17. September 2012: Lieber Leser!

Eigentlich war es eine Personal-Meldung die mich zu folgender Geschichte anregte. Aber doch wohl mehr, dass sie aus dem Marketing-Bereich kommt. Und dann habe ich heute in der Zeitung einen Leserbrief zum Thema Nürburgring gelesen, wo Kontrollsysteme vermisst werden, einen weiteren Leserbrief zum Thema eines Buches, das derzeit für Aufregung sorgt, weil an diesem Buch „nicht viel dran ist“. (Heißt es in dem Leserbrief.) Irgendwie ergänzen sich die Themen. Zumindest bei mir. - Ich denke dann darüber nach, was ich wohl falsch mache.

17. September 2012: Lieber Leser!

Ich habe 2010 – es ist inzwischen lange her – ein Buch geschrieben, indem ich detailliert auf die Schwächen und bewussten Irrtümer bei der Umsetzung des Projekts „Nürburgring 2009“ hingewiesen habe. Es ist die Zusammenstellung von Beobachtungen, die ich über die Vorbereitungszeit des Objekts gemacht habe. Ich habe sie auch jeweils zeitnah veröffentlich, erst später in einem Buch zusammengefasst. Das hat damals aktuell niemanden gestört, später nach der Buchveröffentlichung auch nicht: Man hat meine Einwände übergangen, so, als hätte ich sie nie gemacht.

Mein Buch gibt es immer noch. Nicht nur im Buchhandel (s. den rechten Randstreifen dieser Internetseite), sondern auch – günstiger als e-book. Viele Leute reden inzwischen beim Nürburgring-Thema mit, aber viele erst ab einem bestimmten Zeitpunkt. Das Thema Nürburgring wird zum Beispiel öffentlich erst jetzt über die Grenzen der „Provinz“ wahrgenommen, nachdem in Koblenz vor dem Landgericht ein Verfahren zum 16. Oktober 2012 angekündigt ist, bei dem auch prominente Persönlichkeiten angeklagt sind.

Und in einem Leserbrief vermisst man aktuell „Kontrollverfahren“. In der Vergangenheit. Eines dieser Kontrollverfahren wäre gewesen, dass sich die Bürger dieser Region, dieses Landes rechtzeitig zum Thema informiert und dann protestiert hätten. Nachdem die EU eingegriffen hat, was dann den Ministerpräsidenten des Landes dazu brachte, die Insolvenz der Nürburgring GmbH zu verkünden, als also das Ergebnis aller Fehlleistungen sozusagen amtlich bestätigt war, da regte sich nun etwas im Volk. Erst jetzt hat der Steuerzahler begriffen, dass er mal wieder zur Kasse gebeten wird.

Es gibt tatsächlich aber immer noch interessierte  Bürger, die sich nachträglich ein Bild zu machen versuchen, indem sie sich mein Buch kaufen. Einer, der gerade bei mir ein e-book erstanden hatte, schrieb mir in der letzten Woche:

„Ihr Buch füllt bei mir einige Wissenslücken zum Thema NBR. Ich bin entsetzt, dass die ganze Geschichte in Wirklichkeit noch viel schlimmer ist, als von mir gedacht.“

Ein Zeitungsleser schätzt in einem aktuellen Leserbrief (von heute) an meine Lokalzeitung die Situation am Nürburgring so ein:

„Bis auf einen Mord sind nun alle Zutaten, die einen guten Kriminalroman ausmachen, vorhanden. Der 'Kriminalfall Nürburgring' dürfte binnen kurzer Zeit die Bestsellerlisten anführen.“

Wahrscheinlich kennt auch dieser Leser nicht die Realität. Sicherlich auch wohl kaum mein Buch, das bisher nicht in den Bestsellerlisten gelandet ist. Der Leser spricht von „unglaublichen Vorgängen“, die sich in den letzten drei Jahren am Nürburgring abgespielt hätten. - Ich habe dazu – für die Vorgänge in dieser Zeit (von 2009 - 2012) - noch kein Buch geschrieben. Der Inhalt meines Buches beschäftigt sich mit Ereignissen auf dem Weg hin zum Skandal, hin zur Affäre, die immer noch von den Politikern gerne verniedlicht wird.

Wenn das Ergebnis „unglaublich“ ist, wie konnte es dann dazu kommen? - Hinterher über ein Ergebnis zu klagen ist einfach.

