Steht Beck für effiziente Problemlösungen?

Mit 98,5 Prozent von der SPD als Landesvorsitzender wiedergewählt: Kurt Beck, der Mann, den ich schon vor Jahr und Tag als einen Typen bezeichnet habe, den ich - wäre ich Verkaufsleiter einer Automobilhandelsfirma - jederzeit als Verkäufer einstellen würde.

Kurt Beck würde ich - nachdem ich ihn mir nicht nur im Fernsehen, sondern auch schon mal "live" angesehen habe - zwar nicht als meine Idealvorstellung eines Automobilverkäufers bezeichnen, weil ich ihn unter die Rubrik "Dünnbrettbohrer" einordnen würde. Das ist der Typ, der bei einer ersten Verkaufsverhandlung schon nach fünf Minuten den ersten Nachlass einräumt, immer den Weg des geringsten Widerstandes sucht. Es ist der Verkäufertyp, der einer guten Führung durch eine erfahrene Verkaufsleitung bedarf, und unter einer solchen Leitung auch gute Erfolge verzeichnen kann. Kurt Beck ist als Regierungschef von Rheinland-Pfalz in einer Situation, praktisch ohne Aufsicht zu arbeiten. Er hat sich in den vielen Jahren seiner Regierungstätigkeit ein (fast) perfektes Netzwerk aufgebaut. Eins, das funktioniert. Wie auch das Ergebnis seiner Wiederwahl am letzten Juni-Wochenende zeigt. Damit wird er wieder als Favorit der SPD für die Landtagswahl 2011 gelten und versuchen, bis dahin alles unter den Tisch zu kehren (das passt nicht mehr unter einen Teppich!) was ihn und seine Position belasten könnte. Verantwortung für Fehler und Versäumnisse werden in bewährter Manier auf andere verlagert.

Steht Beck für effiziente Problemlösungen?

10-06-28/8 - Einen Nachweis dafür konnte selbst Jacques Berndorf nicht in seinem aktuellen Krimi "Nürburg-Papiere" liefern. Kurt Beck gehört da auch nicht zu den handelnden Personen. Aber er kommt in Dialogen vor. Zitat: "Was ist mit dem Ministerpräsidenten?" - "Es wird ihm weniger schaden, als man heute glaubt. Er hat jetzt den Fuß auf der Bremse. Und wenn wir ehrlich sind: Er hat keinen echten Mitbewerber, soweit ich die Szene sehe."

So stellte sich das auch beim Landesparteitag der SPD in Idar-Oberstein (Hunsrück) dar, wo Beck, um von eigenen Fehlern im Land-Rheinland-Pfalz abzulenken, mit dem Finger auf Verfehlungen der Regierungskoalition in Berlin zeigte. Fehler der anderen entgehen ihm nicht. Es wäre auch sein gutes Recht darauf hinzuweisen, wenn er selbst ohne Fehler wäre.

Aber das gerade erschienene Gutachten des Landesrechnungshofs von Rheinland-Pfalz ist eigentlich "ein Schlag ins Gesicht" für die gesamt SPD-Regierung des Landes. Jeder der in Sachen "Nürburgring 20092 tätig gewordenen Akteure müsste eigentlich sofort und umgehend zurücktreten. Aber Kurt Beck tut so, als habe er nicht begriffen, was in dem Gutachten steht. Und das betrifft nur den Nürburgring, nicht z.B. auch einen Hotelbau in Bergzabern, der von ihm in seinem Wahrbezirk unterstützt worden war, das Arp-Museum oder den Stadionbau in Kaiserslautern, Projekte über z.T. auch in Brüssel Akten existieren. Um es anders, "unpersönlich" zu formulieren: Die EU beobachtet RLP im Rahmen eines "Ermittlungsverfahrens"..

Kurt Beck ist der Prototyp eines Politikers der es gut meint. Mit allen. Jede Hand, die sich ihm zitternd vor Erwartung entgegenstreckt, wird gefüllt. So schafft man sich Freunde. In Bulgarien, in Kaiserlautern, in Rüsselsheim, in Mainz, in .. - Natürlich auch in Idar-Oberstein.

Dort genügten Versprechungen. Zum Beispiel die, dass es auch zukünftig keine Studiengebühren in Rheinland-Pfalz geben wird. - Gemeint ist: Unter seiner Leitung. Und zu "Nürburgring 2009" stellt er sich davon überzeugt: Wer heute "kreuzigt ihn" fordert, werde in drei oder vier Jahren "Hosianna" rufen. - Ich würde das gerne schon in 2011 machen, wenn Beck nach den Landtagswahlen aus der Regierungsverantwortung demokratisch abgelöst wird.

