung fällt mit der Spannung, diese wiederum mit der Restkapazität.
Wenn
die Hälfte des Batterieinhalts verbraucht ist steht auch nur noch die
halbe Leistung zur Verfügung. Die mögliche Höchstgeschwindigkeit sinkt
entsprechend.
Der Kunstgriff mit der freiwilligen Drosselung auf
160 km/h bewirkt in der Fahrpraxis, dass der Kunde den
Leistungseinbruch nicht so deutlich wahrnimmt. Für 160 km/h benötigt
man lediglich 50 kW. Dafür reicht auch ein Drittel der ursprünglichen
Spannung von 380 Volt.
Zudem schützt sich das System durch
diesen gewollten Effekt bis zu einem gewissen Grad selbst vor völliger
Entladung. Je niedriger die Restkapazität und damit die Leistung, desto
weniger Strom zieht der Motor aus dem Bordnetz. Der Fahrer steuert also
freiwillig die nächste Steckdose an, sobald das zügige Vorankommen
erschwert ist.
Aus den Schwächen des E-Antriebs lernen
Was
haben diese Eigenheiten des Elektroantriebs mit dem Verbrennungsmotor
zu tun? Beim Elektroantrieb schützt die freiwillige Drosselung vor
Überlastung und unterbindet eine verbrauchsintensive Fahrweise. Was
hindert uns eigentlich daran, diese Methode auch bei Fahrzeugen mit
Verbrennungsmotor anzuwenden? Gleiches Recht für alle! Was den
Entwicklern und Konstrukteuren für den Elektroantrieb recht ist, sollte
schließlich für den Verbrennungsmotor billig sein.
Verbrennungsmotoren
sind heutzutage so ausgelegt, dass die maximale Leistung beliebig lange
zur Verfügung steht. Wenn die Verkehrsverhältnisse es zuließen, könnte
man mit einem Fahrzeug mit 150 kW problemlos stundenlang auf der
Autobahn 220 km/h fahren. Um das theoretisch zu ermöglichen, treibt man
in der Praxis einen extrem hohen Aufwand:
Abgasturboaufladung,
Ladeluftkühlung,
Vierventiltechnik,
verstellbare Steuerzeiten,
Direkteinspritzung,
Getriebe mit 6, 7 und 8 Gängen,
aufwändiges Wärmemanagement
-
das sind die Bausteine um einen Anspruch zu erfüllen, dessen Umsetzung
im normalen Verkehr unmöglich ist, ohne dass der Verbrauch bei
Normalfahrt darunter leidet.
Lautet deshalb die Alternative, nur
noch Motoren mit 50 kW zu bauen, mit denen man nach langem Anlauf knapp
die Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h erreicht? Natürlich nicht. Um
beim Vergleich mit dem Elektro-Mini zu bleiben: Auch der
Verbrennungsmotor sollte eine Spitzenleistung von 150 kW aufweisen. Der
Unterschied in der Ausführung ergibt sich daraus, dass er diese nur
kurzzeitig abgeben muss, nämlich nur in den wenigen Sekunden von
Beschleunigungsphasen. Das gibt den Motoren- und Fahrzeugbauern ein
ganzes Bündel an Maßnahmen zur Reduzierung des Aufwands und zur
Verbesserung der Trinksitten an die Hand. Das Zauberwort heißt
„boosten“ oder „Boost“. (Ein kommendes „Unwort des Jahres“?)
Das
Rezept ist einfach. Man nehme einen Motor der kompromisslos auf 50 kW
ausgelegt ist. Wird mehr Leistung benötigt, springt ein Hilfssystem
ein, das kurzzeitig die Leistung anhebt. Das kann die Zwangsbeatmung
durch einen elektrisch angetriebenen Kompressor sein, oder auch die
Unterstützung durch eine Elektromaschine mit 100 kW. Entscheidend ist,
dass man bei der Basisauslegung auf das Boostsystem keine Rücksicht
nehmen muss, wie das heute bei der permanenten Aufladung durch den
Abgasturbolader der Fall ist. Die Kraftstoffökonomie des „Boostsystems“
selbst ist ohne Bedeutung. Im ECE-Zyklus wird es ohnehin nicht
beansprucht, und in der Praxis beschränkt sich sein Eingreifen auf
weniger als 1 Prozent der gesamten Fahrdauer.
Wie würde also
konkret ein Konzept - zum Beispiel - mit temporärer Aufladung durch
einen elektrisch angetriebenen Kompressor aussehen und wie hoch wäre
theoretisch dessen Kraftstoffverbrauch?
