Über die Entwicklung bei Opel: Man wird schließlich noch eine eigene Meinung haben dürfen. Außerdem bin ich nicht Politiker. Aber ich habe die GM-Politik - die immer auch die von Opel war - über viele Jahre mit erlebt. - Unvergessen.

Natürlich kenne ich noch die Schäden beim 1,7 l-Motor an den "Novotex"-Rädern (Nockenwellenantrieb), weiß um die Radlagerschäden vorne beim Sechszylinder-Commodore, habe gerade noch durch mein Eingreifen für eventuelle Käufer Radlagerschäden hinten beim "damals" neuen Opel Astra vermeiden, habe Opel auf Lenkkraftveränderungen bei bestimmten Modellen hinweisen können, konnte durch meine Erfahrung mit Testwagen Benzinversorgungsstörungen bei einer sportlichen Version in der gerade anlaufenden Serie verhindern, habe eine bessere - als die damals erst serienmäßige - Fahrwerkabstimmung beim Opel Astra GSi durchgesetz, habe... - Ich habe mich wirklich engagiert. Weil ich eigentlich Opel mag. Und wurde mit Prozessen überzogen. Weil ich wohl Opel-Managern mit meinem "Kümmern" auf die Nerven ging. - Ich habe für die Opel-Lounge - hier oben am Nürburgring - Hausverbot erhalten. Vor vielen Jahren. Das wurde dann (aus taktischen Gründen?) im letzten Herbst zurück genommen. - Und nun geht es munter mit Opel weiter. Ich beobachte das mit Interesse. Aus der AG ist eine GmbH geworden. Der letzte Firmenlenker für mehr als fünf Jahre, Hans Demant, geht demnächst in Altersteilzeit. Der neue, Nick Reilly, ist als "knallhart" bekannt. Und beeindruckt wahrscheinlich mit seiner Taktik (die eigentlich die von GM ist) jetzt Provinz-Politiker. - Da sei die Frage erlaubt:

Helfen OPEL nur „Taschenspielertricks“ von GM?

10-03-10/05Früher, als Opel noch eine deutsche AG war, da wurden eventuelle Verluste dieses deutschen Automobilherstellers in den Bilanzen von GM Europe, in Zürich/Schweiz angesiedelt, versteckt. Heute ist Opel eine GmbH und hat, entsprechend den gesetzlichen  Bestimmungen, ihre Bilanzen öffentlich zu machen. Nun werden die aber niemals direkt nach Abschluss eines Jahres öffentlich. So konnte erst jetzt – in 2010 - bekannt werden, dass Opel schon im Jahre 2008 einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro hinnehmen musste.

Und dem Automobilmarkt geht es seit dieser Zeit nicht besser. Aber nun weiß auch Herr und Frau Jedermann sicher, dass die derzeitig kritische Situation des Rüsselheimer Automobilherstellers (eine „Tochter“ von GM) nur wenig mit der von US-Banken ausgelösten Weltwirtschaftskrise zu tun hat. Und nur dann hätte Opel eigentlich eine Chance, an Staatszuschüsse – Kredite, Bürgschaften u.ä. - zu kommen. So besteht kein Anspruch darauf. Das weiß man bei der Bundesregierung in Berlin und gibt sich entsprechend kühl, wenn Opel-Manager dort vorstellig werden. Zumal auch der dort von GM-Managern vorgelegte Sanierungsplan als „ungenügend“ empfunden wird.

GM wollte zu den von den Regierungen geforderten 3,3 Milliarden Euro, nur 600 Millionen aus der eigenen Tasche hinzufügen. - In Berlin hat man den Kopf geschüttelt und eine deutliche Verbesserung der Zuschüsse von GM-Seite an Opel erwartet.

Überraschender Weise hat General Motors nun nachgebessert. Man will nun aus den USA der  deutschen GmbH mit 1,9 Milliarden Euro  unter die Arme greifen. Sagt man und gibt es schriftlich. Die deutschen Politiker sind beeindruckt. Von denen – und den „Kollegen“ in den anderen europäischen Opel-Produktionsländern - werden aber nun auch 3,7 Millionen Euro (statt bisher 3,3) als Sanierungsbeitrag (ganz gleich ob Kredit, Bürgschaft o.ä.) erwartet. Außerdem stellt GM nun bei Opel auch die Entwicklung von Elektroautomobilen in unterschiedlichen Klassen in Aussicht. - Auch das beeindruckt die Politiker. Vor allen Dingen die politischen Landesfürsten aus der Provinz. Immer unterwegs auf der Jagd nach Wählerstimmen.

Aber es ist auch eine Tatsache, dass die GM-Manager dabei bleiben, in Europa 8.300 Opel-Mitarbeiter entlassen zu müssen (davon 3.900 in Deutschland), wenn man in Zukunft wieder wirtschaftlich arbeiten will. Aber auch diese Zahl gibt nicht die wirkliche Verringerung der Beschäftigtenzahl in nächster Zeit wieder, wenn man nun wirklich zur Entlassung der 8.300 Opel-Werktätigen schreitet. Was die Politiker nicht hinnehmen wollen. Obwohl jeder Realist begreifen wird, dass es keine andere Möglichkeit gibt. - Aber welcher Politiker ist schon Realist?

