11-04-15/05 - Da
fährt ein Ehepaar mit einem sehr schnellen und sportlichen Diesel über
die Autobahn. Tempo 250 wird angezeigt. Die Zeit ist den Beiden
geneigt, die Autobahn frei, das Auto stürmt dynamisch nach vorne.
Genauso verspricht es die Werbung. Dann kommt eine Baustelle mit einer
Geschwindigkeitsbegrenzung. Das Tempo sinkt unter 100 km/h, dann auf
die vorgeschriebenen 80 und... - "Verdammt", knurrt der Fahrer,
"wahrscheinlich hinten eine Reifenpanne". Denn man hört einen
luftleeren Reifen praktisch "klatschen" und - die Reifendruckanzeige
bestätigt jetzt auch aktuell den subjektiven Eindruck: Reifenpanne. - Verdammt.
Ich
habe mir die Geschichte erzählen lassen. Und höre später wieder eine
ähnliche Geschichte. Auch hier eine Reifenpanne - in einer Baustelle. -
Und dann kommt eine weitere Geschichte mit einer Reifenpanne in einer
Baustelle hinzu. - Und ich werde langsam nachdenklich. Wieso platzen
Run-Flat-Reifen immer in Baustellen? - Denn in all diesen Fällen die mir
bekannt wurden, waren es Run-Flat-Reifen, solche, die durch die "Härte"
ihrer Flanken sicher stellen, dass man mit einem luftleeren Reifen noch
viele Kilometer - aber zumindest bis zum nächsten Reifenhändler fahren
kann. - Natürlich ist auch ein solcher Reifen - wenn er luftleer
gefahren wird - einfach "hin".
Aber warum gibt es Reifenpannen
mit Run-Flat-Reifen sehr gerade oft in Autobahn-Baustellen? - Und, so stelle
ich fest, zufällig immer mit dem gleichen Fabrikat.
Ich
habe lange - sehr
lange - gebraucht, um das zu verstehen. Auflösung: Die Reifenpannen
geschehen garnicht in Baustellen auf der Autobahn, sondern - gerade bei
Schnellfahrern - aus bestimmtem Grund scheinbar nur immer in
Baustellen. Nun muss
ich auch das Fabrikat erwähnen, dass nach meinen Feststellungen sehr
oft betroffen ist: BMW. Denn dort hat man den Run-Flat-Reifen - damals
auf Anweisung des BMW-Entwicklungsvorstands Göschel - bei vielen
Modellen als Serienausstattung eingeführt. Die Sicherheits-Reifen (ich
nenne sie mal so) werden in Verbindung mit einem
Reifen-Überwachungssystem geliefert. Das basiert auf den vorhandenen
Radsensoren für ABS und ESP. Man misst jeweils den Drehzahlunterschied
der Räder auf der jeweiligen Achse. Wenn sich da ein Unterschied
zeigt... - Nun zeigt der sich leider nicht bei Tempo 250 km/h z.B. -
wie ich feststellen musste. Offenbar behält der inzwischen durch
Druckverlust etwas schlaffe Reifen seinen "normalen" Umfang, weil hier
die Fliehkräfte für den Ausgleich sorgen. Sinkt dann die
Umdrehungsgeschwindigkeit der Räder, weil man z.B. eine Zone mit einer
Geschwindigkeitsbegrenzung passieren muss, so "gibt der Reifen im
Umfang nach". - Es entsteht der Eindruck - auch beim Fahrer - dass die
Reifenpanne erst gerade in der Baustelle - wie von mir oben geschildert
-. aufgetreten ist.
Nun
gibt es durchaus auch andere Drucküberwachungssysteme für Reifen, wo
Sensoren in der Radkappe, über eine "Antenne" die im Radhaus sitzt, dem
Fahrer einen Druckverlust im Reifen auf das im Armaturenbrett sitzende
Anzeigeinstrument vermelden. Das ist natürlich teurer und kostet bei
Mercedes z.B. auch einen Aufpreis. - Dort gibt es aber serienmäßig
auch das andere System, das aus meiner Sicht ohne großen Wert ist -
aber billig in der Herstellung und wertvoll vom Anspruch, den es für
sich erhebt. Aber leider in der Praxis... - Sie haben verstanden?
Ich
habe in meiner im März veröffentlichten Reifengeschichte ein neues
System für den Reifenaufbau in Aussicht gestellt und auch kurz - ich
hoffe verständlich - erläutert. Ich bin auch einen solchen Reifen schon
luftleer auf einem Porsche 911 gefahren. Auf der Vorderachse vorne
links. Das deshalb, weil ich wissen wollte, wie sich ein solcher - dann
luftleerer Reifen - und wie lange (!) fährt. Ich jedenfalls habe z.B.
keine Lust, bei einem Reifenschaden ein Rad auf der Standspur einer
Autobahn wechseln zu müssen. Ich würde immer versuchen die Autobahn zu
verlassen. Ein Radwechsel auf der Autobahn wäre mir zu gefährlich.
