Die
folgende Leidensgeschichte eines VW-Besitzers mit einem Fahrzeug, das
mit einem der ersten Commonrail-Dieselmotoren ausgestattet ist, steht
beispielhaft für viele andere Leidensgenossen, die für Fehler bezahlen
dürfen, die ein Hersteller macht.
Ich
habe vor der Einstellung der Pumpe/Düse-Version die Vorzüge eines
Commonrail-Dieselmotors gelobt und auch zu erklären versucht, warum bei
VW zunächst mal eine andere Version favorisiert wurde. In diesem
Zusammenhang musste auch der Name Piech genannt werden. Der ist nun bei
VW inzwischen der "Übervater", scheint sich - leider - um Kleinigkeiten
(die den Kunden betreffen) nicht mehr zu kümmern. Er steuert große
Ziele für den Konzern an. Und die Kunden steuern dazu bei, indem sie
für die Fehler des Herstellers bezahlen. - Das erkläre ich dann in der
Geschichte genauer. - Um nicht in die undendlichen Weiten von möglichen
Fehlern bei der Serienproduktion von Automobilen abzugleiten,
beschränke ich mich bei der Schilderung auf diesen einen Fall. Ein
Blick in die entsprechenden Foren wird Sie aber darüber aufklären, dass
es hier für den Hersteller VW (aber wahrscheinlich auch für den
Gesamtkonzern) um größere Beträge geht.
Nun nagelt er wieder!
11-06-19/07
- Mein Leser besitzt einen VW EOS mit Zweiliter-Commonrail-Dieselmotor.
Das Fahrzeug ist nun fast drei Jahre alt, so dass man daraus schließen
kann, dass der verbaute Motor aus der ersten Serie der
Commonrail-Diesel stammt. Das Fahrzeug hat bis jetzt gut 30.000
Kilometer zurück gelegt. Alles ist im Originalzustand, es gibt kein
Tuning, keine sonstigen Modifikationen. - Fast vergessen: Der
Papierfiltereinsatz im Luftfilter wurde mal gegen einen
K&N-Baumwolleinsatz ausgetauscht. - Eigentlich gab es bisher auch
keinen Grund zu klagen.
Aber
dann, vor einigen Wochen: Die Motor-Warnleuchte geht an. Ein Blick in
die Bedienungsanleitung sagt: Defekt am Abgasentgiftungssystem. Bitte
bei nächster Gelegenheit die Werkstatt aufsuchen.
Das schien
auch unausweichlich, denn das Fahrzeug hatte ab diesem Zeitpunkt
merkwürdige Leerlaufschwankungen, der Motor "rüttelte" so, als wäre ihm
auf einem Zylinder (von vier) die Kompression ausgegangen.
Die
Werkstatt diagnostiziert den Fehler in einem defekten Drucksensor am
Dieselpartikelfilter. - Toll! - Die Warnlampe erlischt und bleibt auch
dunkel. - Nach einem kurzen Glücksgefühl:
Die Kaltstartprobleme
des Motors sind geblieben, nehmen sogar noch progressiv zu. Der Motor
nagelt nun regelrecht, der Motorlauf wird noch unrunder, nicht mehr nur
im Leerlauf, sondern auch im Drehzahlbereich zwischen 1.200 und 2.000
Umdrehungen.
Mein Leser schaut jetzt nicht mehr in die
Bedienungsanleitung, sondern ins Internet. Oh, oh! - Da ist scheinbar
Feuer unterm Dach. Zum Thema VW Commonrail-TDI kann man von
Leerlaufschwankungen, unrunder Motorlauf, Geräusche und Nageln lesen.
Aber nicht nur beim Zweiliter TDI CR, sondern besonders beim 1,6 TDI
CR. Aber die Forumsteilnehmer berichten auch von ratlosen Werkstätten.
Es gibt anscheinend viele Verdachtsmomente:
- Verkokte Ventilspielausgleiche?
- Verkokte Injektoren?
- Commonrail-Pumpe?
- Vakuumpumpe?
- Zweimassenschwungrad?
- Erhöhter Abgasgegendruck durch fehlgeschlagene Rußpartikelfilter-Regeneration?
Man
weiß es so genau nicht, diagnostiziert, tauscht Teile, gibt
Reinigunsadditive zu und - schickt die Kunden mit defekten Autos wieder
nach Hause. - ??? - Man beschwört die Kunden, dass Dieselmotoren immer
mal wieder ein wenig ungehobelt ausfallen könnten. Commonrail hin,
Commonrail her. Früher hätte man das garnicht so wahrgenommen, weil
doch die Pumpen/Düse-Motoren sowieso... - Ach ja? - Ach ja! - Das sei
nun mal heute so, da müsse man sich dran gewöhnen. - Ach so!
Mein
Kunde recherchiert nun zum täglich erlebten Problem etwas
tiefergreifender, z.B. auch in amerikanischen Foren. Da stößt er auf
Informationen (oder Stückwerke davon), dass es bei VW-Werkstätten
inzwischen ein Softwware-Update geben müsse. Aber, so wird berichtet,
man müsse schon selbst in die VW-Werkstatt gehen und nachfragen, weil
von alleine... - Bei VW scheint man sich nur zu melden, wenn man ein
Neufahrzeug verkaufen will. - Aber die neue Software soll werksgemachte
Fehler in der Programmierung der Abgasrückführung beseitigen, die zu
Schwingungen und Resonanzen unter Teillast geführt hätten.
