"Horaz:        Es gibt Personen, denen ich zu scharf
                     im Tadeln und die Rechte der Satire
                     weit über das Gesetz zu dehnen scheine;
                     hingegen andre finden alles, was ich noch
                     geschrieben, nervenlos und meinen, solcher Verse
                     wie diese könne man in einem Tag
                     ein ganzes Tausend spinnen. Rate mir
                    Trebaz, was soll ich machen?
Trebatius:    Ruhig sein.
Horaz:         Gar keine Verse machen, meinst du?
Trebatius:    Allerdings.
Horaz:         Ich will gehangen sein, wofern das nicht
                    das beste wär, allein, ich kann nicht schlafen."
                   (Aus einer Satire von Horaz, 65 - 8 v.Chr.)
98-06-02, Virneburg/Eifel

"Im Namen des Volkes"

erging am 5. Mai gegen mich ein Urteil, das ich am Pfingstsamstag durch meinen Anwalt zugestellt erhielt. Ich wollte Sie, meine Leser, durch eine Veröffentlichung der Originalseiten kommentarlos informieren. Jawohl, ich wollte mich an den Pranger stellen.

Dann fiel mir ein: ich würde das aber nicht mit den anderen Verurteilten machen können. Darum habe ich die entsprechenden Stellen geschwärzt. Und dann habe ich noch am Pfingstmontag meinen Anwalt über meine Absicht per Fax informiert.

Er konnte mir jedoch weder zu- noch abraten, da die rechtliche Situation hier undurchsichtig ist. Weil ich damit wieder die Formulierungen in Umlauf bringen würde, die Herr Borghs - und das Gericht - nicht mehr sehen wollen? - So könnte man das sehen. - Bleibt also so ein Urteil "im Namen des Volkes" nun ein geheimes Urteil?

Damit Sie wenigstens das Ergebnis kennen: Laut Urteil des Landgerichts Mainz habe ich ein Schmerzensgeld von 30.000 DM an Herrn Horst P. Borghs und weitere 15.000 DM an seine Frau Brunhilde zu zahlen. Beide fühlten sich durch eine Satire von mir verletzt.

Was ich noch zum Urteil bemerken möchte: Der Richter hat mich niemals in der Sache persönlich vernommen. Ich war also auch nie geladen. Der Kampf der Rechtsanwälte hat der Sache eine Dimension gegeben, die sich immer weiter von allen Realitäten entfernte. Und was man so alles in einen Text hineininterpretieren kann, hätte ich vorher nicht für möglich gehalten. Mir fehlt wohl Phantasie.

Und Textbeispiele verändern sich im Urteil plötzlich. Wo bei mir "viel mehr" steht, steht im Urteil "vielmehr". Und wo bei mir im im Text ein Satz mit "... -" dem Leser die Möglichkeit einräumt, ihn auf seine Weise (entsprechend seiner Lebenserfahrung) gedanklich zu vollenden, steht im Textbeispiel aus dem Urteil einfach ein "." - ein Punkt, der den Sinn verändert, einen anderen Zusammenhang herstellt.

Und wenn ich die Begründungen lese, dann läuft alles - wenn ich das richtig interpretiere - darauf hinaus, daß ich mit meiner Satire eine "Auftragsarbeit" geschrieben hätte, eine Geschichte, die im Sinne eines Auftraggebers einen bestimmten Touch bekam.

Jeder der mich kennt, weiß, daß es so etwas bei mir nicht gibt!

Zeugen dafür gibt es genug. Einer meiner Zeugen wäre z.B. Herr Hans Wilhelm Gäb, der - damals noch oberster Öffentlichkeitsarbeiter bei Opel - mir über Herrn Werner Haas einen Auftrag erteilte, aber dann nicht etwa meine von mir erlebte und geschriebene Geschichte veröffentlichte, die auch kritische Anmerkungen enthielt, sondern einen Text, der so nicht von mir war. Er war aber mit meinem Namen gezeichnet.

Ich habe Herrn Gäb damals einen entsprechenden Brief geschrieben. Auf den er übrigens nie geantwortet hat. - Warum wohl, Herr Gäb?

