Motorsport im Jahre 2010: Werfen wir mal einen Blick auf die Formel 1, die DTM, die WTCC, die Rallye-WM - und was es sonst so gibt. Dazu kann man eine Menge sagen und schreiben. - Aber ist das noch Motorport für Zuschauer?

Als Fernsehzuschauer wird man eigentlich gut bedient. Aber ehrlich: Was kommt da rüber? - Wenn man an der Strecke steht... - Entschuldigung! - Welche Strecke ist denn noch eine Zuschauerstrecke? - Man wollte... - Wer ist eigentlich "Man"? - Natürlich die Sportbehörden. - Nehmen Sie bitte die Formulierung "Behörden" wörtlich. Dort wird nämlich der Sport verwaltet. Und zwar so, dass in jedem Fall, jedes Ergebnis, jedes Ereignis, zu jedem Termin, im Nachhinein - entsprechend den Anforderungen der Industrie - passend gemacht werden kann. - Wie hätten Sie's denn gerne? - Na ja, das Marketing spielt eben eine immer größere Rolle. Da muss man dabei sein, sich - gegebenenfalls anpassen. Schließlich unterliegt auch der Sport, also auch der Motorsport, gewissen Gesetzmäßigkeiten. Und dann ist da das Fernsehen. Dahinter stehen immer Millionen. Und dann kostet der Motorsport noch Millionen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich alles rechnen muss. Irgendwie. Zumindest muss man es argumentieren können. - Sollte es also irgendwie in Relation stehen? - Zu was? -  Vieles - zu vieles - hat sich verselbstständigt. - Leider. - Und es gibt zu wenig wirkliche Persönlichkeiten im Motorsport. Es gibt sicher einige, die welche zu sein scheinen. Aber auch da sind wieder - einige - gemacht. Von Marketing- und PR-Fritzen. - Viele Menschen sind im Motorsport - gerade im so genannten Breitensport - unterwegs. Aber wer spricht von denen? - Die Medien brauchen "Aufhänger".  - Warum ist Motorsport nicht einfach nur Motorsport? - Und die "Fachleute" der TV-Sender stellen derweil "Rennfahrern" die Standard-"Fachfrage":

"Was geht jetzt in Ihnen vor?"

10-03-10/07Natürlich muss eine solche Geschichte mit dem Motorsportler Michael Schumacher beginnen. Weil der das Überleben einer  Motorsport-Spezialität garantiert, die sich eigentlich überlebt hat?  - Ich habe Michael Schumacher schon zu Beginn seiner Karriere beobachtet.  Will man seiner Persönlichkeit gerecht werden, muss man ihn unter Motorsport-Gesichtspunkten beurteilen. Da ist er nun mal perfekt.  Es ist die ausgewogene Mischung der bei ihm vorhandenen Eigenschften, die ihn - damals schon - im Vergleich zu den nur Talentierteren überlegen gemacht hat. - So wird er auch in seiner 1. Saison nach dem Comeback mit Bestimmtheit eine Rolle im Endergebnis der Fahrerwertung spielen. Wobei einem der "kleine Rosberg"  (Entschuldigung, aber ich unterscheide ihn so vom "alten" Rosberg)  ein wenig leid tun kann. Entweder ist er noch so naiv oder er tut so.  -  Er wird im internen Ranking mit Michael keine Chance haben.  - Ich sage das, weil ich das Umfeld zu kennen glaube, in dem sich beide bewegen (müssen!).

Grundsätzlich wird auch die F1 in dieser Saison wieder interessant werden, weil es eine Menge Parameter gibt, deren Bedeutung von außen noch nicht einzuschätzen sind. Da wird man - mal im übertragenen Sinn - mit einem "Panamera" starten und mit einem "911" ankommen.  Nachtanken gibt's nicht mehr im Jahre 2010. - Wenn man aber weiß, dass die Fahrwerkabstimmung in der Formel 1 im Grunde über den Reifendruck erfolgte, dass der Bodenabstand möglichst immer gleich sein sollte (Groundeffekt), dass man eine Veränderung im Abstimmungsverhalten über die Rennzeit vermeiden muss  - und noch viele andere Dinge beachten - dann könnte es auch dazu kommen, dass man dem Verbrauchsverhalten eines Motors größere Aufmerksamkeit schenken muss.  Wer über die Rennzeit weniger verbraucht, muss auch weniger Benzinlast ab dem Start mitschleppen. - So kann auch der Vergleich zwischen Qualifying- und Renn-Rundenzeiten sehr aufschlussreich werden.

