Aerodynamik-Wildwuchs gefährdet den Motor-Sport!

Das hinter uns liegende November-Wochenende brachte uns nicht nur noch einmal ein komprimiertes Angebot an Motorsportveranstaltungen, die auf zwei und auf vier Rädern ausgetragen wurden, sondern es war – so würden es die dafür Verantwortlichen formulieren – ein Motorsport-Angebot der Spitzenklasse! - Immerhin zwei Weltmeisterschaften, bei der in einer noch die Entscheidung fallen musste! - Mit haarsträubenden Szenen – aus meiner Sicht – bei der Moto-GP, wo ein Mensch, ein Fahrer, in bestimmten Situationen hilflos den für ihn unberechenbaren Gesetzmäßigkeiten der Aerodynamik ausgesetzt war. - Wie auch die F1-Fahrer immer wieder über die durch eine überbordende Aerodynamik entstehenden zusätzlichen Gefahrenmomente klagen. - Eine normale Entwicklung im modernen Zeitalter von digitaler Entwicklung hin zur KI? -

Aerodynamik-Wildwuchs gefährdet den Motor-Sport!

Ich habe die „wichtigen“ Wochenend-Veranstaltungen z.T. auf dem Sofa vor dem Fernseher genossen. Dabei bin ich dann irgendwann bei „Wetten das…“ gelandet. Dabei fiel mir ein, dass ich eigentlich alle Tief- und Höhepunkte dieser „Familien-Sendung“ gesehen und sozusagen „mit erlebt“ habe.

Wie auch die Entwicklung der Motorrad-Weltmeisterschaft hin zur „Moto-GP“ und deren dynamische Weiterentwicklung, mit der sie sich immer weiter vom Menschen entfernte. Von den Menschen, die diese Maschinen fahren und denen, die die sportlichen Leistungen von Mensch und Maschine über Jahrzehnte beobachten und davon fasziniert sind.

Eine ähnliche Entwicklung ist auch bei der Formel 1-WM zu verzeichnen. Ich erinnere mich noch, dass es mal mit Rennen und einer 750-Kilogramm-Formel ernsthafter wurde. Inzwischen sind wir bei einem Zirkus mit Aerodynamik-Monstern angekommen, die zwar nicht an sportlichem Wert, sondern mehr an Kilogramm zugelegt haben. - Und es ist teuer geworden! - Für Alle!

Warum ich in diesem Zusammenhang „Wetten das…“ erwähnt habe? - Nicht nur, dass diese Sendung am gleichen Wochenende zu sehen war, sie bildet auch einen Kontrast zu den „weiter entwickelten modernen“ Motorsportserien. Die „Neue Zürcher Zeitung“ stellt dazu aktuell fest:

„Jetzt aber wirklich: «Wetten, dass . . .?» ist vorbei. Die Sendung war ein irrer Erfolg über Jahrzehnte – und wirkt inzwischen wie ein Relikt aus einer anderen Zeit.“

Das ist durchaus richtig! - Aber hat der Motorsport, der sich durchaus weiter entwickelt hat, sich dann vielleicht in eine falsche Richtung entwickelt? Die wird von vielen abhängigen (?) Beobachtern aber als durchaus „zeitgemäß“ empfunden! - ??? -

Leider sehe ich das ein wenig anders, denn der Motorsport hat sich zwar weiter entwickelt, aber dabei immer weiter vom Menschen entfernt. Von Menschen, die solche „Maschinen“ mal wie Spielzeuge bedienten. Der Mensch beherrscht heute seine „Spielzeuge“ nicht mehr. Sowohl in der Motor-GP, als auch in der Formel 1 wird er inzwischen von einer inzwischen „wild wuchernden“ Aerodynamik beherrscht.

Da reißen inzwischen Formel 1-Fahrzeuge Kanaldeckel  - bzw. ihre Umrandungen – beim Überfahren aus dem Asphalt. Überholvorgänge müssen „künstlich“ umgesetzt werden. Verfolgungsfahrten – wie „früher mal zu sehen“ – sind nicht möglich. Die auf den Fahrer einwirkenden Fliehkräfte in den Kurven sind „unmenschlich“ geworden. Sie liegen bei 5 g, das ist eine Größenordnung, die Steilwandfahrer auf der Kirmes zu vermeiden suchen, weil es dann zu Störungen der Durchblutung im Kopf kommen kann. - Runter kommen sie – so (!) - immer! (Von der Steilwand!)

