10-02-12/02
- Zunächst
muss ich wohl mal den Titel dieser Geschichte erklären: Da steht BMW
für "Bayerische Motoren Werke", KO für "Kleider-Ordnung" und FIZ für
"Forschungs- und Information-Zentrum". Mit dem BAu des FIZ wurde von
BMW im Jahre 1985 begonnen und es wurde 1990 die offizielle Einweihung
gefeiert. In diesem FIZ ist eine Menge entstanden. An technischen
Innovationen, an neuen Automobil-Modellen. - Natürlich alles Premium.
Besonders, wenn man das auf die Preise bezieht. - Damals war noch Dr.
Reitzle der Chef im FIZ und er hatte auch dort sein ständiges Büro.
(Neben seinem "nicht ständigen" Büro im so genannten "Vierzylinder", wo
sich eigentlich die Vorstände drängelten.Inzwischen
heißt der neue Mann im FIZ Dr. Klaus Draeger. Sicherlich ein kluger
Mann. Aber eigentlich weint man unter den 6.000 Beschäftigten im FIZ
dem Dr. Reitzle immer noch nach. Dabei hat Dr. Draeger so wichtige
Sätze gesagt wie z.B. 2007 in Aachen auf einem Kolloquium, wo er u.a.
ausführte:
"Auch die Rahmenbedinungen müssen stimmen. Nachhaltige Mobilität erfordert den Schulterschluss der gesamten Gesellschaft."
Das
empfand wohl auch eine Dame, die im FIZ ihre Arbeit tut. Sie möchte das
nachhaltig tun und nicht - irgendwann - nachhaltig Ärger bekommen. So
schrieb sie dann ihrem Chef, Dr. Klaus Draeger, folgendes E-mail:Betreff: Kleiderordnung im FIZ
Sehr geehrter Herr Dr. Draeger,
seit Jahren beobachte ich mit wachsendem Unmut den zunehmenden Trend vieler
Mitarbeiter, in ungepflegter Freizeit- oder gar Strandbekleidung zur Arbeit
im FIZ zu erscheinen - und das nicht nur am Freitag.
Ich erwarte von Entwicklungsingenieuren und Kollegen ohne Außenkontakte und
sofern sie im Werkstattbereich tätig sind, keinen dunklen Anzug mit
Krawatte, aber lange Hosen und ein gebügeltes Hemd, und Herren in
abgeschnittenen Hosen und Flipflops sind für mich Ausdruck der Missachtung
des Arbeitgebers, deren Repräsentanten sie sind. Unsere
Premium-Platzierung, die wir unseren Kunden nicht nur durch unsere
exzellenten Produkte vermitteln, muss sich auch im Auftreten eines jeden
Mitarbeiters widerspiegeln.
Bei meinen Führungen durch das FIZ setze ich alles daran, BMW in bestem
Licht erscheinen zu lassen und vermeide, dass auch nur das kleinste
Staubkörnchen am Premium-Image unseres Unternehmens kratzt, und dann bringt
mich ausgerechnet die Kleiderordnung in die Bredouille.
Den Gästen - wir führen im Jahr ca. 5000 Besucher durch das FIZ - fällt der
legere Auftritt unserer Mitarbeiter nämlich sehr wohl unangenehm auf und sie
quittieren ihn mit der Bemerkung, dass es bei uns aber locker zuginge, was
man bei dem Image, das wir uns geben, nicht erwarte.
Welcher Eindruck, den wir als global player ja auch bei Angehörigen anderer
Kulturkreise und Glaubensrichtungen hinterlassen, die - alle Multiplikatoren
- ihre Beobachtungen in der Welt verbreiten!
Der Grund, warum ich mich heute an Sie wende, ist mein gestriges ein
Erlebnis, welches das Fass zum Überlaufen brachte:
Ein Mann mittleren Alters ging während der Betriebsversammlung mit
stolzgeschwellter Brust die Magistrale entlang, gewandet in ein T-Shirt mit
der Aufschrift - ich zitiere wörtlich: "Daaden Sie eventuell mit mir vö...".
Und ich stellte mir so vor, wie ich mit Staatsgästen oder, auch besonders
pikant, mit Herrn von Kuenheim, der sich schon über nicht geputzte Schuhe
echauffieren konnte, unsere heiligen Hallen entlang ginge, und eine
derartige Gestalt liefe uns über den Weg. Nicht auszudenken!