Im ersten Schritt kann
man sämtliche oben genannten HighTech-Elemente aus dem Fahrzeug
entfernen, bis auf die Direkteinspritzung.
(Die übrigens –
ganz nebenbei in Richtung „ADAC motorwelt“ bemerkt – den
Feinstaubausstoß im Vergleich zu einer indirekten Einspritzung erhöht.
- Beim Verbrennungsmotor – auch beim Ottomotor! - Beim ADAC ist in der
Nr.1/2010 13,6 Millionen Mal zu lesen: „Benzinmotoren stoßen gar keine
Partikel aus.“)
Der gesamte Motor mit seiner Peripherie wird
in der von uns angedachten Version wesentlich einfacher, leichter und
kostengünstiger, da erheblich mehr abgespeckt wird als neu hinzukommt.
Der Verbrauch eines modernen Benzinmotors mit 50 kW liegt bei etwa 4
Liter/100 km im Testzyklus und bei 5 Liter/100 km in der Praxis.
Ein Fahrzeug nach dem Downspeeding-Konzept ausgestattet, ist eher
noch etwas günstiger anzusiedeln. Hingegen liegt das Vergleichsfahrzeug
mit 150 kW Dauerleistung bei etwa 7 L/100 km ECE- und 10 L/100 km
Praxisverbrauch und hat somit einen deutlich höheren Verbrauch.
Damit
ist aber das Einsparpotential beileibe noch nicht erschöpft. Die
Beschränkung auf 160 statt 220 km/h hat weitere positive Nebeneffekte.
Es reduzieren sich z.B. die Anforderungen an Fahrwerk, Reifen, Bremsen
und Karosserie, was sich positiv auf deren Gewicht auswirkt. Das
wiederum ergibt entweder eine bessere Beschleunigung bei gleicher
Leistung oder man erzielt die gleiche Beschleunigung mit weniger
Leistung und damit weniger Verbrauch.
Permanente Höchstleistung
muss aufwändig gekühlt werden. Deshalb haben alle Fahrzeuge mit
Abgasturbolader, egal ob Diesel oder Benziner, einen riesigen
Kühllufteinlass an der Wagenfront. Das bekommt dem Luftwiderstand gar
nicht gut. Dagegen ist eine temporäre (kurzzeitige) Höchstleistung
kühlungstechnisch unproblematisch und die Wagenfront kann aerodynamisch
(und optisch!) perfekt gestaltet werden. - Eine „große Schnauze“ ist
nicht immer von Vorteil!
Ein solches Konzept nennt sich
„Downspeeding“, als Gegenentwurf zum allgegenwärtigen und zum
Allheilmittel in unseren Fachzeitschriften hochstilisierten
„Downsizing“. Es verleiht dem Tempolimit wesentlich mehr Gewicht als
die bekannten Argumente. Außerdem verkehrt es das Hauptargument der
Gegner ins Gegenteil. Denn um zukünftig wettbewerbsfähig zu sein, muss
man sich vom Wettbewerb abheben, darf aber allgemeine Trends nicht
verschlafen. Es ist günstiger, aktiv eine Vorreiterrolle bei
hochaktuellen Themen zu spielen, als vom Wettbewerb zum Handeln
gezwungen zu werden.
Beispielsweise von Toyota. Toyota (wer
sonst?) hat als erster das Potential einer limitierten
Höchstgeschwindigkeit erkannt und bei sämtlichen Hybridmodellen
umgesetzt. Hat es dem Verkaufserfolg geschadet? Bekanntlich nicht. Man
kann darauf wetten, dass diese Strategie bald Nachahmer finden wird,
wenn den Marketing-Spezialisten dazu eine den (dummen?) Käufer
überzeugende Argumentation eingefallen ist.
5) Vmax-Steuer
Selbst
wenn es gegen alle Widerstände doch noch eingeführt würde: Ein simples
Tempolimit alleine reicht nicht aus, um in der etwas einfältig
reagierenden Automobilwelt den dringend benötigten Umdenkprozess
einzuleiten. Noch viel weniger durchsetzungsfähig wäre allerdings eine
gesetzlich vorgeschriebene Drosselung der Höchstgeschwindigkeit, ganz
gleich auf welchem Niveau. Es würde nur unnötig die Fronten
verhärten und der Automobillobby in die Hände spielen. Wie kann aber
dann eine flankierende Maßnahme aussehen, die die Freiheit des
einzelnen nicht beeinträchtigt und trotzdem ihren Zweck erfüllt? Sie
muss, wie könnte es anders sein, beim Geldbeutel ansetzen.