Formel 1-Fahrer sind trainiert. Inzwischen reine Spezialisten! Und die Formel 1-Renner sind eigentlich nur noch für speziell gebaute Rennstrecken gebaut. Ohne Kanaldeckel und möglichst ohne Curbs, weil man doch auch mit modernen Sensoren das Überfahren von „weißen Linien“ kontrollieren kann. Außerdem muss man es mit modernen F1-Rennern im Rennen langsam angehen lassen. So um 5 Sekunden pro Runde gegenüber der Qualizeit. - Damit Reifen und Fahrer nicht so sehr verbraucht werden. - Dient das dem Sport oder ist das Zirkus?

Auch bei der Moto-GP ist inzwischen alles an der Aerodynamik und nicht mehr an den Menschen orientiert, die solche „Drachen“ steuern sollen. Da wird man dann evtl. „unkontrolliert“ angesaugt, muss hilflos „ins Leere“ fahren oder ungünstiger Weise „einfach stürzen“. - Natürlich aktiv durch einen „Airbag“ geschützt und vorher durch einen Psychologen „mental eingestimmt“ – und nachher „betreut“!

Außerdem wird – natürlich – eine „Gefahrenzulage“ gezahlt. Auch schon, weil bei einem modernen Rennmotorrad nicht nur die reine Fahrzeugbeherrschung im Mittelpunkt steht, sondern es gilt die natürlichen Anlagen des Menschen durch Knopfdruck im richtigen Moment auf den richtigen Knopf zu unterstützen und zu maximieren. In jeder Runde, zu jeder Situation, im richtigen Moment den richtigen Knopf von vielen Knöpfchen drücken!

Dazu noch ein Blick auf „Wetten das…“ am gleichen Wochenende. Die „Neue Zürcher“ schreibt beim Suchen nach einer Erklärung für das lange Leben dieser Sendung:

„In der Rückschau lässt sich sagen: Deutschland lebte in einem behaglichen Wohlstand. Florian Illies beschreibt in seinem Buch «Generation Golf» das deutsche Idyll, in dem die frisch gebadeten Kinder am Samstag noch «Wetten, dass . . .?» schauen durften, eingekuschelt in einen warmen Bademantel. Genau dieses wohlige Gefühl stellt sich auch heute noch ein, zumindest bei denjenigen, die mit der Sendung aufgewachsen sind.“

Dazu gehöre ich wohl auch! - Vermisse ich darum auch im modernen Motorsport den immer geringer werdenden „menschlichen Aspekt“? Der Sport entwickelt sich aus meiner Sicht immer weiter vom Menschen weg. Er ist – wie man so schön sagt – „moderner geworden“, entspricht immer noch dem eigentlich aber irgendwann „sinnlosen“ Streben nach „immer weiter, immer höher, immer schneller.“

Die Formel 1 und Moto-GP sind heute vielleicht das Gegenteil zu einer Fernsehsendung, die in der Schweizer Zeitung so beschrieben wird:

„«Wetten, dass . . .?» ist überwiegend eine migrantenfreie Zone geblieben. Das Publikum rein deutsch, ebenso die Wett-Teilnehmer, die Sendung ist ein erholsames Erlebnis der Selbstvergewisserung. Wir sind noch da, wie schön.“

Nein, eigentlich bin ich nicht der „Wetten das...“-Typ! - Ich bin aber auch nicht für einen Motorsport, der inzwischen in Richtung „menschenverachtend“ tendiert!

Ich habe etwas gegen den inzwischen unkontrollierten Aerodynamik-Wildwuchs im Motorsport, der auch nichts mehr mit einer für die Serie nutzbaren, sinnvollen Weiterentwicklung zu tun hat.

Wir haben die Römer-Zeit mit dem blutigsten Zirkus aller Zeiten, dem Kolosseum in Rom, hinter uns gelassen. - Wir waren auf dem richtigen Weg! - Und nun? - Ein neuer Zirkus?

Haben wir – irgendwann – eine Weichenstellung vergessen?

Oder einfach das Denken eingestellt?

MK/Wilhelm Hahne
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