10-11-19/02
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Man muss sich vielleicht die Situation so vorstellen: Da
sitzt der Herr Wirtschaftsminister Hendrik Hering in seinem Ministerium
und
grübelt. Jetzt müsste am Nürburgring auch der „Sicherheitstrakt“ gebaut
werden, mit dem Feuerwehr, Ärzte und Polizei direkt neben dem
Geschehen, direkt nahe der Rennstrecke, platziert werden sollen. Die
Pläne gibt es, die Genehmigungen liegen vor. Es gibt viele Argumente,
die für die sofortige Umsetzung des Planes sprechen. Aber... -
Aber was soll das?
- So (oder ähnlich) fragt sich der Minister Hendrik Hering. Auch seine Mitarbeiter. Schließlich
würde das teure Gebäude rund sechs Monate im Jahr leer stehen. - Warum
also bauen?
Hendrik Hering, der in dieser Sache Zweifelnde, das ist der gleiche Minister, der am
10. Mai 2007
in der 8. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr in Mainz –
übrigens einer öffentlichen Sitzung – zu Punkt 18 der Tagesordnung u.a.
folgende Ausführungen machte, die von mir dem internen Protokoll
entnommen wurden:
„Staatsminister
Hering geht davon aus, dass es unstreitig sei, dass für die
Regionalentwicklung der Nürburgring insgesamt eine hohe Bedeutung habe.
Wenn man die strukturpolitischen Effekte nutzen wolle, sei es
notwendig, dass zur Attraktivität des Nürburgrings dort nach wie vor
Formel-1-Rennen stattfänden. Dazu habe sich die Landesregierung
erklärt, auch wenn das mit erheblichen Verlusten verbunden sei.
Finanzpolitisch sei das dauerhaft nur verantwortbar, wenn man
Synergieeffekte nutze, um weitere Einnahmemöglichkeiten zu erzielen,
die zumindest zum Teil die Verluste der Formel 1 kompensierten. Dazu
gehöre auch das Projekt der 'Erlebnisregion Nürburgring'. Es sei
beabsichtigt, dass durch die Attraktionen, die damit geschaffen würden,
die Besucherzahl um 500.000 auf 2,5 Millionen jährlich gesteigert
werde, was zu einem zusätzlichen monetären Effekt in der Region von
ungefähr 50 Millionen Euro brutto führen würde.
Die
Planungen sähen vor, einen Boulevard mit den wesentlichen Bestandteilen
Autowelten, Eventhalle, Arena, Hotel und verschiedene
Indoor-Attraktionen zu schaffen. Das würde in der Tat ein
Investitionsvolumen von 150 Millionen Euro erfordern, wofür ein
Privatinvestor gefunden werden solle.
Das
Raumordnungsverfahren sei mit Bescheid vom 23. Oktober 2006
abgeschlossen worden. Ergänzend würden durch die Verbandsgemeinde
Adenau aktuell die Vorbereitungen für die Änderung des
Flächennutzungsplans sowie die Aufstellung des Bebauungsplans
getroffen. Entsprechend notwendige Baugenehmigungen befänden sich
bereits in der Vorprüfung.
Parallel
hierzu liefen neben den Detailplanungen intensive Gespräche mit
interessierten Investoren. Von den zu vermietenden Flächen von
insgesamt 4.500 Quadratmetern seien jetzt bereits 1.300 Quadratmeter
fest vermietet. Es handele sich hierbei zum Teil um bereits langjährige
Geschäftspartner, die sich in den Bereichen Performance,
Motorsport-Merchandising und System-Gastronomie engagierten. 3.200
Quadratmeter seien derzeit in vollem Umfang optioniert. Hier liefen
noch weitere Gespräche.
Es
sei geplant, im Herbst 2007 mit dem Bau zu beginnen und das gesamte
Projekt im Frühjahr 2009 fertigzustellen. Die Gespräche mit den
potentiellen Investoren würden nicht von der Landesregierung, sondern
von der Nürburgring GmbH und deren Geschäftsführer geführt und vom
Aufsichtsrat begleitet. Es sei nicht üblich, über den aktuellen Stand
von Verhandlungen in der Öffentlichkeit zu berichten. Das gelte sowohl
für das Interesse des Erfolgsprojekts als auch für das Interesse
potentieller Investoren, die mit Sicherheit kein Interesse hätten,
Zwischenstände aus der Zeitung zu erfahren.“
Es ist
der CDU-Abgeordnete Billen, der zu den Ausführungen des Ministers nicht
einfach nickt, sondern den Herrn Minister darum bittet, dem Ausschuss
doch seinen Sprechvermerk zur Verfügung zu stellen. Staatsminister
Hering sagt das zu. Billen hat auch sonst noch „kleine Beanstandungen“.
