Werbewirksam: Schnelle Runden auf der Nürburgring-Nordschleife

Die Japaner waren die ersten, die die Werbewirksamkeit von schnellen Runden auf der Nürburgring-Nordschleife nutzten. Nun nutzen das auch deutsche Hersteller. Und eine deutsche Fachzeitschrift. Inzwischen werden neue Rekordversuche (so nennt man das inzwischen) vorbereitet. Im nächsten Jahr wird man auf diesem Gebiet einiges erleben. Aber schon jetzt sträuben sich mir die Nackenhaare (da hab ich noch welche), wenn ich mich erinnere, was z.B. in diesem Jahr schon nicht stimmte, wenn man von neuen Rekordzeiten auf der Nürburgring-Nordschleife sprach.

Manchmal werden Rekordzeiten auch "hochgerechnet"

99-11-15/08. In Japan ist der Ruf der Nürburgring-Nordschleife geradezu legendär. Was sich in der "Grünen Hölle" der Eifel bewährte, hat dort schon einen Vorschuß-Kredit. Kein Wunder, dass immer wieder ganze Testteams der Japaner hier auftauchen, um auch werbewirksam, durch Foto- und Filmteams unterstützt, ihren Landsleuten im Land der aufgehenden Sonne zu vermitteln, wie gut doch ihre Produkt auf der berühmten Nordschleife des Nürburgrings ausschaut.

Da scheut man weder Mühe noch Kosten. Da wird ein Hubschrauber fürs Filmteam angemietet, werden tagelang Fahrwerksabstimmungen herausgefahren, die dann auch vorzeigbare Zeiten möglich machen.

Die schnellsten Japaner mit einem straßenzugelassenen Fahrzeug, waren bisher mit einem Toyota Supra unterwegs. Der hat - im Gegensatz zum Audi TT - einen richtigen Heckspoiler. Der hat aber auch richtig Power. Und mit einem guten Fahrer schafften die Japaner ein Zeit klar unter der 8 Minuten-Schallmauer. Die Zeitnahme registrierte 7.49 min.

Das ist respektabel. Respektabel war auch die Zeit, die von Walter Röhrl in diesem Jahr auf einem Porsche GT 3 vermeldet wurde. Die Porsche Presseabteilung hat sie auf dem Vorstellungstermin des Fahrzeugs verkündet, Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat ihn hinausposaunt, und nun findet sich diese Zeit - 7.56 min - in jeder Geschichte, in der sich so eine Zeit unterbringen läßt. Sogar im SPIEGEL habe ich sie schon gelesen.

Nur - ich habe diese Zeit nicht erlebt. Ich habe Walter Röhrl in strömendem Regen mit dem neuen GT3 erlebt. Es war eine sensationell gute Fahrt. Ich stand an der Strecke. Und ich weiß auch, dass Walter Röhrl vorher - es war da trocken - eine sehr gute Zeit "mit stehendem Start" (etwas über 8 Minuten) gefahren ist. Aber unter acht Minuten habe ich ihn nicht erlebt. - Habe ich vielleicht eine Rekordfahrt verpaßt?

Ich weiß  nur, dass man bei Porsche eine "über 8 min-Zeit" mit "stehendem Start" einfach auf eine "fliegende Runde" hochgerechnet hat. Heraus kamen 7.56 min. Aber das ist - wie gesagt - eine Hochrechnung. "Live" konnte man so etwas - auch nicht mit Walter Röhrl - erleben. Ich habe es nicht erlebt. Und ich kenne auch niemanden, der das erlebt hätte.

Vor Wochen war dann Walter Röhrl noch einmal am "Ring". Aber dieses Mal in der Hauptsache deshalb, weil man mit dem neuen 996 Turbo für 225.000 DM bei den Versuchsfahrten der Testfahrer nicht in der Lage war, unter 8 min zu fahren. Es durfte doch nicht sein, dass man mit einem GT3 zu rund 180.000 Mark schneller fuhr als mit dem 225.000 Mark-Geschoß.

