"Die Unbequemen sind den
Unbequemen stets bequem."

(André Heller)

Es gab auf die am 18.März 2011 bei mir erschienene große Reifengeschichte praktisch kein Leserbrief-Echo. - Erstaunlich!  Obwohl ich ein paar Reifenfirmen direkt darauf aufmerksam gemacht hatte. Wirkte sie vielleicht etwas überzeichnet?

Exakt drei Leser-E-mail habe ich zu der wirklich großen und umfassenden Abhandlung zum Reifenthema auf meinen Internetseiten erhalten. Eigentlich waren die auch mehr das Ergebnis des Eindrucks, den man wohl hatte: Wenn man bei Motor-KRITIK soviel über Reifen weiß, dann weiß man wohl auch.... - Und hat gefragt und auf bestimmte Dinge hingewiesen. In persönlichen Gesprächen mit Leuten, von denen ich ausgehen muss, dass sie das Reifenthema interessiert, kamen immer ausweichende Antworten. Man wollte offensichtlich nicht Stellung beziehen. Die Automobilindustrie z.B. (aber auch die Reifenindustrie!) müssten eigentlich diese Reifengeschichte in allen Punkten unterstreichen und als richtig und gut bezeichnen. Würde man das tun, würde man sich - wie man es in der Eifel dann drastisch formulieren würde - "selbst in die Fresse schlagen". - Also schweigt man. Und viele meiner Leser werden sich einfach nicht vorstellen können, dass die Situation tatsächlich so ist, wie von mir (in Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten) geschildert und umfassend im Detail erläutert. - Für den normalen Leser ist es fast nicht vorstellbar, dass praktisch "alle Welt" etwas Falsches tut, beschreibt, der Öffentlichkeit darstellt, wenn doch die "Wahrheit" eine andere ist. - Ist denn heute Wahrheit gefragt?

Das Marketing ist heute
stärker als die Fakten der Technik


11-04-15/01 - Können Idioten heute in großen Werken die Entwicklung in der Technik beeinflussen? - Sie können! - Wenn das Ergebnis ihrer Vorschläge ein Plus beim Drei-Monats-Ergebnis bedeutet. Der jeweilige Firmenchef wird sie machen lassen. Zumal in vielen Fällen ein Chef heute kein "Generalist" mehr ist, eigentlich selbst nicht mehr im Detail viele Dinge überblickt, im Zusammenhang beurteilen kann. Folglich interessiert nur "was hinten heraus kommt". Und weil man die Kunden in ihrer Gesamtheit als primitiv und beeinflussbar empfindet, lässt man das Marketing (und die Werbung) machen. Die Leute haben gelernt, wie man Meinungen manipuliert, Stimmungen beeinflusst - und damit höhere Umsätze generiert.

So entstehen dann unsinnige Bauwerke (wie am Nürburgring), nimmt die technische Entwicklung einen falschen Weg (wie bei der Reifentwicklung), kommt es (weltweit) zu Überproduktionen, weil jeder für sich in Anspruch nimmt, der Beste zu sein. Wer orientiert sich denn noch an einer Aussage aus der Vergangenheit wie: "Leben und leben lassen!"? - "Größer, höher, weiter" ist alles was zählt. - Warum zahlen irgendwelche Leute auf der Welt mehr als 1,5 Millionen Euro für einen Bugatti Veyron? - Weil er selten ist, weil man ihn als "Sammlerstück" empfindet. - Man sollte sich für soviel Geld lieber das Gemälde eines großen Künstlers an die Wand hängen. - Eigentlich ist es aber auch egal für was man das Geld ausgibt, wenn man zuviel davon hat. - Oder?

So nehmen dann die Dinge ihren Lauf. Im Großen wie im Kleinen. - Oft in die falsche Richtung!