Wenn der Leser die Vorgänge hin zu dem skandalösen Ergebnissen in meinem Buch erklärt finden, kommt es zu Aussagen wie „in Wirklichkeit noch viel schlimmer als von mir gedacht“. - Und man beobachtet still und entsetzt weiter und fragt evtl. in einem Leserbrief:

„Wo sind unsere Kontrollsysteme?“

Jeder Bürger ist Teil des Kontrollsystems und mitverantwortlich. Natürlich auch die Medien, die leider Themen, bei denen es nur um ein paar hundert Millionen geht gerne übersehen. Themen mit Milliarden-Risiko scheinen interessanter, weil skandalöser. - Irgendwie erinnert das schon an eine Inflation.

„Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert.“ - An dieses Sprichwort muss ich denken, wenn ich an die Versäumnisse der Medien denke. Natürlich tragen die auch Mitschuld, weil sie den Ärger, die Auseinadersetzung mit politischen Würdenträgern und bedeutenden Geschäftsfreunden scheuen.

Es werden Jahr für Jahr „Wächterpreise“ verliehen. Aber für die Bearbeitung welcher Themen? - Da bin ich froh, noch niemals ausgezeichnet worden zu sein. Außer mit einer Hausdurchsuchung und Prozessen wegen Persönlichkeitsverletzungen u.ä. - Ach ja, ein Hausverbot hat es auch mal gegeben. Die Firma darf stolz darauf sein. - Leider lag ich mit meiner Einschätzung, als die sich damals „auf den Weg bergab“ begab (wohl ohne es zu merken!), nicht falsch.

Ich liege sicherlich auch nicht falsch mit meiner Einschätzung, dass heute das Marketing einen viel zu großen Einfluss auf die „innovative“ Entwicklung von Automobilen, auf die Einschätzung von Kundenwünschen, auf die „Preisgestaltung“ hat. Immer wieder ist mir versichert worden, dass man als Marketing-Manager nichts von Automobilen verstehen muss, weil es da  – nur – um Marketing geht.

Diesen Eindruck habe ich auch sehr oft bei Gesprächen mit Marketingleuten gehabt. Auffallend ist nur, welchen Einfluss das Marketing heute im Automobilgeschäft tatsächlich hat und welche Etats in welcher Größenordnung diesen Abteilungen eingeräumt werden.

Da habe ich dann gerade mit einem leichten Zucken um die Mundwinkel registriert, dass der jahrlange Marketingchef für die BMW Group – und das weltweit! - nun gekündigt hat und zu Montblanc International geht. Als „Executive Vice President Marketing & Sales“.

Bisher war er für die  wie man das heute nennt - „weltweite Markenführung und sämtliche Marketing Services“ der Premium-Marke BMW verantwortlich, nun ist er es – weltweit natürlich – für Edel-Schreibgeräte, Uhren, Lederwaren, Brillen und Schmuck. - Wo ist da der Unterschied?

Andere haben vorher vielleicht das Marketing für Waschmittel oder Premium-Hundefutter verantwortet. Wo ist da der Unterschied zu Premium-Automobilen? - Die man natürlich zu Premium-Preisen anbieten muss, weil das der Markt – als Ergebnis von Marketing-Untersuchungen – auch hergibt. Na ja, wenn's denn sein muss, eben zu Sonderleasing-Konditionen. - Entschuldigung! Natürlich zu Premium-Leasing-Sonderkonditionen - Es muss eben alles niveauvoll sein. Nur das gibt dem Marketing die Möglichkeit, Premiumpreise für Edelprodukte entstehen zu lassen. Mondpreise sozusagen. Die an der Basis, beim Kunden, mehr und mehr an Bedeutung verlieren.

Der eigentliche Verlierer ist aber der Automobilhandel. Dessen Sorgen interessieren keinen Marketingchef einer Premium-Marke. Und wenn, dann wird er erst einmal einen Mangel im Marketingkonzept des Händlers feststellen.

Oder – er geht zu Montblanc.

Fortsetzung folgt!
Wilhelm Hahne
 
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1 Kommentar

Vielen Dank Wilhelm Hahne, ...

... besser kann man es nicht formulieren und auf den Punkt bringen! Und genau deshalb waren wir die ersten, die mit einer Unterschriftenkation sich FÜR den Ring eingesetzt haben und den Verein Ja zum Nürburgring mit seiner Resolution unterstützen! www.openpetition.de/petition/online/petition-zur-rettung-des-nuerburgrings und auch weiterhin die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fordern! www.openpetition.de/petition/online/einsetzung-untersuchungsausschuss-nuerburgring

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