Genfer Salon: „IAA“ auf neutralem Boden!

Anfang März am Genfer See zu verbringen kann für einen Bewohner der Eifel sicherlich so etwas wie Urlaub und Erholung bedeuten. Wenn dazu noch ein Auto-Salon lockt, der sich auch durch besonders kurze Wege – verglichen mit der IAA in Frankfurt – auszeichnet, dann müsste eigentlich dieser Termin einer der wichtigen im Terminkalender eines Motor-Journalisten sein. - Aber schon im Vorfeld dieses ersten großen Automobilsalons in diesem Jahr wurde klar, dass die Großen der Automobilindustrie diesen Messetermin nicht nutzen würden, um die europäischen Autokäufer mit innovativen Neuheiten – auch technologisch – zu überraschen, sondern man macht da weiter, wo man – entgegen allen Beteuerungen – immer noch nicht aufgehört hat: Mit gewichtsstarken SUV‘s und PS-Monstern, die auch Verbrauchsmonster sind, wenn man deren Leistung wirklich nutzt. - Unter uns: Wo geht das noch? - Wie das Senckenberg-Museum in Frankfurt schon seit langem (auch) der Darstellung der Welt der Dinosaurier dient, so bot der Auto-Salon in Genf die Möglichkeit noch einmal eine Übersicht über eine aussterbende Gattung von Automobilen zu erhalten. Also gab es einen Grund nach Genf zu fahren, der aber – aus Motor-KRITIK-Sicht – keiner war. Trotzdem wollte Motor-KRITIK seinen „Genf“ dazu tun und – hat einen Sonderberichterstatter nach Genf entsendet. - Dass der dann enttäuscht zurück kam, hat uns in der Eifel nicht verwundert. - Was dieser Kollege zu berichten hatte, haben wir nachfolgend – relativ kurz – in Wort und Bild zusammengefasst. - Ganz offen wird notiert, was in Genf gesehen – und beim Betrachten gedacht wurde.

Genfer Salon: „IAA“ auf neutralem Boden!

Die Schweiz ist sicherlich ein Stück Europa, aber sie gehört nicht als „vereinigt“ dazu. Wie auch Norwegen – und bald auch England. Nur spricht man nicht darüber, weil die Schweiz nie Mitglied einer Europäischen Union sein wollte, zwar ein Teil von Europa ist, aber trotzdem eigenständig, unabhängig und neutral. - Sogar mit einer eigenen Währung. - Und mit vier Landessprachen.

Die Schweiz gilt als neutraler Boden, ist selbst ohne große Automobilindustrie, weshalb sich die Manager der Hersteller – und deren Frauen - aus anderen Ländern auch auf dem Genfer Salon besonders wohl fühlen. Dort trifft die Autowelt eben „ganz neutral“ zusammen und versucht die Öffentlichkeit – natürlich die Weltöffentlichkeit – mit wegweisenden Studien und Hinweisen auf kommende Entwicklungen zu beeindrucken und einzustimmen.

Der Genfer Automobilsalon war immer schon sozusagen ein Start in den „Auto-Frühling“ mit verlockenden Aussichten auf die weitere Entwicklung im Laufe des Jahres. Vom Genfer Salon ist man eigentlich in der Vergangenheit als Motor-Journalist niemals unzufrieden zurück gekehrt. - Das war wohl in diesem Jahr ein wenig anders, vielleicht auch, weil man mit einer anderen Erwartungshaltung angereist ist, die durch die Exponate dort nicht bestätigt wurde.

Die Industrie hatte hier auch wohl – aus welchem Grund auch immer – nicht die bewährten Claqueure der Branche einfliegen lassen. - Wie für Kenner festzustellen war. - Man spart?

Dass unser Kollege vom BMW-Stand in Genf das Foto eines Motorrades mitbrachte, liegt daran, dass er das für – auf unsere Zeit bezogen – vernünftigste Ausstellungsstück dort hielt. Oder sollte man einen i3 für gut 60.000 Euro und einen i8 für rd. 180.000 Euro auf dem BMW-Stand als zukunftsträchtige Automobile empfinden?

Was dort als Ausstellungsobjekte den Besuchern dargeboten wurde, konnte man eigentlich mehrheitlich in Deutschland auf jedem Aldi-Parkplatz wiederfinden. - Bis auf die Studien, die eigentlich – so meint unser nach Genf entsandter Sonderberichterstatter – nur Muster ohne jeden Wert waren. - Oder mal zu teuer bezahlt werden sollen.