Die Tests bisher waren eigentlich - zumindest für mich - ohne Aussagekraft, weil alles unvergleichlicher denn je war. Ein Vergleich ist ab Sonntag möglich. Es lohnt sich, den Fernseher rechtzeitig einzuschalten.

In der Tourenwagen-WM (WTCC) ist dagegen der erste Lauf schon durchgeführt. In Brasilien traten drei Fabrikate - mehr oder weniger in Form von Werksteams - gegeneinander an: BMW, Chevrolet und Seat. BMW  hat in der Saison 2010 den Belgier Bart Mampaey mit dem Einsatz zweier Fahrzeuge beauftragt. Die werden von  Andy Priaulx und Agusto Farfus gesteuert. - BMW hatte sich sicherlich den Erfolg in Curtiba anders vorgestellt. Nach zwei Rennläufen  war man in der Fabrikatswertung von den genannten drei Firmen Dritter. Gewonnen haben: 1 x Chevrolet (Yvan Muller) und 1 x Seat (Gabriele Tarquini).

Interessant war, dass man auf "Eurosport" immer noch versucht, die deutlichen Schwächen von BMW mit der Überlegenheit von SEAT (dank Turbo-Dieselmotoren) zu kaschieren.  Bei Regen ist dann plötzlich ein Hecktriebler schwerer zu fahren, die Fronttriebler haben es unter diesen Bedingungen besser, sind leichter zu fahren. BMW kann einem richtig leid tun. - Sie waren am ersten Wochenende die großen Verlierer.  In Wort und Bild.

Hier ein paar Wort-Aussagen nach dem Training/Qualifying aus dem BMW-Lager:

Bart Mampaey: "Wir wollten die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Fahrern auf das höchstmögliche Niveau bringen- und das hat auch perfekt geklappt." - Wirklich? Priaulx wurde Sechster, Farfus  Siebter. Die meinten zum Qualifying-Ergebnis:
Priaulx: "Allerdings habe ich in Kurve eins etwas Zeit liegen lassen und hatte in Kurve fünf leichtes Untersteuern." - Ach so!
Farfus: "In den Trainings waren wir immer ganz vorne mit dabei. Aber im Qualifying waren unsere Konkurrenten schneller als wir." - Eine tolle Feststellung!

Im Rennen wurden die BMW im ersten Lauf Sechster und Fünfter, im zweiten Lauf fiel Priaulx aus, Farfus wurde Sechster. Nach den Rennen sagten die BMW-Fahrer u.a.:

Farfus: "Aber unsere Performance ist insgesamt offenbar noch nicht ausreichend, um es ganz nach vorne zu schaffen."
Priaulx: "Aber es wäre heute mehr möglich gewesen."

Wie wahr! -  BMW also in der F 1 nicht mehr dabei und in der Tourenwagen-WM die dritte Kraft.  - Premium im Motorsport: das war mal!

Chevrolet machte insgesamt den besten Eindruck. Das Team wird auch von einem Mann gelenkt, der mal selbst am Quirl gedreht hat, die interne Organisation (GM) wie seine Westentasche kennt und mit seinen Mitteln eigentlich Unmögliches möglich macht.  - Ein guter Mann an der Spitze eines Teams ist heute der halbe Erfolg.

Die DTM ist noch nicht so weit. Es soll in diesem Jahr 10 Rennen geben, in denen wieder zwei Fabrikate gegeneinander kämpfen. - Wirklich? - 10 Rennen bedeutet, dass man insgesamt (im ganzen Jahr!) um 10 Rennstunden unterwegs ist. Aus Kostengründen darf man nicht so viel trainieren wie man will. Es gilt zu sparen. - Ist bei der DTM, die ja keine Meisterschaft ist, nicht jeder Euro zu viel ausgegeben, die dieser Spaß (für wen eigentlich?) kostet?