Dabei müsste man der oben genannten Zahl noch die Leute hinzu rechnen, die bereits vor diesen Ankündigungen bei Opel die Angebote zu Abfindungs- und Alterteilzeitprogrammen angenommen haben und in den nächsten Monaten auch garantiert (!) ausscheiden werden. So kommt man schnell auf eine Gesamtzahl von mehr als 10.000 Mitarbeitern, um die sich die Zahl der bei Opel Beschäftigten in Europa verringern wird. - Auch verringern muss.

Denkt man einmal so clever, wie das auch GM-Manager zu tun scheinen, wenn sie gemachte Angebote – wie z.B. einen „Zuschuss“ an Opel von 600 Millionen auf 1,9 Milliarden – mehr als verdreifachen, dann stößt man als „Insider“ darauf, dass die durchschnittlichen Entwicklungskosten bei Opel pro Jahr bisher durchschnittlich 1,2 Milliarden Euro betrugen. Wenn man nun auch weiß, dass die Nutzungs- und Lizensrechte aller Opel-Patente bei GM liegen, dann wird es für GM einfach werden, Opel ein „Zuschuss“ von 1,3 Milliarden über den zunächst zugesagten Betrag von 600 Millionen hinaus zu gewähren, indem man Opel die eigenen Patente (!) zum Nulltarif nutzen lässt. Zumindest für eine gewisse Zeit.

Ist das GM-Angebot also eigentlich nur ein Taschenspieler-Trick? - In den ersten zwei Monaten des Jahres 2010 erreichte Opel in einem immer kleiner werdenden Markt einen Verkaufsanteil von um 7 Prozent. Darauf ist man stolz. - Aber das sollte man deutlich sagen: Mit Verkaufszahlen aus einem siebenprozentigem Anteil kann man in Zukunft als Großserienhersteller nicht überleben. Dieser Anteil an einem zu kleinen Markt ist zu klein!

Man sollte auch die Veränderung im öffentlichen Auftreten des Betriebsratsvorsitzenden Klaus Franz registrieren. Wenn der sich jetzt auf dem „Genfer Salon“ zur Opel-Situation und der Unterstützung durch GM äußerte, dann klang er wie eine „gestopfte Trompete“, während er Wochen vorher noch in Ton und Lautstärke an die „Trompeten von Jericho“ erinnerte, die Mauern zum Einsturz brachten. Man hat ihn wohl - auch von Seiten der Gewerkschaften (!) - an seine Grenzen erinnert.  Sanft, ganz sanft geht man jetzt von dieser Seite mit Opel um. Während die GM-Manager den harten Kurs fahren, um begreifbar zu machen: Wer den von GM vorgegebenen Kurs nicht unterstützt, der ist gegen GM und hat bei Opel keine Zukunft.

Auch Klaus Franz muss an seine Zukunft denken, denn die nächsten Betriebsratswahlen stehen vor der Tür und schon am 8. März gab es eine Betriebsratsversammlung, auf der er sich sicherlich profilieren konnte. - Aber in welche Richtung? - Franz forderte bisher eine Beteiligung der Opel-Beschäftigen an der Firma, wenn sie eine Minderung ihres Einkommens hinnehmen sollen, um das Überleben „Ihrer Firma“ zu gewährleisten. - Irgendwer ist doch hier krank. Wer möchte sich denn an einer Firma beteiligen, die dicht am Abgrund steht? - Wollen sich die Betriebsangehörigen auch prozentual an den möglichen Verlusten in Zukunft beteiligen? - Und wer vertritt sie im Aufsichtsrat? - Klaus Franz, der schon als Aufsichtsratsmitglied keine Einwände hatte, als GM die „Tochter“ Opel von einer AG auf eine GmbH zurück stufte? - Um dann später medienwirksam darüber zu klagen und wieder eine AG zu fordern.

Klaus Franz hat in dem Moment an Bedeutung verloren, wo Nick Reilly die Führung bei Opel übernommen hat. Nick Reilly ist knallhart. Er hat es in der Vergangenheit bewiesen, als er z.B. in England in Produktionsstätten aufräumte. Man musste damals sogar Sicherheitskräfte einsetzen, die seine Sicherheit dort gewährleisteten. Er ist ein Mann, der keine Entscheidung scheut, sei sie auch noch so hart und eigentlich – unmenschlich. - Wenn sie GM dient, ist es die richtige Entscheidung. Und Nick Reilly setzt sie durch. - Da wird Klaus Franz nur das Jammern bleiben. - Aber dieser Mann verliert damit seine Glaubwürdigkeit. - Ein kleiner Mann macht sich noch kleiner. Trotzdem wird er wieder als Betriebsratsvorsitzender gewählt werden, weil es derzeit zu Klaus Franz Opel-intern keine Alternative gibt.

