7. Juni 2011, Graf-Ulrich-Halle, Nürburg: Die CDU-Landtagsfraktion lud am Nürburgring zu einem Treffen der Betroffenen ein. - Spät kamen sie, doch sie kamen.

Es gab wohl zweierlei Einladungen: Die CDU-Landtagsfraktion hatte z.B. die Ortsbürgermeister der Umgebung für 20:30 Uhr eingeladen. Die „Mitbürgerinnen und Mitbürger“ waren vom Nürburger Ortsbürgermeister für 20:00 geladen worden. Geladen waren auch die Besucher, die sich schon mal – weil pünktlich vor 20:00 Uhr vor Ort – dann untereinander ihr Leid klagten. Jetzt schon, nur wenige Woche nach der Landtagswahl, war die Enttäuschung über das Verhalten der GRÜNEN groß. Man fühlt sich verraten. Schließlich war die Einstellung der Oberen dieser Partei vor den Wahlen zum Geschehen bei "Nürburgring 2009" scheinbar eindeutig gewesen. Nun hoffte man offensichtlich auf eine Hilfe von außen, wollte mal die Meinung und Einstellung der CDU hören, hoffte auf deren Verständnis. - GRÜN war Gestern? - Aber bitte nicht vergessen:

Nach der Wahl -
ist vor der Wahl!


11-06-19/02 – Das Eifel-Wetter war bei meiner Anfahrt wie die Stimmung in der Gemeindehalle bei meinem Eintreffen: Schwer einzuschätzen. Schwarze Wolken zogen drohend über einen blau wirkenden Himmel. Einzelne Regentropfen fielen.

Einmarsch der CDU-Fraktion pünktlich um 20:30 Uhr in lockerer Folge. 41 Landtagsabgeordnete und Mitarbeiter der Fraktion mischten sich unter die schon eingetroffenen Besucher, rundeten das Bild zu einer guten Hundertschaft ab.

Was mir gleich auffiel: Der neu – und direkt(!) - gewählte CDU-Landtagsabgeordnete Michael Billen fehlte. Meine Nachfrage am Abend ergab ein Schulterzucken, während mir Billen auf meine Rückfrage am nächsten Tag antwortete: „Ich hatte einen wichtigen Termin im Wahlkreis.“ - Ach so! - Er war aber tagsüber bei den Beratungen der Fraktion dabei gewesen, wie mir auch Frau Klöckner bestätigte.

Und so lächelte man sich zu und an, drückte hier und da die Hand, überreichte – aus dem Publikum – der CDU-Fraktionsvorsitzenden, Julia Klöckner, ein kleines Gastgeschenk. ´Die Stimmung war harmonisch.

Und der Bürgermeister von Nürburg schritt eilig zum Rednerpult, um die „Abordnung“ - wie er sie nannte – auf nette Art zu begrüßen. Aber er drohte seinen Parteifreunden auch gleich „unangenehme Sachen“ an. Ohne große Umschweife kam er zum eigentlichen Anlass des Treffens und fasste die Ärgernisse für die Bürger im Umfeld seines Ortes so zusammen:

- Wertschöpfung im Umfeld des Nürburgrings überwiegend durch die Nürburgring Automotiv GmbH – und damit an zwei Düsseldorfer Privatunternehmer, von der Landesregierung souverän ausgewählt.
- Catering-Unternehmen haben seitdem allen Grund zur Klage.
- Es werden Wucherpreise auf vielen Gebieten beklagt.
- Traditionsveranstaltungen, wie die z.B. der Scuderia Hanseat, werden verhindert.
- Preisforderungen an den „Industriepool“ gefährden den Teststandort Nürburgring.
- Die Art und Weise der Streckenvergabe bietet Anlass für Beanstandungen.
- Eine Förderung des Motorsports, Vertragszweck der ursprünglichen Nürburgring GmbH, findet nicht statt.
- Die Nürburgring Automtive GmbH nutzt ihre marktbeherrschende Stellung rücksichtslos.
- Die Formel 1, für die eine neue Rennstrecke gebaut wurde (seit 1984 genutzt), ist wieder in Frage gestellt.
- ring°racer, ring°werk, Boulevard usw. generieren nicht die in Gutachten prognostizierten Besucherzuwächse, obwohl sie dafür – mit gewaltigen Investitionskosten – erstellt wurden.
- Es wird von der Landesregierung nicht die Rennstrecke und der Breitensport gefördert, sondern ausschließlich die private Betreibergesellschaft.
- Der freie Wettbewerb "im Markt" am Nürburgring ist durch die neue Konstellation völlig außer Kraft gesetzt.
- Es findet keine echte Kooperation mit der Region statt.