- Doch weiter im offiziellen Protokoll:
„Staatsminister
Hering steht auf dem Standpunkt, die Entscheidung sei von der
Nürburgring GmbH zu treffen, sobald das Angebot eines privaten
Investors vorliege, im kompletten Umfang als Investor aufzutreten.
Denkbar sei auch, dass ein Investor sage, er werde das zu wesentlichen
Teilen übernehmen, und er erwarte, dass die Nürburgring GmbH als
Mitinvestor auftrete. Das müsse dann geprüft werden, ob das von den
finanziellen Konditionen her in Ordnung sei. Dann werde eine
Entscheidung der Nürburgring GmbH zu treffen sein, bei der allerdings
Vertreter der Gesellschafter – auch des Landes – im Aufsichtsrat
vertreten seien. Das werde auch Gegenstand der Diskussionen der
Landesregierung bezüglich der endgültigen Entscheidung sein. Formell
sei es eine Entscheidung der Nürburgring GmbH.“
Soweit
Minister Hering „damals“. Bitte vergleichen Sie, liebe Leser, die
Darstellung mit den erlebten Realitäten. Was hat denn gestimmt? - Aber
der Herr Minister hat wohl seinen eigenen Worten geglaubt. - Müssen wir
das als Wähler darum auch tun?
Inzwischen schreiben wir 2010.
Das Projekt ist immer noch nicht fertig gestellt. Zu den damals
genannten 150 Millionen Euro sind noch mehr als 200 Millionen hinzu
gekommen. Es wurde eine „Ganzjahres-Destination“ in Aussicht gestellt,
von der Minister Hering (s.o.) eigentlich in Zukunft erwartet, dass sie
sechs Monate still liegt. - Die Polizei z.B. verfolgt interessiert das
Handeln im Wirtschaftsministerium und die dort laufenden kontroversen
Diskussionen. - Wir sind auf das Ergebnis gespannt.
„Vor Ort“
stellt sich uns derzeit folgende Situation dar: Für Ende Dezember war
z.B. in der ring°arena eine Oper - „Nabucco“ - geplant, die auch
offiziell beworben wurde. Noch in diesen Tagen habe ich offizielle
Schaufensterwerbung wahrgenommen. Intern scheint man aber zu der
Erkenntnis gekommen, dass man mit dieser Oper in eine weitere
Veranstaltungspleite schliddern würde. - Die Veranstaltung wird nicht
stattfinden. - Aber man spricht öffentlich noch nicht darüber.
Vielleicht gibt es auch für den dort gesungenen „Chor der Gefangenen“
(Va, pensiero, sull'ali dorate = Flieg, Gedanke, auf goldenen
Schwingen) noch zu wenig Teilnehmer. (Die Staatsanwaltschaft arbeitet
noch daran)
Das
ist die offizielle Darstellung der neuen privaten
Betreibergesellschaft zur aktuellen Situation am 4. Oktober 2010:
"Der Nürburgring ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der
strukturschwachen Eifel-Region. Über die letzten fünf Jahre hat das
Unternehmen seine Mitarbeiterzahl kontinuierlich gesteigert. Mit dem
Bau des neuen Freizeit- und Businesszentrums sind 2009, so die
"Nürburgring Automotive GmbH", bereits über 200 zusätzliche
Arbeitsplätze entstanden – eine Steigerung der Beschäftigungszahl von
über 180 Prozent zum Vorjahreszeitraum (2008 bis 2009). Dies sieht die
"Nürburgring Automotive GmbH" als einen ersten Schritt auf dem Weg, das
vorhandene Potenzial des Nürburgrings als Freizeit- und
Erlebnisdestination voll zu erschließen. Aktuell sind am Nürburgring
insgesamt 351 Mitarbeiter tätig. Damit ist die Beschäftigungszahl in
den vergangenen zwölf Monaten erneut, genauer um 12,5 Prozent,
gestiegen. Für die nächsten Monate ist die Einstellung weiterer
Mitarbeiter geplant, denn die neue Betreibergesellschaft "Nürburgring
Automotive GmbH" baut auf das Wachstum des Unternehmens Nürburgring."
Realität - noch nicht vermeldet ist: Zum Jahresende 2010 wird sowohl der Firma, die
bisher die Putzkolonnen stellte, gekündigt, als auch jener Firma, die
die Sicherheit sicher stellte. (Security-Firma) – Man will mit eigenen
Kräften diese Arbeiten durchführen.
