Im Umfeld des Nürburgrings kam es zu einem tragischen Unfall mit Testwagen und Testfahrern, bei dem ein bekannter  japanischer Testfahrer (Toyota) den Tod fand und zwei deutsche Testfahrer (Conti/BMW) schwer verletzt wurden.

Die Abläufe sind so abstrakt, dass das viele Journalisten-Kollegen einfach nicht hinnehmen wollen. Für sie ist das ein Unfall im Umfeld einer Rennstrecke, wo Leute ungehemmt ihrer Leidenschaft frönen. Wenn man die Tagesarbeit dieser Testfahrer nicht kennt, ist man auch leicht geneigt einen solchen Unfall in eine bestimmte Schublade zu tun: Wenn Testfahrer rasen. Und in diesem Fall ist dann auch in einer Lokalzeitung zu lesen: "Er war mit dem Prototypen des Toyota-Rennwagens Lexus LFA in Richtung Brücktal unterwegs und knallte auf der Tempo-100-Landstraße in einen entgegenkommenden BMW, in dem ebenfalls Testfahrer saßen." - Da wundert es mich nicht, wenn ich gefragt werde, ob sich hier vielleicht Testfahrer ein Rennen geliefert haben. - Mit dem entgegen kommenden BMW? - Journalisten sind eben sehr oft Leute, die über alles schreiben können, ohne etwas von dem zu verstehen, über das sie schreiben. (Das war übrigens die Meinung des Ex-BMW-Vorstandsvorsitzenden Eberhard von Kuenheim.) - Und er hat Recht. - Dieser Unfall kann recht einfach entstanden sein: Eine...

Kleine Unachtsamkeit
im falschen Moment?

10-06-28/04Der Zufall will es, dass ich schon Minuten nach dem Unfall - der gegen 10:30 Uhr passierte - weiß, dass es gerade richtig gekracht haben muss. Natürlich weiß ich da noch nicht, was wirklich passierte. Das beginne ich erst zu ahnen, als um 30 min nach dem Unfall die ersten E-mail mit Informationen bei mir eintreffen. Natürlich  muss man mit den Informationen darin vorsichtig umgehen.

Nach solchen Angaben hat der Japaner nach dem Unfall noch gelebt, hat sich von demVierpunktgurt befreit, den Sturzhelm abgenommen und einen Feuerlöscher bedient. "Wahrscheinlich" ist eine Vokabel, die da sehr oft vorkommt.

Nach ersten Informationen sind die Kollegen des bei dem Unfall verstorbenen Testfahrers die ersten, die an der Unfallstelle eintreffen. Kein Wunder, denn die Toyota-Werstatt ist nur wenige Kilometer entfernt. - Wer sie alamiert hat? - Man weiß es nicht. Dann treffen die Rettungskräfte und die Polizei ein. Der Krankenwagen , am Ring positioniert, aber mit ortsunkundigem FAhrer besetzt, ließ sich von einem anderen Sicherheitsahrzeug mit ortskundiger Besetzung auf dem schnellsten Weg zum Unfallort lotsen.

Wie es der Zufall will, gibt es bei der Polizeistation in Daun an diesem Tag nur eine Notbesetzung, weil an diesem 23. Juni gerade ein Betriebsausflug angesetzt war. Aber die Rettungsmaßnahmen laufen schnell und reibungslos ab. Auch ein Hubschrauber ist schnell zur Stelle, um den als schwer verletzt eingeschätzten Beifahrer sofort in eine Bonner Klinik zu fliegen, wo er auf die Intensivstation kommt.

Der Fahrer des BMW-Testwagens wird ins Krankenhaus nach Daun gebracht. Der Staatsanwalt ist informiert und setzt einen Gutachter von Koblenz aus in Bewegung. Der tote Japaner verbleibt bis zum Eintreffen dieses Mannes im Unfallfahrzeug, wird mit einem weißen Tuch gegen Neugierige abgedeckt.

So verzögert sich auch der Abtransport der Unfallfahrzeuge, die mit einem Spezialtransporter erst gegen Mittag zur Untersuchung durch Sachverständige in eine Werkstatt verbracht werden.  -
Toyota wird am nächsten Tag dann auch die Witwe des Toten aus Japan einfliegen lassen.