Da ist die Gesamtsituation bei Opel anders. Auch mit großen – und noch größeren – Krediten ist das Überleben von Opel nicht gesichert. Das Händlernetz ist in den Zeiten der Ungewissheit über die Zukunft von Opel immer löcheriger geworden. Ein Opel-Händler nach dem anderen hat sein Markenangebot vergrößert, um überleben zu können. Das verringert die Überlebenschancen einer Marke wie Opel. Die möchte gerne Premium sein, weil nur mit Premium-Qualität auch Premium-Preise zu erzielen sind.

Aber davon ist Opel noch weit entfernt. Opel ist auch von seiner Platzierung im Markt her in einer Krisensituation. Opel ist unter der GM-Herrschaft zu unbeweglich geworden. Mit dieser Entwicklung sind auch die Opel-Manager – zumindest zu einem großen Teil – abgeschlafft. Aber ein Automobilhersteller ist keine Behörde. Es fehlt in Rüsselsheim an dynamischen  Managern mit dem notwendigen „Bauchgefühl“ und – Entscheidungsfreiheit.

Weil es die unter der GM-Haube nicht geben kann, werden auch kaum die richtigen Leute neu zu Opel finden. Die vorhandenen guten Mitarbeiter wählten, inzwischen ein wenig verzweifelt, die Abfindung und Altersteilzeit. Wie oben schon erwähnt, hat auch Hans Demant, lange Opel-Firmenchef (und für die Entwicklung verantwortlich, und für die europäischen Werke, und, und) die Altersteilzeit zum Ausstieg gewählt. Er wird bis Mai 2011 noch Dienst nach Vorschrift machen. Demant verwaltet bis zu seinem Ausscheiden Opel-Patente und Lizenzen, als die Lizenzrechte von GM. - Sie verstehen?

Eine solche Frage würde Hans Demant sicherlich nicht beantworten, dafür fällt die Antwort auf die Frage nicht schwer, wer denn nun die Entwicklung bei Opel verantwortet. - Seit Januar 2010 eine Frau, eine Dame. Knapp Mitte Fünfzig wird sie von GM nun für die Darstellung der Frauenquote genutzt. Das sage ich. Denn GM hat immer auf solche Feinheiten geachtet. Da gab es Schwarze, aber auch Juden im Top-Management. GM hat sich auf dem Gebiet nicht angreifbar gemacht, war taktisch immer gut aufgestellt.

Auch mit der jetzigen Entscheidung für Rita Forst als Entwicklungschefin hat man eine der üblichen klugen GM-Entscheidungen getroffen. Frau Forst ist seit rd. 30 Jahren bei Opel, ganz loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber, organisiert perfekt, würde sich aber niemals auflehnen. Rita Fort hat lange in Turin bei GM "Powertrain" gearbeitet, einer rechtlich selbständigen Gesellschaft (wie so viele andere unter GM-Obhut), hat dort die Dieselmotoren-Entwicklung voran getrieben, war aber auch für die Benzinmotorenentwicklung in Rüsselsheim verantwortlich. Da ihre Familie in Wiesbaden lebt, hat sie - auch für die Turiner-Zeit - dort ihren Lebensmittelpunkt behalten. Seit Ende 2008 war sie aber schon wieder ständig in Rüsselsheim, wurde dort - so sehe ich das - zur weiteren Verwendung von GM zwischengelagert. Rita Forst muss nun nach draußen den Eindruck erwecken, als hätte es z.B. in Korea niemals eine Entwicklung (des Corsa) gegeben, als wäre nun Rüsselsheim für GM der Nabel der Welt. Niemand kann das überzeugender, als eine Frau.

Denn es geht um Geld. GM hätte gerne "Zuschüsse". Je höher je lieber. - Als ich in den letzten Wochen mit einem Manager der Automobilindustrie mal "Dieses oder Jenes" diskutierte, da haben wir auch die Situation bei GM gestreift und seine persönlichen Erfahrungen im Umgang mit diesem Konzern.. Dieser Mann tat einen Ausspruch, der so wunderbar meinen über Jahrzehnte gewonnenen Eindruck von GM unterstreicht. Ich muss den Anfang seines Satzes weglassen, weil man daraus auf seine Identität schließen könnte. Dieser Satz begann mit großen Zahlen und endete mit der ergänzenden und erklärenden Feststellung: "...wenn man das Talent der Amerikaner kennt, andere abzuzocken. - Darin sind sie unschlagbar." (Wir sprachen an diesem Punkt über GM!)


Es fehlt also nicht an Cleverness, aber an Managern mit einem Gefühl für Menschenführung, einem Gefühl für Automobile, einem Gefühl für Märkte. Da aber auch gleichzeitig die bisher noch vorhandenen „typischen Opel-Käufer“ langsam aber sicher aussterben, ist es bei der derzeitigen Modell-Ausrichtung schlecht um die Zukunft von Opel bestellt. - Und bitte reden wir jetzt hier nicht von Premium. - Den Zeitpunkt zum Umstieg - in den 80er-Jahren - hat man verschlafen.

Da helfen jetzt langfristig auch keine „Taschenspielertricks“. GM war auf diesem "zauberhaften" Gebiet immer gut. So, als wäre Las Vegas ein Ziel. - Aber hilft das in Rüsselsheim?

MK/Wilhelm Hahne

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