Nur als ein kleines Beispiel: Ich habe nicht nur 16-Stunden-Arbeitstage, sondern auch schon mal ein ganz entspanntes Wochenende. - Wie das letzte. - Im Kalender habe ich die Blätter 24. und 25. April abgerissen.  Und war nicht mal alle Tage in der Eifel.

Man kann nicht überall sein. Es gilt immer Entscheidungen zu treffen. So habe ich mich dann für den 24. April für ein Frühstück im "Siebengebirge" entschieden. Ganz privat, ohne jeden beruflichen oder gar geschäftlichen Hintergrund. Man kennt sich jetzt 31 Jahre und hat einen Grund. - Also mal nicht vor dem Computer, Fernsehschirm sitzen, nicht den Nürburgring - z.B. beim VLN-Rennen an diesem Wochenende - umkreisen. Natürlich wäre ich auch gerne in Frankreich gewesen, weil... - Aber bitte keine Hektik. - Ich habe mich entschieden. Für ein Frühstück im "Siebengebirge". - So wurde es dann auch:

Ein ganz normales Wochenende

10-04-25/07 -  In der Zeit, in der ich groß geworden bin, kannte man das Wort "Stress" nicht. - Weil es das Wort nicht gab, gab es den auch nicht. - Ich habe ihn immer vermieden, indem ich mich auf das konzentrierte, was als nächstes gemacht werden musste. Ich habe auch nicht versucht die jeweils unabwendbare Arbeit - und den damit verbundenen zeitlichen Aufwand - in einen Achtstundentag zu pressen. Noch heute verteile ich alles - ganz ungestresst - auf 16 Stunden am Tag. Und meine Leser wissen, ich habe immer Zeit für ein Gespräch. Sie werden mich niemals sagen hören: "Rufen Sie doch später noch mal an, ich muss gerade...". - Ich muss garnichts. - Ich habe also keinen Stress - weil ich mir keinen mache.

Außerdem weiß ich, dass man im richtigen Umfeld auch kaum noch Aufmerksamkeit findet, wenn man vorgibt, von Stress belasstet zu sein. - Heute muss man schon einen "Burnout" haben, um als "Arbeitstier" ernst genommen zu werden. Wenn man gar sagt - was ich aus Überzeugung tue - dass mir meine Arbeit Spaß macht, dann erntet man nur ein müdes Lächeln. - Arme Leute!

Natürlich hätte ich noch die eine oder andere Geschichte... - Dazu ist immer noch Zeit. Aber die Gelegenheit zu diesem Zusammentreffen - wie hier im "Siebengebirge" geplant - die würde so schnell nicht wieder kommen. Man muss eben auch Akzente setzen.

So habe ich oben im "Siebengebirge" mit meiner Frau den dort schon fliegenden Schmetterlingen zugeschaut, habe mit alten Bekannten wunderschön gefrühstückt, einen wunderbaren Tag erlebt. - Zumindest bis zu meiner Ankunft in Virneburg.

Natürlich war ich neugierig, was einer meiner kleinen Brüder bei der "tour auto" in Frankreich gemacht hatte. So habe ich dann ins Internet geschaut. Am Nachmittag war gerade ein Rennen in "Paul Ricard" als einer der vielen Sonderprüfungen im Verlauf der Wochentage vor diesem Samstag gelaufen. Mein Bruder fuhr dort einen 1600er Alfa GTA.

War das Ergebnis von "Paul Ricard" schon verfügbar? - Es war:

1.    AC Cobra
2.    Jaguar E-Typ
3.    Ford Mustang
4.    Alfa Romeo 1600 GTA
5.    Ferrari 275 GTB/C
6.    Porsche 911
7.    AC Cobra
8.    Ferrari 250 GT
9.    Jaguar E-Type
        usw.

Sie ahnen es schon. Auf Platz vier, der "kleine" Alfa, der wurde auf diesem Kurs von meinem kleinen Bruder (inzwischen etwas über 60 Jahre alt) pilotiert. Ich habe mich richtig gefreut. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, was er und der Fahrzeugbesitzer, die den Wagen abwechseln pilotierten, im Gesamtklassement über die ganzen Tage (einer Woche) gemacht haben. - Aber mein Bruder gehört wirklich zu den talentiertesten in unserer Familie, die von einem guten Freund als "die größte Rennsportfamilie der Welt" bezeichnet wird. - Und er hat sogar Recht.

