In 'TOTAL LOKAL'
unter
'Lob der Autotechnik':
"Nein, früher war nicht alles besser.
Aber vieles einfacher."

(hos am 2.12.10 in "Rheinische Post", Düsseldorf)

Die Zauberworte moderner innovativer Automobil-Premium-Elektronik lauten:  Keyless-Go (Mercedes), CID (Lancia),  ECU (Aston Martin), Komfortschlüssel (Audi),  KESSY (Volkswagen, Skoda, Subaru, Hella), SES (Renault), KeyFree Power (Ford), Keyless Drive (Volvo), Keyless Start (Suzuki), Comfort Access (BMW), LogIn (Mazda),  PASE (Siemens VDO), PEPS (Opel, ContiTemic & Hella), PEG (DaimlerChrysler, Hella), PE/PG und CE/CG (Bosch), Smart Entry & Start (Toyota), Smart Key (KIA) - mehr habe ich gerade nicht gefunden.

 Natürlich will die Automobilindustrie nur unser Bestes. Unser Geld. Darum bietet sie uns eine innovative Lösung nach der anderen an. Das ergbit dann einen so genannten "qualitativen Mehrwert". Für den Hersteller. Er verdient nicht schlecht daran. Einfach und unauffälliger geht es zwar mit "Überführungskosten", aber man kann nicht ewig mit den gleichen Argumenten dem Kunden in die Tasche greifen. Früher - so vor 50 Jahren - da war man sich bei der Industrie z.B. noch darüber einig, dass man eine Heizung im Automobil nur gegen Aufpreis anbieten sollte. Was den so genannten "Listenpreis" senkte. - Aber es gab keine Automobile ohne Heizung. - Heute gibt es keine Automobile ohne "Überführungskosten". Die sind auch nicht auffällig, sondern werden unauffällig mit kassiert. Deren Höhe ist auch unverhandelbar. Das sind sich Hersteller und Händler einig. Dabei gab es mal eine Zeit, in der die Händler noch die Art des Transports vom Herstellerwerk auf ihren Hof selbst bestimmen und organisieren konnten. Oder um es deutlich zu sagen: Ich habe das alles mal selbst gemacht und kenne mich bei den wirklich entstehenden Kosten aus. - Übrigens: Haben Sie schon mal in einem Supermarkt an der Kasse die "Überführungskosten" für eine Dose Ölsardinen bezahlt? - So "innovativ" ist man bei Aldi & Co. derzeit noch nicht. Die Automobilindustrie dagegen vergisst weder den Kunden auf alte und hermömmliche Art und Weise zu melken, noch auf die "innovative". - Wissen Sie was elektrische Fensterheber für die Industrie im Einkauf kosten? - Kennen Sie den Einkaufspreis für eine Servounterstützung? - Haben Sie schon mal erlebt, wenn der Fensterheber verrückt spielt - oder gar nicht mehr geht? - VW-Fahrer können ein Lied davon singen. Und der Zubehörhersteller antwortet nicht auf meine Anfrage  - Aber noch witziger sind die "innovativen Lösungen", die heute in modernen Automobilen einen schlüssellosen Zugang  zum Auto ermöglichen. In der Oberzeile habe ich einige der (natürlich geschützten) Bezeichnungen dafür aufgeführt. Und ich erzähle Ihnen zu diesem Thema dann nachfolgend mal ein paar lustige Geschichten. Alle selbst erlebt oder sie sind in meinem direkten Umfeld geschehen.

Wenn Automobile zu Freudenspendern werden  

10-12-03/06 - Ich war mit meiner Frau mit dem Auto unterwegs. Sie war mir behilflich, damit ich mein Programm schneller abwickeln konnte. Da habe ich sie dann auch auf der Rückfahrt zu einem Abendessen eingeladen. (Nein, ich habe das nicht auf "Geschäftskosten" abgerechnet, sondern privat getragen.) Zum Essen habe ich ein Glas Wein getrunken. Meine Frau trinkt unterwegs grundsätzlich nur Wasser. Also habe ich ihr auch - wie selbstverständlich - gesagt: "Auf der Heimfahrt fährst du." - Ich fahre nun mal grundsätzlich kein Kraftfahrzeug, wenn ich Alkohol zu mir genommen habe.

Nach dem Essen sind wir also auf dem Parkplatz auf das Auto zugegangen, mit dem wir gekommen waren. Und meine Frau hat gesagt: "Du musst mir noch den Autoschlüssel geben." - Ich habe gesagt: "Den brauchst du nicht. Den habe ich in der Tasche. Und es ist auch kein wirklicher Schlüssel, sondern mehr eine Chipkarte. Das Auto merkt schon, wenn "Herrchen" dabei ist. Automatisch."