Da muss man sich heute selbst als VW-Aufsichtsrat Gedanken machen, nachdem man auch deren Einkommen drastisch gesenkt und limitiert hat. Wahrscheinlich wird man da jetzt sogar selber VW fahren müssen. - Oh, du armes Wolfsburg!

Immerhin wurde dafür in Genf eine exakt passende Lösung gezeigt, die im Grunde ein „aufgepäppelter“ Passat ist, aber doch in der Oberliga des Automobilbaus eine Premium-Rolle einnehmen soll: Der VW Arteon. Dieser Luxus-Volkswagen wartet mit entsprechenden Luxus-Leistungen der verbauten Motoren-Palette auf: Zwischen 150 und 280 PS! - Der Arteon ist ein Automobil, das bei Skoda dann Superb heißt.

„Vernünftige“ Automobile gab es – als Neuheiten – in diesem Jahr kaum. Der neue Ford Fiesta, der aber mit einem Blick auf das Spitzenmodell der Reihe, mit 1,5 Liter-Dreizylinder-Turbomotor und 200 PS ein wenig nachdenklich werden lässt.

Da war ein KIA Picanto nicht nur wegen einer gewährten Garantiezeit von sieben Jahren interessanter, zumal diese Typreihe mit einem Preis von knapp unter 10.000 Euro beginnt.

Auch ein neuer Suzuki Swift ist als „Nutzfahrzeug“ von der Kostenseite her als vernünftig einzuordnen. Man muss schon der renommierten Gilde der Visitenkarten-Träger großer Verlage angehören, um solche und ähnliche Automobile als billige Kleinwagen zu empfinden.

Ein neuer Ibiza lässt sicherlich manche VW-Fans freudig in Richtung SEAT blicken, weil hier noch vor dem VW-Polo ein neuer Querbaukasten (MQB) zum Einsatz kommt. Zwar endet auch – wenn auch erst später – vorläufig das PS-Angebot bei 150 PS, aber man stellt das jetzige Spitzenmodell schon mal auf 18-Zoll-Räder. - Man lebt gerne „auf großem Fuß“. - Warum?

Auf der Suche nach realistischen „Zukunftslösungen“ muss beim Besuch des Genfer Automobil-Salons auffallen, das man bei der Automobilindustrie wohl versucht die potentiellen Käufer mit „Traum-Automobilen“ abzulenken.

Da möchte man mit dem „Quant 48VOLT“ einen Ausblick geben, bei dem dann leider für einen zukunftsorientierten Käufer die Darstellung der Zukunftsorientierung nicht verständlich ist. Es ist dem sicherlich auch heute noch unverständlich, warum ein Zweitaktmotor eigentlich funktionierte, aber der hat das zumindest zuverlässig getan, bis dass er aus Umweltgründen in Ungnade fiel.

Und der Wankelmotor hat nicht gehalten, was seine Propheten versprochen haben. Hätte man das Geld, was dessen Entwicklung verschlungen hat, in den Zweitaktmotor gesteckt, wäre das vielleicht noch heute mehr als „damals“ ein „3 = 6“. - Immerhin gab es da schon mal eine „Zukunftsversion“ eines Sechszylinder-Zweitaktmotors. - „6 = 12“?

Hätte man nicht auch in den Otto- und Dieselmotor mehr Ingenieurkönnen stecken sollen, als z.B. beim Dieselmotor in die Entwicklung einer Software, mit der man der Öffentlichkeit auf betrügerische Art und Weise dargestellt hat, was die Welt eigentlich braucht?

Ein wenig verwirrt hat unser Kollege in Genf die Namen jener Automobile notiert, die einen Blick in die Zukunft für den Autofahrer möglich machen sollen. Man muss da den Eindruck gewinnen, dass es „Schreibtischtäter“, solche, die nicht über den eigenen Schreibtischrand hinaus blicken, nicht nur bei Behörden, sondern inzwischen auch „in der freien Wirtschaft“ zu Hauf gibt.

Motor-KRITIK macht erst gar nicht den Versuch sich vorzustellen, wie ein „autonomer“, natürlich ausschließlich von Elektromotoren angetriebener zweisitziger Sportwagen mit 1.300 PS auf den bundesdeutschen Straßen und Autobahnen unterwegs ist. - Wenn man die „Highlights“ des Genfer Salons Revue passieren lässt, kann man den Gedanken der Entwickler und Konstrukteure der Automobilanbieter nicht unbedingt folgen.

