24. Juli 2017: Lieber Leser!

Der „SPIEGEL“ spricht von einem möglichen Kartell und glaubt zu wissen, dass die deutsche Autoindustrie in einem großen Arbeitskreis – man spricht von 200 Mitarbeitern – sich in vielen Details zum Nachteil der Käufer ihrer Automobile abgestimmt hat. - Das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit so, weil es der Entwicklung in unserer Gesellschaft entspricht. - Dass Firmen glauben, diese Entwicklung nicht mitbekommen zu haben, ist glaubhaft. Diese Großbetriebe leben ihr Leben nach eigenen Gesetzen, die sie so verinnerlicht haben, dass sie davon überzeugt sind, dass das Unrecht – das daraus entsteht – eigentlich „Normalität“ ist. Absprachen unter den „Großen“ der Automobilindustrie hat es immer gegeben. Nur auf andere Art. Da trafen sich Einzelpersonen fast unauffällig zu zufälligen Gesprächen. Und man stimmte sich ab. Während in der so genannten „Fachpresse“ die Situation zwischen den scheinbaren Konkurrenten so dargestellt wurde, als würde man sich belauern, der Eine des Anderen Feind sein. - Die „Großen“ haben es lächelnd hingenommen. - Die „Großen“ der „damaligen Zeit“ gibt es nicht mehr. Wir leben in einer „modernen Zeit“, wo man als Verantwortlicher keine Verantwortung mehr übernimmt, weil man sie – elegant aber effektiv – delegiert. Aber man kassiert große, erhebliche Beträge dafür, dass man an der Spitze z.B. einer bedeutenden AG „großen Einfluss“ hat. - Auch auf Aktienkurse. Darum verlagern die „modern Großen“, in ein scheinbar dichtes Beobachtungs-System eingespannt, die Verantwortung für „kritische Absprachen“ auf Arbeitsgruppen. - Das ist modern, macht – für diese Herren - „einen schlanken Fuß“. - Während sie selbst „auf großem Fuß leben“. - Abgeschottet von „Arbeitskreisen“. - Die Art der Arbeit – und das Gesamtergebnis – sind vergleichbar mit anderen Gruppierungen, die in der Öffentlichkeit der organisierten Kriminalität zugerechnet werden. - Haben Sie schon mal darüber nachgedacht? - Was mir dazu dann aktuell als Frage einfällt: Ist z.B. die Reifenindustrie auch so eine Gruppe?

24. Juli 2017: Lieber Leser!

Was der „SPIEGEL“ aktuell aufdeckt, ist das Ergebnis einer Entwicklung, die in allen gesellschaftlichen Schichten sichtbar wird. - Wenn man genau hinschaut!

Aber wer will das schon? - Wir leben in einer Gesellschaft, die sich nicht durch unschöne Ereignisse die gute Laune verderben lassen möchte. - Alles ist gut! - Wer stört denn da unsere Vorstellungen von einer idealen Welt?

Genau diese Einstellung ist es, die eine Entwicklung begünstigt, die man als „einfach krank“ bezeichnen muss. - Es ist nicht nur die Automobilindustrie, die unter dieser Entwicklung leidet. Nur sie ist gerade mal aufgefallen. - Aber was ist z.B. mit der Reifenindustrie? - Die ist sicherlich nur eine Garnierung, wenn man die Bedeutung des „Kerns“, die Automobilindustrie betrachtet. Aber auch hier scheint es Absprachen zu geben. - Zum Beispiel die, im Gestern zu verharren, weil das nicht nur bequem, sondern auch einbringlich ist.

Absprachen? - Natürlich wird es die geben. - Aber auf welcher Ebene? - Oder ist man dort wirklich so naiv wie man tut?

Ein schönes Beispiel für die „moderne Intelligenz“ der Reifenindustrie ist z.B. die koreanische Firma Hankook, die im Motorsport, der eigentlich der Weiterentwicklung der Technik, dem Fortschritt dienen sollte, nun dem sogenannten „Einheitsreifen“ dadurch eine Basis gibt, dass man Rennserien-Veranstaltern neue Zusatz-Einnahmemöglichkeiten aufzeigt. - Und man spart dann so für die nächsten Jahre selber Entwicklungskosten!

Dabei ist auch die Serienreifen-Entwicklung längst eingeschlafen. Welche große Automobilfirma unterhält denn noch Reifentest-Abteilungen? - Das kostet Geld. - Und über die Einkaufsabteilungen lässt sich einfacher Geld sparen. Man braucht einen Reifen, der in der Alltagspraxis „nicht auffällt“. - Und den gibt‘s schon billig!

Natürlich passen die Reifenfirmen ihre aktuellen Reifen stets den Vorstellungen der Hersteller an, indem sie z.B. die Mischungen der Lauffläche verändern. - Wie hätten Sie‘s denn gern? - Denn scheinbar bestimmt der „kammsche Kreis“, was möglich ist. Da jetzt man dann auch schon mal Akzente!