Erwähnenswert - aus meiner Sicht - ist noch die Leistung des Porsche 911, auf  Platz 6. Dieser Porsche wird von einer Dame pilotiert, der man - wie ich bei anderer Gelegenheit beobachten konnte, die "Freude am Fahren" richtig ansehen kann. Sie hat in vielen Fahrerlehrgängen (und Privatstunden) eine Menge gelernt. Ihr Name: Gaby von Oppenheim.

Insgesamt waren bei der "tour auto" bei dieser Veranstaltung iin Frankreich 246 Teams am Start. Alles Oldtimer. Der Alfa, der Hermann von Wildenburg gehört, ist genauso Baujahr 1965 wie der Porsche 911 der Gaby von Oppenheim. Nur ganz wenige Deutsche trauten sich (auch) in diesem Jahr unter die vielen "verrückten" Franzosen. Ich mag sie. Schon in den 60ern bin ich als "Zuschauer" die "Tour de France für Automobile" (so hieß die Veranstaltung damals) mitgefahren, habe die Bergrennen, die Rundstreckenrennen, die Zwischenetappen miterlebt. Und die Begeisterung der französischen Zuschauer.

Was ich nicht verschweigen sollte: So ein Alfa hat zwar nur 160 PS, aber wiegt auch nur 650 Kilogramm. Er ist eben ein "altes" Auto, ein Automobil aus einer Zeit, als man noch Automobile zu bauen verstand, Autos, mit denen man heute noch moderne Hochleistungsautomobile (Hochdrehzahl- und Hochgewicht-) ärgern kann. Auf einer Rennstrecke wie z.B. der Nürburgring-Nordschleife - und bei Regen sowieso. - Aber die Nordschleife ist eben auch eine alte Rennstrecke. - Und wenn dann der Fahrer noch so alt ist wie mein "kleiner Bruder" Bernd... -

Nicht so alt ist mein Bruder Armin. Der ist mehr als 20 Jahre jünger als ich. Also doch schon  über Fünfzig. Der wollte eigentlich beim Langstreckenpokal auf der Nordschleife auf einem Porsche starten. Also schnell mal nachgeschaut: OK! - Platz Vier im Gesamtklassement. Er lief hinter zwei BMW GT 2 ein, die von einem guten Team per elektrisch hochfahrbaren Telemetriemasten ferngesteuert wurden. Aus einem F1-Motorhome. - Versteht sich!

Ein BMW hatte sich zunächst abgesetzt, wurde dann aber wohl zurückgepfiffen. Es geht schließlich darum, das 24-Stunden-Rennen zu gewinnen, nicht irgendein Rennen um die VLN-Meisterschaft. - Das hat sogar ein Müller verstanden. - So siegte dann ein GT 3 vor zwei GT 2, dem wieder ein GT 3 - von meinem Bruder Armin gefahren - folgte. - Trotzdem: Bei BMW versteht man heute auch den Motorsport nicht mehr. Ein Rennen muss man dann gewinnen, wenn man ein Rennen gewinnen kann. Wenn man ein Rennen gewinnen will... - Na ja, warten wir das 24-Stunden-Rennen ab.

Ich lehne mich entspannt zurück: Ein schönes Wochende. - Bis mir auffällt, dass das VLN-Rennen nach 22 Runden abgebrochen  wurde. - Ich suche. - Ein Unfall in der "Bergwerks"-Kurve. - Aber warum Abbruch?

Meine Frau hat Verständnis dafür, dass ich nun "noch mal eben" zum Ring fahren will. Ich weiß wen ich da alles ansprechen muss. Und bin schon ein wenig geschockt, als ich erfahre, dass jemand - den ich zwar noch niemals gesprochen habe, aber trotzdem gut kenne - nun tot ist. - Einfach so. - Man fasst das im Moment gar nicht. - Wieso?