Der Bürgermeister erinnerte daran, dass der Nürburgring einmal gebaut wurde, um die wirtschaftliche Situation in einer der ärmsten Regionen Deutschlands zu sichern. Das habe sich geändert. Er sagte: „Die Menschen hier am Ring brauchen dringend politische Hilfe, um gegen Unternehmer wie Lindner und Richter bestehen zu können.“ Er erinnerte auch daran, dass von den Versprechungen der beiden (nun neuen) Regierungsparteien nichts übrig geblieben ist.

Auch den Lehrermangel bei den hiesigen Schulen spricht er in seinem Schlusswort an, vergisst auch nicht die aktuell entstandene Situation um das OLG Koblenz zu erwähnen. (Die sich übrigens immer weiter zuspitzt!)

Seine Schlussbemerkung ist kurz: „Das wär's!“, an die sich ein langanhaltender Beifall der Zuhörer anschließt. - Man spürt, dass die Besucher der Veranstaltung sich durch ihn vertreten fühlen.

Julia Klöcker, neue Fraktionsvorsitzende der CDU im Mainzer Landtag, tritt nun hinter das Rednerpult und bedankt sich zunächst bei Frau und Herrn Schüssler, dem Ortsbürgermeister, dass man heute Abend in Nürburg Gast sein darf. 

Und sie stellt die Damen und Herren der CDU-Landtagsfraktion, die Landtagsabgeordneten, als freie Bürger aus den unterschiedlichsten Regionen des Landes vor, die nur eins gemeinsam haben: Über ihnen ist der weite, endlos scheinende, blaue Himmel.

Sie erklärt, dass man sich entschlossen habe, die erste Klausurtagung ihrer Fraktion „hier am Nürburgring“ durchzuführen. Nein, natürlich wohnt man nicht im Lindner-Hotel, beantwortet sie eine mögliche Frage vorweg. Die CDU-Fraktion will mit der Wahl ihres Tagungsortes (aber auch des Hotels!) ein Zeichen setzen. Darum sei man jetzt direkt nach der Wahl gekommen. „Denn es geht um Ihre Zukunft!“

Julia Klöckner bedauert, dass es zum Thema Nürburgring über lange Zeit nur eine Negativberichterstattung gegeben habe, aber leider wäre es auch dem Untersuchungsausschuss des Landtages nicht gelungen, alle Hintergründe und „Geheimnisse“ beim Entstehen des Projekts „Nürburgring 2009“ auszuleuchten.

Aber sie wolle nun nicht nur den Nürburgring zum Thema, sondern auch klar machen, wie man in Zukunft insgesamt „auch mit Transparenz“ an die Dinge herangehen werde. Frau Klöckner macht klar, dass sie versteht, „dass Vielen das Herz blutet“ wenn sie erleben müssen, wie hier mit ihren Steuergeldern ihnen und ihren Betrieben Konkurrenz gemacht wird, u.a. mit Subventionen für Mitbewerber, „die sich an kein gutes Miteinander halten.“ Sie bringt zum Ausdruck, „dass wir das verstehen!“ - Und erntet Beifall.

Sie stellt weiter fest: „Der Nürburgring muss aus den roten Schlagzeilen (und korrigiert sich) - inzwischen rot-grünen Schlagzeilen – heraus kommen!