So war es auch. Wir sind eingestiegen, meine Frau hat auf den Startknopf gedrückt und wir sind das gute Dutzend Kilometer  in unser Dorf gerollt. Meine Frau hat mich vor die Haustür gefahren, weil sie den Testwagen hundert Meter weiter unten parken musste. Die Stellplätze am Haus waren durch unsere eigenen Automobile besetzt.

Ich bin also ins Haus gegangen. Und meine Frau kam nicht. - Die konnte sich doch nicht verlaufen haben? - Und dann kam sie. Mit zornig blitzenden Augen: "Gibst du mir bitte mal die Key-Card - oder wie das heißt."

Als sie zurück kam, wirkte sie schon weniger angespannt, aber war noch nicht so richtig lustig, als sie mir erzählte:

Sie ist - nach meinem Aussteigen vor dem Haus - auf den von ihr ausgesuchten Parkplatz - "weist du, unten an dem Holzstoß" - gefahren und hat dann versucht den Motor abzustellen. Dazu muss man dann wieder die Starttaste drücken, die gleichzeitig die Stop-Taste ist.  Aber so sehr sie auch drückte, es passierte nichts. Der Motor schnurrte ausdauernd im Leerlauf vor sich hin. Sie hat gedrückt, hat Variationen mit gedrücktem Bremspedal, getretener Kupplung, einwandfrei ausgerichteter Lenkung versucht. - Das ganze Programm.
 Darum hatte das so lange gedauert, bis sie bei mir im Haus erschien. - Der Motor war nicht auszustellen. - Die Key-Card (ich nenne sie mal so) war eben in meiner Hosentasche, ich war nicht beim Auto, also hat das Auto nicht auf den eigentlichen Fahrer gehört. Denn die Key-Card gehört eben zum Fahrer. Und nur dann kann man bei diesem Auto den Motor abstellen, wenn man sich mit einer Key-Card als Fahrer ausgewiesen hat.

Wir haben dann beide über diese Geschichte gelacht.  Und wir wissen beide, das wir ein solches System niemals in unseren Automobilen haben wollen. Auch nicht, wenn es zu einem "Minderpreis" erhältlich ist.

Die Geschichte ist mir gerade wieder eingefallen, als ich von einem Bekannten folgende Geschichte hörte: 

Da hat ein erfolgreicher Freiberufler nicht nur ein großes Haus, sondern auch eine große Garage, in der - zur Nutzung nur durch ihn - zwei moderne Automobile stehen. Premium natürlich. Mit einem davon, einem Sportwagen, fährt er täglich in sein Büro, das andere Fahrzeug, ein großer SUV, wird von ihm schon mal am Wochenende bewegt. Zur Jagd, zum Golfplatz. Oder einfach: Nur so.

Doch dann passiert es nach gut acht Tagen Standzeit, dass "der Große" nicht anspringt. Offensichtlich kein Strom. - In der Vertragswerkstatt ist das kein unnormaler Fall. Der Kunde ist ein guter Kunde. Also holt man das Fahrzeug ab, kontrolliert die Batterie: Leer.  - Also wird die Batterie geladen und das Fahrzeug dem Kunden wieder zugestellt.

Der fährt also in den Tagen danach, so wie er es immer tut, mit seinem Sportwagen zur Arbeit. Und wieder zurück. Arbeitstag für Arbeitstag. Und als er dann am Wochenende seinen SUV - der macht schon was her! - bewegen will, da springt das Biest nicht an. - Wieder nicht an. - Die Werkstatt wird informiert und... - Die Abläufe sind die gleichen. Nur entscheidet sich die Werkstatt nun für das Auswechseln der Batterie. Wahrscheinlich hat die einen Knacks. Man kann zwar nichts feststellen und auch im Fehlerspeicher: Nichts. - Alles OK. - So kommt der SUV also wieder in die große Doppelgarage und wartet darauf, dass "Herrchen" ihn nutzt. - Vielleicht am Wochenende. - Vielleicht auch erst beim übernächsten. 

Sie, lieber Leser, ahnen es: Der SUV springt wieder nicht an, als unser Autobsitzer vom Sportwagen mal ausnahmsweise auf den SUV wechseln will. Batterie leer? - Die Werkstatt ist verzweifelt. Der Verkauf, der Verkaufsleiter wird eingeschaltet. De Kunde ist wichtig, man möchte ihn nicht verärgern. Aber was soll man machen. Am Fahrzeug ist nichts zu finden.