So bin ich dann auch noch am Sonntag unterwegs. Spreche mit vielen Leuten, um Hintergründe auszuleuchten. Natürlich hat die Ehefrau des tödlich verunglückten Fahrers immer schon... - Ich kann ihre Einstellung verstehen. Aber ihr Mann hatte auch eine Einstellung. Es war sein Leben. Wenn man darüber nachdenkt... - nun sind vier Kinder ohne Vater. Und hätte der auf seine Frau gehört... -

Ein netter Mann, schon lange im Langstreckenpokal unterwegs. Er war nicht der Schnellste und litt manchmal darunter, wenn er in einem Team nicht der Schnellste war. Nun fuhr er in einem "Gentleman-Team" einen Aston Martin Vantage. Das ist ein Fahrzeug, mit dem  man mit einem leichten Druck aufs Gaspedal dann schnell den Außenrand einer Kurve erreichen kann, wenn die Eingangsgeschwindigkeit mal nicht gestimmt hat. Und sein Mitfahrer... - Nun es war eigentlich kein Druck auf ihn vorhanden. - Alles gut und schön. Jedes Wochenende im Aston Martin wurde so ein Stück Erholung vom Alltag. - Ich kann es verstehen. - Seine Frau nicht.

Lassen Sie mich den Ablauf des Unfalls schildern, so wie ich ihn in einer Reihe von Gesprächen für mich nachvollziehbar machen konnte.
 
Da fahren drei Fahrzeuge in unterschiedlichen Abständen in Richtung "Bergwerk"-Kurve. Vorne ist ein "kleiner" BMW, dahinter kommt ein schnellerer Lexus IS F. - Der Streckenposten am rechten Fahrbahnrand, hier etwas höher platziert und - natürlich - durch einen FIA-Zaun (mit entsprechenden "Zugaben") geschützt, schwenkt die "Blaue Fahne". - Platz machen zum Überholen. Der Lexus scheint das auf sich zu beziehen und schert aus, während von hinten der deutlich schnellere Aston Martin kommt. - Das alles scheint ein großes Missverständnis gewesen zu sein. - Denn der Aston Martin hat die "Blaue Fahne" wohl zu seinen Gunsten geschwenkt empfunden. Und trifft so auf den Lexus, wird nach rechts geschleudert, hebt über den Fahrbahnrand ab, fliegt in den FIA-Zaun, überschlägt sich, trifft rückwärts so unglücklich auf, dass wohl der Tank beschädigt wird. Es hat gerade kurz vorher einen Fahrerwechsel gegeben, so dass der Tank voll ist. Wenn Eisen auf Eisen trifft gibt es Funken. Wenn dazu Benzin ausläuft, gibt es Feuer, weil austretendes Benzin - mit Sauerstoff vermnischt - zu einem idealen Gasgemisch wird.

Der Aston Martin brennt schon, bevor er endgültig auf der Strecke auftrifft. Der Fahrer hat - in den Sicherheitsgurten hängend - jetzt kaum noch eine Chance das Fahrzeug rechtzeitig zu verlassen. Zwar ist der Unfallort nur kurz hinter dem Punkt in "Breidscheid", wo ein Feuerwehr-Fahrzeug postiert ist, doch die geringe Anfahrzeit genügt, um den Aston Martin zu einem Feuerball werden zu lassen. Die Feuerwehrleute tun zwar mehr als ihre Pflicht, so dass auch sie hinterher zu einer Untersuchung ins Krankenhaus müssen. Zwar sind auch die hier gemessenen Werte nicht ideal, aber sie lehnen ein Verbleiben im Krankenhaus ab. - Sie sollten über Nacht zur Beobachtung dort bleiben.

Es wurde schnell und gut gelöscht. Man hat den Fahrer auch aus dem Fahrzeug befreien können. Er schien äußerlich unverletzt. Der Veranstalter spricht von Gasen, ich denke aber, dass es auch die Temperatur der Luft die er einatmen musste war... -

Ich kann das alles nicht genau wissen. Ich habe auf meine Art recherchiert. Das Ergebnis meiner Recherchen scheint mir schlüssig. - Leider bestätigt es den Ausspruch eines guten Freundes von mir, der schon früher - als wir beide noch (für viele unserer Freunde unverständlich) - im Rennsport unterwegs waren sagte: "...Wenn du dran bist, bist du dran." - Das hört sich brutal an, ist aber eigentlich selbstverständlich, normal. Wir alle bestimmen nicht den Zeitpunkt unseres Todes. Erinnern wird uns doch mal, was manchmal alles per Zufall passieren musste, damit wir nicht tot geblieben sind.