Es wäre mir ein großes Anliegen, wenn ein Wort aus Ihrem berufenen Munde
Ihre Bereichsleiter dahingehend sensibilisieren könnte, von ihren
Mitarbeitern ein gewisses Bekleidungsniveau einzufordern. Ein Blick in die
Brand Behaviour Basics wäre z. B. hilfreich.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
XXX XXXXX
BMW Group
Kommunikation Entwicklung,
Einkauf und Lieferantennetzwerk, AK-??
Das
musste ja mal gesagt werden. Man kann nicht nur Premium entwickeln,
fertigen, verkaufen, man muss es auch vorleben. Beispielhaft. Nicht nur
im Karneval.Das
E-mail wurde übrigens im Juli 2009 geschrieben, es ging über den Umweg
Audi, Bosch, Ford, Porsche, und, und, und - schließlich - aber jetzt
erst - bei mir ein. - Aber der Inhalt passt schon zu Karneval.,Dieses Schreiben fand auf allen Ebenen der eigenen Firma - BMW - aber auch bei der
Konkurrenz und den Zulieferern große Beachgtung und Zustimmung, wurde diskutiert, auch
in den Details. Wie hätte man sonst jemals erfahren: "Das
T-Shirt mit der Aufschrift "Daaden Sie eventuell mit mir vö...". ist
übrigens ein Merchandising-Artikel zu Film "Wer früher stirbt ist
länger tot" und somit bayrische Leitkultur, die aber wohl von Frau XXXX
verkannt wird. ;-)"
Aber
Dr. Draeger hat sich um das Problem bemüht. Seine Sekretärin hat die
zuständigen Herren der "Leitungs-Ebene" (nennen wir sie einmal so)
angeschrieben und i.A. dargestellt:Sehr geehrte Herren,
wie im heutigen E-Kreis von Herrn Dr. Draeger angesprochen, erhalten Sie
anbei die E-Mail zur "Kleiderordnung" mit der Bitte um Sensibilisierung der
Mitarbeiter.
Mit freundlichen Grüßen
XXXX XXXXX
Perfekt! - Man nimmt die selbst geschaffenen "Leitlinien der Personalpolitik" eben ernst, wo es unter Punkt 2 heißt:"Das Denken über nationale und kulturelle Grenzen hinaus ist für uns eine Selbstverständlichkeit."
Wenn
ich auf der Suche nach Hintergründen auf "Bedürfnisse" bei BMW auf eine
BMW FIZ Strolche e.V. gestoßen bin, so hat das zwar mit dem
Forschungs- und Information-Zentrum (FIZ) zu tun, aber nicht mit den
T-Shirt-"Strolchen" die dort arbeiten (s.o.), sondern es handelt sich
hier um eine Kindertagesstätte und Hort. Aber deren "Bedürfnisse"
könnten (theoretisch) auch die der eigentlich 6.000 Beschäftigten dort
sein:- Vorbilder
- Unterstützung
- Spiele
- Anregungen
- Verständnis
- Bewegung
Denn bei BMW ist es so, dass
"Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen der BMW Group erforschen,
entwickeln und prüfen neue Lösungen, um Abläufe, Materialien, Verfahren
oder Technologien noch weiter zu optimieren - alles im Zeichen einer
mobilen Welt von morgen." - Premium eben. - Und nachhaltig.Sogar Ford-Mitarbeiter nehmen die BMW-Anregungen aus dem Kleiderordnungs-E-mail gerne auf:"Hallo, wir wollen doch auch Premium werden, hier sieht man worauf es ankommt."
So hilft BMW auch der Konkurrenz, zur Premium-Kategorie in der Automobilherstellung aufzuschließen.Nachdem
schließlich die Ursprungs-E-mail praktisch durch viele Abteilungen
vieler Hersteller und Zulieferer gekurvt ist, kam sie gerade noch
rechtzeitig vor Karneval (nach sieben Monaten) bei Motor-KRITIK an. Als
rechtsstaatlich geprüfter Geheimnisverräter (Sie erinnern sich?) mache
ich diese penible Arbeit an Details - die insgesamt viel Geld gekostet
hat - (denken Sie nur mal an die aufgewendeten Mann-Jahre!) eines
Premium-Herstellers gerne der Öffentlichkeit zugänglich. - Wie schrieb
aber jemand der Konkurrenz, der den tieferen Sinn der Urspungs-E-mail
nicht verstanden hat vor wenigen Wochen:"Gut,
daß wir im Moment Winter haben. T-Shirts, Flip-Flops und abgeschnittene
Hosen (!) sieht man da eher selten. Außerdem ist heute Freitag: Casual
Day!!!"
Und ich sage: Gut, dass wir gerade Karneval haben. Da lächelt man gerne mal. - Über andere.