Die Chronistenpflicht gebietet es aber, weiter die Ausstellungs-Exponate hier aufzureihen, die auf dem Genfer Automobil-Salon in die Zukunft weisen sollten. - Der Motor-KRITIK-Sonderberichterstatter notierte „vor Ort“:

  • ein Spyker C8 Preliator Spyder
  • ein Techrules Reu, ein E-Sportwagen mit 1.300 PS
  • einen Zenvo TS 1 GT
  • einen Koeniggsegg Regera mit 1.500 PS
  • einen Sbarro Mogave Concept mit Jaguar V8-Motor
  • einen Tata Tanso Racemo
  • einen Renault Trezor
  • einen Lamborhini Huracan Pferformance
  • einen Ruf Porsche CTR mit 710 PS
  • einen Aston Martin AM-RB 001, auch Valkyrie genannt
  • ein Eadou Green Black Cuillin
  • ein McLaren 720 SW
  • eine Ital-Design-Studie (gehört zu VW) mit Namen Zerouno
  • usw., usw.

Da war er schon mal froh einen Renault Zero Sport in nicht ganz gelungenem „Gordini-Blau“ zu sehen, bei dem man sich aber trotzdem fragen muss: Was soll das?

Renault hat sich aber – noch ganz gegenwartsbezogen – mit der Entwicklung eines neuen Sportwagens mit dem klangvollen Namen „Alpine“ beschäftigt. Ein wenig fade wirkte er schon, dieser neue Mittelmotorsportwagen. Ein anderer Genf-Besucher, neben unserem Sonderberichterstatter stehend, fand Ähnlichkeiten mit einem kleinen, weißen Hai heraus. - Immerhin!

Wirklich gelobt wurde in Genf auch dieses Mal, dass man nur kurze Wege zurücklegen muss. Und das in diesem Jahr, um aus dem Staunen und Nichtverstehen nicht heraus zu kommen. Selbst das, was bei manchen berufsmäßigen Besuchern erst den besonderen Anlass für eine Reise nach Genf bieten sollte, sogar als eine Überraschung empfunden wurde, war…

…eigentlich keine Überraschung. Nein, die Welt stand nicht Kopf! Immerhin arbeiten Opel und Peugeot schon seit 2010 immer enger zusammen und dass dann hier in Genf gleich drei Opel gezeigt wurden, die aus der engen Zusammenarbeit mit Peugeot entstanden sind, macht doch eigentlich deutlich, dass diese Entwicklung nun hin zu einer Übernahme von Opel durch Peugeot eigentlich eine natürliche Entwicklung war.

Im Opel-Vorstand wird man froh sein, nun den Klauen von GM entkommen zu sein. Natürlich werden die „Fachleute“ staunen, wenn Opel nun bald wieder „schwarze Zahlen“ schreibt, nachdem man zum PSA-Konzern gehört. Aber wenn man die Werkzeuge kennt, mit der GM die Gewinne oder Verluste seiner Töchter steuern kann – und das auch getan hat – dann muss einem jetzt um die Zukunft von Opel nicht bange sein.

Aber insgesamt muss man sich schon Gedanken machen, wenn man mal einen Blick auf die in Genf gezeigten „Weltpremieren“ blickt. - Zählen wir hier folgend, nur einmal die von Audi und BMW auf:

  • Audi A5 Sportback
  • Audi Q8 Concept
  • Audi RS3 Sportback
  • Audi SQ5 TFSI
  • BMW 430i Cabrio
  • BMW 440i Coupé
  • BMW 440i Gran Coupé
  • BMW 520d EfficienctDynamiks
  • BMW 520d Touring
  • BMW 530d xDrive
  • BMW 540i xDrive
  • usw., usw.

Hätten wir dafür nach Genf fahren müssen? - Wir hatten uns einen Ausblick auf die Zukunft versprochen und wurden enttäuscht. Nachdem uns die Politik keinen Hinweis geben, die Industrie offensichtlich keine Lösung anbieten kann, bleiben wir ein wenig verwirrt zurück.

Oder müssen wir uns auf die Anstrengungen der koreanischen Automobilhersteller verlassen? - In Genf stand ein Konzeptfahrzeug von Hyundai, das zeigte, dass dieser Hersteller an der einmal eingeschlagenen Richtung – FE Fuel Cell Concept – (Brennstoffzelle) festhält. Hier steht bereits die 4. Entwicklungs-Generation. Das weckt Vertrauen.

Bei anderen Firmen geht offensichtlich alles so weiter wie bisher. - Wie hätten Sie‘s denn gern? -

Auf allen Ebenen scheint man dann gerne im Mainstream mitzuschwimmen, wenn das kaufmännische Ergebnis stimmt!

MK/Wilhelm Hahne

PS: In Genf wurde übrigens unter „Insidern“ geflüstert, dass ein großer japanischer Motorradhersteller inzwischen wieder an einem neuen Zweitaktmotor arbeitet!

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