Sie beginnt einen weiteren Satz – unterbricht sich aber schnell, weil sie sich wohl erinnert: „Man muss aufpassen, dass man nicht verklagt wird“, um dann noch einmal die einseitige Förderung einer bestimmten Firmengruppe zu beanstanden. Sie informiert ihre Zuhörer in Nürburg, dass es wohl selbst in Regierungskreisen erst jetzt aufgefallen sei, „dass jetzt ein Herr Richter unkündbar ist“ - und hofft auf eine Lösung, die über „die EU-Ebene“ kommen muss. Aber Julia Klöckner verspricht auch: „Wir drehen Ihnen nicht den Rücken zu.“

Die CDU-Fraktionsvorsitzende sagt: „Es wird bei keinem anderen Projekt in diesem Land so viel Unwahres erzählt, vertuscht und gemauschelt – auf öffentlicher Seite – wie hier.“ - Und sie lobt die Arbeit der GRÜNEN – vor der Wahl. Sie bedauert, dass aus diesen Reihen Jemand vor der Wahl als „Heuschrecke“ bezeichnet wurde, dem jetzt von der gleichen Person gewünscht wird, dass man ihm eine Chance geben solle. Sie versteht nicht (oder doch?), dass ein Platz auf der Regierungsbank so die Sichtweise verändern kann.

Frau Klöckner erinnert zum Schluss daran: „Wir sind die einzige Oppositionspartei in diesem Land“ und meint, dass wieder Vertrauen für die gesamte Region hergestellt werden muss. Es dürfe in Zukunft nicht mehr möglich sein, dass hunderte Millionen am Parlament vorbei in dubiose Kanäle fließen und unterstreicht: „Es muss immer eine einwandfreie Rechtskonformität gewährleistet sein.“

Dann nennt sie fünf Punkte, die ihr und ihrer CDU-Fraktion wichtig sind:

1. Mit öffentlichen Geldern darf privaten Unternehmern in der Region keine Konkurrenz gemacht werden.
2. Alle Verträge müssen rechtlich einwandfrei sein, auch im Hinblick auf das EU-Recht.
3. Vergabeverfahren müssen so angelegt sein, dass es keine wettbewerbsrechtlichen Verstöße gibt.
4. Kopplungsgeschäfte jeder Art, die den örtlichen Unternehmern schaden können, müssen verboten sein.
5. Geschäftspartner des Landes, wie sie z.B. am Nürburgring aktiv sind, die müssen einen einwandfreien Leumund haben und entsprechend überprüft werden.

Julia Klöckner verspricht: Die CDU wird sich im Parlament weiter um das Thema Nürburgring im Sinne der Region bemühen. Man ist wirklich um Transparenz bemüht, möchte für die Zukunft einen „Beirat“ eingesetzt wissen. - ??? -

Ende! - Beifall! - Und der Bürgermeister findet: „Das waren wohltuende Worte; das haben wir wirklich gerne gehört!“

In mir klingt inzwischen die Ankündigung des CDU-Plans von einer Einsetzung eines Beirates nach. Wo, an welcher Stelle, mit welchem Einfluss? - Weiß Frau Klöckner nicht, dass es seit fast einem Jahr einen „Beirat“ - aber natürlich ohne jede Bedeutung – gibt? - Und ich verstehe jetzt auch, dass der Herr Landrat Dr. Pföhler (CDU!), zu dessen Verwaltungsbezirk auch Nürburg gehört (!), nicht erschienen ist. Er gehört zu dem schon bestehenden „Beirat“ der Nürburgring GmbH, der in 2010 ins Leben gerufen wurde, weil Hendrick Hering (damals Wirtschaftsminister in RLP) verhindern wollte, dass sich der Kreis Ahrweiler von seiner Beteiligung an der Nürburgring GmbH von 10 Prozent ganz verabschiedete. Das hätte der damaligen Landesregierung (sprich: Kurt Beck) nicht gepasst.

Zwar hatten „Bündnis 90/Die Grünen“ (durch Wolfgang Schlagwein) im Kreistag gefordert, dass der Kreis sich vollständig von seinem bisherigen Anteil an der Nürburgring GmbH trennen sollte, aber dieser Antrag hatte im Kreistag keine Unterstützung gefunden.

Es kam dann zu folgender (Kompromiss-?)Lösung: Der Kreis Ahrweiler verbleibt formal mit einem Anteil von 10 Prozent in der Nürburgring GmbH, verzichtet aber auf die Ausübung seiner Gesellschafterrechte. Er stellt auch nicht – wie vorher durch die Person des Landrats Dr. Pföhler ausgeübt – einen Vertreter im  Aufsichtsrat. (Ob der seine Pflichten zur "Aufsicht" eigentlich erfüllt hat, ist bis heute nicht geklärt. - Klicken Sie mal folgende Adresse an: www.landtag.rlp.de/landtag/drucksachen/24-16.pdf )