Es gibt aber für jedes Automobil gute Reifen und Reifen, die noch besser zu dem entsprechenden Fahrwerk passen. Früher wurde da gnadenlos getestet. In der Praxis. Heute macht man das für Großserien-Automobile kaum noch. Die M-GmbH, AMG und andere „Spezialisten“ führen noch wirklich Reifentests durch. So mancher Großserienhersteller spart da.

Ich persönlich habe in „grauer Vergangenheit“ erlebt, dass das Reifentest-Team eines großen Herstellers den besten zu einem bestimmten Automobil passenden Reifen heraus fuhren. In intensiv durchgeführten Praxis-Versuchen und -Vergleichen. Aber auf den entsprechenden Serien-Automobilen hat es diesen Reifen dann nicht gegeben. - Wie ich, wie Motor-KRITIK, feststellen musste.

Testwagen – für die „Fachjournalisten“ waren allerdings damit ausgerüstet, aber niemals ein Serienfahrzeug. Antwort beim Hinterfragen: „Zu teuer!“ - Der Preis entscheidet, nicht die Qualität, die besonders guten Eigenschaften in Verbindung mit einem bestimmten Fahrwerk.

Seit fünfzig Jahren – ungefähr – übersieht die Reifenindustrie, dass das Automobil eine andere Art von Reifen braucht, als z.B. ein Motorrad. Aber wie ist der Aufbau eines Unterbaus für einen Reifen sowohl beim Motorrad, wie auch bei einem Automobil: Symetrisch!

Das entspricht nicht den physikalischen Gesetzen, die durch die unterschiedliche Art der Belastung dann auch unterschiedlich in den Auswirkungen bei einer Praxis-Beanspruchung für den Reifen eines Einspur- oder eines Zweispur-Fahrzeuges sind.

  • Ein Automobilreifen verlangt z.B. darum nach einer einseitigen Vorspannung!

Es kann nicht sein, dass hunderte Entwickler bei den unterschiedlichsten Reifenenherstellern in aller Welt diese simple Tatsache übersehen haben. Aber seit Jahrzehnten versucht man mir das – bei allen bedeutenden Reifenfirmen – als „mein Denkfehler“ auszureden. - Dabei verlasse ich mich bei meiner Argumentation auf meine Praxiserfahrung mit entsprechenden Versuchsreifen, die sich über die Jahrzehnte auch immer wieder verändert, verbessert haben.

  • Aber vielleicht will die Automobilindustrie auch keinen besseren Reifen! - Vielleicht gibt‘s da eine Absprache!

Die Grundidee zu einem besseren Reifen für Automobile stammt auch nicht von mir. - Es gibt einen einsamen, inzwischen alten Idealisten, der seit Jahrzehnten (!) versucht, den eigentlich jedem normal denkenden Menschen verständlichen Unterschied zwischen Motorrad- und Automobil-Reifen nahe zu bringen. - Vergeblich!

Dabei hatte dieser Mann nicht nur Kontakt zu einem Reifenhersteller. - National, wie international. - Er hat überall nur Ablehnung erfahren. - Gibt es auch da Absprachen? - Immerhin müsste man inzwischen – weil Patente bestehen – Lizenzgebühren zahlen.

Ich – aber auch andere wirkliche Spezialisten – haben Versuchsreifen gefahren, entsprechende Berichte geschrieben und – nichts bewirkt. Noch in diesen Tagen hat mich ein – inzwischen längst erfolgreicher - Rennfahrer gefragt, warum „aus unseren gemeinsamen Reifen-Versuchen“ vor Jahrzehnten eigentlich nichts geworden ist.

Die Antwort habe ich vielleicht in der Antwort eines erfolgreichen Tuners in der Automobilbranche gefunden, der sich von mir – lang‘, lang‘ ist‘s her - „das neue System“ - das eigentlich das einzig richtige ist (!) - erklären ließ, um mir dann zu sagen:

„Aber mit hohen Leichtmetallfelgen und dazu passenden flachen Breitreifen kann ich mehr Geld verdienen.“

Richtig! - Und die Automobilindustrie auch. Und so gibt es keinen Fortschritt da, wo er nur dem Käufer der Automobile etwas bringen würde. Aber es gibt „Sicherheitssysteme“, die dem Käufer – auf dem Papier etwas nutzen – aber den Verkäufern in der Praxis deutliche Gewinne bescheren. - Der Käufer zahlt, weil er daran glaubt, dass sie ihm nutzen. - Oder weil sie von Lobbyisten der Industrie den Gesetzgebern als so „bedeutend und unerlässlich“ verkauft wurden, dass die dann – nicht die Nutzung – sondern den Einbau zwangsweise – gesetzlich – vorgeschrieben haben.

Demnächst braucht man vielleicht gar nicht mehr Autofahren zu können. Man muss dann nur noch ein „autonomes Automobil“, eine selbstfahrendes Mobil kaufen. Dann möglichst als E-Mobil. Weil man niemals weiter denken möchte als einem vorgegeben wird. - Und „autonom“ und „E“ ist derzeit gleichermaßen „in“.