Also
fährt mein Leser mal wieder mit dem Auto in die Werkstatt. Und stellt
sich dumm. Die Diagnose erbringt: Alle Werte im "grünen Bereich",
insbesondere die zylinderselektive Leerlaufanpassung der Einspritzmenge
hat man kontrolliert. Alles OK. - Wirklich? - Ja aber - man habe in
einer Fehlerdatenbank Anhaltspunkte auf ähnliche Probleme wie bei dem
Motor im Fahrzeug meines Lesers gesehen und man wolle daher -
vielleicht als nächsten Schritt -versuchsweise mal ein Software-Update
machen. - Wenn Sie meinen! (Der Kunde lächelt in sich hinein.)
Das
Fahrzeug muss aber in der Werkstatt bleiben, ist erst nach drei Tagen
abholfertig. Und tatsächlich: Die Leerlaufprobleme behoben, die
Nagelgeräusche sind weg. Was bleibt, ist ein helles Tickern, das man
einem "müden" Ventilspielausgleich zuschreibt. Und mein Leser denkt:
Das kann bei 16 Ventilen und rd. 30.000 Kilometer ja schon mal
vorkommen.
Aber wenn er jetzt damit fährt, dann erlebt er ein
völlig anderes Fahrzeug, der Motor hat eine vollkommen andere
Charakteristik: Bei niedrigen Drehzahlen hat der Motor weniger Leistung
als vorher. Der Drehmomentverlauf ist ein vollkommen anderer, der
Leistungsaufbau über die Drehzahl ist voller "Löcher". Dabei wurde
gerade die gleichmäßige Leistungsentfaltung des 2.0 TDI CR-Motor von
der Fachpresse gefeiert. Verglichen mit dem "alten" Pumpe/Düse-Motor. -
Das ist nun vorbei..
Positiv muss aber vermerkt werden, dass
dieses dumpfe "Schlagen" des Motors unter hoher Last bei niedriger
Drehzahl - wie es z.B. beim Herausbeschleunigen aus einer engen Kurve
im (zu) hohen Gang oder beim Beschleunigen "am Berg" bisher auftrat,
nun auch verschwunden ist. Vorher wurde es als "normal" bezeichnet -
und so vom Kunden hingenommen. - Nun ist es weg!
Aber nicht alle
VW-Dieselfahrer sind bereit, diese (kleinen) Vorteile als Vorteile so
stark zu empfinden, dass sie die Nachteile in der Charakteristik
hinzunehmen bereit sind. Manche fragen gar, wo sie die alte Software
wieder erhalten können, weil "der Motor nun nicht mehr zieht".
Die
Frage die sich einem um Neutralität bemühten Beobachter stellt: Warum
informiert das Volkswagenwerk weder seine Kunden noch seine
Werkstätten, dass es ein Software-Update für den Zweiliter-, wie auch
den 1,6 l TDI CR-Motor gibt?
Ich kenne natürlich das Geschwafel
von "nicht sicherheitsrelevant". Aber warum erfolgt hier nicht -
korrekterweise - ein Rückruf? - Im Interesse des Kunden! - Damit
er ein VW-Kunde bleibt. - Wer denkt, handelt so kurzsichtig?
Mein
Leser fragt sich allerdings auch, warum er von seiner VW-Werkstatt eine
Rechnung über 112,00 Euro erhält? (Kulanterweise (!) hat man die
Diagnoseüberprüfung nicht berechnet!) Aber die Arbeitsleistung für die
Diagnose, das Software-Update und das Laden der Autobatterie (!) hat
man berechnet. (Das Laden der Batterie übrigens, weil sichergestellt
sein müsse, dass das Auto während des Software-Updates nicht
"abstirbt".)
Nein, ich habe in dieser Sache nicht bei VW
angefragt. Was sollte man mir auch antworten? - Ich kenne diese
dämlichen Verzögerungs-Rückfragen und kann darauf verzichten. Sie
ändern nichts an der Situation, die offensichtlich den Status eines
Serienfehlers haben und bei den Konzernmarken Volkswagen, Audi, Seat
und Skoda über verschiedene Fahrzeugtypen, Länderversionen und
Fertigungszeiträume hinweg vorhanden sein dürften.
Mein Leser
hat übrigens über seine VW-Werkstatt einen Kulanzantrag stellen lassen.
Der wurde negativ beschieden. Weil VW ggf. Kulanz für Teile bis zu
einem Anteil von 70 Prozent, nicht aber für Arbeitsleistung gewährt.
Aber an diesem VW wurde nur gearbeitet, Teile wurden nicht ausgetauscht.
Und
die Garantie? - Die ist bei einem deutschen Premium-Produkt schon nach
zwei Jahren abgelaufen. Dann muss der Kunde bezahlen.
Soll er sich doch beim nächsten Mal einen Toyota kaufen!
MK/Wilhelm Hahne
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