Herr Gäb hat sich aber an meine schriftliche Anweisung gehalten. Ich hatte nämlich ein Honorar für eine Geschichte die ich nicht geschrieben hatte abgelehnt. (Ich habe damit auf das Honorar für eine Woche Arbeit verzichtet.)

Ich habe Opel damals übrigens nicht wegen der mißbräuchlichen Verwendung meines Namens verklagt!

Um es noch einmal deutlich zu sagen: meine Satire vom Mai 1995, zu der dann im Falle Borghs im Mai 1997 die Klage eingereicht wurde, hatte wirklich ihre Grundlage in der Lesung eines Krimi-Autors hier in der Eifel, die ich zufällig besuchte. Und nichts und niemand hat mich beim Schreiben der Geschichte beeinflußt! - Außer die Idee des Krimi-Autors bei seiner Lesung, die mich erst zu meiner Satire brachte.

Diesen Menschen, der übrigens Journalist ist, habe ich dann später über die "Weiterungen" informiert, die aus dieser Lesung entstanden. Und er hat fast ungläubig den Rechtsstreit um diese Satire mitverfolgt (der schon durch eine Klage von Herrn Hans Wilhelm Gäb, z.Zt. Aufsichtsratsvorsitzender der Adam Opel AG, begann) und so die Anregung zu einem neuen Krimi erhalten, der unter dem Titel "Eifel-Rallye" nun gerade zu einem großen Erfolg wird. Er ist zur Zeit - und seit Wochen - auch als Fortsetzungsroman in der "Rhein-Zeitung" zu lesen. Ein Roman, in dem guter sprachlicher Stil gepflegt wird.

Daß das Mainzer Landgericht mir "keinen guten sprachlichen Stiel" (exakt so steht es im Urteil) bescheinigt, damit kann ich leben.

Und ich werde auch keine Satiren - nach dieser Erfahrung - mehr schreiben. Ich bin noch lernfähig. Ich werde mich - wie schon jahrzehntelang vorher - weiter auf die journalistische Wiedergabe von Geschichten beschränken, die andere machen. Aber die würden viele dieser Geschichten oft und gerne "unter der Decke halten" wollen. Wie Opel z.B. "Retrofit 3000". Wie andere die Geschichten über Ford, VW, BMW, Mercedes, und, und, und. - Wie hier im Internet gut zu verfolgen, erscheinen hier in Motor-KRITIK die Geschichten, die das Leben schrieb. Auch wenn das so manchem Öffentlichkeitsarbeiter (und seinen Chefs und Kollegen) nicht paßt.

Auftragsarbeiten? - Ja! - In Umsetzung des journalistischen Auftrags, der übrigens auch eine Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit beinhaltet.

Noch einen schönen Tag wünsche ich Ihnen!

Wilhelm Hahne

PS: Im neuen Urteil wird übrigens ein anderes Urteil, das des OLG Koblenz vom 9.12.1997, immer wieder zitiert. Es ist ein Urteil, das Herr Hans Wilhelm Gäb in der gleichen Satiresache erstritten hat. Es kann nur noch durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden. Ich habe für einen solchen Prozeß kein Geld. Aber andere Journalisten, Journalistenverbände, Verlage und Verleger u.ä. könnten vielleicht aus grundsätzlichen Erwägungen heraus (weil hier auch Grundrechte tangiert werden, meine ich) daran interessiert sein, dieses Urteil nicht so stehen zu lassen. - Natürlich können die - soweit das möglich ist - alle Unterlagen einsehen. Bei meinen Anwälten. Einfach 069-95957-245 wählen und Herrn RA Michael Zahrt verlangen. - Um eventuelle Recherchen zum Gesamtkomplex zu vereinfachen, hier auch die Telefon-Nr. der Anwälte der Herren Borghs und Gäb: 06131-93340 (Hoffmann & Knierim, Mainz). Herr RA Knierim führte die Prozesse, die Strategien dazu entwickelte aber nach meinem Wissenstand Herr RA Volker H. Hoffmann.