Das Risiko im Rennsport tödlich zu verunglücken wird immer bestehen. Da helfen weder FIA-Zäune noch Leitplanken. Da helfen weder HANS noch Sicherheitsgurte. Manchmal können die sogar im zufälligen Zusammenspiel erst tödlich sein. - "Wenn du dran bist, bist du dran."

Die Möglichkeiten im Haushalt oder im Straßenverkehr zu verunglücken, sind eigentlich größer als im Rennsport. Dort ist man sich der Gefahr bewusst, in die man sich begibt, ist in jeder Phase konzentriert. - Anders als im normalen Straßenverkehr.

Das ändert nichts an der Situation, in der sich nun eine Ehefrau mit vier Kindern befindet. Da kann man nicht trösten. - Das Leben kann grausam sein. - Ich kann nachfühlen, was sie empfindet. - Warum habe ich sonst "mal schnell" nachgeschaut, was meine Brüder an diesem Wochenende gemacht haben?  Ich habe vor Jahrzehnten auch schon meinen Bruder Hubert (mal BMW-Werksfahrer) im Krankenhaus besucht. - Aber es ist immer gut gegangen. - "Ich war noch nicht dran", hat Hubert gelacht. - Und ist weiter gefahren.

Nicht weiter gefahren sind die Audi R8 nach ihren Reifenschäden. Und ein Fahrzeug dieses Typs das noch unterwegs war, hat man aus dem Rennen genommen. - Das ist verantwortungsvoll. - Dabei wusste man schon Wochen vorher, was mit den Reifen auf diesem Typ passiert. Eigentlich war man gewarnt. - Wird es nun überhaupt einen Einsatz beim 24-Stunden-Rennen geben? - Die Rennteams wissen es nicht. - "Ganz oben" werden die Entscheidungen getroffen, so hört man. - Aber da sitzen die Dummen, die sowieso keine Ahnung haben.

Vorfälle, wie hier die Reifenschäden unter bestimmten Umständen, hat es zu allen Zeiten gegeben. Sie sind im "Labor" nicht nachzuvollziehen. Auch nicht mit Computerrechnungen. - Aber ich denke, dass man die Fahrwerkeinstellung ändern kann. Nein, ich meine nicht die Sturzwerte. Es gibt noch andere Parameter, die bei der Beanspruchung eines Reifens eine besondere Bedeutung haben. Alle Jahre wieder führt man zu diesem Thema die gleichen Diskussionen. Eigentlich müsste man die Schwachpunkte kennen.

Aber Menschen lernen immer nur in einer bestimmten Phase. Dann werden die "Ausgelernten" durch "Neue" ersetzt. Und dort beginnt man dann wieder bei "Null". - Eigentlich überflüssig. - Aber so ist nun mal das Leben. Alles hat einmal ein Ende. Und es gibt einen Neuanfang.

Zunächst gilt es aber mal zu diesem Prozess eine Einstellung zu finden. Dazu braucht man Abstand. Den findet man nur über die Zeit.

Und Trost vielleicht in dem Gedanken, dass dieser Mann, der an diesem Wochenende tödlich verunglückte, im Moment seines Todes eigentlich sein Leben in der glücklichsten Phase für ihn abschloss.

Das ist keine Phrase. - Aber leider nur von dem zu verstehen, der sie selbst schon mal - aber nicht bis "zur bitteren Neige" - erlebt hat. - Ich bin da nicht "trotzdem" weiter gefahren, sondern weil ich nicht für den Rest meines Lebens unglücklich sein wollte.

Jetzt bin ich es ein wenig, weil ich mich wahrscheinlich nicht überzeugend verständlich machen kann. - Denn eigentlich war das ein ganz normales Wochenende. Alles war so normal wie immer. - Nur anders.

Wer lernt denn etwas daraus?
 
MK/Wilhelm Hahne

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