So
habe ich also bei einem prall gefüllten Reifen, vorne links auf einem
Porsche sitzend, im "alten Fahrerlager" des Nürburgrings die Luft
abgelassen und bin mit diesem luftleeren Rad losgefahren. In Richtung
A1. Das Fahrzeug fuhr sich mit dem vorgespannten Reifen des neuen
Systems auch luftleer sehr gut. Ich habe allerdings eine
Geschwindigkeit von 80 km/h nicht überschritten, aber immerhin so die
A1 erreicht und erst nach rund 35 Kilometern "luftleerer Fahrt" gab
dann der Reifen wirklich "den Geist auf", wie man so schön sagt.
Halten
wir fest: Das "neue Reifensystem" kann also auch das, was natürlich ein
Run-Flat-Reifen viel besser kann. Aber das neue Reifensystem vermittelt
noch eine Menge Komfort, eine Eigenschaft, die man dem Run-Flat-Reifen
nicht nachsagen kann. Im Gegenteil.
Lassen Sie mich nachfolgend
noch einmal ein paar Wort zum "neuen Reifensystem" mit einem auch
tangetial vorgespannten Reifen ein paar Worte verlieren:
In
ihrem öffentlichen Auftritt versucht die Reifen-Industrie regelmäßig
den Eindruck zu erwecken, als sei die Gummi-Technologie das Geheimnis
eines guten Reifens. Ohne jeden Zweifel gehört zu einem guten Reifen
auch immer die richtige Gummi-Mischung (von der aber die maschinenbaumäßig ausgebildeten Kollegen aus der
Automobil-Industrie „ja nichts verstehen“), jedoch ist diese
Überbetonung der Gummi-Mischung ein leichtfertiger eingeschlagener Irrweg, denn
schon die belastungsbedingten Verformungen der elastischen
Reifenschale (gemäß dem "Stand der Technik") machen augenfällig, dass
deren verformungsmechanische Charakteristik einen dominanten Einfluss
auf die Übertragbarkeit hoher Reibkräfte haben!
Um
diesem
Zusammenhang zu entgehen wurden innerhalb des herkömmlichen
technischen Konzepts die Reifen immer breiter – allerdings zu
Lasten des dringend benötigten Federweges – und damit verbunden
mit dem Verlust an Komfort (s. auch den von mir in meiner großen
Reifengeschichte dargestellten Zielkonflikt Handling:Komfort). Um
aus dieser Klemme heraus zu kommen, muss der Reifen-Entwickler das
System der symmetrisch arbeitenden Festigkeitsstruktur verlassen, und
sollte sich einem System zuwenden, dessen Festigkeitsstruktur unter
Luftdruck
asymmetrisch arbeitet. - Ich füge hier einmal ein paar Skizzen mit
einer Darstellungen des "neuen Systems" ein:
Während die
symmetrische Struktur schon bei geringer Seitenkraft pendelartig
verzerrt wird (und die Radlast diesen Effekt zunehmend verstärkt),
reagiert das asymmetrische Parallelogramm allein schon infolge der
radialen Belastung erheblich steifer – denn es muss sich
aufrichten! Gleichzeitig reagiert die parallelogrammartige Struktur
unter der Radlast durch ein verstärktes seitliches, also
asymmetrisches Ausweichen, was sich in einem deutlich verbesserten
Komfort-Verhalten bemerkbar macht!
Nun haben Sie auch eine Erklärung für den eigentümlich klingenden Titel meiner Geschichte.
Ein
Reifen , nach neuesten Erkenntnissen (wie oben geschildert) gefertigt,
muss also kein Breitreifen mehr sein, um die auftretenden Brems- und
Beschleunigungskräfte besser übertragen zu können. Er würde außerdem
über einen besseren Rollwiderstand verfügen und Komfort vermitteln,
eine Eigenschaft, die den "flachen" Breitreifen abgeht.
"Die
Beine Ihres Autos" müssen "morgen" anders aussehen, wenn sie nicht "von
gestern" sein wollen. - Aber dazu müsste die Reifenindustrie langsam
aufwachen und den bisherigen Trampelpfad verlassen. - Was offenbar
sehr, sehr schwer fällt. Denn schließlich hat der normale Autofahrer
den "Irrweg" der Reifentechniker so verstanden und aufgenommen, wie es
von den Werbe- und Marketing-Fachleuten der Reifen- aber auch der
Automobil-Industrie erklärt wurde. - Und warum sollte man es sich
selbst schwer machen? - Es läuft doch alles so gut!
Wirklich? -
MK/Wilhelm Hahne