So könnte – als ein mögliches Beispiel - eine Steuermaßnahme aussehen (wobei die Parameter variabel sind):
In
den Kfz-Papieren ist die erreichbare Höchstgeschwindigkeit eingetragen.
Für die Überschreitung einer gesetzlich vorgegebenen Grenze ist eine
jährliche Steuer zu entrichten. Die Grenze sei in unserem Beispiel mit
160 km/h, die jährliche Steuer mit 10 € pro 1-km/h-Überschreitung
angenommen. Ein Fahrzeug, das mit 200 km/h angegeben ist, beschert
demnach dem Staat eine jährliche Einnahme von 400 €, bei 250 km/h sind
es bereits 900 €. Selbstverständlich braucht eine derartige Steuer eine
ausreichende Vorlaufzeit von etwa 2 – 3 Jahren, damit der Markt sich
darauf einstellen kann. Sie darf auch nur für neu produzierte Fahrzeuge
gelten, nicht für bereits auf dem Markt befindliche.
Anders
als meisten Steuern und Abgaben trifft diese Steuer ausschließlich die
Wohlhabenden, die sich ein schnelles Auto problemlos leisten können.
Alle diejenigen bleiben davon unberührt, die auf einen fahrbaren
Untersatz angewiesen sind, aber nur über geringe finanzielle Mittel
verfügen oder dafür einsetzen wollen.
6) Zukunftsvisionen
Die
deutsche Automobilindustrie befindet sich in einer schwierigen Lage. Es
fehlt sowohl an Visionen als auch an klaren politischen Zielvorgaben.
In den Vorstandsetagen versucht man fehlende Visionen durch die
beliebten Modelloffensiven wettzumachen, was nichts anderes bedeutet
als eine Sintflut überflüssiger Varianten. Die Politik wiederum
versucht derzeit ähnlich wie bei der Finanzkrise, durch
Konjunkturpakete und finanzielle Anreize das Autogeschäft zu beleben,
bzw. vor dem drohenden Niedergang zu bewahren. Mit dieser
Vorgehensweise drückt sich die Politik vor unpopulären Maßnahmen. So
bequem das Verschieben der Probleme in die Zukunft für unsere Politiker
auch ist, irgendwann bezahlen wir alle die Zeche. Statt Probleme zu
verdrängen muss man sich ihnen stellen, je eher desto besser. Je länger
man wartet, umso schmerzhafter werden die Einschnitte ausfallen -
ausfallen müssen!
Im Moment stellt die Politik mit dem Geld für
Firmenrettungen, Elektroantrieb und Abwrackprämie die Weichen – und
zwar genau in die falsche Richtung. Sogar gegen die langfristigen
Interessen der deutschen Autoindustrie! Diese Summen, ergänzt durch die
Mehreinnahmen aus einer höheren Mineralölsteuer und der Vmax-Steuer
müssen wir vorrangig in zukunftsträchtige Sparten investieren. Dazu
gehören der Energie-, Nahrungsmittel-, Gesundheits- Bildungs- und
Multimediasektor. Dort müssen die neuen Arbeitsplätze entstehen, die in
der deutschen Auto- und Zulieferindustrie mit absoluter Sicherheit
wegbrechen werden, sei es durch Insolvenzen oder - Verlagerungen
ins Ausland.
Der Zeitpunkt ist günstig. Viele Menschen sind im
Moment bereit, ihren Beitrag zur Abwendung der Klimakatastrophe zu
leisten. Nur wollen sie sehen, dass sie nicht die einzigen sind, die
Opfer bringen, sondern dass sich auch alle anderen daran beteiligen,
und zwar jeder nach seinen Möglichkeiten. Außerdem: Wäre es für
Deutschland nicht ein lohnendes Ziel, die Weltführerschaft in der
Vermeidung klimaschädlicher Emissionen anzustreben? Nach dem Motto:
Statt Exportweltmeister (das ist jetzt China) lieber
Klimaschutzweltmeister. Unser Ansehen in der Welt würde bestimmt enorm
gewinnen.
Jetzt ist die Politik gefordert, den Wandel aktiv zu
gestalten: den von einer Verbraucher- zu einer
Bewahrergesellschaft, - jeder nach seinen Möglichkeiten.
MK-Team/um Wilhelm Hahne