98-06-05, Virneburg/Eifel

Guten Tag!

Als Journalist hat man sich schnell daran gewöhnt, von funktionierenden Presseabteilungen umfassend informiert zu werden. Und man hört alles, was man dort sagen will. Bei heiklen Themen hört man das, was interne Sprachregelungen vorgeben. Und wenn die intelligent entworfen sind, glaubt man es vielleicht sogar.

Ich bin da - warum eigentlich? - in einer schlechteren Position. Ich erhalte zum Teil erst gar keine Auskunft. Opel beantwortet meine Anfragen inzwischen überhaupt nicht mehr. Horst P. Borghs ist schon länger mir gegenüber sprachlos. - Na ja, als Vorstand... -

Aber auch andere Firmen zeigen mir gegenüber Zurückhaltung. Ford zum Beispiel. Das resultiert noch aus der "Caspers-Zeit". Ich war ihm unangenehm, hatte unangenehme Fragen - und da hat er mich intern schnell "zum Ford-Feind erklärt" (O-Ton Rainer Nistl, damals Ford, heute Audi). Aber auch bei Mercedes bin ich nicht gerne gesehen. Und bei VW... -

Eigenartigerweise gibt es solche "Zurückhaltung" nicht bei den Pressestellen der Importeure. - Hat man vielleicht beim VDA etwas gegen mich? - Nun, der Präsident dieses Verbandes hat vielleicht auch schlechte Erinnerungen an mich. Aber ist es das wirklich? - Oder spielt da vielleicht der Brief eine Rolle, den der nun scheidende Vorstandsvorsitzende Herman (von Opel) über den VDA seinen Kollegen zur Kenntnis brachte?

Nun, ich habe inzwischen gelernt, ohne die Hilfestellungen der Presseabteilungen auszukommen. Was mir z.B. - schon vor Jahren - eine Rüge der VW-Presseabteilung einbrachte. Ich hatte an ihr vorbei in einer Abteilung des Hauses recherchiert. - So eine Frechheit! - Wenn das nun jeder Journalist machen würde... - Das könnte ja dazu führen, daß schließlich geschrieben wird, was wirklich ist!

Bei der gerade aktuell hier veröffentlichten Porsche-Geschichte habe ich mal wieder versucht, Auskünfte über eine Presseabteilung zu erhalten. Aber Kolbenschmidt in Neckarsulm hat vor Ort keine mehr. So erfuhr ich. Nachdem man zu Rheinmetall gehört, wird die Pressearbeit von der Zentrale in Düsseldorf wahrgenommen.

In Düsseldorf meldet sich um 17 Uhr und 20 Minuten niemand mehr. Das ist kein Vorwurf, nur eine Feststellung. Am nächsten Morgen: Nein, eine Auskunft zu den Dingen die mich interessieren kann man mir nicht geben. "Davon weiß ich nichts", sagt die Dame freundlich am Telefon. Um nachzuschieben, daß der eigentlich "zuständige Pressereferent" auch in dieser Woche nicht da sei.

Ich bitte sie, doch mal in ihren Unterlagen zu wühlen, um mir dann - vielleicht - doch helfen zu können, indem sie mir die Sachen zufaxt. Ich gebe ihr noch einmal meinen Namen und Fax-Nummer und - bin auch 72 Stunden später ohne jede Information.

Zum Glück bin ich darauf nicht angewiesen. Ich habe immer noch Möglichkeiten, auf andere Art an die notwendigen Informationen zu kommen. Aber ich bin nicht erstaunt, wenn meine Kollegen - mit guter Zusammenarbeit mit den Pressestellen - nichts anderes zusammenbringen, als das, was man nun überwiegend lesen kann. Und das ist auch meist das, was man in den Firmen lesen möchte.

Nein, ich bin nicht unbedingt auf der Suche nach Negativ-Geschichten. Aber ich stolpere immer wieder darüber. Ich bin auch nicht auf der Suche nach interessanten Themen. Sie bieten sich mir einfach an. Meist komme ich durch Nachdenken drauf. Wie z.B. bei der aktuellen Porsche-Geschichte, die mich nun praktisch eine Arbeitswoche Zeitaufwand für Recherchearbeit gekostet hat. Und Telefon-, Fax- und Fahrtkosten.

Natürlich wäre ein Anruf bei Porsche einfacher gewesen. Aber was hätte der mir gebracht? Anton Hunger ist ein Profi. Ein netter. Dem wäre sicherlich auch etwas cleveres eingefallen. Schließlich hatte er doch gerade einen "kleinen Rückruf" schon verkündet. - Und ganz ehrlich: ich wollte ihn auch nicht in Verlegenheit bringen. Denn Anton Hunger gehört zu den wenigen Profis der Branche, die mich niemals beschwindelt haben, ausgewichen sind, mit (für mich durchschaubaren) Tricks arbeiteten.

Ich arbeite übrigens auch nicht mit Tricks. Aber ich kenne mich in der Branche aus, vermag Zusammenhänge herzustellen, kenne die Kreuz- und Querverbindungen. Darum kann ich über die "Schweiger der Branche" (mir gegenüber) nur lächeln. Ihr Schweigen kann nichts verhindern. Es wird so von mir noch mal etwas über "Retrofit 3000" geben. Oder kennen Sie den exakten Hubraum des neuen Mercedes Zwölfzylinder in der neuen, kommenden S-Klasse? Oder: Warum wurde die Entwicklung des 131 (das ist ein Motor) denn nun wirklich eingestellt ? - Sie lesen es demnächst hier. - Auch Ford ist in den letzten Wochen nicht zu kurz gekommen. VW wurde nicht vergessen. - Eigentlich kann sich niemand beklagen.

Ganz gleich wie man mich behandelt: bei mir werden alle gleich behandelt. Ich schreibe die Geschichten auf, die die Firmen, deren Mitarbeiter, machen. Und ich nenne auch, wenn es angebracht ist, Namen. Daran hindern mich auch keine Titel auf Visitenkarten. Weil es alles Menschen sind, die für die Geschehnisse Verantwortung tragen. Für die schlechten. Für die guten. (Oder sind doch die Computer schuld?) - Und ich schreibe auch über die guten Dinge. - "Blättern" Sie ruhig mal durch die vielen Geschichten der letzten Monate. Sie sind wie das Leben: vielfältig und bunt, zum Lachen und Weinen.

Und jetzt können Sie - wenn Sie Abonnent sind und es Sie interessiert - mal meine Porsche-Geschichte lesen. Die etwas andere Porsche-Geschichte. Sie ist eigentlich nicht ungewöhnlich, weil: Wo Licht ist, da ist auch Schatten.

Ich wünsche einen schönen Tag!

Wilhelm Hahne