Der Wagen der den Unfall auslöste ist ohne Zweifel das Fahrzeug des japanischen Testfahrers, der in Kreisen seiner Firma als umsichtig und sehr erfahren gilt. Er ist nicht nur als Chef des Testteams von Toyota zur Zeit hier in Deutschland, sondern war schon beim Einsatz des Sportwagens beim 24-Stunden-Rennen praktisch Chef des Boxenteams. Toyota hatte diesen Renneinsatz genutzt, um rund 100 junge Toyota-Ingenieure einmal mit der Atmosphäre eines Rennens vertraut zu machen,



...sie die Umstände kennen lernen lassen, mit denen man unter Rennbedingungen fertig werden muss. Das Foto zeigt ein Einsatzfahrzeug des LF-A in der Startaufstellung zum 24-Stunden-Rennen.

Natürlich kann man eigentlich so - wie es Toyota/Lexus in diesem FAlle getan hat - kein 24-Stunden-Rennen angehen, aber dieser Einsatz galt ja auch mehr der Überprüfung des Entwicklungsstandes des neuen Lexus LF-A, der erst gegen Jahresende lieferbar werden soll. Es ist ein "Exot", mit dem Toyota, als Großserienhersteller bekannt, seine Großserienprodukte mit einem Schimmer von Glamour überziehen, aufwerten will. - Und ausgerechnet mit diesem Fahrzeug... -



...hier bei Testfahrten im Jahre 2007 auf der Nürburgring-Nordschleife, gab es nun diesen schrecklichen Unfall.

Toyota gibt zum Unfall keine Auskunft, wie ich von Kollegen hörte. Aber es gibt eine offizielle Pressemitteilung. In der wird informiert, dass der 67-jährige Chef-Testfahrer am 23. Juni "bei einem tragischen Verkehrsunfall in der Eifel tödlich verunglückt" ist. Weiter: "Die näheren Umstände des Unfalls werden derzeit noch untersucht."

Man verweist aber auf die Verdienste, die sich dieser Toyota-Mitarbeiter in langen Jahren der Mitarbeit erworben hat: "
Hiromu Naruse war seit 1963 Mitarbeiter der Toyota Motor Corporation und arbeitete dort zunächst in den Bereichen Fahrzeugentwicklung und -evaluierung, wo er sich als herausragender Testfahrer qualifizierte. Als einzigartiger Experte für Fahrzeugbeurteilung galt er als Vater aller in Großserie produzierten Toyota-Sportwagen, vom legendären Toyota 2000 GT aus dem Jahr 1965, bis hin zum aktuellen Lexus LFA."

Umso unverständlicher ist der Unfallhergang. Hiromu Naruse befand sich zur Zeit des Unfalls auf der falschen Straßenseite, also auf der Seite, auf der man in Japan normalerweise unterwegs ist: links. Der entgegen kommende BMW hatte keine Chance, da durch den Kurvenradius - dort wo der Unfall geschah - für beide Fahrzeuglenker vielleicht eine Sicht von um 50 Meter bestand. Bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h, die hier zulässig sind, kamen sich die Fahrzeuge also pro Sekunde um gut 27 Meter entgegen. Beide hatten theoretisch also eine Sekunde Zeit um zu reagieren. Zu wenig.

Obwohl mir andere Aussagen - auch schriftlich - vorliegen, würde ich die These aufstellen: Hiromu Naruse war nicht angeschnallt, hatte keinen Helm auf. Er war beim Aufprall sofort tot. Im Prototypen waren keine Airbags verbaut, was aber für diesen Extrem-Unfall ohne Bedeutung ist, da die entscheidende Nachlässigkeit (vielleicht arbeitsbedingt!) das Nichtanlegen des vorhandenen Vierpunkt-Sicherheitsgurtes war.

Zum Zeitpunkt des Unfall war Naruse noch rund zwei Kilometer von der Toyota-Werkstatt in Brücktal entfernt. Da das Fahrzeug umfassend mit Sensoren und Überwachungsinstrumenten ausgerüstet war, ist anzunehmen, das Naruse nach dem Einbau das einwandfreie Funktionieren der Instrumente kontrollieren wollte. Wer jemals in einem Vierpunktgurt angeschnallt war, der weiß, dass so einem Fahrer keinerlei Bewegungsmöglichkeit mehr bleibt, außer Lenken und das Betätigen der Pedale. Und da er (vielleicht?) nur mal eben kurz... -

Es war eine kleine Unachtsamkeit im falschen Moment.

Tröstlich: Für die beiden anderen Schwerverletzten besteht schon seit dem 24. Juni keine Lebensgefahr mehr. Der Beifahrer im BMW, der in Bonn zunächst auf der Intensivstation lag, konnte schon 24 Stunden nach dem Unfall in eine "normale" Abteilung verlegt werden; beim Kollegen in Daun  konnte neben "den üblichen" Prellungen und anderen Kleinigkeiten "nur" ein Beinbruch diagnostiziert werden.  - Gute Besserung!

MK/Wilhelm Hahne


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