In der Reifengeschichte habe ich mich praktisch mit den kleinen Dingen beschäftigt. Auch im Detail. Da habe ich z.B. auch von der Bedeutung der Bremskraftverteilung gesprochen. Nur bei mir wurden z.B. dort die Fehlleistungen auf diesem Gebiet erwähnt. Wie z.B. die beim Opel-Sportwagen, wo ich auf diesen Seiten am  16. September 2003 eine Geschichte zum damals neuen Opel Speedster mit dem Titel, "Aus Sicherheits-'Innovation' wird 'mieser Produktfehler'" veröffentlichte. - Wer hat damals - außer mir - die Dinge auch so gesehen und exakt beschrieben?

Wenn ich nun jetzt -  gut sieben Jahre später - zum Thema "Bremskraftverteilung" schreibe...

"Vorder- und Hinterachse sind bei den jeweiligen Serienprodukten nicht immer gleich (50 : 50) belastet. Selbst bei einer grundsätzlich optimalen Gewichtsverteilung verändert sich die beim Bremsen durch die dann auftretende dynamische Achslastverlagerung so, dass die Hinterachse weniger Bremskräfte übertragen kann, weil sie entlastet ist. Das wird noch deutlicher, wenn man Automobile in Bergab-Passagen optimal abzubremsen versucht. In einer Serienabstimmung gehen hier die Ingenieure kein Risiko ein, dass heißt, dass der Hinterachse immer weniger Bremskraft zugesteuert wird, als sie vertragen kann. Erhält sie nämlich unter bestimmten Umständen zuviel, so sind unkontrollierte Dreher vorprogrammiert, die von den Fahrzeuglenkern nicht beherrscht werden können. Andererseits erklärt sich so z.B. das hervorragende Bremsvermögen eines hecklastigen Porsche 911, weil hier immer noch in kritischen Bremspassagen an der Hinterachse der zum Bremsen notwendige Bodenkontakt vorhanden ist. - Es ist also beim Bremsen Grip gefragt. Auch an der Hinterachse."

...dann wird das zwar gelesen, aber - wie ich inzwischen aus direkten Gesprächen weiß - in der Art der deutlichen Darstellung angezweifelt. - Vielen ist tatsächlich erst beim Lesen obiger Zeilen klar geworden, woraus auch ein Vorteil beim Bremsen entstehen kann: z.B. beim Porsche 911 durch die Heckmotoranordnung. Obwohl... - Und schon beginnt man zu zweifeln. Ich zweifle nicht, denn ich habe viel Zeit und Geld (meine Zeit, mein Geld!) in Jahrzehnten aufgewendet, um in vielen Punkten, die das Automobil betreffen, zu klaren und deutlichen Feststellungen zu kommen.

Gerade im Motorsport gibt man gerne vor, etwas von Fahrwerkabstimmung zu verstehen. Man sollte es auch, weil nur Gripp an allen Rädern einen gut beschleunigen aber auch bremsen lässt. Gerade bei Werksteams scheint "Geld keine Rolex zu spielen", wie man gerne scherzhaft sagt. Mir ist - mit Details vertraut - manchmal geradezu unbegreiflich, welche Fehler auch dort gemacht werden, wie man Geld eigentlich unnütz ausgibt. - Aber man muss sich auch immer wieder durch entsprechende Versuchsreihen absichern. Man muss schließlich irgendwann nachweisen können, dass man selbst keine Schuld trägt, dass der Andere... -

Dass man auf einer normalen Landstraße eine andere Fahrwerkabstimmung fahren muss als auf einer "Retorten-Rennstrecke" sollte eigentlich klar sein. Wenn ich z.B. ein Rennfahrzeug für den Einsatz auf dem Nürburgring-GP-Kurs fahrwerkmäßig vorbereiten will, muss es eine völlig andere Abstimmung erfahren, als wenn ich es auf der Nürburgring-Nordschleife einsetze. Wenn nun, wie das z.B. den VLN-Langstreckenrennen geschieht, noch über einen Teil der "Kurzanbindung" stattfindet, dann muss ich mir (bei leistungsstarken Automobilen) sogar darüber im Klaren sein, dass ich mit einer "reinen" Nordschleifenabstimmung auf dem "Kurzstreckenteil" des GP-Kurses dann einen kleinen Zeitverlust hinnehmen muss. Wenn bei einem 24-Stunden-Rennen dann evtl. sogar der gesamte GP-Kurs mit zur Nordschleife als Rennstrecke zählt, dann sollte ich wissen, welchen Kompromiss (und welcher Art) ich eingehe.