Im Ausgleich zu diesem „Verzicht“ wurde der Kreis Ahrweiler von allen finanziellen Risiken, die er eigentlich aufgrund seiner 10 Prozent-Beteilgung an der GmbH zu tragen hätte, befreit. Es gibt also für ihn keinerlei Nachschusspflichten, er wird auch nicht an etwaigen Kapitalerhöhungen teilnehmen. - Und man hat dann damals für den Herrn Landrat Dr. Pföhler eine „Beiratsposition“ geschaffen. - Ich schrieb damals in Motor-KRITIK: „Die neue geschaffene 'Beirat'-Position ist ohne Bedeutung, da sie keinen Einfluss bedeutet. Landrat Pföhler ist nicht mehr im Aufsichtsrat, die 10 Prozent haben keine Vertretung mehr.“

An all das musste ich denken, während jetzt noch kleine Reden von kleinen Politikern dahinplätscherten. Noch einmal aufmerksam umgeschaut: Nein, Dr. Pföhler, CDU, ist nicht an diesem Abend in Nürburg. Er wird wissen warum. - Hätte er sich sonst vielleicht auch zu Wort melden müssen?

Das machen nun andere. Der Inhalt dieser Reden ist – leider – dürftig, weil die Herren offensichtlich keinen Bezug zur Realität haben. Was wissen die von der Formel 1, vom Industriegebiet in Meuspath? - Aber sie reden darüber. Von den "großen Erfolgen" zum Beispiel, nicht von der finanziellen Situation der Gemeinden, die (auf politischen Druck?) die Idee des Industriegebiets umsetzten. - Zu der Beirat-Idee nimmt keiner Stellung.

Mir ist sie aufgefallen, weil ich versuche (immer noch!) in Zusammenhängen zu denken. Kennt Julia Klöckner eigentlich alle Hintergründe, alle „politischen Zukleistereien“, die man im Laufe der Zeit beim Projekt „Nürburgring 2009“ auf- und angewendet hat?

Die Besucher der CDU-Veranstaltung an diesem Abend in Nürburg haben auch nicht daran gedacht. Sie haben den Reden nach der von Julia Klöckner auch nur noch halbherzig zugehört. Sie waren deswegen  nicht in die Nürburger Gemeindehalle gekommen.

Man sah nach diesen Reden noch viele Besucher und Politiker lange in Gruppen zusammen stehen – oder sitzen – und die unterschiedlichen Probleme diskutieren. Ich gehörte auch dazu und habe einiges weitergeben, aber auch einiges zurückerhalten können.

Meine Leser weden sicherlich von der einen oder anderen  gedanklichen Anregung, die ich erfahren durfte, in den nächsten Wochen und Monaten profitieren.

Als ich gegen 23 Uhr nach Haus fuhr, da regnete es in Strömen, geradezu unwetterartig. Der Scheibenwischer schaffte die Regenmassen kaum. Je näher ich meinem Heimatort kam, desto weniger wurde der Regen.

Lag das am Nürburgring? - Oder daran, dass es da nach dem Willen der CDU demnächst einen Beirat neben einem Beirat geben soll? - Oder ist das etwa wiederum nur als „Beruhigungspille“ gedacht? - So ähnlich wie der Untersuchungsausschuss?

Als ich mein Haus erreichte, war die Welt wieder in Ordnung.

Ruhe! - Kein Regen! - Ohne Beirat!

MK/Wilhelm Hahne

PS: Weil mir die Beirat-Idee nicht aus dem Kopf geht: Wenn ein Beirat, aufgrund seiner Vertragssituation Einfluss auf Entscheidungen nehmen kann, dann ist diese Position durchaus von Bedeutung. Das meint auch der Gesetzgeber. Wenn die Arbeit eines Beirats über ein charmantes Mitplaudern hinaus geht, Verantwortung bei Entscheidungen beinhaltet, dann birgt eine solche Aufgabe auch Haftungsrisiken, ist mit der Verantwortung eines Aufsichtsrates vergleichbar! - Nicht aber mit der plakativen Aufgabe des „Beirats“ Dr. Pföhler. - Die ist (leider!) ohne Bedeutung, weil ohne jeden Einfluss. - Und was möchte die CDU, Frau Klöckner? - Und was ist mit den Haftungsrisiken des alten Aufsichtsrates?


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