Walter Röhrl sollte also die Fahrwerkabstimmung überprüfen und auf Zeitenjagd gehen. Zwei weitere Porsche-Testfahrer sollten ihn in Schwung bringen. Tatsächlich war Walter Röhrl immer schneller als die Jungens vom Werk. Aber er ist zu keinem Zeitpunkt unter 8 min gefahren. Mit dem neuen Porsche Turbo.

So hat man sich mit der 7.56 min-Zeit des Porsche GT3, die niemals gefahren wurde (meine ich), selbst ein Bein gestellt. Denn Walter Röhrl fuhr zuletzt im Bemühen mindestens die 7.56 zu erreichen so aggressiv, dass er am Ende einer Bremszone im Kies landete. Er versenkte dort praktisch den Porsche Turbo, ohne ihn aber weiter groß zu beschädigen.

Lustig war, dass ein weiterer Testfahrer dann an der gleichen Stelle seinen 996 in den Kies setzte. Das hat man bei Porsche nun davon, daß man mit der 7.56-Zeit des neuen GT3 Erwartungen weckte, die nun mit dem Turbo nicht gehalten werden können.

Mit einem alten Turbo, allerdings von einem Tuner deutlich über arbeitet, fuhr inzwischen ein Redakteur von "sportauto" eine Zeit von 7.46 min. Das ist der derzeitige "Weltrekord" auf der Nürburgring-Nordschleife für straßenzugelassene Automobile. Aber dieser Rekord wäre fast gescheitert. Nach einem Training zur Vorbereitung der Rekordfahrt ging das Getriebe des Super-Porsche (der 650 PS gehabt haben soll) ein. Der Versuch mußte um einen Tag verschoben werden. Aber dann hat es geklappt. Übrigens mit Dunlop SP 9000, die bei der Rekordfahrt an vielen Stellen der Nordschleife "schwarze Striche" hinterließen.

So manche der normalen Reifentester, die das Jahr über an vielen Tagen auf der Nordschleife unterwegs sind, verstehen das Theater um Zeiten unter acht Minuten gar nicht. Sie fahren im "normalen" Versuchsbetrieb, elektronisch gemessen mit dem alten Porsche Turbo vom Typ 993 im Jahr -zigmal unter 8 min. Und keiner nimmt davon Kenntnis.

Wenn also Walter Röhrl mit dem neuen Turbo... - Oh, oh, oh! -

Aber die 7.56er Zeit mit dem GT3 ist nun festgeschrieben. Schließlich stand sie sogar im SPIEGEL. Und Herr Wiedeking hat sie verkündet. Und nun geht es mit dem neuen Turbo nicht schneller. Und mit dem alten Turbo... -

Die Geister die ich rief... - Und im Jahre 2000 wird es dann ernst werden. Da bereiten sich schon einige Teams - eins z.B. mit einem Lotus Super Seven - auf neue Nürburgring-Rekordfahrten vor. Sie wollen beweisen, dass man keinen Super-Porsche braucht um richtig schnell unterwegs zu sein.

Was wird sich da Wendelin Wiedeking als Gegenmaßnahme einfallen lassen? - Vielleicht eine neue Superzeit die niemals gefahren wurde?

Dabei gibt es wirklich preiswertere Sportwagen als einen Porsche-Turbo, mit denen man die Nürburgring-Nordschleife unter 8 min umrunden kann. Toyota hat das mit dem Supra bewiesen, Nissan könnte das auch mit einem "Skyline" schaffen. - Lassen wir uns überraschen.

Vielleicht wäre es ja auch eine gute Idee, solche Rekordfahrten im Vorfeld des 24-Stunden-Rennens im nächsten Jahr, sozusagen unter den Augen der Öffentlichkeit - und offizieller Zeitnahme (!) durchzuführen. - Da kommt unter den Fans doch Stimmung auf!

MK/Wilhelm Hahne


Jetzt sind Sie gefragt!
Ihre Meinung zu obigem Beitrag
können Sie mit einem Klick
und ein paar Sätzen loswerden:
Senden Sie mir ein e-mail.

Danke, für Ihre Mitarbeit!