Als Mercedes vor einigen Monaten zum ersten Mal mit dem neuen SLS auf die Nordschleife kam (Fahrer: Bernd Schneider), da habe ich mich gewundert, dass man erst in die Eifel kommen musste um festzustellen, dass das Fahrzeug viel zu wenig Bodenfreiheit hatte, immer und überall "Funken zog". Man war dann auch sehr schnell wieder weg, um die "Basis" zu ändern. Das hätte man alles preiswerter machen können, denn eigentlich müsste es im Werk genügend Leute geben, die "Nordschleifenerfahrung" haben. Auch ein Bernd Schneider gehört dazu. Aber Jeder lässt Jeden zunächst mal machen. Das gibt auch keinen Ärger.

Ich bedaure die Teamschefs der Werksteams, die sich heute auch vielfach nicht mehr auf die Aussagen ihrer Werksfahrer (!) verlassen können. Die wollen nämlich nicht durch kritische Aussagen teamintern unangenehmen auffallen, sondern verhalten sich so, wie sie firmenintern geschult und marketingmäßig vorbereitet wurden: Man sollte sich immer "loyal" verhalten. - Tatsächlich können alle Messinstrumente dieser Welt immer noch nicht das "Feeling" eines guten Testfahrers ersetzen. (Wobei übrigens ein guter Testfahrer nicht der schnellste Rennfahrer sein muss!)

In direkten Gesprächen mit Werks-Rennfahrern erfahre ich manchmal mehr über die Eigenschaften eines Automobils (und seiner Fahrwerkabstimmung) als der jeweilige Teamchef. Weil ich immer so offen rede, wie ich auch schreibe. (Ich verhalte mich nicht taktisch, was mir oft als Dummheit ausgelegt wird.) Aber ich werde deshalb von meinen Gesprächspartnern auch ernst genommen. (Von denen auf der "unteren Ebene"!)

Ein Beispiel für die Fahrwerkabstimmung eines Werkswagens - und/oder die Fehlleistung eines Werksfahrers - gebe ich  nachstehend und schließe damit diese Geschichte praktisch ab. Es zeigt das Fahrzeug unter einem Werksfahrer bei Testfahrten auf dem Kurs, den die VLN nutzt: Nordschleife in Verbindung mit dem GP-Kurs. Das gezeigte Automobil wird gerade - später auch in Renneinsätzen - auf das "24-Stunden-Rennen 2011" am Nürburgring vorbereitet. Das Foto zeigt das Fahrzeug beim Anbremsen einer Linkskurve im Streckenabschnitt "Hatzenbach", die eine neue Fahrbahndecke erhalten hat.. Die Bremszone befindet sich in einem Bergabstück (Posten 73). - Lesen Sie jetzt noch mal, was ich in meiner Bremsengeschichte zu einer solchen Situation geschrieben habe. - (Zeitlich vor dem hier gezeigten Beispiel!) - Dabei hat man den Höhenflug des BMW wohl beim Überfahren der Curbs in der Rechtskurve zuvor ausgelöst. Bei BMW ist eben manches in der Schwebe. Und die Auslöser sind unterschiedlich. - Immerhin hat man dann mit diesen Autos dann beim ersten VLN-Lauf einen Doppelsieg gelandet. - Mit Automobilen, die eigentlich keine Basis in der Serienproduktion haben, eigentlich kein BMW sind. Wie auch der Ferrari P 4/5 Competizione, der auch kein Ferrari mehr ist. Aber man fühlt sich für das 24-Stunden-Rennen gut gerüstet.


                                                                     Foto: Marc Weichert / mw-sportfoto.de
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