Natürlich wird sie vom Fernsehen gut ins Bild gesetzt. Die DTM ist ja wohl auch mehr fernseh- als zuschauergerecht. - Wenn wirklich mal viele Zuschauer da sind, dann handelt es sich oft um Werksangehörige eines der teilnehmenden Werke. Die DTM ist mehr eine Marketing- als eine Sport-Veranstaltung. - Wenn man das alles nicht ernst nimmt, dann kann man sogar darüber lachen.

Die Rallye-WM ist in diesem Jahr schwieriger zu gewinnen. Loeb und Citroen musste man in der Vergangenheit heißen, wenn man vorne sein wollte. Das ist in diesem Jahr ein wenig anders. Ford scbiebt sich ins Bild der Beobachter. Interessant ist auch, wie ein Kimi Räikkönen per Saldo abschneiden wird. Dieses Jahr erstmals nicht in der F1, sondern in der Rallye-WM unterwegs. Die ersten Läufe gingen ein wenig daneben. Aber das lag nicht unbedingt am Fahrer. Kimi zeigt sehr viel Talent. Und was er auch immer nach diesem Jahr machen wird: die Ralley-Erfahrung wird ihm nutzen, ihn "runder machen". - Bravo!

Insgesamt sind aber die Vierrad-Konkurrenzen ein wenig trist. Vielleicht kommt bei den unterschiedlichen GT-Meisterschaften und -Serien mehr Spannung auf. Aber GT-Rennen gibt es inzwischen fast zu viel. - Für wen? - Nur für die Fahrer?

Dagegen tut sich "ganz unten", beim Basis-Motorsport wenig. Die RCN wird stärker sein, als in den Jahren davor. Die "Green Challenge" ist ein guter Ansatz, das Thema Benzinverbrauch "nachhaltig" vorzuführen. Und bei der VLN ist es zu bedauern, dass neben den 10 veranstaltenden Clubs auch noch die Nürburgring GmbH als 11. Mitglied im Verein ist. Streckenvermieter ist so = Streckenmieter und der kaufmännische Nutznießer am Motorsport, versucht die Regeln mit zu beeinflussen. - Muss das sein, lieeber DMSB?

Bei allen Rennserien: der Einfluss der Werke zerstört auf Sicht den sportlichen Wert. Weil dumme Manager nur Siege sehen wollen. Wenn man da nicht das richtige Material (Mensch + Maschine) hat, dann versucht man eben das Reglement in die richtige Richtung (was immer das ist) zu beeinflussen.

BMW setzt in diesem Jahr z.B. eine Limousine als GT ein, die nirgendwo homologiert ist. Sie hat auch keine Basis in irgendeinem Serienprodukt. Dieses Sportgerät soll das Beste aus allen Welten sein. Ein BMW eben.

Ein BMW Formel 1 erregte nur wirklich Aufmerksamkeit, wenn er alleine unterwegs war. Wie bei den F1-Spazierfahrten auf der Nürburgring-Nordschleife. In der Tourenwagen-WM hechelte man - und hechelt auch in diesem Jahr - hinterher.

Bei VW hat sich darum die Mitarbeit eines Fachmannes gesichert: Hans-Joachim Stuck soll werksintern für Ordnung im Sport sorgen, sicherstellen, dass die einzelnen Fabrikate auf richtige Art und Weise in der Öffentlichkeit dargestellt werden. Mal im Sand, mal in Cup-Serien, mal in der Rallye, mal bei Langstrecken-Wettbewerben. - Viel Arbeit für Hans, zumal er nicht überall Unterstützung erfahren wird. - Und wann geht es in die Formel 1?

Es wird - eigentlich wie immer - ein schwieriges Sportjahr werden. Leider haben sich die Akzente bei einigen Wettbewerben immer weiter in Richtung Marketing und PR verschoben. Schlechte Beispiele verderben halt gute Sitten.

Motorsport war sicherlich zu allen Zeiten auf eine gewisse Weise ein Aushängeschild für die Hersteller, die ihre Produkte im Motorsport einsetzten. Aber die wollten "damals" wirklich einen echten Vergleich. Heute will man nur die Bestätigung, dass man der Beste ist. Aber nicht nur im Motorsport werden inzwischen bei der Industrie Entscheidungen von Eitelkeiten bestimmt. - Da wäre dann schon mal die Frage - die hier als Titel diente - wirklich angebracht:

"Was geht jetzt in Ihnen vor."

MK/Wilhelm Hahne

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