Interessant ist auch, dass
die neuen Betreiber „von einem schweren Erbe“ sprechen, wenn sie von
der offensichtlich fehlgeplanten ring°arena sprechen. Die wird,
wie ich recherchieren konnte, im nächsten Jahr zu einem „Meilenwerk“(wie Berlin, Düsseldorf, Stuttgart) (Hamburg
ist noch nicht umgesetzt, habe ich am 22.11. erfahren)
umgebaut werden. So werden dann auch die sieben Millionen Euro
begreiflich, die von Mainz angeblich zum Bau von Toiletten und einer
Großküche benötigt werden. - Die Öffentlichkeit wird eben weiter zum
Narren gehalten.
Es
sei hier nur schon darauf hingewiesen: Die neuen privaten Betreiber
hier am Nürburgring haben auch von diesem Geschäft keine Ahnung.
Und
am 15. November 2010 stöhnt ein Jörg Lindner, Geschäftsführer der
Nürburgring Automotive GmbH gegenüber dpa: "Wir suchen händeringend
Mitarbeiter. Mitte Oktober hatten wir noch 45 offene Stellen"
Inzwischen seien zwar einige dieser Arbeitsplätze besetzt, rund 35
Stellen seien jedoch noch frei. "Dabei unternehmen wir sehr große
Anstrengungen, uns als Arbeitgeber bekanntzumachen", sagte Lindner. -
Vielleicht ist eine der Anstrengungen, dass man Posten frei macht, um
Platz für neues Personal zu schaffen:
Zum 31. Dezember wird auch der Vertriebsleiter
der Nürburgring Automotive GmbH, Friedhelm Lange, ausscheiden.
Ebenfalls der Personalchef der Firma, Leopold F. Büttner. - Aber das
ist natürlich alles nicht offiziell, sondern noch geheim. - dpa ist noch nicht informiert.
Und
was den Firmensitz der neuen privaten Betreibergesellschaft betrifft,
so wird hier auch ein Verwirrspiel gestrieben. Im Handelsregister in
Düsseldorf ist sie nicht mehr vorhanden. Aber auf den aktuellen
Internetseiten (zuletzt überprüft am 17. November 2010, 16:30 Uhr) ist der
Firmensitz immer noch Düsseldorf:
Besuchs- und Postadresse:
Nürburgring Automotive GmbH
Nürburgring Boulevard 1
53520 Nürburg
Telefon: +49 (0) 26 91 / 30 2 - 0
Telefax: +49 (0) 26 91 / 30 2 - 155
E-Mail: info@nuerburgring.de
Geschäftsadresse:
Nürburgring Automotive GmbH
Lütticher Straße 130
40547 Düsseldorf
Vertretungsberechtigte:
Dipl-Kfm. Jörg Lindner (Geschäftsführer)
Register und Registernummer:
Registergericht Düsseldorf, HRB 61513
Finanzamt Düsseldorf Altstadt
Steuernummer: 103/5731/1108
Umsatzsteueridentifikationsnummer:
DE 266 881 796
Inzwischen
ist aber diese Firma beim Amtsgericht in Koblenz unter der HRB-Nr.
22189 zu finden, wo man auch feststellen kann, dass inzwischen eine
Aufstockung des Stammkapitals von bisher 25.000 Euro auf inzwischen
100.000 Euro erfolgt ist.
Was ist denn nun die Geschäftsadresse der
privaten Betreibergesellschaft am Nürburgring? - Düsseldorf oder
Nürburg? - Wo zahlt man seine Steuern (wenn man welche zahlt)? - In
Düsseldorf, NRW oder in Rheinland-Pfalz, RLP.
So wichtig auch für
manche Bereiche die richtigen Antworten sind, es wird in den nächsten
Wochen andere Ereignisse, ausgelöst von dieser privaten
Betreibergesellschaft geben, die im Umfeld der Region Nürburgring große
Unruhe auslösen werden. (Darüber auch an anderer Stelle in dieser Serie mehr.)
Eigentlich habe ich erst später mit einem
„Knall“ gerechnet. - Er wird früher erfolgen. Die Wähler werden Fragen
stellen. Und die Regierungsmannschaft in Mainz wird sich ihrer
Verantwortung stellen müssen.
Wie sagte mir doch ein „Insider“ in
diesen Tagen: „Mein Gott Wilhelm! - Das wird ja alles noch viel
schlimmer als von dir vorher gesagt.“
Manchmal kann es auch traurig
sein, wenn man Recht behält. - Es gibt halt Momente, wo auch ein
Richter nicht mehr Recht sprechen kann. (s. Titel) - Justizminister Bamberger wird mir da zustimmen. - Er war mal Richter.
MK/Wilhelm Hahne