Und so begibt sich der Verkaufsleiter "vor Ort". Er spricht - nach Feierabend - mit dem Kunden, beruhigt ihn, schaut sich das Umfeld an, in dem die Fahrzeuge untergestellt sind und kommt dann nur durch eine plötzliche Eingabe auf den Fehler: Der Kunde mit den zwei Automobilen - Premium natürlich - besitzt zwei Fahrzeuge mit der innovativen Ausstattung Key-Card (um bei dieser Bezeichnung zu bleiben). Um diese Innovation auch richtig  zu nutzen, trägt er die Key-Cards zu beiden Fahrzeugen ständig in der Anzugtasche.
Er braucht nie mehr nach einem Zündschlüssel zu suchen. - "In welcher Tasche hatte ich ihn noch mal?" - Wenn  er morgens zu seinem Sportwagen in die Doppelgarage ging,  dann hatte er am Abend zu vor die Tür nicht abgeschlossen, weil das automatisch geht. Und er brauchte jetzt am Morgen auch keinen Türschlüssel. Er brauchte auch keinen Schlüssel zum Starten. Ein Druck auf den Startknopf... - Toll!

Dummerweise kam er bei seinen täglichen Fahrten mit dem Sportwagen "zum Dienst" auch ganz nahe an seinem in der Garage parkenden SUV vorbei. Auch dessen Key-Card hatte er - natürlich -  in der Tasche. Und so machte sich dann jeden Morgen auch der SUV zum Starten bereit. Da war alles entsprechend programmiert. Da öffnete das Türsystem, die Sitzheizung schaltete sich ein, und, und, und - Wenn dann der Mann mit seinem Sportwagen aus der Garage verschwand - natürlich ist das Garagentor Infrarot gesteuert - dann verschlossen sich beim SUV automatisch die Türen, wurde... - also das "volle Programm". - Und Abends das gleiche. - Jeden Tag. - Und wenn unser Besitzer von zwei Premium-Automobilen mit den modernsten Innovationen nach rund acht Tagen mal den SUV wirklich nutzen wollte, dann war da natürlich die Batterie leer.

Was lernen wir daraus? - Nichts! - Außer: "Früher war nicht alles besser. Aber vieles einfacher." (s.o. rechts)

Ich könnte solche lustigen (?) Geschichten von EPS-, ASR- Stop-and-Go- und anderen tollen Systemen erzählen. Oder was passiert, wenn sich ein Zündschlüssel nicht mit der "Black Box" verständigen kann. Dass es, z.B. bei einem bestimmten Fahrzeug, dafür eine Warnleuchte gibt, damit man nicht schneller startet, als sich die Komponenten untereinander verständigen können.

Oder die Geschichte von dem Mann, der jemanden auf der Straße sieht, kurz - mit laufendem Motor hält, aber natürlich die Tür schließt, um nicht den fließenden Verkehr zu stören. Er plaudert dann doch ein paar Wort mehr mit seinem Bekannten, als er einen Klack vernimmt und - sein Fahrzeug ist verriegelt. Das geht bei Premium-Automobilen alles elektronisch. Da steht nun ein Fahrzeugbesitzer vor seinem Fahrzeug, dass ihn - bei laufendem Motor! - ausgesperrt hat. - Das ist wirklich passiert. Hier in der Eifel.

Der Fahrer trägt seit dieser Zeit sein Handy ständig am Körper. Denn auch in diesem Fall konnte es nur zu einer Lösung kommen, indem der Fahrer seine Frau anrief und sie bat, doch ihm mit dem Zweitwagen den Zweitschlüssel zu bringen.

Nun wissen Sie auch, warum zu einem Automobil nicht nur ein Zweitschlüssel gehört, sondern man auch in unserer modernen Zeit, voller innovativer Lösungen, auch einen Zweitwagen besitzen sollte. - Zur Sicherheit.

Wobei mir bei diesem Begriff gerade einfällt, dass Sicherheitssysteme nicht immer Sicherheit herstellen. - Glauben Sie bitte da nicht den Versprechungen der Hersteller.

Am besten ist: Vertrauen Sie sich selbst, ihren eigenen Leistungen, ihrem eigenen Können. Überlassen Sie möglichst wenig dem innovativen aufpreispflichtigen Zubehör, das wirklich und immer nur zuverlässig einem nutzt: Der Industrie.
 MK/Wilhelm Hahne

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