Die Automobilindustrie gibt sich in der gerade vom SPIEGEL offen gelegten Kartell-Situation „ahnungslos“. Man nimmt auch keine Stellung, weil man „in schwebende Verfahren niemals eingreift“. Man „spielt auf Zeit“ und die „guten Verbindungen“ aus. - Was nicht immer etwas bringt, wie der „VW-Diesel-Skandal“ zeigt.

Natürlich hat es Absprachen bei der Automobilindustrie gegeben. Die gab es – wie ich schon eingangs schrieb – zu jeder Zeit. Aber das waren „Absprachen“ unter Einzelpersonen. Prof. Werner Niefer (Mercedes) traf sich z.B. mit Eberhard von Kuenheim (BMW) übers Jahr bei einer Reihe von Aufsichtsratssitzungen, weil man bei einigen Firmen gemeinsam im Aufsichtsrat war. - Da hat man sich dann – sagen wir mal - „ausgetauscht“. - Und die Herren haben dann still über die Darstellungen in der „Fachpresse“ gelächelt, die ihnen eine „Gegnerschaft“ unterstellte.

Aber auch in Details gab – und gibt – es immer Abstimmungen. So wissen die jeweiligen Pressechefs schon, welcher der „Kollegen“ seine Reisekosten jeweils von seinem Heimatort abrechnet, während er doch von einer Veranstaltung der „Konkurrenz“ - nahe bei gelegen – kam, wo er auch schon abgerechnet hatte.

Oder man stimmt sich untereinander ab, wer, wem welche Zimmer – und so den Aufenthalt z.B. beim Genfer oder Pariser Salon bezahlt. Und die etwas einfältigen Journalisten glauben, dass man sie nicht unter Kontrolle hat. - Natürlich müssen die sich solche „Gefälligkeiten“ mit einer passenden Berichterstattung verdienen.

Aber die Firmenchefs wissen natürlich von „all‘ dem“ nichts. Das ist nicht so, wenn man das auf die „Entscheider“ in den einzelnen Geschäftsfeldern bezieht. Es gibt leider die „Generalisten“ in der modernen Automobilindustrie nämlich kaum noch. Es gibt nur noch Spezialisten, deren spezielle Übersicht jeweils an der Schreibtischkante endet.

Und der jeweilige Vorstand ist nur noch bemüht, „seine“ Firma, „seinen“ Vorstandsbereich so gut aussehen zu lassen, dass z.B. der Aktienwert steigt. - Die anderen Zahlen möglichst auch. - Zur Not würde man auch mal eine Statistikkurve „verkehrt herum“ aufhängen. - Solche Kurven müssen eben immer nach oben zeigen. Und man lenkt mit angeblichen Planungen ab, die in „grauer Zukunft“ realisiert werden sollen.

Ich habe in der Vergangenheit Vorstände in der Automobilindustrie kennen gelernt, die anders waren, die nicht nur vorgaben gut zu sein, sondern wirkliche Könner waren. Dazu gehört in der Branche übrigens nicht nur Kopf- sondern auch „Bauchgefühl“, das aus der Praxis erwächst. Einige dieser Könner sind leider inzwischen verstorben. Mit ihnen ist z.T. die Einstellung zu Grabe getragen worden, die „ihre Firma“ glaubwürdig machte.

Andere Vorstände, die ich aus dieser Zeit kenne, haben sich auch verändert, sind – obwohl nicht mehr jung - „Teil der modernen Entwicklung und Zeit geworden“. Sie haben begriffen, wie man eine breite Öffentlichkeit „hinters Licht führt“. - Man schafft neue Strukturen, um Statistiken unvergleichbar zu machen, stellt Wachstum über Zukäufe dar, weiß, dass „Weiterkommen“ am leichtesten durch „Nutzen von Verbindungen“ möglich ist.

Und man nutzt diese Verbindungen! - Und man kommt so weiter! - Und man erhält Millionen Euro dafür, dass man „von Bedeutung“ ist. - Es kommt nicht darauf an als Vorstand innerhalb der Firma effektiv zu sein, man muss „nach außen“ Einfluss haben – um Erfolg darstellen zu können. - In unserer Gesellschaft verdient man auch als Vorstand dann Millionen, wenn die Firma mal Verluste macht. - Die Verträge sind entsprechend. -

  • Man muss sich eben der Entwicklung unserer Gesellschaft anpassen!

Kann es sein, dass diese Entwicklung ein wenig krank ist?

Und keiner weiß etwas! - Keiner will etwas wissen! - Im entscheidenden Moment gibt man sich sich naiv, weiß – angeblich von nichts. Man äußert auch keine Meinung, bevor man die Meinung seines Vorgesetzten – oder der Öffentlichkeit - kennt. - Und verhält sich dann pragmatisch!

Was diese Situation so tragisch macht:

  • Man hat die Auswirkungen eines solchen Verhaltens nicht begriffen!

Fortsetzung folgt!

Wilhelm Hahne

 

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