Beck gab bei der Vorstellung des Krimis von Jacques Berndorf vor, auch den Inhalt des Landrechnungshof-Gutachtens schon zu kennen. Er glaubte dort nichts Neues gelesen zu haben. Für ihn war die Nürburgring-Affäre zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon aufgearbeitet. Selbst diese Darstellung zu diesem Zeitpunkt war eigentlich schon eine Affäre. - Verdacht auf Geldwäsche, 170.000 Euro Verluste bei Sicherheitsüberstellungen ins Ausland, 12 Mio-Zahlungen für Aufwandsentschädigungen, 340.000 Euro für irgendetwas, die ohne jede Rechtsgrundlage gezahlt, 265.000 Euro, die ohne jede nachvollziehbare Begründung überwiesen wurden. Hinzu kommt ein Debakel, dass er Öffentlichkeit bisher vorenthalten wurde, weil es sich nur den wenigen Lesern des "geheimen" Teil II des Gutachtens des Landesrechnungshofs vorbehalten bleibt, wo man sich mit den "privaten Investoren" befasst, die natürlich Datenschutz verdient haben, inzwischen aber bedeutender Teil einer neuen Betreibergesellschaft sind, die sich erst in der "Einschwungphase" befindet. - Das Ende dieser Phase wird von mir für die zweite Hälfte des nächsten Jahres vorhergesagt..

"Die Gremien" - meint der Landesrechnungshof im offiziellen Teil, hätten "die gebotene Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns bei der Auswahl von Geschäftspartnern vermissen" lassen. - Kurt Beck rechnet sich sicherlich nicht dazu. Er wusste von all' dem nichts oder hat davon zu spät erfahren. Natürlich hätte er vorher die Reißleine ziehen sollen. Aber er ist eben ein gutmütiger Mensch.

Und wenn in diesen Tagen die CDU noch einmal im Mainzer Landtag über das was unter dem Titel "Nürburgring 2009" geschah und geschieht (!) eine Aussprache forderte, dann werden Formen, Verfahren, Sprachregelungen und anderer Schnick-Schnack bemüht, um etwas zu vermeiden: Eine effiziente Lösung der Probleme, die die Landesregierung unter ihrem Chef Kurt Beck selbst geschaffen hat. Geht es bei den am Nürburgring verschwendeten Summen überhaupt noch um wirtschaftliche Effektivität, um Schaffung von Arbeitsplätzen oder mehr darum, möglichst große Bausummen zu generieren? - Weil daran eine bestimmte Gruppe gut verdient. Oder wie man an Stammtischen in der Eifel flüstert: "... sich auf Kosten des Steuerzahlers wohl bereichert". - Natürlich nachhaltig. - Weil Nachhaltigkeit ein aktuelles Schlagwort ist.

Kurt Beck hat sich auf dem Landesparteitag in Idar-Oberstein engagiert für mehr soziale Gerechtigkeit ausgesprochen. - Das sind die Momente, wo ich die Worthülsen körperlich spüre, weil ich bei den Entscheidungen der Landesregierung - wer immer sie auch verantwortet - in Sachen "Nürburgring 2009" nichts davon bemerke. Aber Kurt Beck sagt, dass es nicht passieren darf, "dass wir an den Kernempfindungen der Menschen vorbei regieren".

Soll man diesem guten Mann böse sein? - Sicher nicht. - Denn er hat nichts begriffen. - Leider hat er damit nicht das Format, das bei einem Landeschef Voraussetzung sein sollte. - Meine ich.

Dass ich ich hier meine Meinung zu einem Politiker notiert habe liegt daran, dass der Staatsanwalt in der Sache "Nürburgring 2009" noch in einigen Fällen ermittelt. Weil ich die Art dieser Ermittlungen selbst zu spüren bekommen habe, wäre ich wirklich begeistert, wenn sich die Rechtsstaatlichkeit in Rheinland-Pfalz nach den nächsten Landtagswahlen (in 2011) wieder herstellen ließe. - Oder bin ich etwa durch meine Erlebnisse im Dritten Reich überempfindlich geworden?

Denn, wie ich auch schon mal dem Leitenden Koblenzer Staatsanwalt aus gegebenem Anlass geschrieben habe: Ich kann vergleichen. - Er nicht.

MK/Wilhelm Hahne
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